Am 12. November plant der extrem rechte „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ eine Kundgebung zum Thema „Zinsknechtschaftbrechen – Schluss mit dem Raubtierkapitalismus“ vor der Göttinger Stadthalle. Doch „Kapitalismuskritik“ von rechts, das kennen wir schon: Sie strotzt von antisemitischen Verschwörungstheorien, Hetze gegen alles „Fremde“ oder der Forderung nach nationalem Sozialismus. Lasst uns gemeinsam und entschlossen dem Freundeskreis entgegentreten und seine Veranstaltung blockieren.
Kapitalismuskritik von rechts?
Immer wieder üben Teile der extremen Rechten Kritik am Kapitalismus. So sprechen sie von der Brechung der Zinsknechtschaft, einer Losung, die einst fester Bestandteil der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik gewesen ist. Eine solche Vorstellung von arbeits– und müheloser Kapitalakkumulation erlaubt es, Kapitalismus nicht als gesellschaftliches Verhältnis zu begreifen und zu kritisieren. Es können also konkrete Personen oder Gruppen für die kapitalistische Misere verantwortlich gemacht werden. Feindbilder dafür liefert ihre Ideologie zu Genüge: Juden und Jüdinnen, Migrant*innen, Manager oder Bankiers. Zentral ist die Unterscheidung zwischen „national schaffendem und international-raffendem Kapital“. Während das raffende Börsenkapital mit dem Judentum assoziiert wird, verherrlicht man das nationale Kapital als schaffend und schützenswert. Eine auf solche Weise verkürzte und personalisierte „Kapitalismuskritik“ will Ausbeutung, Unterdrückung und Ungleichheit nicht abschaffen sondern radikalisieren. Sie zielt auf ihre Zuspitzung bis zur Verfolgung und Vernichtung der als Sündenböcke identifizierten Personengruppen.
Mit einer emanzipatorischen Kritik an den kapitalistischen Verhältnissen hat eine solche Ideologie nicht das Geringste zu tun – sie ist ihr genaues Gegenteil. Eine fortschrittliche Kapitalismuskritik zielt auf die Gleichheit aller Menschen und ihre freie Entfaltung ungeachtet ihrer Herkunft oder ihnen zugeschriebener Eigenschaften. Sie bemüht sich um die grundlegende Zerschlagung von Eigentumsverhältnissen, die einen Großteil der Menschheit in der Verelendung halten, und die Beseitigung jeglicher Form der Unterdrückung. Wir fordern das Recht auf ein gutes Leben für alle.
Was tun?
Mit den Mitteln des zivilen Ungehorsams wollen wir die Kundgebung des Freundeskreises gemeinsam verhindern.
Kommt zur Mobiveranstaltung am Donnerstag den 10.11. um 19:30 Uhr ins ZHG 102
Rote Hilfe Veranstaltung: Was tun wenn´s brennt? 9.11. um 16 Uhr im Roten Zentrum (Lange-Geismar-Straße 2)
Blockadetraining mit der redicalM: 11.11. um 17 Uhr im JuZI
Informiert euch auf unserer Homepage oder bei facebook.
Blockiert mit uns oder kommt zur Kundgebung des Bündnis gegen Rechts: Am 12.11. um 10 Uhr am Albaniplatz.
Zu den Hintergründen: Wer oder was ist der „Freundeskreis“?
Im Oktober 2015 gründete sich der „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ und hielt — anfangs in Duderstadt, später in der gesamten Region – sogenannte „Freiheitliche Bürgertreffs“ ab. Seine Gründung vollzog sich im Kontext von Pegida-Demonstrationen und den von Björn Höcke initiierten AfD-Aufmärschen in Erfurt. Der „Freundeskreis“ hat sich von einer diffus-völkischen Gruppierung zu einer klassisch neonazistischen Splittergruppe entwickelt. Der vorbestrafte Mario Messerschmidt, Neonazis aus dem Umfeld der ehemaligen Kameradschaft Northeim oder der Burschenschafter Jan-Phillip Jaennecke scharen sich um Jens Wilke, der sich als Oberhaupt und ideologischer Vorreiter inszeniert. Unter dem Motto „Familie, Heimat, Zukunft“ versammelten sich die verbliebenen „Freunde“ beinahe jede Woche, um gegen Geflüchtete, die vermeintlich zu wenig restriktive Asylpolitik der Bundesregierung, die Presse oder ihre politischen Gegner zu hetzen. Um ihren Kampf „von der Straße in die Parlamente“ zu tragen, gab der „Freundeskreis“ schließlich bekannt im Kreistag für die NPD zu kandidieren. Regelmäßige Wahlkampfveranstaltungen im Umland, auch aber vor dem Göttinger Bahnhof wurden von massiven Protesten begleitet. Und auch die Unterstützung eines bekannten und bundesweit vernetzten NPDler, dem militanten Neonazi Thorsten Heise, brachten nicht den erwünschten Erfolg: Die Wahl wurde verloren und es wurde ruhiger um den „Freundeskreis“, dessen Aktivismus sich nun vorwiegend auf Besuche von Veranstaltungen in Thüringen oder Sachsen beschränkte. Doch das Naziproblem in der Region wird sich nicht von alleine lösen: Wir müssen anknüpfen an unsere antifaschistischen Erfolge des vergangenen Jahres und die Sache selbst in die Hand nehmen.