Shut Down Lindenstraße – Struktureller Rassismus in Bremen

Seit mehreren Monaten hält Covid-19 die Welt in Atem.
Rund um den Globus werden Entscheidungen getroffen, um das Ausmaß der Gesundheitskrise abzuschwächen. Die Krise offenbart dabei die sozialen Unterschiede so drastisch wie sonst nie.
Die sowieso schon sozial schwach gestellten bekommen die Auswirkungen der Krise doppelt so hart zu spüren wie die sozial besser gestellten.
In den USA zeigt sich das Problem u.a. dadurch, dass die schwarze Bevölkerung überproportional häufig an Covid-19 erkrankt als die weiße Bevölkerung. Auch die Sterblichkeitsrate ist höher, wie das Beispiel New Yorks zeigt: BIPoCs machen dort nur 8% der Bevölkerung aus, gestorben an Covid-19 sind jedoch 18%.
Der strukturelle Rassismus wird anhand solcher Zahlen deutlich.
Doch nicht nur in den USA leiden BIPoCs am Rassismus der Gesamtgesellschaft.
Auch im ach so sozial-demokratischen und weltoffenem Bremen werden Geflüchtete wie Menschen zweiter Klasse behandelt.
Geflüchtete, die in der Erstaufnahme Einrichtung (EAE) Lindenstraße in Bremen Nord untergebracht sind, haben schon vor der Corona-Epidemie ihren Unmut über schlechte Lebensbedingungen dort kundgetan.
Ernst genommen wurden Sie von der Politik dabei jedoch nie.

Bereits im September 2019 schrieben Bewohner*innen in einem offenen Brief:

„Lindenstraße ist ein modernes Gefängnis. In einem normalen Gefängnis werden Menschen in Zellen festgehalten und ihnen wird nicht erlaubt raus zu gehen. Das Gefängnis nimmt ihre Freiheit in allen Aspekten. In der Lindenstraße geben sie dir einen Schlüssel um dein Zimmer zu öffnen und zu schließen. Deshalb würde man denken, dass du dort frei bist, dass es kein modernes Gefängnis ist. Aber, du hast den Schlüssel in deiner Hand aber du bist immer noch nicht frei. Du musst dort für einer lange Zeit bleiben und du weißt nicht einmal, was dein Verbrechen ist. Sie haben Sicherheitsdienste dort, die jeden Teil des Gebäudes bewachen. Sie sind beauftragt, ihren Job auf eine sehr bestimmt Weise zu machen. Sie haben Anweisungen, wie sie die Menschen in der Lindenstraße behandeln sollen. Sie reagieren aggressiv, wenn die kleinsten Dinge geschehen und ihnen ist es total egal, in welcher Situation wir leben oder was sie dazu beitragen können, dass sich diese Situation verbessert. Sogar die netteren Sozialarbeiter*innen können dir am Ende nicht wirklich helfen und werden dir nur erzählen, dass eine bestimmte Angelegenheit, nicht ihre Verantwortung ist. Und das ist, wie ein modernes Gefängnis funktioniert: es gibt nur Wände, gegen die man laufen kann und niemand, der einem den Weg raus in eine bessere Perspektive zeigt.“ (TWAB 19.09.2019)

Die Lage verschlimmerte sich mit dem Ausbruch von Covid-19 schlagartig.
Es wurde lautstark auf die Gefahren einer Massenunterkunft während einer Pandemie hingewiesen. Neben den offensichtlichen Gefahren, die entstehen wenn über 500 Menschen auf engem Raum zusammenwohnen – es ist unmöglich einen 2 Meter Abstand einzuhalten – ist das Gebäude in der Lindenstraße auch aus anderen Gründen nicht geeignet, um dort, erst recht nicht zu dieser Zeit, Menschen leben zu lassen:
Viele Zimmer haben keine Fenster und schlechte Belüftungsmöglichkeiten, es ist somit nicht möglich für frische Luftzufuhr zu sorgen.
Auch das kritisierten die Bewohner*innen bereits in ihrem offenen Brief im September.

In Bremen wurde Ende Mai 2019 eine Rot-Rot-Grüne (r2g) Regierung gewählt.
Viele Linke freuten sich und haben auf eine sozialere Politik gehofft.
Doch – wie zu erwarten – ist auch von „linken“ Parteien wie den Grünen wenig zu erwarten, wenn man für das gute Leben für alle träumt.
Die Grünen besetzen mit Anja Stahmann das Sozialressort, was zuständig ist für die EAE Lindenstraße.
Anstatt auf die Geflüchteten zuzugehen und deren Stimmen und Kritik anzuhören, delegitimiert sie den Protest von Anfang an. Der Protest sei ideologisch begründet, frei nach dem Motto: „Die sollen sich mal nicht so anstellen, die kriegen doch jeden Tag was zu Essen von uns, dann haben Sie kein Recht auf Kritik!“.

Während also alle anderen Menschen dazu angehalten sind, möglichst ihre Wohnung nicht zu verlassen, sollen die Bewohner*innen der Lindenstraße weiter zu Hunderten auf engem Raum wohnen und doch bitte aufhören sich darüber zu beschweren.
Wir können uns nicht ansatzweise vorstellen, was es heißt, unter Bedingungen, wie in der Lindenstraße zu leben. Was die Bewohner*innen tagtäglich durchmachen ist unzumutbar und eine Unverschämtheit der Bremer Politik!
Mittlerweile sind mindestens die Hälfte der Bewohner*innen der Lindenstraße mit Covid-19 infiziert.

Der Senatorin fällt dazu nur ein, dass bisher nur leichte Verläufe bekannt seien und das Lager in der Lindenstraße ja interessant für Virolog*innen sei.
Sie entmenschlicht damit die Geflüchteten in der Lindenstraße um ein weiteres.

Am Abend des 23.04. brennen Mülleimer in der Lindenstraße, ob die Verzweiflung der Bewohner*innen so groß geworden ist, dass Sie diesen Schritt gegangen sind, ist nicht klar.
Frau Stahmann reagiert bestürzt: „Hier stehen Leib und Leben auf dem Spiel.“
Was fällt dieser Frau ein, plötzlich so zu tun als ob ihr das Leben auch nur eines einzigen Geflüchteten in der Lindenstraße am Herzen liegt!
Der Rassismus und Züge eines autoritären Charakters werden auch bei
Anja Stahmann in der Krise offenkundig und unaushaltbar!

Was ist das für eine Grüne Partei, die sich Antirassismus auf die Fahnen schreibt, aber das Sozialressort mit so einer Person besetzt und es innerparteilich nicht durchsetzen kann, das einzig Richtige zu tun, nämlich die Lindenstraße zu schließen?
Anja Stahmann hat alles dafür getan sich politisch zu delegitimieren, doch auch der Rest der Partei muss sich fragen, was aus Ihren Überzeugungen geworden ist.
Wir werden auch in dieser Krise wieder darin bestärkt der parlamentarischen Demokratie und ihren Parteien nicht zu vertrauen. Obgleich sie SPD, Grüne oder Linke heißen. Zu oft haben sie alle uns verraten!

Schließt endlich die verdammte Lindenstraße bevor es zu spät ist!

#ShutDownLindenstraße
#ShutDownAllCamps
#SicherheitFürAlle
#WerHatUnsVerraten

Mehr Infos zur Situation in der Lindenstraße:

https://togetherwearebremen.org/
https://afrique-europe-interact.net/1904-0-Ruecktritt-Stahmann-Bremen-26042020.html
https://taz.de/!5679550/
https://taz.de/Archiv-Suche/!5683638&s=lindenstra%C3%9Fe&SuchRahmen=Print/
https://taz.de/Mouctar-D-ueber-Leben-im-Lager/!5683638/

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IL Bremen

Interventionistische Linke Bremen, IL Bremen, Avanti Bremen