Am 3.11.2014 sollten Frau J., Herr B., und ihr gemeinsames 3 Monate altes Kind nach Italien abgeschoben werden. Die kleine Familie lebt zurzeit im Maschmühlenweg in Göttingen. Ihnen wurde von der Ausländerbehörde mitgeteilt, sie sollten sich dort um 7.30 Uhr morgens mit gepackten Koffern bereithalten, um von der Polizei abgeholt zu werden.
Die beiden Eltern sind aus Somalia nach Europa geflüchtet. Die Flüchtlinge haben durch den dortigen Krieg, der Alltäglichkeit von Gewalt und der jahrelangen Flucht viele traumatische Erlebnisse durchgemacht. Die drohende Abschiebung stellt einen Schlag ins Gesicht beider Elternteile dar. Gegen die Abschiebung wurden aufgrund der gesundheitlichen Situation der Familie Rechtsmittel eingelegt. Die Entscheidung über den Fall lag nun beim Verwaltungsgericht Göttingen. Unzählige Verwaltungsgerichte in Deutschland bescheiden mittlerweile Klagen gegen Abschiebungen nach Italien positiv. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zeigte sich davon allerdings unbeeindruckt.
Zur Verhinderung der Abschiebung wurde öffentlich mobilisiert. Bereits früh morgens fanden sich die ersten Aktivist_innen vor dem Haus der Familie ein. Nach und nach sammelten sich etwa 120 Personen vor der Haustür der Familie, um der Staatsgewalt keine Möglichkeit zur Durchführung ihres menschenverachtenden Auftrags zu geben. Trotz befürchteter Polizeigewalt, wie sie bereits im April von Aktivist_innen erfahren wurde, war die Stimmung zuversichtlich. Mit einer so erfolgreichen Mobilisierung hatten die Behörden nicht gerechnet und ein Polizeieinsatz blieb aus. Gegen 8:15 Uhr war klar, dass die Abschiebung an diesem Tag nicht mehr stattfinden würde. Die Abschiebung war somit erfolgreich verhindert worden.
Doch der Status der Familie und damit ihr Existenzrecht in Göttingen war noch ungeklärt. Häufig nutzt die Ausländerbehörde solche Situationen, um Flüchtlinge zu illegaliseren und ihnen sämtliche Sozialleistungen und Rechte zu entziehen. Um das zu verhindern fand sich um 11:30 Uhr ein Teil der Gruppe bei der verantwortlichen Ausländerbehörde ein, um das zurückgehaltene Geld für die Familie und deren fortgesetztes Aufenthaltsrecht einzufordern. Die Aktion war erfolgreich und das Geld für den restlichen Monat wurde ausgezahlt. Entgegen den Forderungen erfolgte keine Verlängerung des Bleiberechts für die Familie. die Duldung wurde zunächst bis Ende November verlängert.
Mittlerweile hat das Verwaltungsgericht dem Einspruch der Familie stattgegeben, sie darf demnach vorläufig nicht nach Italien abgeschoben werden. Wäre es den Behörden gelungen, die Abschiebung durchzuführen, so wäre diese Entscheidung für die Familie allerdings zu spät gekommen.
Es lässt sich festhalten: Es ist möglich, sich der Abschiebemaschinerie solidarisch und kollektiv entgegenzustellen. Trotz dieses Erfolges bleibt es dabei: Abschiebungen sind Folter, Abschiebungen sind Mord. Wir fordern daher: Alle bleiben! Abschiebestopp auf allen Ebenen! Weg mit der Dublin– Verordnung!