“Boycott Israel” titeln die Sprühereien, die Mitte August am Hörsaalgebäude in der Universitätsstraße auftauchten. Dazu die antisemitische Comicfigur “Handala” und Werbung für eine Vorführung des Films “Roadmap to Apartheid” am 21. August 2014 im Rahmen des “globalisierungskritischen Filmfestivals globaLE”. Die gleiche Schablonenzeichnung versuchten zwei Personen auch am Abend des 11. August 2014 an einem linken Wohnprojekt in der Südvorstadt anzubringen. In einem zurückgelassenen Plastikbeutel fand sich neben Schablone und Sprühdose auch ein Paketkarton – adressiert an Katja J.
Katja J. fiel zuletzt als Initiatorin einer “Gaza-Soli-Kundgebung” am 17. Juli 2014 auf. Aus ihrer israelfeindlichen Haltung macht die Stipendiatin der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die derzeit am Orientalischen Institut der Universität Leipzig promoviert, allerdings seit Langem keinen Hehl. In einem im Mai 2009 veröffentlichten Leserbrief warf sie dem StudentInnenRat der Universität Leipzig Rassismus vor, weil einzelne MitarbeiterInnen ihre Tische mit Israelflaggen geschmückt hatten. “Gegen Antisemitismus und gegen Zionismus” laute “der antirassistische Grundsatz”, so die Studentin, die das pluralistische Israel als “Apartheidsstaat” bezeichnet. Sie unterstellt dem jüdischen Staat ein “Massaker in Gaza”, verliert zur dort herrschenden antisemitischen Hamas jedoch kein Wort.
J. und eine Handvoll weiterer Personen versuchten sich 2009 an der Gründung eines Vereins namens “Zaituna – Verein für einen gerechten Frieden in Nahost”. Der Verein, dessen Aktivitäten nach kurzer Zeit wieder verebbten, erwog u.a. “eine Stellungnahme von den Leipziger Friedensvereinen zu fordern”. Voraussetzung für eine Zusammenarbeit mit “Zaituna” sollte demnach die eindeutige Unterstützung der “legitimen gerechten Ziele” des “palästinensischen Volkes” sein. Konsens im Verein war die Ablehnung Israels, man musste jedoch feststellen, dass Sprechchöre wie “Kindermörder Israel” “nicht gut ankommen”. Es überrascht nicht, dass der Verein auch einen von antisemitischen Sprechchören begleiteten Aufzug des SDS Leipzig am 2. Juni 2010 bewarb.
Am 15. März 2013 gründete sich in Leipzig der “Bundesarbeitskreis Nahost” des Die Linke.SDS. Zweieinhalb Seiten in der SDS-Zeitschrift “praxis” geben die einseitige inhaltliche Ausrichtung des “BAK Nahost” wieder. Israel wird “Besatzung”, “Kolonialisierung”, “Apartheid” und “ethnische Säuberung” vorgeworfen. Dass in Gaza und der Westbank lebende Nicht-Israelis ihre gegenwärtigen Lebensumstände zu einem guten Teil sich selbst, ihren politischen RepräsentantInnen und dem eliminatorischen Judenhass zahlreicher arabischer Staaten zu verdanken zu haben, unterschlägt der Bundesarbeitskreis geflissentlich. Von der Niederlage des Osmanischen Reichs im Ersten Weltkrieg, Beschlüssen zur Errichtung eines jüdischen Staates und mehrerer arabischer Staaten auf dessen Territorium, von zunehmender antisemitischer Gewalt und Kollaboration mit dem nationalsozialistischen Deutschland will der Bundesarbeitskreis ebensowenig wissen. Auch die zahlreichen palästinensischen Flüchtlinge im Libanon und in Syrien, die nicht die jeweilige Staatsbürgerschaft erhalten haben, sondern – mit vererbtem Flüchtlingsstatus – seit über 60 Jahren als unfreiwilliges Druckmittel gegen Israel dienen, sind dem “BAK Nahost” keine Erwähnung wert.
Ansprechpartnerin des “BAK Nahost” ist die Leipzigerin Ika A. alias Ika D. Zusammen mit einer Handvoll weiterer Menschen firmieren Katja J., Ika A. und Jana W. auch als “AK Nahost”. Neben “Die-in”-Flashmobs und der Zusammenarbeit mit “globaLE” organisierte der “AK Nahost” die bereits erwähnte Kundgebung am 17. Juli 2014. Am vorangegangenen Montag hatte Katja J. die Versammlung auf einer querfrontorientierten “Montagskundgebung” in Leipzig beworben. Auch die “Vereinigung Arabischer Studenten und Akademiker” (VASA Leipzig) kündigte die Kundgebung an, das Referat Ausländischer Studierender des StuRa versuchte sie technisch zu unterstützen. Der Aufruf des “AK Nahost” enthält haarsträubende Fehler. Die Behauptung, “Palästina” habe keine Armee, ist ebenso falsch wie das Argument, Gaza stehe unter “israelischer Militärbesatzung”. Tatsächlich haben im Jahr 2005 sowohl das israelische Militär als auch alle israelischen ZivilistInnen den Gazastreifen verlassen.
Neben Redebeiträgen, u.a. von Katja J. und Jana W., dominierten volkstümliche Musik und “Allahu Akbar”-Rufe die “Gaza-Soli-Kundgebung” auf dem Leipziger Richard-Wagner-Platz. Die Anmerkung, kürzlich sei in der gegenwärtigen Militäroperation ein erster israelischer Soldat getötet worden, erntete Applaus. Im Anschluss an die Kundgebung formierte sich ein spontaner Aufzug durch die Innenstadt – flankiert durch Parolen wie “Kindermörder Israel” und Ausrufe wie “Scheiß Juden” in die Richtung von GegendemonstrantInnen. Vereinzelt wurden Hitlergrüße gezeigt, ein älterer Herr schrie “Heil Hitler”. Der Aufzug endete am Wilhelm-Leuschner-Platz, wie in anderen Städten nicht ohne Fehlverhalten der Polizei. Die nahm einen vermeintlichen Provokateur – der Mensch hatte seine Meinung mittels einer Israelflagge kundgetan – gewaltsam fest.
In einer Stellungnahme betonte der SDS Leipzig mehrere Wochen später, die Kundgebung nicht initiiert zu haben. Gleichzeitig sprach sich er sich allerdings “gegen alle Unterstellungen aus, die dem SDS, aber auch den Initiatoren der Kundgebung eine antisemitische Motivation unterstellen”. Auch Katja J. verfasste eine Stellungnahme – an “israelsolidarische Linke”, darunter Juliane Nagel, die zuvor einen Artikel zum Thema geschrieben hatte. J. schreibt darin von “eurem Holocaust”, wirft Israel einen “Völkermord” und den AdressatInnen ihres Textes in Bezug auf den Holocaust einen “Wettbewerb” um “den schlimmsten Völkermord” vor. Ihr Schriftstück endet mit der wirren Aufforderung: “Zieht doch los und erschießt eure Großeltern! Juliane, erschieß deinen Opa und lass uns in Frieden emanzipatorische, linke Politik machen!”
Wer sich ein eigenes Bild von der Ideologie des “AK Nahost” machen möchte, kann am 6. November dessen Veranstaltung “Existence is Resistance: Bericht aus dem Jordantal” im “soziokulturellen Zentrum naTo” besuchen. Frühes Erscheinen ist empfehlenswert. Einen Eindruck einer vorherigen Veranstaltung des “AK Nahost” im Neuen Schauspiel vermittelt der Artikel “Antizionisten unter sich” auf debrayage.blogsport.eu.
Eingesandt von: anonym