Lunikoff im Vogtland –
„Die Rechte“ zurück in Sachsen?

Flyer für „Die Rechte“-Veranstaltung am 8. November.

Mit bis zu 1000 Teilnehmenden rechnen die Veranstalter des Neonazi-Konzertes „Rechte für Sachsen“, das am Sonnabend, 8. November, in „Mitteldeutschland“ stattfinden soll. Nach Antifa-Informationen wird das Treffen auf einem Privatgrundstück in Zobes abgehalten, einem Ortsteil der Vogtland-Gemeinde Neuensalz bei Plauen. Hinter dem Event steht die Partei Die Rechte (DR). Offenbar versucht sie erneut, in Sachsen Fuß zu fassen.


Programm für „Blood & Honour“-Fans

Bereits das Line-up hat es in sich, angekündigt werden Auftritte von Lunikoff Verschwörung mit dem Frontmann Michael Regener (ehemals „Landser“) aus Berlin sowie der Neonaziband Nahkampf aus Bremen. Beide genießen Kultstatus in der Szene, bei Nahkampf spielte Hannes Ostendorf, bevor er Sänger bei Kategorie C wurde. Auf einem seit kurzem kursierenden Flyer wird zudem der Kanadier „Griffin“ angekündigt, der mit bürgerlichem Namen David Surette heißt und bei Stonehammer spielt. Er firmiert gemeinsam mit dem früheren Skrewdriver-Musiker Steve Calladine („Stigger“) unter dem Namen Skrew You.


B&H-Kader Hartwin Kalmus. Foto: Indymedia.


Zwar steht Skrew You nicht mehr auf dem Flyer, dürfte aber der Grund sein, warum Anhänger des im Jahr 2000 verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerks von weit her nach Zobes fahren wollen. Unter anderem organisiert der Karlsruher B&H-Kader Hartwin Hans-Georg Kalmus einen Bus. Der ehemalige Vizechef der B&H-Sektion Baden wurde im März 2011 durch das Landgericht Karlsruhe unter anderem wegen Verstoßes gegen das Vereinigungsverbot zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung verurteilt. Vorausgegangen waren jahrelange Ermittlungen des LKA Baden-Württemberg. Zur Last gelegt worden war Kalmus insbesondere die Organisation von Rechtsrock-Konzerten.

Organisatoren aus Sachsen

Es ist nicht unrealistisch, dass die Teilnehmerzahl in Zobes die Tausendermarke knacken wird. Das Programm wird von 14 Uhr bis Mitternacht dauern, neben dem Musik- gibt es ein einschlägiges Rednerprogramm. Vier führende Köpfe des Dortmunder DR-Ortsverbandes sollen sprechen. Sie alle waren vormals im verbotenen Nationalen Widerstand Dortmund (NWDO) aktiv. Unter ihnen ist Christoph Drewer, der die Vogtland-Veranstaltung neulich als Versammlung im Namen der DR-Landesverbände Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg angemeldet hat.


Nils Larisch (l.) und Mirko Beier bei einem NPD-Aufmarsch am 17. Juni 2013 in Dresden. Foto: Indymedia.


Dennoch stehen hinter dem DR-Event einschlägige Szenegrößen aus Sachsen, die bisher eher der NPD zugeneigt waren und in deren Händen nun der Kartenverkauf liegt. Der läuft schon seit mehreren Wochen und wer ein Ticket haben will, landet bei Mirko Beier aus Gröditz und dem Leipziger Szene-Organisator Nils Larisch. Larisch arbeitete für die NPD-Fraktion im Landtag. Dass er bei der DR-Veranstaltung in Zobes eine Rede halten will, kündet trotz der Dorfkulisse von einer bedeutsamen Verschiebung der Kräfteverhältnisse.

„Die Rechte“ springt ein

Das Örtchen Zobes wird nicht das erste Mal von rechtsaußen heimgesucht. Am 8. Juni 2013 fand dort der „Sachsentag“ des NPD-Nachwuchses Junge Nationaldemokraten (JN) statt. Zu dem Open-Air-Event kamen 720 Gäste, zu ihnen gesellten sich 75 Polizisten. Sie wurden nicht gebraucht: JN-Ordner riegelten das Dorf faktisch ab, berichtete hinterher die Freie Presse. Es waren weit mehr Nazis vor Ort, als es EinwohnerInnen gibt. Der Headliner hieß übrigens: Lunikoff alias Regener. Nils Larisch ist mit ihm seit langem bekannt.

Womöglich ist das nicht der einzige Zusammenhang mit der kommenden Veranstaltung. Der „Sachsentag“ galt im vergangenen Jahr als Ersatz des entfallenen „Deutsche Stimme“-Pressefestes. In diesem Jahr aber gab es keinen „Sachsentag“, und die Zukunft des Parteiverlags und der gleichnamigen Monatszeitung stehen auf der Kippe. Es lässt aufhorchen, dass nunmehr die konkurrierende Kleinpartei Die Rechte mit einer Großveranstaltung in die Bresche springt und Ersatz schafft.

Zweiter Anlauf der NPD-Konkurrenz

Von der Partei Die Rechte um Christian Worch, die sich unter anderem auf ehemalige Kader mittlerweile verbotener Neonazi-Kameradschaften stützt, ging vor nicht langer Zeit der Versuch aus, einen Landesverband in Sachsen aufzubauen. Der wurde im Oktober vergangenen Jahres gegründet – und schon im März wieder aufgelöst. Ein Grund mag der parallele Zerfall der hessische DR-Landesverband gewesen sein, der die Gründung in Sachsen maßgeblich lanciert hatte. Zudem gelang es nicht, in Sachsen neue Mitglieder zu gewinnen oder gar Teile der NPD mitzureißen.


Christoph Drewer, hier bei einem Naziaufmarsch am 24. November 2012 in Remagen. Foto: Indymedia Linksunten.


Noch nicht. Denn seitdem die NPD aus dem Sächsischen Landtags geflogen ist und nun nicht mehr durch materielle Vorteile sticht, sind die Karten neu gemischt. Anfang Oktober war – wie schon im Vorjahr – am JN-Aufmarsch in Döbeln auch eine DR-Delegation aus Dortmund beteiligt. Reden durfte auch da schon: Christoph Drewer.

Zwei Naziparteien buhlen um NPD-Reste

Das politische und musikalische Aufgebot in Zobes ist – so weit man das über Neonazis sagen kann – hochkarätig. Vor allem ist es wohlkalkuliert. Denn nicht nur Die Rechte hat ein Fuß in der sächsischen Tür. Seit Frühjahr unterhält die Partei Der III. Weg (DIIIW) einen „Stützpunkt Hochfranken/Vogtland“. Hier sind offenbar Teile der vogtländischen Kameradschaft Revolutionären Nationalen Jugend (RNJ) untergekommen. Bayernseitig stützt sich DIIIW auf das verbotene Freie Netz Süd (FNS), das mit dem schon vorher betriebenen Aufbau einer Parteistruktur die Verbotsfolgen abmildern und jetzt vom Parteienprivileg profitieren will.

Für die Fassade hilfreich und eine Abhilfe gegen die vereinsrechtliche Verbotsoption einzelner Bundesländer ist die Überschreitung der Ländergrenzen. In alledem gleichen sich DIIIW und das Worch-Projekt DR. Und beide dürfen sich Chancen ausrechnen, in Sachsen von dem zu zehren, was die NPD hinterlässt.

Hochburg im Vogtland

Zu den Hinterlassenschaften gehören Hochburgen, wie das Vogtland rund um den Veranstaltungsort längst eine ist: In Neuensalz hat die NPD einen Sitz im Gemeinderat, mit ihren weit überdurchschnittlichen 7,5 Prozent platzierte sie sich zwischen SPD und CDU. Zur jüngsten Ortschaftsratswahl in Zobes trat neben einer Wählervereinigung nur die NPD-Kandidatin Beatrix Rink an. Sie holte mit 18,5 Prozent eines der sachsenweit besten Ergebnisse der Partei.


Text zugesandt von: anonym.