Am 9.10. findet vor dem Landgericht Göttingen das Berufungsverfahren gegen einen in erster Instanz freigesprochenen Abschiebungsgegner statt. Der Prozess fußt auf dem Vorwurf, dass der Betroffene einer polizeilichen Aufforderung zum ‚Stehenbleiben‘ nicht umgehend nachgekommen und ein Polizeibeamter beim Versuch ihn zu ergreifen zu Fall gekommen sei. Nachdem im ersten Verfahren keine konkrete Widerstandshandlung nachgewiesen werden konnte und konsequenterweise ein Freispruch erfolgte, erwirkte die Staatsanwaltschaft die Wiederaufnahme des Verfahrens.
Der Prozess ist Teil einer Reihe von Verfahren gegen Menschen, die am 10. April 2014 eine Abschiebung aus dem Neuen Weg in Göttingen verhinderten, indem sie das Treppenhaus blockierten.2 Einsatzkräfte der Göttinger BFE (Beweissicherungs– und Festnahmeeinheit) drangen darauf hin durch eine Kellerwohnung, in der ein kleines Kind schlief, in das Treppenhaus vor und setzten gegen die Aktivist*innen massiv Gewalt und Pfefferspray ein. Vor dem Haus wurden Menschen, welche sich mit dem Geflüchteten und den Aktivist*innen solidarisieren wollten, sowie die nach draußen gezerrten Aktivist*innen von Polizeihunden attackiert und durch Bisse verletzt.
“Nach dem skandalösen Polizeieinsatz im Neuen Weg sind es wiedereinmal die betroffenen AktivistInnen, die mit Strafverfahren überhäuft werden. Die Göttinger Staatsanwaltschaft will offensichtlich um jeden Preis eine Verurteilung erreichen. Diese Kriminalisierung ist in erster Linie politisch motiviert.”, so eine Sprecherin der Basisdemokratischen Linken. So werden einerseits politisch engagierte Personen gezielt eingeschüchtert. Zum Anderen solle auf diese Weise die polizeiliche Gewaltanwendung nachträglich legitimiert werden. Die BFE war wegen ihres Vorgehens erneut in die öffentliche Kritik geraten. “Es ist gewiss kein Zufall, dass die Göttinger BFE seit April 2014 in Göttingen nicht mehr zum Einsatz kam”, erklärte die Sprecherin weiter.
Gerade angesichts der bevorstehenden Verschärfung des Asylrechts ist die Fortsetzung des zivilgesellschaftlichen Engagements und Widerstands gegen die Abschiebepolitik der Bundesrepublik unentbehrlich. Die Basisdemokratische Linke ruft deshalb zur Solidarität mit dem Angeklagten und zu einer kritischen Begleitung des Prozesses auf:
Am 09.10. um 9:00 Uhr im Landgericht Göttingen (Maschmühlenweg 11)
1 Pressebericht zum ersten Prozess vor dem Amtsgericht am 16. Februar 2015:
2 Presseberichte zur verhinderten Abschiebung am 10. April 2015: