Gestern am 24.05., gab es Proteste gegen die Abschiebung eines jungen Mannes aus Simbabwe. Dieser wurde Mittags von der Polizei aus der umstrittenen Sammelunterkunft auf der Siekhöhe abgeholt und im Gebäude der Göttinger Polizeidirektion festgehalten. Seitens der Behörden war die Überstellung in die Abschiebehaftanstalt in Hannover Langenhagen vorgesehen. Dieses Vorhaben wurde allerdings zunächst durch das rasche Eingreifen zahlreicher Aktivist_innen unterbunden, die die Zufahrten der Polizeidirektion blockierten. Der Betroffene wurde durch eine Göttinger Anwältin vertreten, die über die geplante Maßnahme nicht informiert wurde. Schließlich konnte aber nicht verhindert werden, dass die betroffene Person nach Berlin gefahren und dort abgeschoben wurde. Während des gesammten Tages fiel die Polizei durch eine extrem hohe Gewaltbereitschaft auf.
Der junge Mann aus Simbabwe wurde ohne Vorwarnung aus der Sammelunterkunft auf der Siekhöhe abgeholt. Dies geschah offenbar nicht auf Veranlassung des BAMF, sondern wurde unmittelbar von der Göttinger Ausländerbehörde in die Wege geleitet. Obwohl der Betroffene Mandant einer Göttinger Anwältin ist, wurde diese über das Vorgehen nicht informiert. Ein entsprechender Bescheid wurde ihr nicht zugestellt, so dass bislang keine Möglichkeiten bestanden, Rechtsmittel gegen die Abschiebung einzulegen. „Die Göttinger Ausländerbehörde versucht mit ihrer dubiosen Vorgehensweise offenbar, Betroffenen sogar die Möglichkeiten einer juristischen Klärung faktisch zu verwehren. Dieses skandalöse Agieren zeigt deutlich, dass die Behörde um jeden Preis eine unmenschliche Abschiebepraxis durchsetzen will. Auffällig ist, dass die Göttinger Ausländerbehörde hier selbst die Initiative ergreift, obwohl es in diesem Fall keine Aufforderung durch das BAMF gab“, so eine Sprecherin des Bündnisses gegen Abschiebungen.
Nur durch die schnelle Intervention vieler solidarischer Göttinger*innen konnte das reibungslose Funktionieren der Abschiebemaschinerie gestört und so ein Zeitfenster geschaffen werden, in dem auch versucht werden konnte juristische Möglichkeiten zu nutzen. Die Blockade, an der sich zeitweise über 130 Personen beteiligten, steht in einer Reihe mit ähnlichen Aktionen in der jüngeren Vergangenheit. In den letzten Jahren wurden in Göttingen immer wieder Abschiebungen durch Blockaden erfolgreich verhindert. Geflüchtete und Unterstützer*innen finden sich für den Protest über ein Alarmtelefon zusammen. „Die heutige Aktion zeigt erneut, dass ziviler Ungehorsam ein geeignetes und notwendiges Mittel ist, um Abschiebungen zu stoppen und die inhumane Tätigkeit der Behörden ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren. Wir werden auch in Zukunft derartigen Maßnahmen entschlossen entgegenstellen und freuen uns, dass es dafür in Göttingen eine breite Unterstützung gibt“, so die Sprecherin des Bündnisses gegen Abschiebung. Das Bündnis betreibt einen sms-Verteiler, über den im Notfall schnellstmöglich über Abschiebeversuche und Blockaden informiert wird. Interessierte Göttinger*innen können sich über eine e-mail an die Adresse stop-deportations@inventati.org in den Verteiler aufnehmen lassen, um sich so an Aktionen beteiligen zu können.
Die
Proteste blieben, trotz brutalem Vorgehen der Polizei den ganzen Tag
friedlich bestehen. Die Aktivist*innen erklärten dazu am Abend: „Trotz
des eskalativen und gewalttätigen Verhaltens der Polizei, lassen
wir uns nicht vertreiben und werden erstmal hier bleiben. Wir lassen
Menschen, die von Abschiebeversuchen betroffen sind, nicht im
Stich.“ Die Polizei griff die Demo wiederholt an. Zunächst wurde ohne
Anlass versucht die Unterstützer*innen gewalttätig aus dem
zugewiesenen Bereich zu drängen. Auch vorher war die Polizei schon
durch Androhung körperlicher Gewalt gegen einzelne Aktivist*innen
aufgefallen. So fiel bereits sehr früh der Satz „Ich schlag dich
wirklich, dann liegst du am Boden.“ Bei der Aktion wurden unter dem
Einsatz von Schlägen und Tritten wahllos fünf Menschen
festgenommen sowie weitere verletzt. Eine Sprecherin des Bündnisses
gegen Abschiebungen sagte dazu: „Hier zeigten sich wieder die
perfiden Rechtfertigungsstrategien für Gewalteinsatz seitens
der Polizei. So wurden einzelne Personen massiv abgedrängt und
diesen dann unterstellt sie haben das Bein eines Polizisten verdreht.
Wie genau das funktionieren soll, wenn die Widerstandsstrategie nur
aus Stehenbleiben besteht konnte nicht erläutert werden.“
Später trafen aus Hannover und Osnabrück Einheiten der Beweismittelsicherungs– und Festnahmeeinheit (BFE)
ein , die seit langer Zeit für ihr brutales Vorgehen bekannt sind.
Der Polizeieinsatz wurde daraufhin noch verschärft. So wurde ohne
Vorwarnung oder vorherige Eskalation ein friedliches Plenum umstellt
und unter anderem unter Pfeffersprayeinsatz angegriffen. Dabei
wurden zwei weitere Personen ohne Grund festgenommen.
Die verbleibenden Aktivist*innen zogen nach der Freilassung der Festgenommenen in einem Protestzug gegen 23 Uhr gemeinsam zum Groner Tor und lösten dort ihre Kundgebung auf.