NPD-Austritte: „Die Rechte“ baut
neuen Sachsen-Verband auf

Alexander Kurth. Foto: Indymedia linksunten

Zweiter Anlauf für „Die Rechte“ (DR): Offenbar beabsichtigt Alexander Kurth, von Leipzig aus einen Landesverband der Neonazipartei aufzubauen. Der Übertritt des 34-Jährigen war von BeobachterInnen seit längerem erwartet worden. Ein erster Anlauf, einen DR-Ableger im Freistaat zu schaffen, war im Frühjahr nach kurzer Zeit gescheitert. Seitdem waren DR-Kader wiederholt in Sachsen aufgefallen, zuletzt bei einem Aufmarsch Anfang Oktober in Döbeln sowie vor anderthalb Wochen bei einem Rechtsrock-Konzert im Vogtland.

Wie es heißt, sollen auch bisherige Anhänger des NPD-Kreisverbandes Leipzig an einem Wechsel interessiert sein. Mehrere davon nahmen am vergangenen Sonnabend an einer von Kurth inszenierten „Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag“ in Markranstädt teil. Bei den lediglich sechs Teilnehmern habe es sich um Mitglieder der „Jungen Nationaldemokraten“ und „verschiedener nationaler Parteien“ gehandelt, wie Kurth unter anderem auch auf der Website des NPD-Kreisverbandes mit bewusster Vieldeutigkeit verbreiten ließ.

Zwei mal ausgetreten

Abzuwarten bleibt, ob es Kurth gelingen wird, insbesondere Teile der JN mitzureißen. Protegiert durch Maik Scheffler fungierte Kurth seit Anfang 2013 als „Stützpunktleiter“ des Leipziger Parteinachwuchses. Abzählbare Erfolge sind Kurth dabei nicht anzurechnen. In die Schlagzeilen geriet er stattdessen, nachdem er zur Stadtratswahl für die NPD angetreten war. Dort blieb er erwartungsgemäß erfolglos. Doch der verurteilte Gewaltstraftäter, der mehrere Jahre im Gefängnis zubrachte, hätte gar nicht erst antreten dürfen. Die Folge war die Wahlwiederholung in einem Wahlbezirk.

Kurth erklärte nachher seinen Austritt aus der NPD, einmal im Juni und dann nochmals Ende Oktober. Mit seinem nun verkündeten Wechsel zu „Die Rechte“ dürfte seine NPD-Mitgliedschaft, die 1998 begann, definitiv beendet sein. Ganz neu ist ihm DR jedoch nicht. Bereits vor einigen Jahren war er im „Kampfbund Deutscher Sozialisten“ aktiv – genau wie Christian Worch, der jetzige DR-Bundesvorsitzende.

Reihenweise NPD-Austritte in Ostsachsen

Weitere Verschiebungen in der extremen Rechten stehen an. Per Pressemitteilung erklärte heute Antje Hiekisch ihren Austritt aus der NPD. Die – in eigenen Worten – „bundesweit bekannte Stadträtin“ aus Zittau wolle sich damit von „Intrigen, Machtspielen und menschlichen Abgründen“ des NPD-Landesvorstandes um Holger Szymanski distanzieren. Hiekisch gibt an, der gesamte Görlitzer Kreisvorstand, einige kommunale Mandatsträger sowie Mitglieder der JN hätten ebenfalls ihr Parteibuch abgegeben.

Ob sie bei DR ein neues erhalten werden, bleibt zunächst offen. Kurth kommentierte die Erklärung Hiekischs allerdings dahingehend, dass man die politische Arbeit „gemeinsam fortsetzen“ werde. Fest steht nur, dass es sich nicht um einen spontanen Schritt handelt. Sondierungen ostsächsischer NPD-Mitglieder mit DR-Funktionären sollen bereits vor mehr als einem Jahr begonnen haben. Ende Dezember 2013 fand zudem eine geschlossene DR-Veranstaltung in Görlitz statt. Worch kam persönlich vorbei.

Vorwurf: „Geheimdienstliche Verstrickung“

Aufmerken lässt Hiekischs Erklärung auch, da sie einigen ihrer bisherigen Kameraden unumwunden „geheimdienstliche Verstrickung“ und damit eine Zuträgerschaft für den „Verfassungsschutz“ vorwirft. Dies gelte für eine Person, die sich als „Division Schlesien“ ausgebe – gemeint ist vermutlich Benjamin Amboß. Von dessen enger Freundschaft mit Alexander Kurth weiß Hiekisch womöglich noch nichts.

Sie behauptet weiter, man habe einen früheren Kreisvorsitzenden der Görlitzer NPD „dabei ertappt, als er einen heimlichen Tonmitschnitt angefertigte“. Gemeint sein könnte Ralf Gläßer – oder gar Ex-Landtagsmitglied Andreas Storr? Überraschend war Storr bei der Vergabe der aussichtsreichen Listenplätze für die jüngste Landtagswahl übergangen und aus dem eigenen Kreisverband heraus geschasst worden. Statt seiner kandidierte aus dem Kreisverband Görlitz: Antje Hiekisch.

Wer beerbt die NPD in Sachsen?

Das Scheitern der NPD am dritten Einzug in den Sächsischen Landtag ist eine wesentliche Ursache dafür, dass sich nun die Reihen des Landesverbandes lichten. Der Unmut kulminiert in der „Führungsfrage“. Erst kürzlich hatte sich Maik Scheffler, bisher Vizevorsitzender in Sachsen, aus dem Landesvorstand zurückgezogen und auch seinen Posten als Kreisvorsitzender der NPD im Landkreis Nordsachsen niedergelegt. Das war unmittelbar vor dem Bundesparteitag, bei dem Frank Franz als neuer NPD-Chef gewählt wurde. Einen aussichtsreichen Kandidaten, der die „radikale“ Fraktion repräsentiert hätte, gab es nicht.

In seiner Erklärung hatte Scheffler, genau wie nun Hiekisch, den Landeschef Szymanski – er dürfte mit der Wahl Franzens zufrieden sein – heftig angefeindet. Scheffler erklärte zudem, seinem Beispiel sei „der Beisitzer und JN-Landeschef“ Paul Rzehaczek aus Eilenburg gefolgt. Das war womöglich ein Fingerzeig, der Parteinachwuchs gilt als gewichtige und vor allem aktivistische Konkursmasse der NPD. Über die JN Sachsen bestehen auch seit langem Kontakte zu „Die Rechte“-Aktivisten, vor allem in Dortmund.

Worch-Comeback – trotz Scheffler

Zwischenzeitlich hat Scheffler klargestellt, dass er beim nächsten NPD-Landesparteitag Anfang 2015 nicht gegen Holger Szymanski um den Vorsitz rangeln wolle. Für Scheffler jedoch dürfte ein Übertritt zu DR nicht ganz so nahe liegen, denn mit Worch verbindet ihn eine langjährige, intensive Feindschaft. Legendär sind „Kommentarschlachten“ auf dem Naziportal Altermedia, bei denen sich Worch in Gewaltphantasien gegen Scheffler erging.

Grund: Im Jahr 2007 hatte Scheffler den „Boykott“ eines Worch-Aufmarsches in Leipzig organisiert. Es kamen nur 37 Nazis. Das war der vorerst letzte öffentlichkeitswirksame Auftritt Worchs in Sachsen. Bis jetzt.


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