Am 22. März wollen die Jungen Nationaldemokraten (JN) einen „Europakongress“ im „Großraum Leipzig“ abhalten. Mit der Veranstaltung will die Nachwuchsorganisation der NPD zum Europawahlkampf der Mutterpartei beitragen. Die tatsächliche Location wurde noch nicht bekannt gegeben. Angesichts des umfangreichen Rahmenprogramms ist aber anzunehmen, dass die Kapazitäten des Parteibüros in der Odermannstraße 8 (Leipzig-Lindenau) nicht ausreichen werden.
So werden Teilnehmer von zwölf neofaschistischen Organisationen angekündigt, darunter die griechische Goldene Morgenröte, italienischen Casa-Pound-Anhänger des Blocco Studentesco, der ukrainische Rechte Sektor, die tschechische Neonazi-Partei DSSS, die mittlerweile in die Bedeutungslosigkeit abgeglittene British National Party (BNP) sowie die Holocaustleugner-Vereinigung Europäische Aktion.
Inwieweit die Gästeliste stimmt, bleibt abzuwarten: Die ebenfalls angekündigte Identitäre Bewegung hat Teilnahmeabsichten bereits dementiert und mitgeteilt, die JN habe ihre angebliche Zusage frei erfunden.
Letzter Kongress scheiterte 2007
Die Jungen Nationaldemokraten haben seit 1994 wiederholt und zeitweise jährlich „Europäische Kongresse der Jugend“ veranstaltet, Ziel war die Schaffung einer „Nationalistischen Einheitsfront“. Sie blieb aber Fiktion.
Zuletzt war im Februar Jahr 2007 ein vergleichbarer Kongress in Sachsen angekündigt, dann aber nicht wie geplant zustande gekommen. Der vorgesehene Treffpunkt für die Mitgliedsparteien des Bündnisses „European National Front“ (ENF) in Bernsdorf (Oberlausitz) stand nicht zur Verfügung, kurzfristig musste der Tross in die wenig repräsentativen Verlagsräume der „Deutschen Stimme“ in Riesa umziehen.
Öffentlichkeitswirksamkeit entfaltete der Kongress nicht, indes liefen einige Teilnehmer, die über Leipzig anreisten, aufmerksamen Antifaschist_innen in die Arme. Damalige Hauptorganisatoren waren der NPD-„Auslandsbeauftragte“ Jens Pühse sowie der damalige JN-Bundeschef Stefan Rochow. Der will mittlerweile mit Jesus gesprochen haben und ist aus der Szene „ausgestiegen“.
Stelldichein mit Rechtsterroristen
Ein weiteres ENF-Treffen fiel im April 2007 ins Wasser, weil kurz zuvor portugiesische Behörden bei den Gastgebern um den „Hammerskin“ Mario Machado wegen Terrorismus-Verdachts Razzien durchführten, dabei zahlreiche Waffen und Munition beschlagnahmten und Machado – ein Vertrauter und Weggefährte des „Freies Netz“-Aktivisten Thomas Gerlach aus Altenburg – verhafteten. Der „Hammerskin“ Gerlach, zeitweise mit der mutmaßlichen NSU-Unterstützerin Mandy Struck liiert, hielt seinerseits engen Kontakt zur Partei National Orientierten Schweizer (PNOS), deren Teilnahme für den kommenden Kongress angekündigt wird.
Als Kopf des ENF fungierte übrigens der italienische Rechtsterrorist Roberto Fiore. Einer seiner Weggefährten, der ebenfalls am so genannten Bologna-Anschlag (1980) beteiligte Gabriele Adinolfi, tauchte im Herbst vergangenen Jahres beim neurechten „Zwischentag“ in Berlin auf, der maßgeblich durch den Dresdner Salonfaschisten Felix Menzel mitorganisiert und auch von NPD-Kadern frequentiert wurde. Adinolfi gilt heute als Kopf der Casa-Pound-Bewegung.
Jüngstes Treffen in Rom
Wenngleich die erhoffte Einheitsfront längst nicht steht, sind die länderübergreifenden Kontakte intensiv: Unter dem Motto „Europa erwacht“ haben sich erst am vergangenen Wochenende Delegierte verschiedener neofaschistischer Parteien in Rom getroffen, die NPD entsandte ihren „Auslandsbeauftragten“ Pühse. Eingeladen hatte kein Geringerer als Roberto Fiore. (Mehr dazu bei Schattenbericht und Hope Not Hate.)
Das beschworene braune Parteienbündnis im Europäischen Parlament ist dadurch aber nicht näher gerückt, Chancen auf den Einzug werden derzeit neben der Goldenen Morgenröte nur der NPD eingeräumt. Deren Spitzenkandidaten Udo Voigt und Olaf Rose sollen nun am 22. März Reden schwingen. Einen Einfluss auf die Ergebnisse der Europawahl am 25. Mai wird das aller Voraussicht nach nicht haben.
Antifaschist_innen versus JN-Kongress
Die JN gastiert nicht zum ersten Mal in Leipzig, in der jüngsten Vergangenheit fanden wiederholt Vorstandssitzungen und Kadertreffen in der Odermannstraße statt. Die letzte JN-Großveranstaltung in Leipzig liegt jedoch weit länger zurück: Im Mai 1996 wurde im „Siedlerheim“ in Leipzig-Meusdorf der JN-Bundeskongress abgehalten. Die Location war erst kurzfristig bekannt geworden. Antifaschist_innen organisierten für den Kongress-Tag eine Demonstration, an der sich etwa 400 Menschen beteiligten – einzelne Nazis am Wegesrand wurden unfreiwillig nach Hause gebeten.
Außerdem kam es direkt vor dem „Siedlerheim“ zu einem Blockadeversuch durch 70 bis 80 Antifas. Ihnen gelang es zunächst, den JN-Ordnerdienst in den Saal zu treiben und den Eingang zu blockieren. Erst die anrückende Polizei ermöglichte die Durchführung des Kongresses, zu dem schließlich weniger als 100 Nazis erschienen sind; beim Abendprogramm mit Frank Rennicke waren es schließlich 130. Vorab hatten sich die Nazis an einem Schleusungspunkt vor dem Völkerschlachtdenkmal getroffen.
Genau wie damals wird es auch am 22. März darum gehen, Nazis alle Räume zu nehmen. Frühes Aufstehen ist angesagt!
Zum Weiterlesen
Über den Leipziger JN-Kongress im Jahr 1996 und antifaschistische Gegenaktionen berichteten ausführlich die Zeitschriften Frente und Klarofix, deren Beiträge wir an dieser Stelle zugänglich machen:
Text zugesandt von: anonym.