Der Fall Markus Johnke: Von der Friedensmahnwache zum Legida-Marsch

Markus Johnke alias „Bergwerk“. Foto: E. Moeller.

Ein weiterer Unterstützer des rassistischen Legida-Bündnisses war bis vor kurzem friedensbewegt. Sein Werdegang ist nicht einmal ungewöhnlich.

„Eine wunderbare Geschichte“ ist Legida in den Augen der Macher. So betitelt ist ein gestern veröffentlichter Artikel aus dem Kreise der Organisatoren, die dringend ein Erfolgserlebnis brauchen. Sie benennen nun einen Unterstützer, der bislang inkognito blieb: „Markus Bergwerk“ nennt er sich. Der sei „selbstständiger Internethändler“ und solle als „Stimme des Landeskreises“ bald „mit auf unserer Bühne“ stehen. Das wird sich frühestens heute Abend zeigen.

Schon vorher klar ist das: Die selbsternannte Stimme des Landeskreises ist 29 Jahre alt, kommt aus Wurzen, heißt mit bürgerlichem Namen Markus Johnke und versteigert Autoteile bei eBay. Heute ist er Anmelder einer der Pro-Legida-Kundgebungen in der Innenstadt. Bislang war er im Hintergrund geblieben, erschien bei den beiden bisherigen Legida-Märschen aber frühzeitig vor Ort und hat geholfen, die Bühne aufzubauen. Bei der Planung wird er ein Wort mitzureden haben – Pressefotos aus der vergangenen Woche zeigen, wie er mit Legida-Ideologe Jörg Hoyer und Ordnerchef Marco Prager die Köpfe zusammensteckt. Offenbar hat er sich auch propagandistisch umgetan. Ein durch ihn selbst verbreitetes Foto zeigt an Stromkästen geklebte Legida-Plakate, der Kleister war noch pitschnass.

Festspiele des Verschwörungsdenkens

Johnke trat erstmals im vergangenen Jahr in Erscheinung, bei den sogenannten „Friedensmahnwachen“ in Leipzig. Sie spielten mit dem gleichen Montagsdemo-Mythos wie nun die Pegida-Bewegung und ließen zunächst auch ebenso wenig Interesse an einer Abgrenzung nach rechtsaußen erkennen. So mischten sich unter die TeilnehmerInnen immer wieder Neonazis und am Mikrofon erhielten „Reichsbürger“-Anhänger wie Stephane Simon das Wort. Krieg verstanden dort nicht wenige als die Abwesenheit Putins; eine Rednerin in Leipzig, Lea Frings, ist mittlerweile Reporterin für „RT Deutsch“.

Der gemeinsame Kitt bei den Kundgebungen, das wurde schnell klar, war weniger die Sorge um den Frieden als die Verständigung über Verschwörungstheorien. Markus Johnke beispielsweise fürchtet sich vor Kondensstreifen („Chemtrails“). Insoweit war es konsequent, den verschwörungsideologischen Dampfplauderer Ken Jebsen sprechen zu lassen. Weil es aber doch einige Gutmeinende gab, haben sich die Organisatoren der Leipziger „Mahnmachen“ Mitte 2014 gespalten. Zu der Zeit hatte die Bewegung ihre von vornherein geringe Bedeutung schon wieder eingebüßt.

Vom Friedensfreund zum Internet-Henker

Aus den Friedensbewegten mit offener rechter Flanke wurden daraufhin die „Sonntagsausflügler“, die beispielsweise mit Holger Fröhner einen der Anführer des reichsbürgerlichen „Deutsche Polizei Hilfswerk“ (DPHW) ans Mikrofon stellten. Zum Anführer der rechten FriedensfreundInnen schwang sich auf: Markus Johnke. Als Organisator bewährte er sich allerdings nicht. Vielmehr endete mit den Mahnwachen auch seine Friedfertigkeit, wie jüngere Kommentare im Internet zeigen.

Man findet Johnke auf Seiten wie „Wurzen wehrt sich gegen Asylmissbrauch“. Auf einen Nutzer, der AntifaschistInnen aufknüpfen will und einen Mangel an Bäumen befürchtet, antwortete Johnke vor kurzem kaltschnäuzig: „laternen gehen zur not auch.“ Dem Aufruf, gewalttätig gegen politische Gegner vorzugehen, pflichtete er bei: „ich glaube das passiert zeitnah.“ Der Geltungsdrang des Ex-Pazifisten ist offensichtlich, einiges mag nur dahergesagt sein. So behauptete er nach dem zweiten Legida-Marsch mithilfe sehr vieler Ausrufezeichen, es seien „zehntausende Demonstranten nicht durchgelassen“ worden, was blanker Unfug ist. Gegen die Rechtsparteien AfD und NPD wandte er das originelle Argument, die seien „leider fremdfinanziert.“ Man wüsste gern, durch wen.

Hauptsache, es völkelt

Johnke ist nicht überzubewerten. Er ist nur einer von etlichen ObskurantInnen, die aus der „neuen Friedensbewegung“ kommen und sich mittlerweile noch neueren Koalitionen angeschlossen haben: Hauptsache, es völkelt. Ein Bekannter Johnkes, Stephane Simon, ist so ein Exemplar, der zwei Mal bei Pegida in Dresden auf der Bühne stand, eine ZDF-Liveübertragung störte und dann Redeverbot bekam. Mittlerweile streitet er auf eigene Rechnung gegen die „Amerikanisierung des Abendlandes“. Auch dabei ist Personal engagiert, das sich noch vor einem halben Jahr im Namen des Friedens versammelt hatte. Aber ein klares Feindbild zieht eben besser.

Die Entwicklung hat auch damit zu tun, dass die neue im Gegensatz zur alten Friedensbewegung mit einem linken Antimilitarismus wenig anzufangen wusste. Andernfalls wäre sie nicht auf die Idee gekommen, Putins Russland für den Hort des Friedens zu halten und sich auf „Souveränisten“ um Jürgen Elsässer und sein nationalistisches Compact-Magazin einzulassen, die der Vaterländerei und damit dem militärischen Gerangel der Nationalstaaten das Wort reden.

Wie das Compact-Netzwerk agitiert

Auch Compact ist nicht wählerisch bei der Zielgruppe. Nachdem sich Chefredakteur Elsässer („…meine Zielgruppe ist das Volk“) selbst als Galionsfigur der Friedensbewegung installieren wollte, feuerte er die „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) an und ist nun Fürsprecher der Pegida-Bewegung. Auffällig: Bereits im November vergangenen Jahres waren großformatige Compact-Plakate in Leipzig-Probstheida und Leutzsch aufgehangen worden, gezielt rund um die Spielstätten der Vereine LOK und BSG. Am Eingang des Bruno-Plache-Stadions wurden gar Gratisausgaben des Dezember-Heftes abgelegt. Ein Reizwort auf dem Cover lautete: Hooligans. Ein anderes: „Asylindustrie“.

Beim zweiten Legida-Aufmarsch stand Elsässer schließlich selbst auf der Bühne, im Publikum waren etliche Anhänger der LOK-Fanszene. Das teils in Leipzig produzierte Compact-Magazin wird mittlerweile ergänzt durch das Videoformat „Compact TV“, die zweite Ausgabe berichtet auch über Legida und wartet mit einem interessanten Interviewpartner auf: Andreas Loepki, Pressesprecher der Polizeidirektion Leipzig, berichtet über Gewalttaten vermeintlicher „Linksextremisten“.

Abgrenzung: Fehlanzeige

Produzent dieser Videos ist die in der Leipziger Südvorstadt ansässige Esoterik-Filmklitsche NuoViso – eine feste Adresse in der verschwörungsideologischen Truther-Szene, die auch etliche Redebeiträge bei den Leipziger „Friedensmahnwachen“ aufgezeichnet und verbreitet hat. In der Pilotfolge von „Compact TV“ kam mit Mike Nagler übrigens einer der Protagonisten der Leipziger „Friedensmahnwachen“ zu Wort. Nagler und seine Leipziger FriedensfreundInnen – wohlgemerkt: der vernünftigere Teil – haben es bis heute vermieden, sich öffentlich und eindeutig gegen die Pegida-Bewegung abzugrenzen.

Das führt zu obskuren Szenen: Vergangene Woche demonstrierte Nagler gegen die Legida-Versammlung, die sich inklusive Johnke auf dem Augustusplatz breitmachte. Es ist nicht lange her, da standen sie dort gemeinsam. Eine weitere Episode zeugt davon, dass der linke Nagler auf die rechten Kampfgefährten nichts kommen lassen will: Als Anfang Dezember auf der von ihm mitverantworteten Facebook-Seite „Montagsdemo Leipzig“ sein Co-Administrator eine kritische Auseinandersetzung mit der Pegida-Bewegung verlinkte, schmiss Nagler ihn einfach raus.


Text zugesandt von: anonym.