Wir dokumentieren hier unseren Beitrag im Rahmen der Kundgebung „Gegen alle Kriege, gegen alle Imperien, gegen alle Grenzen“ am 28. Februar:
In diesem Krieg ist der russische Staat der klare Aggressor! Unsere volle Solidarität gilt der Bevölkerung in der Ukraine, an die Menschen die verletzt oder getötet werden, an ihre Angehörigen, die ihre Familie und Freunde verlieren. Unsere Gedanken sind auch bei allen, die zum Kämpfen gezwungen werden. Sowohl die zwangsverpflichteten Soldaten auf russischer Seite, als auch die ukrainischen Männer, die nicht kämpfen wollen, aber vom Staat gezwungen werden. Niemand darf gezwungen werden, für ein Land zu töten oder zu sterben!
Wir sind solidarisch mit den Menschen in Russland, die eine Bewegung gegen den Ukraine-Krieg starten, obwohl ihre diktatorischen Herrscher sie mit Repression überziehen! Ihre Hoffnung, ihr Mut und ihre Stärke, gegen den Krieg ihres Staates aufzustehen, beeindruckt uns! Wir hoffen, dass sie der Repression etwas entgegensetzen können, dass ihre Bewegung der Kriegsgegner*innen wächst und Kraft entfaltet.
Die Solidarität, die die Ukraine in beinahe der gesamten deutschen Bevölkerung erfährt, ist erst einmal etwas Gutes. Doch diese Solidarität ist brüchig. Nicht alle Menschen, die aus der Ukraine fliehen, haben die ukrainische Staatsangehörigkeit. Wir müssen uns stark machen für eine solidarische Aufnahme aller Flüchtenden. In Polen errichtet die EU einen Abschottungsanlage gegen Flüchtende aus Syrien, Afghanistan uns anderen Ländern. Über sie wurde und wird gesprochen, als seien sie eine gefährliche Waffe. Dieser Rassismus erkennt nicht an, dass diese Menschen vor nicht weniger existenziellen Bedrohungen fliehen. 20 Jahre Krieg in Afghanistan, aber die Flüchtenden lassen wir vor unseren Grenzen sterben! Krieg in Syrien, wiederum unter Beteiligung Russlands, aber die Flüchtenden lassen wir an den Grenzen sterben! Kapitalistisches Elend und neokoloniale Militäreinsätze in afrikanischen Ländern, aber die Fliehenden lassen wir im Mittelmeer ertrinken. Unser Einsatz für eine solidarische Aufnahme von Flüchtenden ist notwendig!
In Deutschland ist jetzt die Zeit der Militärs gekommen. Deutschland hat bereits einen der größten Kriegsetats der Welt. Jetzt beschließt diese Regierung eine Aufrüstung, die es in der demokratischen Geschichte Deutschlands noch nie gegeben hat! Das angekündigte Sondervermögen nur für dieses Jahr ist mit 100 Mrd Euro gut doppelt so hoch wie der reguläre Kriegshaushalt. DAZU kommen noch die 2 Prozent Bruttoinlandsprodukt, die in die Armee gesteckt werden sollen. Das ist die von der NATO angestrebte Ausgabe. Eine Verschwendung, die sich bisher kaum ein Land geleistet hat. Deutschland will diesen Wert jetzt übertreffen. Letztes Jahr wären das über 71 Milliarden Euro für die Armee gewesen. Die NATO-Staten übertreffen das Kriegsbudget Russlands bereits um das Vielfache. Die Militärs und mit ihnen die Regierung wollen aus dieser Gesellschaft Ressourcen rauben, dwir dringend brauchen: Für unsere Gesundheit, für unsere soziale Sicherheit und nicht zuletzt für den Aufbau von Gesellschaften, die sich nicht im Krieg begegnen, sondern nach ihren Bedürfnissen kooperieren. Wir stellen uns gegen diese neue Aufrüstung und die erneute Militarisierung dieser Gesellschaft! Kein Krieg zwischen den Völkern, kein Frieden zwischen den Klassen!“ oder: „Gegen alle Grenzen, gegen alle Imperien, gegen alle Kriege!“
Wir stellen uns an die Seite der ukrainischen Zivilbevölkerung und an die Seite der Menschen in Russland die trotz der heftigen Repressionen gegen diesen Krieg protestieren. Wir wollen vor allem Perspektiven aus der radikalen Linken in der Ukraine und Russland verlesen und deren Stimmen hier Öffentlichkeit geben.
Erklärung russischer Sozialist*innen der Gruppe Socialisticheskaja Alternativa vom 24. Februar 2022
»Unter dem Deckmantel der Sorge um die Menschen im Donbass führt Putins Regime einen Krieg gegen die Ukraine. Es handelt sich um einen Angriffskrieg, mit dem imperiale Ziele verfolgt werden: die Strangulierung des ukrainischen Volkes und die Neuaufteilung der Einflusssphären in Osteuropa.
Wir bekunden unsere Solidarität mit der ukrainischen Arbeiter*innenklasse und allen Unterdrückten im Kampf gegen den russischen Imperialismus. Wir fordern ein sofortiges Ende dieses Krieges und die Rückkehr aller Truppen nach Hause! Heute träumt das Putin-Regime davon, den Status Russlands als Weltmacht wiederzuerlangen, der mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion verloren gegangen ist. Putin fühlt sich stärker als je zuvor in den vergangenen 20 Jahren: Das Land hat 640 Milliarden Dollar an Devisenreserven angehäuft, eine Partnerschaft mit China aufgebaut und Europa von russischem Gas abhängig gemacht, die Opposition im eigenen Land ist unterdrückt, und die russische Bevölkerung wird durch immer neue Repressionen eingeschüchtert. Mit dem Angriff auf die Ukraine leitet der russische Imperialismus eine gewaltsame Neuaufteilung von ganz Osteuropa ein, dem Territorium, das für den westlichen Imperialismus, der dort seit langem Truppen und Stützpunkte unterhält, von Interesse ist. Putin (…) will also auch die osteuropäischen Nato-Mitglieder einschüchtern, um ihnen zu zeigen, wer der wahre › Herr ‹ in der Region ist. Diese Kriegspolitik Putins droht, immer mehr Länder in den Konflikt hineinzuziehen, und könnte zu einem groß angelegten Krieg zwischen den verschiedenen imperialistischen Mächten eskalieren, wie es ihn in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr gegeben hat.
Wir müssen eine Anti-Kriegs-Bewegung von unten aufbauen, die in den Betrieben und Universitäten verankert und in der Lage ist, durch Streiks und Massenproteste ein Ende des Krieges und die Rückkehr der Truppen nach Hause durchzusetzen. Sprecht mit allen in eurem Umfeld – Familie, Freundinnen, Kolleginnen, Kommilitoninnen – darüber, dass der Krieg beendet werden muss; dass Solidarität mit den Ukrainerinnen, die unter Putins militärischer Aggression leiden, notwendig ist. Geht alleine oder gemeinsam mit solidarischen Menschen auf die Straße, um Plakate aufzuhängen und Anti-Kriegs-Flugblätter zu verteilen. Es ist äußerst wichtig, die Haltung gegen den Krieg sichtbar zu machen: Viele Menschen wollen keinen Krieg, aber Putins Propaganda versucht, sie davon zu überzeugen, dass er unvermeidlich ist. Daher ist es wichtig, Antikriegspropaganda auf allen möglichen Wegen in der Öffentlichkeit zu betreiben, nicht nur im Internet.
Für jede Massenbewegung von unten ist die Organisierung der Schlüssel. Die Kriegstreiber sind im Gegensatz zu uns perfekt organisiert: Sie verfügen für ihre unmenschlichen Aktivitäten über eine Geheimdiplomatie, Sicherheitsräte, über Medien unter ihrer Kontrolle und unsere Steuergelder. Wir hingegen müssen einen enormen Aufwand betreiben, nur um eine Meinung öffentlich zu machen. Wir müssen Anti-Kriegs-Komitees an unseren Arbeitsplätzen und Universitäten gründen:
- um politisch über die neuesten Nachrichten zu diskutieren,
- um mehr Kolleginnen und Kommilitoninnen in die Diskussion über den Krieg einzubeziehen,
- um gemeinsame Aktionen für das Kleben von Plakaten und die Verteilung von Flugblättern zu organisieren,
- um Geld zu sammeln für den Druck dieser Materialien,
- um weitere mögliche Methoden zur Bekämpfung des Krieges zu suchen,
- um Verbindungen zu ähnlichen Initiativen zu suchen und herzustellen.
Die vorbereitenden Arbeiten in vorangegangenen Phasen eröffnen nun Möglichkeiten für Massenproteste. Es werden erhebliche Anstrengungen erforderlich sein, vor allem unter den repressiven Bedingungen in Russland, aber wir sind davon überzeugt, dass es weit mehr Kriegsgegner*innen gibt, als derzeit wahrgenommen wird; dies zeigen auch die Meinungsumfragen. Durch geschickte Agitation, Propaganda und Organisierung kann diesen Stimmungen ein direkter Ausdruck verliehen werden, der nicht mehr ignoriert werden kann. Hunderttausende Menschen auf der Straße, die den Abzug aller Truppen und ein Ende des Krieges fordern – das ist eines der Ziele der Antikriegsbewegung. Wie die Erfahrung der Proteste gegen den Krieg im Irak und in Afghanistan zeigt, können diese jedoch erfolglos Monate und sogar Jahre andauern. Wir müssen den wichtigsten Teil der Kriegsmaschinerie treffen – die Wirtschaft und die Profite der herrschenden Klasse –, und dazu müssen wir Massenstreiks organisieren. Sie haben das stärkste Potenzial, selbst einen bereits laufenden Krieg zu beenden. Der Erfolg der Streiktaktik wird nicht nur auf der Abneigung gegen den Krieg beruhen, sondern auch auf der angewachsenen Unzufriedenheit mit der Art und Weise, wie wir schon vor dem Krieg gelebt haben – mit ständig steigenden Preisen, niedrigen Löhnen, der Verzweiflung über Verschuldung und ohne die Möglichkeit, die Entscheidungen zu beeinflussen, die das Schicksal der Gesellschaft, in der wir leben, bestimmen. Die Anwendung der traditionellen Kampfmethoden der Arbeiter*innenklasse wäre ein geeigneter und inspirierender Schritt, um noch mehr Menschen in den Protest einzubeziehen und zu zeigen, wer hier eigentlich mächtig ist.
Die Anti-Kriegs-Bewegung hat das Potenzial, passende Instrumente und Taktiken für den Kampf. Es fehlt nur noch ihr – diejenigen, die durch ihre eigenen Anstrengungen beginnen, uns diesen Möglichkeiten näher zu bringen und eine organisierte Kraft gegen all die Kriegstreiber aufzubauen: die Politiker und Oligarchen, die nicht nur die Macht an sich gerissen haben, sondern auch das Recht, über Leben und Tod zu entscheiden.«
Statement of FFF Russia on Russia’s Military Invasion of Ukraine 24.02.2022
We, FFF Russia activists, oppose any military conflicts. In a situation where the world is suffering from climate, environmental and other crises, war will only exacerbate these crises, but will not help to solve them. In our time, all conflicts must be resolved through diplomacy, and not by the blood of civilians in other countries. We express our solidarity and support to our friends from Fridays For Future Ukraine, and now we are trying to provide them with all possible assistance. We don’t want to be associated with blood and death because we never wanted that for us and our friends. The actions of our government are not our actions. Fridays For Future Russia has always opposed, is and will continue to oppose any military action, no matter how „fair“ they are portrayed by state propaganda. War is not fair. People of Russia, please contact your relatives and acquaintances from Ukraine, give them words of support and provide all possible assistance.
People of Ukraine, please try to stay safe and take care of yourself. We will continue to fight for peace and justice for all the inhabitants of the planet, especially in the current conditions.
Ein Einspruch und Aufruf ukrainischer Sozialist*innen und der Ukraine Solidarity Campaign vom 24. Februar 2022
»Russische Soldat_innen, Flugzeuge und gepanzerte Fahrzeuge greifen die ukrainischen Streitkräfte in allen Grenzregionen an (…). Ihre Raketen erreichen sogar Städte in der Westukraine. Die Verteidiger_innen der Ukraine leisten derzeit erbitterten Widerstand gegen die Besatzer_innen. Aufgrund dieser außergewöhnlichen Umstände sollte die ukrainische Regierung strategische Unternehmen verstaatlichen und das Eigentum von Milliardär_innen beschlagnahmen, um den Zugang der Bevölkerung zu Medikamenten, Transportmitteln, Wohnungen und Lebensmitteln zu gewährleisten. (…) Wir halten es für notwendig, uns an freiwilligen Aktivitäten zu beteiligen und gegenseitige Hilfe durch Gewerkschaften und andere Gemeinschaften zu organisieren. Wir rufen Sozialist*innen auf der ganzen Welt auf, auf die Straße zu gehen und ein Ende der russischen Aggression in der Ukraine zu fordern, es müssen strenge Sanktionen gegen die russische Wirtschaft verhängt werden (Abkopplung von SWIFT, Beschlagnahmung des Eigentums der Oligarchen), die russischen Truppen müssen abgezogen und die Bombardierung von Städten eingestellt werden, der Ukraine müssen die Auslandsschulden erlassen und humanitäre Hilfe für das Land geleistet werden. Es ist an der Zeit, gemeinsam für die Unabhängigkeit, das Leben und eine freie Zukunft zu kämpfen! Die Solidarität wird siegen!«
Aus Moskau schreiben die Aktivist*innen von Food Not Bombs am 25. Februar 2022
»Wir werden uns nie auf die Seite dieses oder jenes Staates stellen, unsere Flagge ist schwarz, wir sind gegen Grenzen und Schmarotzer-Präsident_innen. Wir sind gegen Kriege und die Ermordung von Zivilist_innen. Paläste, Jachten, Gefängnisstrafen und Folter für oppositionelle Russ_innen reichen Putins imperialer Bande nicht aus (…), und so fallen die „Verteidiger des Vaterlandes“ in die Ukraine ein und bombardieren Wohngebiete. (…) Wir müssen uns dem militaristischen Regime und dem Krieg, den es führt, mit aller Kraft widersetzen. Verbreitet Informationen unter euren Genoss_innen, kämpft so gut ihr könnt. No war but class war. Solidarität statt Bomben.«
Erklärung russischer Anarchist*innen (Autonome Aktion) vom 22. Februar 2022
Wir wollen uns nicht für irgendwelche Staaten einsetzen. Wir sind Anarchisten und wir sind gegen jegliche Grenzen zwischen Völkern. Wir sind jedoch gegen diese Annexion, weil damit nur neue Grenzen festgelegt werden, wobei die Entscheidung dazu allein vom autoritären Führer Wladimir Putin getroffen wird. Dies ist ein Akt der imperialistischen Aggression durch Russland. Wir machen uns keine Illusionen über den ukrainischen Staat, aber es ist uns klar, dass er nicht der Hauptaggressor in dieser Geschichte ist – dies ist keine Konfrontation zwischen zwei gleichwertigen Übeln. Es handelt sich in erster Linie um einen Versuch der autoritären russischen Regierung, ihre internen Probleme durch einen „kleinen siegreichen Krieg der Landnahme“ zu lösen.
Es ist wahrscheinlich, dass das Kreml-Regime eine Art Spektakel mit der Bezeichnung „Referendum“ über die annektierten Gebiete veranstalten wird. Die DVR und die LPR haben bereits 2014 ein solches Spektakel veranstaltet, aber selbst Moskau hat das Ergebnis nicht anerkannt. Nun hat Putin offenbar beschlossen, das zu ändern. Von einer „freien und geheimen Abstimmung“ kann in diesen Gebieten natürlich keine Rede sein – sie werden von militarisierten Banden kontrolliert, die völlig von Moskau abhängig sind. Diejenigen, die gegen diese Banden und gegen die Integration mit Russland waren, wurden entweder getötet oder zur Auswanderung gezwungen. Daher wäre jedes „Referendum über die Rückkehr des Donbass in seinen Heimathafen“ eine Propagandalüge. Die Bewohner des Donbass werden erst dann eine Entscheidung treffen können, wenn die Truppen aller Staaten – und in erster Linie der Russischen Föderation – aus diesen Gebieten abziehen.
Die Anerkennung und Annexion der DVR und der LPR wird den Bewohnern Russlands selbst nichts Gutes bringen. Erstens wird sie in jedem Fall zu einer Militarisierung aller Lebensbereiche, einer noch stärkeren internationalen Isolierung des Landes, Sanktionen und einem Rückgang des Wohlstands führen. Auch der Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur und die Übernahme der „Volksrepubliken“ in den Haushalt werden nicht umsonst sein – das sind Milliarden von Rubel, die in Bildung und Medizin hätten fließen können. Zweifeln Sie nicht: Die Yachten der russischen Oligarchen werden nicht kleiner, aber alle anderen werden schlechter dran sein. Zweitens: Die wahrscheinliche Verschärfung der bewaffneten Konfrontation mit der Ukraine bedeutet mehr tote und verwundete Soldaten und Zivilisten, mehr zerstörte Städte und Dörfer, mehr Blut. Selbst wenn dieser Konflikt nicht zu einem Weltkrieg eskaliert, sind Putins imperiale Fantasien kein einziges Leben wert. Drittens gibt es eine weitere Ausbreitung der so genannten „russischen Welt“: eine verrückte Kombination aus neoliberaler Oligarchie, starrer zentralisierter Macht und patriarchalischer imperialer Propaganda. Diese Konsequenz ist zwar nicht so ausgeprägt wie der Anstieg der Wurstpreise und die Sanktionen gegen Smartphones, aber auf lange Sicht noch gefährlicher.
Wir fordern euch auf, euch der Aggression des Kremls auf jede erdenkliche Weise zu widersetzen. Gegen die Beschlagnahmung von Gebieten unter jedem Vorwand, gegen die Entsendung der russischen Armee in den Donbass, gegen die Militarisierung. Und letztlich gegen den Krieg. Geht auf die Straße, verbreitet die Nachricht, sprecht mit den Menschen in eurer Umgebung – ihr wisst, was zu tun ist. Schweigt nicht. Handelt. Selbst ein kleines Rädchen kann das Räderwerk der Todesmaschine zum Stillstand bringen.
Gegen alle Grenzen, gegen alle Imperien, gegen alle Kriege!
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