Der AfD-Kreisverband Northeim lädt am 9. September unter anderem Alexander Gauland und Björn Höcke für eine Wahlkampfveranstaltung ein. Damit zeigt er wiederholt die politische Nähe zum völkischen Flügel innerhalb der sogenannten „Alternative für Deutschland“. Doch auch anderweitig zeigt sich die Zugehörigkeit zur Extremen Rechten: Auf Wahllisten der AfD in den Landkreisen Northeim und Göttingen stehen mehrere KandidatInnen, die den „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ politisch unterstützt haben. Mit Lars Steinke, Jörg Sprenger und Daniela Kasper präsentieren wir hiermit drei der ihren.
Dass die „Alternative für Deutschland“ (AfD) menschenverachtende Propaganda, Hass und elitäres Gehabe auf die Straße und in die Parlamente trägt, gehört mittlerweile zum allgemeinen Wissen. Doch müssen wir noch genauer hinsehen: Woher kommen diejenigen, die in der AfD politisch tätig sind? Es kann uns dabei nicht genügen, die Biographien von Beatrix von Storch, Frauke Petry oder Björn Höcke nachzuverfolgen, denn für unsere antifaschistische Praxis ist es wichtig, wie sich die AfD in unserer Region konkret zusammensetzt.
Der AfD-Wahlkampf in der Umgebung läuft – ebenso wie der Kommunalwahlkampf der regionalen NPD — auf Hochtouren. Die KandidatInnen der NPD können nicht getrennt werden von einer mehr oder minder neuen Gruppierung, die sich vor einem dreiviertel Jahr gegründet hat: dem neonazistischen „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“. Wenngleich die AfD sich ab und an gern von „jeder Gewalt distanziert“, so sind doch eindeutige Bezüge zwischen der regionalen extremen Rechten und der zutiefst bürgerlichen Partei zu erkennen.
Personell ist dies natürlich festzumachen am Göttinger Lars Steinke. Er kandidiert bei den Kommunalwahlen für die AfD im Wahlkreis Adelebsen-Bovenden-Friedland. Der Verbinder der extrem rechten Burschenschaft Hannovera war Anmelder der ersten „Freundeskreis“-Kundgebungen, hielt (rhetorisch schwache) Redebeiträge auf dessen Mahnwachen Ende letzten Jahres und ist abgesehen davon als extrem rechter Akteur bekannt. Er fährt zu Aufmärschen der neurechten „Identitären Bewegung“ und schrieb Artikel für die „Blaue Narzisse“. Auf seiner Facebook-Seite verbreitet er Hetzreden gegen Geflüchtete, Linke und alle anderen, die ihm nicht in den Kram passen, und will gerne die Grenzen seines lieben Deutschen Reichs wieder ausweiten: Prag sei eine schöne, deutsche Stadt in Böhmen.
Steinke ist allerdings nicht die einzige Figur, an der die Verbindungen zwischen AfD und „Freundeskreis“ festzumachen sind. Zwar distanzierte sich die Northeimer AfD jüngst von Jens Wilke, der zentralen Figur des „Freundeskreises“, und seiner Gefolgschaft, doch scheint dieser Schritt vor allem strategischer Natur. So präsentierte sich Wilke noch im Juli bei einer Wahlkampfveranstaltung besagter Ortsgruppe beim Meet&Greet vor dem Veranstaltungsort, in dem Beatrix von Storch kurz darauf sprechen sollte. Ebenfalls anwesend bei dieser Veranstaltung war Gianluca Bruno, NPD-Kandidat, „AG-Rhumetal“-Aktivist und stetiger Teilnehmer der „Freundeskreis“-Veranstaltungen. Erst kürzlich wurde bekannt, dass er an einem Überfall von 200 Neonazis auf den alternativ geprägten Leipziger Stadtteil Connewitz beteiligt war, bei dem ganze Straßenzüge verwüstet wurden.
Da ein Zusammenhang wie der „Freundeskreis“ sich schwerlich über Mitgliedsbeiträge finanzieren kann, war er besonders in seiner Entstehungszeit Ende 2015 auf Geldgeber angewiesen. Einer dieser Förderer ist Jörg Sprenger aus Bad Gandersheim. Er ist AfD-Kandidat für den Wahlkreis Bad Gandersheim-Einbeck. Sprenger wurde von Jens Wilke auf einer der ersten Kundgebungen in Duderstadt als großer „Gönner“ gepriesen, offenbar hatte er die völkische Gruppierung materiell unterstützt. Er erhielt daraufhin Zuspruch von den weiteren anwesenden KundgebungsteilnehmerInnen.
In Hinblick auf die politischen Inhalte verwundert dies nicht, denn auch im August 2016 bewies Sprenger, dass er sich mit der völkischen Ideologie Björn Höckes durchaus identifiziert: Bei einer AfD-Veranstaltung mit Höcke in Braunschweig war er als Ordner tätig. Der „Freundeskreis“-Kern hatte sich Ende 2015 auch dadurch konstituiert, dass man gemeinsam zu Höckes wöchentlichen Propaganda-Veranstaltungen nach Erfurt fuhr.
Im Wahlkreis Hardegsen-Katlenburg Lindau-Moringen-Nörten Hardenberg findet sich eine weitere AfD-Kandidatin mit Bezug zum „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“. Daniela Kasper aus Lindau gefällt auf Facebook nicht nur die „AG Rhumetal“, ein Zusammenschluss eher jüngerer Neonazis aus Südniedersachsen, und die „Identitäre Bewegung Österreich“.
Sie kommentierte auch die „Freundeskreis“-Posts: Kasper verteidigte die Schar um Jens Wilke gegen antifaschistische Gegendemonstrant*innen und forderte dazu auf, der Gründung einer antifaschistischen Jugendgruppe in Northeim mit einem „patriotischen“ Event zu begegnen.
Ferner postete sie Ende vergangenen Jahres auf ihrer öffentlich einsehbaren Facebook-Seite ein Video, in welchem der Holocaust geleugnet wird.
Diese Beispiele zeigen, dass bei AfD, NPD und „Freundeskreis“ nicht von strikt getrennten Organisationen ausgegangen werden darf. Zumindest in der jüngsten Vergangenheit bestanden personelle Überschneidungen, eine inhaltliche Nähe ist ohnehin schwer zu übersehen. Es gilt, wachsam zu bleiben und dem Deckmantel der Bürgerlichkeit der AfD nicht auf den Leim zu gehen.
Übrigens: Begriffe oder Akteure wie die „Identitäre Bewegung“ oder „völkisch“ erklären wir in unserer ausführlichen Broschüre zum „Freundeskreis“. Die findet ihr hier:
www.inventati.org/blgoe/images/document/2016_demontage_6_web.pdf