Refugees Welcome heißt: Grenzenlose Solidarität!
Straßenfeste, antirassistische Demonstrationen, mehrsprachige Infoveranstaltungen, die Hausbesetzung der OM10 und die vielfache konkrete Unterstützung von Geflüchteten. 2015 und 2016 war und ist die radikale Linke auch in Göttingen als solidarische Kraft an der Seite von Geflüchteten und als Stichwortgeberin in der Öffentlichkeit präsent.
Einen unvollständigen Überblick findet ihr hier:
Veranstaltung am 13.12.2016: Sea-Watch Seenotrettung auf dem Mittelmeer
Veranstaltung am 6.12.2015: What to do against racist threats and right wing attacks?
Kulturfest am 29.11.15 in der OM 10 | Demo und Straßenfest 17.10.2015
Chronik rassistischer Angriffe | Medienberichte und Presseinformationen
Informieren, hingehen, mitmachen:
omzehn.noblogs.org | traveling.bureau | Papiere für alle
What to do against racist threats and right-wing attacks directed against refugee accomodations?
Almost every day, we can observe racist threats and right-wing attacks – even arson attacks –
against refugees and their accomodations in Germany. In Göttingen, which is a relatively liberal town, and particularly in the rural surroundings, right-wing populists and neonazis try to agitate against refugees.
What is the difference between right-wing populists, the party “Alternative für Deutschland“ („Alternative for Germany“), Pegida and neonazis? How can we recognize them and what kind of “language“ do they understand? Where and can I get help in case of an attack and how can we stand together against the racist threats?
The talk at the public event will give an overview of the refugee accomodations in the region as well as of the racist threats against these accomodations. What kind of attacks have been recognized so far? Who are the neonazis? We are especially interested in personal experiences and observations of refugees.
The event will be held in English. We hope to arrange a translation into German, Arabic, Kurdish and Farsi. There will be tea and a little snack.
Public event | Sunday 6 December 2015, 2 pm | Location: “Our house“, OM 10 | former house of the German Trade Union Federation (currently squatted) | Obere-Masch-Strasse 10 | Goettingen
Kulturfest in der OM 10
Refugees Welcome heißt: Grenzenlose Solidarität!
Am 5.11.2015 wurde in Göttingen das leerstehende alte DGB-Haus besetzt. Die BesetzerInnen weisen damit auf das verbrecherische Gebaren von Immobilien-EigentümerInnen in Zeiten von Wohnungsnot und Turnhallenunterbringung und Zeltlagern hin. Zugleich schaffen die antirassistischen Aktivist_innen mit "our house OM10" Zusammenleben und Kultur in der Göttinger Innenstadt zu gestalten.
Mehr dazu könnt ihr auf der Internetseite omzehn.noblogs.org nachlesen.
Wir unterstützen die Initiative und wollen daran mitwirken, das Haus aktiv mit Leben zu füllen. Wir laden euch ein, mit uns zu feiern! Bring your favorite music! Volxküche, Getränke, Infostände und eine Kleiderkammer werden angeboten.
So. 29.11.2015 | 14:00 Uhr | our house OM10 | besetztes altes DGB-Haus | Obere-Masch-Straße 10 | Göttingen
Call in English | حكم فرا خواني | كَلِماتٌ مُشابِهَة | belavok
Den Einladungsflyer könnt ihr runterladen und selber weiter verbreiten.
Refugees Welcome heißt: Grenzenlose Solidarität!
Mehr als 400 Menschen haben am 17. Oktober 2015 gegen die beschlossenen Asylrechtsverschärfungen und die unhaltbaren Zustände in Flüchtlingsunterkünften demonstriert. Geflüchtete und schon länger hier lebende Menschen gingen gemeinsam auf die Straße und machten deutlich, wie wenig sie von der herrschenden Asylpolitik und rassistischer Propaganda halten. Sie forderten ein uneingeschränktes Bleiberecht und den Abriss der Festung Europa. In verschiedenen Redebeiträgen wurde aufgezeigt, dass soziale Auseinandersetzungen, wie etwa um ein Recht auf Stadt oder den Mindestlohn gemeinsame Kämpfe sind, bei denen die Frontlinie nicht entlang von Grenze, Aufenthaltsstatus oder Herkunftsland, sondern zwischen oben und unten verläuft.
Dem SPD-Politiker Thomas Oppermann wurde bei seinem Gang zum Friseur deutlich zu verstehen gegeben, dass er in der Roten Straße nicht erwünscht ist. Oppermann, Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag und Abgeordneter aus Göttingen, hat sich in den letzen Wochen als rechter Hardliner in der Asylpolitik hervorgetan.
Aufruf | call in english | Material | Medien | Fotos
Die Demonstration fand im Rahmen des Straßenfests in der Roten Straße statt. Durch die Hilfe vieler Freiwilliger wurde ein breites kulturelles Programm mit Flohmarkt, Live-Musik und Kino ermöglicht. Außerdem gab es eine große kulinarische Auswahl. Bis in den Abend tanzten und feierten GöttingerInnen und Geflüchtete gemeinsam ausgelassen auf der Straße. Das Rote Straßenfest hat gezeigt, wie ein ernst gemeintes "Refugees Welcome" aussehen kann.
Fotos von der Demo und vom Straßenfest am 17.10.2015
Refugees Welcome-Material weiter verbreiten
Den "Refugees Welcome" Stuff gibt es im Roten Buchladen am Nikolaikirchhof 7 in Göttingen. Ihr Engagiert Euch in einer Willkommens-Initiative oder wohnt in der Nähe von einer Flüchtlingsunterkunft? Ihr ärgert Euch, dass in Eurer Lieblingskneipe oder im Imbiss an der Ecke noch kein Refugees Welcome!-Poster hängt? Los geht's, das Zeug wartet auf Euren beherzten Einsatz. Das Plakat Refugees Welcome! könnt Ihr zudem hier als pdf downloaden.
T-Shirts, Aufkleber und weiteren Red Stuff bekommt Ihr zudem samstags ab 11 Uhr links unten oder selbstverständlich an unserem Antifa-Table während des Straßenfestes am 17. Oktober in der Roten Straße.
Chronologie rassistischer Provokationen und rechter Angriffe
Vom 2. auf den 3.10.2015 wurde eine leerstehende Flüchtlingsunterkunft in Bischhagen (zwischen Duderstadt und Heiligenstadt) niedergebrannt. Bürgermeister und Feuerwehr gehen von einem Brandanschlag aus. (Medienberichte dazu). Das Eichsfeld und die Umgebung von Heiligenstadt sind seit Jahren Brennpunkte neofaschistischer Agitation und rechter Gewalt. Seit Wochen hetzen Neonazis um Matthias Fiedler aus Heiligenstadt (NPD-Eichsfeld) und Thorsten Heise aus Fretterode gegen Flüchtlinge. Die A.L.I. dokumentiert eine Chronolgie rassistischer Provokationen und rechter Gewalt in der Region Südniedersachsen / Nordhessen / Westthüringen.
Gegen Neonazis vor Flüchtlingsunterkünften!
Am 12.9.2015 wollten Neonazis unter dem Label "Russlanddeutsche" zum wiederholten Mal in Friedland einen Aufmarsch in der Nähe der Landesaufnahmebehörde veranstalteten. Das schnelle und deutliche Agieren von Antifaschist_innen verwandelte die Neonaziprovokation in ein antirassitsches Happening. Mehr dazu hier.
Abschiebungen verhindern!
Während die Niedersächsische Landesregierung ankündigt, zukünftig mehr und rücksichtsloser abzuschieben, erinnern wir uns noch gut an die verhinderte Abschiebung am 10.4.2014 in Göttingen. Der Geflüchteten aus Somalia konnte nach der antirassistischen Blockade im Neuen Weg und einem folgenden Kirchenasyls ein Bleiberecht erwirken. Mehrere Antirassist_innen wurden aber bei dem brutalen Polizeieinsatz der BFE teils schwer verletzt, zahlreiche Aktivist_innen anschließend mit Strafverfahren überzogen. Mehr dazu hier.
Den Aufruf Refugees Welcome heißt: Grenzenlose Solidarität! könnt Ihr hier als pdf-Datei runter laden.
Refugees Welcome heißt:
Grenzenlose Solidarität!
In Deutschland setzen sich viele Menschen mit großem Engagement für Geflüchtete ein. Unabhängig von formellen Strukturen gibt es eine Vielzahl von Initiativen, Vereinen und Privatpersonen, die auf unterschiedliche Weise helfen. Das ist gut so! Damit übernehmen diese Menschen Verantwortung dafür, dass Menschen aufgrund von Krisen und Kriegen - die der Westen befeuert, um davon zu profitieren - gezwungen sind ihre Heimat zu verlassen.
Auch die Bundesregierung gibt vor, Verantwortung zu übernehmen und selbst die BILD ruft dazu auf, Geflüchtete willkommen zu heißen. Im Gegensatz zu denjenigen, die sich aus einem Gefühl der Solidarität heraus engagieren, sind diese Bekenntnisse der Regierung, BILD und Co. scheinheilige Imagekampagnen. Es geht aber nicht darum einmal mehr „Weltmeister“ zu sein, sondern darum, dass wir heute unübersehbar mit den Konsequenzen unserer westlichen Lebensart und kapitalistischen Wirtschaftsweise konfrontiert werden.
Refugees welcome und ein konsequenter Antirassismus bedeutet nämlich, Geflüchtete nicht nach ihrer Verwertbarkeit für die deutsche Wirtschaft zu sortieren und keinen Unterschied zu machen, wer danach ein Recht hat zu kommen und wer nicht. Also, kein Gerede über „Wirtschaftsflüchtlinge“ und die vermeintliche Zuwanderung in das deutsche Sozialsystem. Refugees welcome bedeutet auch den Kampf gegen das europäische Grenzregime und für eine Öffnung der Grenzen. Die Bundesregierung betreibt ein durchschaubares und fortdauernd destruktives Spiel: Gut ausgebildete und ausbeutbare Krisen- und Kriegsflüchtlinge werden bis zu einem bestimmten Grad aufgenommen. Zugleich ist es die BRD, die seit Jahren Waffen in Kriegsregionen liefert, die Außenpolitik militarisiert und bei der postkolonialen Neuordnung ganzer Weltregionen eifrig mitmischt. Es ist Deutschland und nicht allein Ungarn, das die Verstärkung der europäischen Außengrenzen vorantreibt, die Grenzkontrollen an den innereuropäischen Grenzen wieder einführt, durch ihre Politik zehntausende Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt, Länder zu „sicheren“ Herkunftsstaaten erklärt und sich nicht für würdige Lebensbedingungen der geflüchteten Menschen sorgt. All diese Handlungen haben nichts mit Hilfsbereitschaft zu tun, sie folgen den eigenen wirtschaftlichen und politischen Interessen.
Solidarität setzt dort an, wo Menschen praktisch anpacken und helfen. Dort, wo es nicht zugelassen wird, dass Menschen abgeschoben werden. Wir unsere gesellschaftlichen und politischen Möglichkeiten zur Verfügung stellen und wir das Gemeinsame anstelle des Trennenden suchen. Denn kein Mensch ist illegal und wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen. Trotz ihrer prekären Lage organisieren sich Geflüchtete, um ihre Interessen öffentlich hör- und sichtbar zu machen. Unterstützen wir diese Selbstorganisation, verbinden wir die Forderungen von Geflüchteten mit unseren eigenen sozialen Kämpfen:
Bleiberecht und Bewegungsfreiheit für alle. Weg mit dem Asylbewerberleistungsgesetz und der Residenzpflicht!
Sicherung des Grundrechts auf medizinische Versorgung und gesunde Ernährung.
Sozialer Wohnungsbau für alle statt Sammelunterkünften für Geflüchtete. Aneignung von leerstehendem Wohnraum.
Das Recht zu arbeiten und 10 Euro Mindestlohn unabhängig von Herkunft und Alter
UnterzeichnerInnen, Stand 13.10.2015: AKM (Anatolisches Kultur Zentrum), Antifaschistische Linke International A.L.I., Antifa Jugend AJ Göttingen, Basisdemokratische Linke BL, Beratungs- und Aktionszentrum BAZ Friedland, Grüne Jugend GJ Göttingen, Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Rat der Stadt Göttingen, ver.di Ortsverein Göttingen, ver.di-Jugend Göttingen, Jan von Alvensleben Jugendsekretär der ver.di Süd-Ost-Niedersachsen, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der AntifaschistInnen VVN-BdA Kreisvereinigung Göttingen.
Samstag, 17. Oktober 2015
Straßenfest
Refugees Welcome! Bring your families!
Flohmarkt, Volxküche, Musik, Informationen
11 bis 18 Uhr | Rote Straße | Göttingen
Demonstration
Refugees Welcome heißt: Grenzenlose Solidarität!
12.30 Uhr | Rote Straße / Burgstraße | Göttingen
PDF-Download | Our call Refugees Welcome means: Solidarity without borders!
Refugees Welcome means:
Solidarity without borders!
Many people in Germany support refugees with great commitment. Independent from formal structures there is a multitude of initiatives, organisations and individuals who help in many ways. This is great! These people take responsibility for the fact that many are forced to leave their homes by crises and wars fueled by the West for profit's sake.
The Federal Government pretends to take responsibility, too. And even the right-wing populist paper 'BILD' calls on the population to welcome refugees. In contrast to those who commit themselves out of a feeling of solidarity, these confessions of government, BILD and others are hypocritical prestige advertising. This is, however, not about becoming 'world champion' once more, but about us being confronted unambiguously by the consequences of our western way of life and capitalist economy.
The slogan 'Refugees Welcome' stands for a consequent antiracism. This means to refrain from sorting refugees by their usability for the german economy. It means making no difference between those who have a 'right' to come and those who do not. So, no loose talk about 'economic refugees' and alleged 'migration into the german welfare system'. 'Refugees Welcome' also means to fight against the European border regime and for the opening of these borders. The Federal Government plays an obivous and continuously destructive game: Well-trained and therefore well exploitable refugees are accepted to a certain extend. At the same time the Federal Republic of Germany consistently supplies weapons to war zones, militarizes its foreign policy and eagerly takes part in the postcolonial realignment of entire regions. It is Germany and not alone Hungary, that pushes for the fortification of Europe's external frontier, that reintroduces border controls within Europe. It is the german government that lets tens of thousands drown in the Mediterranean through its policies, that declares countries as 'secure states', that does not care for dignified conditions of living for those who fled. All these actions have little to do with a willingness to help. The government's only concerns are its economic and political interests.
Solidarity begins where people tackle problems and help practically. It begins where the deportation of people is prevented. Where we provide our social and political assets and seek commonalities instead of seperation. No one is illegal, and we will not be played off against each other. Despite their precarious situation, refugees are organizing to publicly voice their concerns. Let us support this self-organization. Let us connect the demands of the refugees with our own social struggles:
Right to stay and freedom of movement for everybody. Away with 'Asylbewerberleistungsgesetz' and 'Residenzpflicht'!
Protection of the basic rights to receive medical care and a healthy diet!
Social housing for everyone instead of mass accomodation for refugees. Appropriation of vacant residential property!
The right to work and a minimum wage of 10€ irrespective of place of birth or age!
Saturday, October 17th 2015
Street Festival
Refugees Welcome! Bring your families!
Flea market, community meal, music, information
11am to 6pm | Rote Straße | Goettingen
Demonstration
Refugees Welcome means: Solidarity without borders!
12:30pm | Rote Straße / Burgstraße | Goettingen
Chronologie rassistischer Provokationen und rechter Angriffe in der Region
Auf den Zietenterrassen werden am 10.8.2013 NPD-Slogans und weitere Neonaziparolen geschmiert.
In Witzenhausen werden zwischen dem 6. und 8.12.2014 am alten Bahnhof Neonaziparolen geschmiert, u.a. „88“ und „Heil Hitler“.
Bereits während der Planungsphase im Dezember 2014 für eine Flüchtlingsunterkunft auf den Zietenterrassen in Göttingen besteht unter einigen BürgerInnen des privilegierten Wohngebiets eine aufgeheizte Stimmung. Als Meinungsmacher der chauvinistischen Bürgerinitiative BIZZ treten der Christdemokrat und Jura-Professor Frank Schorkopf sowie Mirjam Marwedel auf. Offen rassistische Hetze betreibt Harald Richter und missbraucht dafür sein Amt als Informatikprofessor an der TU Clausthal. An einer Bürgerversammlung am 27.1.2015 beteiligt sich auch der Rechtspopulist Matthias Hans (ehemals AfD-Vorsitzender Göttingen). Gemeinsam mit Jens Kaup aus Hann. Münden (stellvertretender Vorsitzender AfD-Göttingen) nahm Matthias Hans an den rassistischen Kagida-Aufmärschen teil, u.a. am 29.12.2014 in Kassel. Mit dabei waren auch Neonazis dem Eichsfeld.
Vermutlich in der Silvesternacht 2014/2015 wird ein Jugendtreff in Adelebsen mit Hakenkreuzen beschmiert. In dem selbstorganisierten Jugendraum veranstalten Jugendliche um die Brüder Dennis und Marcel Jäger seit etwa einem Jahr Partys unter dem Label „Hüttengaudi Adelebsen“. Zum Umfeld der PartybesucherInnen zählen auch jugendliche Neonazis der „AG Ruhmetal“ aus Northeim.
In Güntersen (bei Adelebsen) will der fanatische Neonazi Mario Messerschmidt (Partei Die Rechte) am 28.2.2015 einen Neonaziaufmarsch organisieren. Messerschmidt bewegt sich im Umfeld der „Hells Angels“ und tritt gemeinsam mit Neonazis der „Kameradschaft Northeim“ auf. Nach einem Pumpgun-Schuss am 30.11.2008 in Göttingen werden von der Polizei bei Messerschmidt zahlreiche Schusswaffen sichergestellt. In Briefen und im Internet bedroht Messerschmidt vermeintliche politische GegnerInnen. Die „Hells Angels“-Göttingen werden am 25.10.2014 verboten; Messerschmidts Neonaziaufmarsch-Versuch in Güntersen scheitert. Am 28.2.2015 demonstrieren und feiern 1.500 AntifaschistInnen und BürgerInnen gegen Neofaschismus und für Solidarität mit Flüchtlingen.
In Friedland werden im August 2015 NPD-Flyer gegen Flüchtlinge in Hausbriefkästen verteilt; unterzeichnet sind diese von Matthias Fiedler aus Heiligenstadt (NPD-Eichsfeld).
Am 16.8.2015 organisiert die NPD-Eichsfeld eine Kundgebung gegen die Schließung einer Förderschule in Heiligenstadt. Es nehmen nur 6 Neonazis teil, unter ihnen Pascal Zintarra aus Northeim.
Am 19.8.2015 protestieren 80 Menschen in Heiligenstadt gegen die Schließung einer Förderschule. In dem Schulgebäude sollen nun Flüchtlinge untergebracht werden. NPD-Mitglieder wie René Schneemann nehmen an der Bürgerdemo teil und versuchen den Protest besorgter Eltern für ihre Zwecke zu nutzen.
Gegen die geplante Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Osterode hetzt seit dem 19.8.2015 eine Facebook-Seite "Nein zum Heim in Osterode". Für mehrere Unterkünfte in der Region Nord- und Südharz entstehen im selben Zeitraum ähnliche Seiten.
In Witzenhausen werden bei einem Ortsfest am 23.8.2015 Flüchtlinge und ihr Betreuer von Neonazis aus Hann. Münden und Großalmerode angegriffen.
Noch während der Einrichtung einer Unterkunft für Flüchtlinge in Adelebsen werden in der Nacht auf den 29.8.2015 aus einem VW-Golf Neonaziparolen gerufen. Beteiligt sind zwei 20-Jährige sowie ein 23-Jähriger aus Adelebsen und ein dreißig-Jähriger aus Dransfeld. In der folgenden Nacht fährt der PKW von Kevin Bischoff aus Adelebsen mehrfach vor der Flüchtlingsunterkunft vorbei. Kevin Bischoff gehört zu einem Freundeskreis um die Brüder Dennis und Marcel Jäger aus Adelebsen sowie jugendlichen Neonazis aus dem Umfeld der „Kameradschaft Northeim“ und der „AG Ruhmetal“.
Am 27.8.2015 wollen Matthias Fiedler und Thorsten Heise an der Bürgerinformationsveranstaltung zur Lage der Flüchtlinge in Heiligenstadt teilnehmen. Nachdem ihnen der Einlass von AntifaschistInnen verwehrt wird, halten die beiden Neonazis eine 2-Mann Kundgebung vor dem Veranstaltungsort ab.
Vom 1. auf den 2.9.2015 werden auf dem Gelände der Landesaufnahmebehörde in Friedland sogenannte "Mohammed-Karikaturen" gefunden, die offensichtlich das Ziel haben sollten, Muslime und Muslima zu beleidigen und dadurch Unfrieden zu verbreiten.
An einer Bürgerversammlung am 3.9.2015 in Adelebsen nimmt auch der Rechtspopulist Jörg Schoppe (ehemals Die Freiheit und AfD) teil. Anwesend sind ebenfalls Dennis und Marcel Jäger mit ihren Freundinnen.
Am 12.9.2015 wollen Neonazis unter dem Label „Russlanddeutsche“ in Friedland aufmarschieren. Bereits im Mai 2009 scheiterte ein ähnlicher Anlauf, einen Neonaziaufmarsch mit Redebeiträgen von Thorsten Heise (Fretterode, Thüringen) in der Nähe der Landesaufnahmebehörde zu organisieren. Die schnelle und deutliche Reaktion von AntifaschistInnen lässt auch die neuerliche Neonaziprovokation misslingen. Gut 200 Menschen feiern stattdessen gemeinsam mit Flüchtlingen ein antirassistisches Happening.
Am 19.9.2015 will die NPD-Eichsfeld 2 Kundgebungen gegen Flüchtlinge in Heiligenstadt abhalten. Angekündigt ist u.a. der russlanddeutsche Kagida-Aktivist Viktor Seibel aus Kassel. Teilnehmer sind u.a. Martin Ahlborn (Delliehausen bei Uslar, NPD-Göttingen) und Fabian Schwedhelm (Nesselröden bei Duderstadt, „Kameradschaft Northeim“). AntifaschistInnen gelingt es, die zweite NPD-Kundgebung vor dem Flüchtlingswohnheim zu blockieren. Etwa 10 Neonazis greifen AntifaschistInnen an; am Bahnhof Heiligenstadt werden im Anschluss antisemitische und rassistische Parolen geschmiert.
Am 24.9.2015 besuchen die beiden Neonazis Mario Messerschmidt und Kristina Sibbersen die Ratssitzung des Fleckens Adelebsen. Messerschmidt (aus Adelebsen) versucht sich in der Bürgerfragestunde zu Wort zu melden, um gegen die Unterbringung von Flüchtlingen zu hetzen. Seine drogenkranke Freundin Sibbersen versucht Flugblätter zu verteilen, die vor Gesundheitsgefahren im Kontakt mit Flüchtlingen warnen.
Seit dem 28.9.2015 hetzt eine „BI Asylstopp Friedland“ bei facebook gegen Flüchtlinge.
Vom 2. auf den 3.10.2015 wird eine leerstehende Flüchtlingsunterkunft in Bischhagen (zwischen Duderstadt und Heiligenstadt) niedergebrannt. Bürgermeister und Feuerwehr gehen von einem Brandanschlag aus. Die Polizei bestätigte eine Brandstiftung, ermittelt jedoch weiterhin munter "in alle Richtungen".
Medienberichte und Presseinformationen
HNA, 17.10.2015
Störungsfreier Verlauf
Demonstration: Kritik an verschäftem Asylgesetz
Göttingen. Rund 300 Demonstranten – darunter einige Asylbewerber – zogen am Samstagmittag friedlich durch die Göttinger Innenstadt. Auf Transparenten forderten sie offene Grenzen und ein Bleiberecht für alle. Scharfe Kritik äußerten sie an der am Freitag beschlossenen Verschärfung der Asylgesetze, die unter anderem Leistungskürzungen vorsieht. „Frau Merkel heißt Flüchtlinge willkommen, während ihre Regierung gleichzeitig die Flucht erschwert“, hieß es in einem Redebeitrag. Auch kritisierten die Redner die Zustände im überbelegten Erstaufnahmelager Friedland als „unhaltbar“. Die Polizei sprach von einem friedlichen, störungsfreien Verlauf. „Alle Absprachen wurden eingehalten“, sagte Einsatzleiter Sven Metge. Den ganzen Samstag feierten die Initiatoren zusammen mit Flüchtlingen in der Roten Straße ein Straßenfest. Neben Verpflegung und einem Kinderzelt hatte das Bündnis, das aus linken Gruppen, Grüner Ratsfraktion und der Jugendorganisation der Gewerkschaft ver.di besteht, einen Kleiderflohmarkt organisiert. Rund 1000 Besucher kamen nach Angaben der Veranstalter bis zum Nachmittag zusammen. „Wir sind sehr zufrieden mit Angebot auf dem Fest und dem großen Zuspruch“, sagte einer Sprecherin der „Antifaschistischen Linken International“. (ptt)
Göttinger Tageblatt, 18.10.2015
Straßenfest mit Musik und viel Informationen
300 Demo-Teilnehmer protestieren in Göttingen gegen schärfere Flüchtlingspolitik
Bilderstrecke beim Göttinger Tageblatt
Mehr als 300 Teilnehmer einer Demonstration haben am Sonnabend in Göttingen gegen ein verschärftes Asylrecht protestiert und "ein grenzenloses Europa". Gefordert. Ihr Zug führte zu einem Straßenfest in der Roten Straße - ein Willkommensfest für Flüchtlinge.
Göttingen. "Kein Mensch ist illegal" und "Stoppt Deportationen" fordern die Demonstranten auf Plakaten, unter ihnen auch viele Flüchtlinge. Immer wieder skandieren sie: "Bleiberecht für alle - Refugees welcome". In Redebeiträgen kritisieren Sprecher verschiedener Flüchtlingsorganisationen, der Wohngemeinschaft Rote Straße, Flüchtlinge und Gewerkschafter die gerade von Bundestag und Bundesrat verschärfte Asyl- und Abschiebepolitik.
Eine Politik, die zu einer Spaltung von Flüchtlingen aus vermeintlich sicheren und unsicheren Ländern führe und erstgenannte in eine Ungewisse Zukunft mit Terror, Tod und Unterdrückung treibe. Zugleich protestieren sie gegen neue und für Flüchtlinge unüberwindbare Grenzen um Europa. Und sie fordern bessere Unterkünfte für Asylsuchende: Es sei untragbar, dass Flüchtlinge in hoffnungslos überfüllten Lagern leben, während in vielen Städten Tausende Wohnungen leer stünden und ungenutzt seien.
Zugleich warnte ein Sprecher der Göttinger Wohnraum-Initiative aber auch davor, andere Menschen, die auf günstige Wohnungen angewiesen seien, im Regen stehen zu lassen. Zudem sei es eine Bankrotterklärung der Regierung, dass oft nur mit Hilfe vieler Ehrenamtlicher und privater Initiativen Flüchtlinge in den Unterkünften mit dem Mindesten versorgt werden könnten.
GT, 14.10.2015
Künftige Flüchtlingsunterkunft
Polizei: Feuer in Bischhäger Fachwerkhaus wurde gelegt
Nun geht auch die Polizei offiziell davon aus, dass das Feuer in einem riesigen Fachwerkhaus im Ortskern von Bischhagen vorsätzlich gelegt wurde. Es seien Spuren gefunden worden, sagte Pressesprecherin Fränze Hartmann von der Polizei Northausen auf Tageblatt-Anfrage, die auf eine vorsätzliche Brandstiftung hindeuten.
Bischhagen. Ein technischer Defekt sei zudem von den Brandexperten der Polizei ausgeschlossen worden. Der Befund bestätigt das, was viele Anwr und Feuerwehrleute bereits in der Brandnacht vom 2. auf den 3. Oktober vermutet hatten. Das Gebäude sollte nur einen Tag später Flüchtlingen zum Wn zur Verfügung gestellt worden. Im Ort hatte es Unmut darüber gegeben. Während im Nachbarort Siemerode „in die Einheit getanzt“ wurde, legte ein Unbekannter kurz vor 3 Uhr das Feuer. Eindeutige Hinweise auf ein fremdenfeindliches Motiv, so Hartmann, habe man aber nicht. Die Kripo Nordhausen ermittele in alle Richtungen. Der Schaden wurde mit mindestens 100 000 Euro angegeben. Der Eigentümer rechnet mit deutlich höheren Wiederherstellungskosten. ck
mdr, 13.10.2015
Eichsfeldkreis Feuer in geplanter Flüchtlingsunterkunft war Brandstiftung
Die Ursache für das Feuer in einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Bischhagen (Eichsfeldkreis) steht fest. Wie die Polizei in Nordhausen am Dienstag mitteilte, war es Brandstiftung. Dies hätten die bisherigen Ermittlungen ergeben. Eine Polizeisprecherin sagte, dass ein technischer Defekt "definitiv ausgeschlossen" werde. Ein fremdenfeindlicher Hintergrund sei nicht auszuschließen, könne aber auch noch nicht bestätigt werden. Es werde in alle Richtungen ermittelt.Das leerstehende Fachwerkhaus war in der Nacht zum 3. Oktober in Flammen aufgegangen, dabei wurde das komplette Dach zerstört. Wenige Tage später wollte der Landkreis in dem ehemaligen Bauernhof 25 bis 30 syrische Flüchtlinge, zumeist Familien, unterbringen. Einen technischen Defekt hatte die Polizei zunächst nicht ausschließen können, weil in dem Gebäude noch bis zum Tag vor dem Brand Handwerker gearbeitet hatten. Das Haus ist jetzt abbruchreif, die genaue Schadenssumme ist noch nicht bekannt. Die Flüchtlinge, die dort hätten einziehen sollen, wurden vom Landkreis Eichsfeld in Wohnungen untergebracht.
Göttinger Tageblatt, 7.10.2015
Erst Talk-Show, dann Dampfablassen
Mehr als 300 Zuhörer diskutieren über überfülltes Lager Friedland
Spitzenpolitiker, Polizei und Verwaltungschefs haben sich am Dienstagabend in Friedland die Sorgen und Nöte der Friedländer Bevölkerung angehört. Eine Stunde lang hörten mehr als 300 Besucher diszipliniert einer als "Talk-Show" empfundenen Info- und Statement-Runde zu. Dann ließen viele Bürger Dampf ab - und wurden von anderen teils sofort wieder ausgebremst.
Friedland. Grundkonsens der Runde: "So kann es nicht weitergehen." Aber wie soll sich was ändern? Grünen-Politiker Jürgen Trittin fürchtet gar die "Katastrophe für Friedland", wenn das Land das Maßnahmenpaket des Bundes umsetzt, wonach künftig aussichtsreiche Asylbewerber bis zu fünf Monate länger in den Erstaufnahmelagern bleiben. Thomas Oppermann (SPD) argumentierte dagegen, das sei nur für den Fall vorgesehen, dass genügend Erstaufnahmekapazitäten vorhanden sind.
Dann, so fürchten viele, werde es in den extrem beengten Behausungen noch mehr Spannungen geben. So wie die, die viele der Bürger schilderten: Ständig Streit, geplünderte Gärten, Schmutz überall, Angst, nachts auf die Straße zu gehen. Besonders Axel Kerschnitzki von der Polizei hatte einen schweren Stand, als er auf Klagen über zu wenig Polizei zugeben musste, dass nur nachts ein Streifenwagen für drei Gemeinden einschließlich Lager zu Verfügung stehe.
HNA, 7.10.2015
300 Menschen kamen in die Mehrzweckhalle
Bürger-Info zum Lager Friedland: Menschen machen ihrem Unmut Luft
Friedland. Das Grenzdurchgangslager Friedland ist hoffnungslos überfüllt. Am Dienstagabend ging es in einer Bürger-Info um die damit verbundenen Sorgen und Nöte – auch der Bürger.
Mehr als 300 Menschen kamen in die Mehrzweckhalle. Gemeindebürgermeister Andreas Friedrichs, der schon vor Wochen beklagt hatte, dass die Grenze der Belastbarkeit überschritten sei, äußerte sein Unverständnis darüber, dass kein Vertreter der für das Erstaufnahmelager Friedland zuständigen Landesregierung erschienen sei.
Lagerleiter Heinrich Hörnschemeyer berichtete, dass in dem Lager, das für 750 Flüchtlinge ausgerichtet ist, nun 3500 Menschen betreut werden, für die es keine Unterrichts- oder Gemeinschaftsräume gibt. Sie müssen auch in den Verwaltungsräumen, auf Fluren oder in Zelten schlafen und sowohl bei der Essensausgabe als auch bei Behördengängen lange Wartezeiten in Kauf nehmen. „Die meisten Flüchtlinge freuen sich zwar darüber, endlich in Sicherheit zu sein, sind aber nach langer Anreise oft angespannt und nicht gerade glücklich über die beengten Verhältnisse“, beschrieb er die Grundstimmung im Lager.
„Ein Kuh, die man melkt, kann man auch kaputt melken“, sagte Ortsbürgermeister Wilfried Henze. Dass die Stimmung in seinem 1800-Einwr-Dorf bei der enormen Zahl von Flüchtlingen nicht die beste ist, sei verständlich. „Wir möchten wieder normale Verhältnisse, dann steht die Bevölkerung auch wieder uneingeschränkt hinter dem Lager.“
„So kann es nicht weitergehen“ lautete der Grundkonsens der Runde. Antworten auf die Frage, was zu tun ist, konnte aber niemand wirklich geben. Und nachdem sich die Besucher eine Stunde lang diszipliniert die von vielen als „Talkshow“ empfundene Gesprächsrunde angehört hatten, machten sie schließlich ihrem Unmut Luft. „Die Art und Weise, wie angesichts der Situation mit den Flüchtlingen umgegangen werden muss, entspricht nicht dem, wie wir uns das vorstellen und es uns wünschen“, forderte etwa Reinhard Dickehut „umgehend Hilfe für Entlastung“.
Andere beschrieben ihre Angst vor Krankheiten: „Im Supermarkt fassen Flüchtlinge, die noch nicht medizinisch untersucht wurden, Gemüse an, das ich dann in meinen Salat schnippele.“ Manche berichteten über Probleme mit Dreck und Kot im Gebüsch. Wieder andere beklagten sich über geplünderte Obstbäume. Zwei Frauen äußerten ihre Angst um die eigene Sicherheit und die ihrer Kinder.
Einen schweren Stand hatte Axel Kerschnitzki. Auf den Vorwurf, die Polizei sei nie zu erreichen, wenn man sie brauche, musste der Leiter der Dienststelle Friedland eingestehen, dass nachts nur ein Streifenwagen verfügbar ist. Der ist für drei Gemeinden inklusive dem Lager zuständig.
Thüringer Allgemeine, 3.10.2015
Geplante Flüchtlingsunterkunft in Bischhagen durch Feuer zerstört
Bischhagen (Eichsfeld). In Thüringen hat erneut ein für die Unterbringung von Flüchtlingen geplantes Haus gebrannt. Zu dem Feuer kam es am Samstagmorgen in Bischhagen im Eichsfeld, wie die Polizei in Erfurt mitteilte.
In das leer stehende Fachwerkhaus hätten an diesem Montag die ersten Bewr einziehen sollen. Die Ursache sei noch völlig unklar. „Wir ermitteln in alle Richtungen“, erklärte der Sprecher weiter. Er schloss auch einen technischen Defekt nicht aus. In dem Gebäude sei noch bis zum Vortag gearbeitet worden. Außerdem seien technische Geräte an die Stromversorgung angeschlossen gewesen.
Die weitaus meisten Brände entstehen nach Angaben des Polizeisprechers durch einen technischen Defekt von Elektrogeräten oder durch Bauarbeiten. Brandermittler haben das Gebäude zunächst nicht betreten können, weil zuvor die Statik des Hauses überprüft werden sollte. Außerdem gebe es in dem Gebäude noch viel Löschwasser. 50 Einsatzkräfte verschiedener Feuerwehren löschten die Flammen im Obergeschoss. Der Schaden beträgt nach ersten Schätzungen mehr als 100.000 Euro. Es habe keine Verletzten gegeben, hieß es.
Nach Angaben von Bischhagens Bürgermeisters Bernd König (parteilos) waren in dem Gebäude bis zum vergangenen Dienstag polnische Gastarbeiter untergebracht. Der frühere Bauernhof liege in privater Hand. Vorbehalte gegen den geplanten Einzug von Flüchtlingen habe es in dem 150 Einwr zählenden Ort nicht gegeben, erklärte König: „Wenn der Brand vorsätzlich gelegt worden sein sollte, wäre das schon sehr traurig und unverständlich.“
Dieter Lauinger: „Anschlag auf unsere Demokratie“
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warnte vor voreiligen Rückschlüssen: „Wir müssen uns die Zeit nehmen, um die Brandursache zu ermitteln“, erklärte er via Twitter. Es sei aber beklemmend, wenn wieder ein Gebäude brenne, in das Flüchtlinge einziehen sollten. „Auch weil in unseren Köpfen sofort ein böser Verdacht steht.“
Migrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) sagte der Deutschen Presse-Agentur, sollte es sich um Brandstiftung handeln, „wäre das ein Anschlag auf unsere Demokratie“. Der Nährboden für solche Taten werden nach Ansicht des Ministers mit Reden gelegt, die wiederholt bei Demonstrationen der AfD in Erfurt zu hören waren.
Vor drei Wochen hatten Unbekannte in Gerstungen im Wartburgkreis eine für Flüchtlinge angebotene Wohnung angezündet. Wenige Tage zuvor brannten in Rockensußra (Kyffhäuserkreis) die Dachstühle von drei leerstehenden Gebäuden, kurz bevor der Ortschaftsrat darüber diskutieren wollte, ob dort Flüchtlinge einziehen sollen. Die Polizei geht auch dort von Brandstiftung aus.
Göttinger Tageblatt, 3.10.2015
Kriminalpolizei ermittelt
Künftige Flüchtlingsunterkunft in Bischhagen abgebrannt
Am Dienstag sind die letzen Mieter ausgezogen, am Sonnabend sollten die ersten Asylbewerber einziehen. In der Nacht zum 25. Jahrestag der Deutschen Einheit ist in Bischhagen, unmittelbar jenseits der Göttinger Kreisgrenze, ein großes Fachwerkhaus, künftig Unterkunft für bis zu 30 Flüchtlinge, vollständig ausgebrannt.
Bischhagen. Ausgerechnet Gäste der grenzübergreifenden Einheitsfeier in Siemerode entdeckten den Brand und schlugen Alarm. Doch zu retten gab es nichts mehr. Auch wenn das große Fachwerkhaus im Ortskern zwischen Feuerwehrhaus und Löschteich steht, gelang es den Wehren nicht, den lichterloh brennenden Dachstuhl zu retten. Wehren aus allen vier Dörfern der Gemeinde Hohes Kreuz sowie aus Heiligenstadt halfen. Schwierigkeiten gab es, weil der Löschteich völlig verkrautet ist. "Ich kam gegen 3 Uhr vom Fest nach Hause", sagt Gemeindebürgermeister Detlef Lesser, "da sah ich schon den Feuerball über Bischhagen." Und alles spreche für Brandstiftung, gibt er weiter, was er von den Feuerwehren gehört hat. Die Kriminalpolizei in Nordhausen, die die Ermittlungen übernommen hat, ist da vorsichtiger. Am Sonnabendmorgen gingen Brandexperten erstmals ins Innere der Brandruine. Aussagen, ob Brandbeschleuniger benutzt wurde, gibt es von ihnen noch nicht. Feuerwehrmänner hingegen berichten, dass das Treppenhaus und Dachgeschoss binnen kürzester Zeit im Vollbrand gestanden habe. Auch die jungen Leute, die gegenüber dem Dorfanger einen 20. Geburtstag feierten, bemerkten den Brand erst, als alles lichterloh brannte. Die Polizei spricht von einem Gesamtschaden von mindestens 100 000 Euro, der Eigentümer rechnet mit einem Mehrfachen dieser Summe. Das Gebäude mit einer Wohnfläche von 600 Quadratmetern gehört einem in Göttingen lebenden Arzt mit Praxis in der Gemeinde Gleichen. Einst war es Wohnhaus eines Bauernhofes. Der Besitzer floh in den Westen. Zu DDR-Zeiten war es LPG-Büro, dann Kindergarten. Die Arzt-Familie habe nur kurz hier gewohnt, so Ortsbürgermeister Bernhard König, danach sei es an zwei Männer aus Siemerode vermietet worden, die zuletzt darin Arbeitskräfte aus Polen untergebracht hatten. Das Dorf habe sich gut mit den bis zu 30 Polen verstanden, man habe sie zu Festen eingeladen und sie "unsere Polen" genannt, erzählt König. Allerdings: Das war nicht immer so. Anfangs habe es größte Vorbehalte gegen die in der Fleischfabrik in Heiligenstadt arbeitenden Polen gegeben, erzählt ein anderer Bewr. Vergangene Woche dann seien die letzten Polen ausgezogen. Einige Umbauarbeiten habe es gegeben. Am Wochenende sollte der Landkreis Eichsfeld 100 Asylbewerber zugewiesen bekommen; viele von ihnen sollten in das riesige Fachwerkhaus ziehen. Im Dorf habe es darüber viele Gerüchte gegeben, aber nichts Genaues, ärgert sich König. Nicht einmal er als Ortsbürgermeister sei informiert gewesen. Im Dorf, so heißt es von anderer Seite, habe man Angst vor den Flüchtlingen gehabt - genauso wie vor zwei Jahren vor den Polen. Sollte es sich als Brandstiftung herausstellen, sei das "schrecklich", sagte König. Gemeindebürgermeister Lesser sagte bei der Einheitsfeier in Siemerode gar, "eine grenzenlose Schweinerei".
"Kleinbürgerliche Ängste" in Bischhagen
Landrat Werner Henning (CDU) sprach von "kleinbürgerlichen Ängsten", die im Dorf geherrscht hätten. Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) zu dem Feuer: "Wenn sich der Verdacht bestätigt, ist das ein schweres kriminelles Verbrechen." Er hoffe, dass die Täter schnell gefasst werden. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warnte vor voreiligen Schlüssen: "Wir müssen uns die Zeit nehmen, um die Brandursache zu ermitteln", erklärte er via Twitter. Es sei beklemmend, wenn ein Gebäude brenne, in das Flüchtlinge einziehen sollten. "Auch weil in unseren Köpfen sofort ein böser Verdacht steht." Auch Birgit Pelke, zuständige SPD-Landtagsabgeordnete für das Eichsfeld, mahnte: "Schnelle Verurteilungen nützen jetzt niemandem." Im Falle einer Brandstiftung würde es sich um einen "unverzeihlichen Angriff gegen die Würde der Menschen handeln, die in Thüringen Zuflucht und Hilfe suchen und auch erfahren sollen", ein Angriff auf ein "demokratisches weltoffenes" Thüringen. Die demokratie-und menschenrechtsfeindlichen Parolen der AfD bei ihren vergangenen Demos würden eine rechtspopulistische Stimmung erzeugen und zu extremistischen Taten motivieren, sagte Pelke.
Brand auch in Flüchtlingsunterkunft in Kleve
In der Nacht zum Sonnabend hat es auch in einem Flüchtlingsheim im nordrhien-westfälischen Kleve gebrannt. Dabei sind drei Menschen verletzt worden. Sie erlitten leichte Blessuren, als sie sich mit einem Sprung aus einem Fenster in Sicherheit bringen wollten. Wie es in der Nacht zum Samstag zu dem Feuer in einem der Zimmer kam, konnte die Polizei zunächst nicht sagen. Die Feuerwehr löschte die Flammen. Danach konnten die Flüchtlinge zurück in ihre Unterkunft. Es entstand ein Schaden von etwa 50 000 Euro. In den vergangenen Monaten brannten immer wieder Unterkünfte für Flüchtlinge in Deutschland. In vielen Fällen geht die Polizei von Brandstiftung aus.
Göttinger Tageblatt, 12.9.2015
Schnelle Verfahren
Flüchtlinge demonstrieren vor Lager in Friedland
Bei einer spontanen Demonstration haben rund 50 Flüchtlingen aus Syrien vor den Toren des Grenzdurchgangslagers Friedland schnellere Asylverfahren gefordert. Mit Transparenten, auf denen sie ihre Forderungen geschrieben hatten, verlangten sie von der Landesaufnahmebehörde zudem verbesserte Unterbringungsbedingungen.
Friedland. Zu der Demonstration war es gegen 9.30 Uhr vor einem der Zelte des Flüchtlingslagers gekommen, wo sich spontan etwa 50 Syrer eingefunden und lautstark diskutiert hatten. Vorsorglich hatte die Polizei mehrere Funkstreifenwagenbesatzungen sowie Beamte der Bereitschaftspolizei geschickt. Die Menschenansammlung ging dann in eine reguläre Demonstration mit Transparenten über, die erst gegn 12.30 Uhr beendet war. Nach Darstellung der Polizeipressestelle sei es Verantwortlichen der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen sowie ihren Dolmetschern gelungen, die Situation im Gespräch mit dem Einsatzleiter der Polizei zu klären. Die Flüchtlinge hätten sich kooperativ verhalten, heißt es in der Mitteilung. Ein polizeiliches Einschreiten sei nicht erforderlich gewesen.
HNA, 11.9.2015
Flüchtlinge demonstrierten in Friedland
Friedland. Mit mehreren Transparenten haben Flüchtlinge aus Syrien am Freitagvormittag auf dem Gelände der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen in Friedland für ein schnelleres Asylverfahren demonstriert.
Die Aktion dauerte nach Angaben der Polizei von 9.30 bis 12.30 Uhr und verlief besondere Vorkommnisse. Sofort nach Eingang der Mitteilung über eine größere Menschenansammlung, die sich lautstark redend vor einem Großraumzelt versammelt haben soll, wurden vorsorglich mehrere Funkstreifenwagen der Polizei Göttingen sowie Beamte der Bereitschaftspolizei in die Unterkunft entsandt. Vor Ort stellten die Beamten fest, dass die etwa 50 Flüchtlinge auf mit Filzstiften beschriebenen Bettlaken eine Beschleunigung des Asylverfahrens und eine Verbesserung der Unterbringungsbedingungen forderten. Durch Übersetzer und mehrere Verantwortliche des Lagers sowie den Einsatzleiter der Polizei konnte die Situation im Gespräch geklärt werden. Polizeisprecherin Jasmin Kaatz: „Die Flüchtlinge verhielten sich kooperativ und friedlich. Ein polizeiliches Einschreiten war nicht erforderlich.“
Chronologie rassistischer Provokationen und rechter Angriffe in der Region Auf den Zietenterrassen werden am 10.8.2013 NPD-Slogans und weitere Neonaziparolen geschmiert. In Witzenhausen werden zwischen dem 6.-8.12.2014 am alten Bahnhof Neonaziparolen geschmiert, u.a. „88“ und „Heil Hitler“. Bereits während der Planungsphase im Dezember 2014 für eine Flüchtlingsunterkunft auf den Zietenterrassen in Göttingen besteht unter einigen BürgerInnen des privilegierten Wohngebiets eine aufgeheizte Stimmung. Als Meinungsmacher der chauvinistischen Bürgerinitiative BIZZ treten der Christdemokrat und Jura-Professor Frank Schorkopf sowie Mirjam Marwedel auf. Offen rassistische Hetze betreibt Harald Richter und missbraucht dafür sein Amt als Informatikprofessor an der TU Clausthal. An einer Bürgerversammlung am 27.1.2015 beteiligt sich auch der Rechtspopulist Matthias Hans (ehemals AfD-Vorsitzender Göttingen). Gemeinsam mit Jens Kaup aus Hann.Münden (stellvertretender Vorsitzender AfD-Göttingen) nahm Matthias Hans an den rassistischen Kagida-Aufmärschen teil, u.a. am 29.12.2014 in Kassel teil. Mit dabei waren auch Neonazis dem Eichsfeld. Vermutlich in der Silvesternacht 2014/2015 wird ein Jugendtreff in Adelebsen mit Hakenkreuzen beschmiert. In dem selbstorganisierten Jugendraum veranstalten Jugendliche um die Brüder Dennis und Marcel Jäger seit etwa einem Jahr Partys unter dem Label „Hüttengaudi Adelebsen“. Zum Umfeld der PartybesucherInnen zählen auch jugendliche Neonazis der „AG Ruhmetal“ aus Northeim. In Güntersen (bei Adelebsen) will der fanatische Neonazi Mario Messerschmidt (Partei Die Rechte) am 28.2.2015 einen Neonaziaufmarsch organisieren. Messerschmidt bewegt sich im Umfeld der „Hells Angels“ und tritt gemeinsam mit Neonazis der „Kameradschaft Northeim“ auf. Nach einem Pumpgun-Schuss am 30.11.2008 in Göttingen werden von der Polizei bei Messerschmidt zahlreiche Schusswaffen sichergestellt. In Briefen und im Internet bedroht Messerschmidt vermeintliche politische GegnerInnen. Die „Hells Angels“-Göttingen werden am 25.10.2014 verboten, Messerschmidts Neonaziaufmarsch-Versuch in Güntersen scheitert. Am 28.2.2015 demonstrieren und feiern 1.500 AntifaschistInnen und BürgerInnen gegen Neonfaschismus und für Solidarität mit Flüchtlingen. In Friedland werden im August 2015 NPD-Flyer gegen Flüchtlinge in Hausbriefkästen verteilt, unterzeichnet sind diese von Matthias Fiedler aus Heiligenstadt (NPD-Eichsfeld). Am 16.8.2015 organisiert die NPD-Eichsfeld eine Kundgebung gegen die Schließung einer Förderschule in Heiligenstadt. Es nehmen nur 6 Neonazis teil, unter ihnen Pascal Zintarra aus Northeim. Am 19.8.2015 protestieren 80 Menschen in Heiligenstadt gegen die Schließung einer Förderschule. In dem Schulgebäude sollen nun Flüchtlinge untergebracht werden. NPD-Mitglieder wie René Schneemann nehmen an der Bürgerdemo teil und versuchen den Protest besorgter Eltern für ihre Zwecke zu nutzen. Gegen die geplante Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Osterode hetzt seit dem 19.8.2015 eine Facebook-Seite "Nein zum Heim in Osterode". Für mehrere Unterkünfte in der Region Nord- und Südharz entstehen im selben Zeitraum ähnliche Seiten. In Witzenhausen werden bei einem Ortsfest am 23.8.2015 Flüchtlinge und ihr Betreuer von Neonazis aus Hann.Münden und Großalmerode angegriffen. Noch während der Einrichtung einer Unterkunft für Flüchtlinge in Adelebsen, werden in der Nacht auf den 29.8.2015 aus einem VW-Golf Neonaziparolen gerufen. Beteiligt sind zwei 20-jährige sowie ein 23-jähriger aus Adelebsen und ein dreißig-jähriger aus Dransfeld. In der folgenden Nacht fährt der PKW von Kevin Bischoff aus Adelebsen mehrfach vor der Flüchtlingsunterkunft vorbei. Kevin Bischoff gehört zu einem Freundeskreis um die Brüder Dennis und Marcel Jäger aus Adelebsen sowie jugendlichen Neonazis aus dem Umfeld der „Kameradschaft Northeim“ und der „AG Ruhmetal“. Am 27.8.2015 wollen Matthias Fiedler und Thorsten Heise an der Bürgerinformationsveranstaltung zur Lage der Flüchtlinge in Heiligenstadt teilnehmen. Nachdem ihnen der Einlass von AntifaschistInnen verwehrt wird, halten die beiden Neonazis eine 2-Mann Kundgebung vor dem Veranstaltungsort ab. Vom 1. auf den 2.9.2015 werden auf dem Gelände der Landesaufnahmebehörde in Friedland sogenannte "Mohammed-Karrikaturen" gefunden, die offensichtlich das Ziel haben sollten, Muslime und Muslima zu beleidigen und dadurch Unfrieden zu verbreiten. An einer Bürgerversammlung am 3.9.2015 in Adelebsen nimmt auch der Rechtspopulist Jörg Schoppe (ehemals Die Freiheit und AfD) teil. Anwesend sind auch Dennis und Marcel Jäger mit Freundinnen. Am 12.9.2015 wollen Neonazis unter dem Label „Russlanddeutsche“ in Friedland aufmarschieren. Bereits im Mai 2009 scheiterte ein ähnlicher Anlauf einen Neonaziaufmarsch mit Redebeiträgen von Thorsten Heise (Fretterode, Thüringen) in der Nähe der Landesaufnahmebehörde zu organisieren. Die schnelle und deutliche Reaktion von AntifaschistInnen lässt auch die neuerliche Neonaziprovokation scheitern. Gut 200 Menschen feiern stattdessen gemeinsam mit Flüchtlingen ein antirassistisches Happening. Am 19.9.2015 will die NPD-Eichsfeld 2 Kundgebungen gegen Flüchtlinge in Heiligenstadt abhalten. Angekündigt ist u.a. der russlanddeutsche Kagida-Aktivist Viktor Seibel aus Kassel. Teilnehmer sind u.a. Martin Ahlborn (Delliehausen bei Uslar, NPD-Göttingen) und Fabian Schwedhelm (Nesselröden bei Duderstadt, „Kameradschaft Northeim“). AntifaschistInnen gelingt es, die zweite NPD-Kundgebung vor dem Flüchtlingswohnheim zu blockieren. Etwa 10 Neonazis greifen AntifaschistInnen an, am Bahnhof Heiligenstadt werden im Anschluss antisemitische und rassistische Parolen geschmiert. Am 24.9.2015 besuchen die beiden Neonazis Mario Messerschmidt und Kristina Sibbersen die Ratssitzung des Fleckens Adelebsen. Messerschmidt (aus Adelebsen) versucht sich in der Bürgerfragestunde zu Wort zu melden, um gegen die Unterbringung von Flüchtlingen zu hetzen. Seine drogenkranke Freundin Sibbersen versucht Flugblätter zu verteilen, die vor Gesundheitsgefahren im Kontakt mit Flüchtlingen warnen. Seit dem 28.9.2015 hetzt eine „BI Asylstopp Friedland“ bei facebook gegen Flüchtlinge. Vom 2. auf den 3.10.2015 wird eine leerstehende Flüchtlingsunterkunft in Bischhagen (zwischen Duderstadt und Heiligenstadt) niedergebrannt. Bürgermeister und Feuerwehr gehen von einem Brandanschlag aus.