Im Zuge der kritischen Orientierungswochen der Universität Bremen, organisiert vom Allgemeinen Studierenden Ausschuss (AStA), stellt die Landtagsfraktion der FDP das Programm und gleich die Existenz des AStAs kritisch infrage, weil linksradikale Gruppen, wie bereits seit Jahrzehnten, das Programm der kritischen Orientierungswoche mitgestalten. Im Weserkurier wurden gleich die Begriffe Gewaltorientierung, Militanz und gewaltbereit in eins gesetzt, denn die radikale Linke an sich wird schon irgendwas anzünden wollen.
Solche Vorwürfe erheben CDU und FDP seit mehreren Jahren gegen die unterschiedlichsten Einrichtungen. Ob politische Parteien, Jugendarbeit oder Bildungseinrichtungen: wer sich nicht im vorauseilenden Gehorsam den rechten Vorstellungen der Fragesteller*innen beugt, der wird unter Verdacht genommen, den Maßstäben des weltweit einzigen Inlandsgeheimdienstes einer (noch) liberalen Demokratie zu genügen.
Es wird diese Angriffe auch in Zukunft geben. Wir sprechen uns deshalb für einen solidarischen Umgang untereinander aus.
Im August 2021 stellte die CDU-Fraktion eine Anfrage (Drucksache 20/1116, beantwortet vom Senat 28.09.2021), welche Funktion und Bedeutung der Verfassungsschutzbericht für die senatorische Behörde und seine nachgeordneten Behörden hätten. Die Antwort bleibt im Wesentlichen schwammig, aber stellt klar, dass der Bericht keinen rechtsförmigen Charakter hat, sondern lediglich „die Öffentlichkeit informieren“ soll. Eine Antwort die für Orte und Gremien wie dem AStA eigentlich gut ist. Denn der AStA untersteht keiner Neutralitätspflicht und ist als Ort politischer Willensbildung nicht an die hanebüchen schlechte Analyse eines unkontrollierten Inlandsgeheimdienstes gebunden, was der Senat heute wiederum klarstellen musste. Das Rektorat wiederum fordern wir auf, die Universität als einen Ort der kritischen inhaltlichen Auseinandersetzung zu verstehen, die wir nicht scheuen, und nicht als Ort der geheimdienstlich abgesegnete Gehorsamkeit fördert.
Unter dem Druck, sich nicht angreifbar zu machen, scheinen die Stellen, wie das Rektorat der Uni Bremen oder eben auch der AStA sich selbst, sich mit den haltlosen Vorwürfen scheinbar kaum auseinandergesetzt zu haben und distanzieren sich schnell von allem. Dieses Vorgehen ist fatal und bedeutet einen starken Einschnitt für Orte kritischer und parteiunabhängiger Kritik. Strukturen und Orte wie der AStA sollten sich nicht von solchen Anfragen einschüchtern lassen. Anfragen dieser Art hat es in der Vergangenheit immer mal wieder gegeben und werden in der Zukunft auch wieder auftauchen. Der AStA darf kritische Veranstaltungen organisieren, auch wenn Rechte und Geheimdienst das nicht gutheißen und wir empfehlen eine offensive Strategie gegen Versuche, gleich die Existenz der studentischen Selbstverwaltung infrage zu stellen.
Wir wollen noch einmal ins Gedächtnis rufen, dass der Verfassungsschutz nicht nur die gesamte Zeit des NSU-Terrors zwar dessen Netzwerk über V-Leute finanziert hat, aber die Gefahr rechten Terrors geleugnet hat. Dass der „Reformer“ des Verfassungsschutzes, nachdem dieser Umstand öffentlich wurde, der Rechtsradikale Hans-Georg Maaßen war. Und dass der Verfassungsschutz als eine „Konsequenz“ dieses Skandals sich wiederum mehr auf die Gewaltbereitschaft von sogenannten extremistischen Gruppen konzentrieren wollte. Weil der Geheimdienst aber gerne genau wie vor diesem Skandal alle möglichen linken Gruppen beobachten will (Erinnerung, Verantwortlich war der Rechtsradikale Maaßen), schuf der die Kategorie „gewaltorientiert“. Jetzt muss einer linken Gruppe gar kein Zusammenhang mehr zur Gewalt nachgewiesen werden, es reicht einfach, wenn sie sich nicht aktiv distanziert. Wenn also Rechte und Geheimdienst das Schreckgespenst der gewaltsamen Linken Horde zeichnen, sollte das die wenigsten beunruhigen (mit Ausnahme von Faschist*innen).
Was wir als linke Orte, Gruppen und Einrichtungen brauchen, ist eine gemeinsame Strategie und einen solidarischen Umgang miteinander, um mit diesen Diffamierungen umzugehen, auch wenn diese die sehr beängstigend wirken können und zeitintensiv für betroffene Einrichtungen sind. Weiter bleibt aktuell und richtig: Verfassungsschutz und seine albernen Berichte abschaffen.
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