I don’t like Mondays…
Erfahrungsbericht aus aktuellem Anlass

Am Rande des Pegida-Aufmarsches am 8. Dezember. Foto: Johannes Grunert/flickr.

Seit einigen Wochen gehen so genannte „Patrioten“ in Dresden für das „Abendland“ auf die Straße, zuletzt sollen es 10.000 gewesen sein. Seit zwei Wochen gibt es größere antifaschistische und antirassistische Mobilisierungen aus Leipzig gegen diese Demonstrationen in Dresden.


Dies ist ein persönlicher Erfahrungsbericht der letzten beiden Montage.


Montag, 1. Dezember 2014

Nach mehreren Wochen der Pegida-Demonstrationen in Dresden gab es eine größere antifaschistische und antirassistische Mobilisierung zu einer Gegendemonstration, organisiert von der Undogmatischen radikalen Antifa Dresden (URA). Für Leipzig gab es einen Zugtreffpunkt, der gut besucht war. Ohne Probleme kam man am Bahnhof Dresden-Neustadt an, wo die Gegendemo starten sollte. Die Demonstration bewegte sich Richtung Innenstadt auf den Startpunkt der Pegida-Demonstration zu.

Dort angekommen, blieb die Demonstration stehen und richtete ihren Protest gegen die TeilnehmerInnen von Pegida. Die Polizei baute eine Wagenburg zwischen der Antifa-Demonstration und Pegida, interessierte sich jedoch nicht dafür, dass Pegida-TeilnehmerInnen aus der Innenstadt heraus durch die Gegendemo liefen. Auch die meisten AntifaschistInnen merkten eine lange Zeit nicht, wer da regelmäßig in großen Gruppen sich den Weg durch sie hindurch bahnen wollte. Erst nach der Intervention einiger Weniger wurde damit begonnen, sich den Pegida-AnhängerInnen in den Weg zu stellen. Hier hätte sich über die Dauer auch das Bilden einer Kette gelohnt, da die Polizei trotz Schubsereien keine Notwendigkeit darin sah, selbst eindeutige Pegida-TeilnehmerInnen mit Naziklamotten am Durchqueren der Gegendemo zu hindern.

Hier kam leider auch erst sehr spät ein Hinweis aus dem Lautsprecherwagen der URA. Diese Situation hielt so lange an, bis sich die Pegida-Demonstration in Bewegung setzte. Die Antifa-Demo fing daraufhin an, die Demo parallel auf der anderen Fahrspur zu begleiten. Die Polizei war in dieser Situation hoffnungslos überfordert und unterbesetzt, so dass es große Lücken gab. Man hätte sich jederzeit aufeinander zu bewegen können. Spätestens jetzt zeigte sich, was lange spürbar war. Die wenigsten AntifaschistInnen und AntirassistInnen hatten eine Vorstellung, was sie dort eigentlich erreichen wollten. Wollten sie sich die Pegida-Demo nur mal ansehen? Verbal dem vorgetragenen Rassismus widersprechen? Oder ging es ihnen um ein konkretes Verhindern einer rassistischen Demonstration?

Die Ratlosigkeit war vielen im Gesicht abzulesen, auch schien Angst vor der Menge der so genannten „Patrioten“ ein bestimmendes Gefühl gerade in jener Situation gewesen zu sein. Eine Blockade der Demonstration wäre jedenfalls in der Startsituation möglich gewesen. Es gab vor Ort nur wenig Polizei und ein Umgehen der wenigen Einheiten wäre jederzeit drin gewesen, um die nächste Kreuzung zu besetzen. Jedoch versuchten dies nur 50 bis 100 AntifaschistInnen, die dafür mit Knüppeln und Pfeffer von der Polizei durch die Gegend gejagt wurden. Der Großteil der Antifa-Demonstration begnügte sich damit, neben der Pegida-Demo her zu laufen. Auf Höhe der Synagoge wurde das dann von Polizei unterbunden und die Pegida-Demo bog rechts ab, um sich Richtung Elbufer zu bewegen. Ein Teil der Antifa-Demo bewegte sich in die andere Richtung und versuchte dort aufs Elbufer, vor die Pegida-Demo, zu gelangen, was sie auch schafften und mit mehreren hundert Menschen eine Blockade der Pegida-Demonstration erreichten. Die Polizei hatte nicht genügend Kräfte, um die Blockade zu räumen, sie reichten nur dafür aus, sich als Puffer zwischen Pegida und GegendemonstrantInnen zu stellen.

Nach langem Ringen des Anmelders von Pegida mit jenen, die am liebsten über die GegendemonstrantInnen hergefallen wären, drehte die Demo der „Patrioten“ um und bewegte sich zum Ausgangspunkt zurück. Damit konnte nach mehreren Wochen erstmals die Veranstaltung von Pegida gestoppt werden. Die Antifa-Demonstration zog derweil weiter auf ihrer Route Richtung Ausgangspunkt, Bahnhof Neustadt, zurück. Was blieb, war ein scheinbarer Erfolg, denn die Demonstration von Pegida war mit etwa 7500 Personen wieder größer geworden. Allzu deutlich zeigte sich dagegen, dass viele der AntifaschistInnen und AntirassistInnen nicht wussten, wie sie mit der Demonstration von Pegida umgehen sollen, noch, was sie dort selber erreichen wollen. Diese Fragestellung schien sich auch durch nicht wenige Bezugsgruppen zu ziehen, so dass es nicht mal in diesen ein einheitliches Handeln gab. Von einem Konzept innerhalb der Antifa-Demo ganz zu schweigen.

Montag, 8. Dezember 2014

Dieses Mal wurde von Leipzig aus mit dem Bus gefahren, die Zahl der AntifaschistInnen und AntirassistInnen aus Leipzig blieb nahezu konstant. Diesen Montag verzichtete Pegida auf eine Demonstration und führte lediglich eine Kundgebung durch. Auch URA meldete keine Demonstration an, dafür Dresden Nazifrei, wieder vom Bahnhof Neustadt aus. Zudem gab es eine breite Mobilisierung unterschiedlicher Verbände und Parteien aus Dresden. Sogar der Ministerpräsident rief zum Protest gegen Pegida auf. Der Innenminister Ulbig nahm an einer Sterndemonstration gegen Pegida teil, obwohl er selber mit der Schaffung einer speziellen Einheit gegen Asylsuchende auf Forderungen von Pegida eingegangen ist und auch sonst inhaltlich bei Pegida mitlaufen könnte. Von Anfang an war also klar, dass es an diesem Tag um die Rettung des Images der Stadt Dresden und des Freistaates Sachsen als angeblich weltoffen und tolerant gehen sollte.

So verwunderte es schon, dass Dresden Nazifrei vorher in der Presse verlauten ließ, Pegida nicht blockieren zu wollen, aber mehrmals auf ihrer eigenen Demonstration darauf verwies, ein „Blockadebündnis“ zu sein. Wieder gab es kein Konzept und keinen Plan, was an dem Tag eigentlich laufen soll. Einige Wochen vorher wurde wenigsten durch die URA noch versucht, den Endpunkt der Pegida-Demo zu besetzen. Für den Montag hätte das bei der Kundgebung von Pegida der Kundgebungsort sein können, doch war dies anscheinend nicht von Interesse für Dresden Nazifrei. Die Demonstration von Dresden Nazifrei wirkte noch schlechter organisiert und durchdacht als die Woche davor. So gab es kaum Redebeiträge und fast ausschließlich elektronische Musik ohne Inhalt.

Zudem führte die Demo geradewegs in einen Kessel vor dem Rathaus. Pegida führte ohne Störung ihre Kundgebung mit mehr als 10.000 Personen durch und das so genannte „gute Dresden“ zeigte Gesicht mit 9.000 Menschen dagegen. Zum Ende der Pegida-Kundgebung ließ die Polizei, dieses Mal mit mehr Personal (ca. 1200) vor Ort, die Pegida-AnhängerInnen wieder in alle beliebigen Richtungen laufen. So bewegte sich ein großer Teil auf die Gegendemo vor dem Rathaus zu. Gruppen von Nazis und AnhängerInnen von Dynamo Dresden versuchten sich hier in einer Eskalation und warfen auch vereinzelt Böller und Rauchtöpfe. Die Polizei verstärkte ihre Präsenz, so dass es weitgehend ruhig blieb. In der Innenstadt kam es wiederholt zu Konflikten zwischen Nazis und Antifas. In Leipzig fand Abends noch eine kurze Sponti gegen Pegida in Connewitz statt. Aber anscheinend eher aus dem Umstand heraus, in Dresden vor den Karren von Ulbig und Co. gespannt worden zu sein und vor Ort wenige Handlungsmöglichkeiten gehabt zu haben.

Was bleibt?

Ein offensichtliches Problem bleibt: Wie mit Pegida umgehen? Die wenigsten AntifaschistInnen und AntirassistInnen scheinen sich darüber Gedanken gemacht zu haben. So zeigt sich seit mehreren Wochen in Dresden, dass es kaum Initiativen gibt, die etwas unternehmen wollen, außer eigene Demonstrationen zu besuchen. Die wenigsten scheinen für sich entschieden zu haben, diese Aufmärsche zu blockieren oder zu stören. Die einen mit dem Verweis, es handle sich nicht um einen klassischen Naziaufmarsch, ohne dabei die jedoch eindeutigen rassistische Ausrichtung zu benennen. Die anderen anscheinend aus Angst vor der großen Maße und der angeblichen Vielzahl von Hooligans und Nazis. Hier stellt sich aber schon auch die Frage, weshalb dies vor einigen Jahren in Dresden nicht ebenso war, als nur wenige hundert AntifaschistInnen sich gegen mehrere tausend Nazis gestellt haben.

Es bleibt klar, Pegida ist eine rechte, rassistische Bewegung, eine Bewegung, die Nazis und anderen RassistInnen auftrieb gibt. Dies muss gerade vor dem Hintergrund der massiven Anzahl rechter und rassistischer Gewalttaten in Sachsen und der Brandanschläge gegen Asylunterkünfte in diesem Jahr betrachtet werden. Die TäterInnen ziehen ihre Motivation und Legitimation aus den Massenaufläufen und dem völkischen Geplapper, gerade aus Dresden. Daher gehört diese Massenmobilisierung in die Schranken gewiesen. Dazu sind Absprachen innerhalb von Bezugsgruppen, aber auch unter antifaschistischen und antirassistischen Gruppen in Sachsen unabdingbar. Viel zu lange hat man sich das Treiben in Dresden mehr angesehen, als dagegen vorzugehen. Im Besonderen versagen hier abermals große bundesweite linke Zusammenhänge wie IL und UG, hier haben wir auch weiterhin lokal keine Hilfe zu erwarten. Daher müssen sich AntifaschistInnen und AntirassistInnen in Sachsen besser organisieren und austauschen, wenn sie Aufmärschen wie in Dresden etwas entgegensetzen wollen.


Von Leipzig aus wird es auch am kommenden Montag wieder eine Anreise nach Dresden geben. Fahrt dorthin und stellt euch gegen die RassistInnen!


Im Januar wird es uns nicht mehr möglich sein, den GenossInnen in Dresden zu helfen, wenn wir nicht selbst aus Dresden lernen und dem Pegida-Ableger in Leipzig am 12. Januar seinen „Spaziergang“ versauen. Auf der Facebookseite von Legida zeigt sich jetzt schon, dass wir es in Leipzig mit den klassischen Nazis und RassistInnen zu tun haben werden, die wir schon kennen. Daher: So lange wie möglich nach Dresden – und im Januar Legida von Anfang an stoppen. Leipzig bleibt rot!

Weitere Berichte zu den Pegida-Demonstrationen und Gegenaktionen bei addn.me


Text zugesandt von: anonym