Razzia gegen „Oldschool Society“: Mutmaßliche Rechtsterroristen trafen sich bei Leipzig

Die Neonazigruppe OSS hatte Bezüge zur NPD und zu Kameradschaften. Sie traf sich in Frohburg und Borna, plante womöglich einen Sprengstoffanschlag. Mehrere Wohnungen wurden durchsucht. Zwei der Führungspersonen wohnten in der Region Leipzig und sitzen nun in Untersuchungshaft. Ein Hintergrundbericht zur Rückkehr des Rechtsterrorismus in Sachsen, ausgerechnet.


Vier Personen in Untersuchungshaft

Mittwochmorgen, 6. Mai: Mehr als 250 BeamtInnen durchsuchten zehn Anwesen in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Die überraschenden Razzien richteten sich gegen neun Mitglieder einer bislang kaum bekannten Gruppierung namens „Oldschool Society“ (OSS). Vier der Betroffenen, die mutmaßlichen Rädelsführer, wurden verhaftet und sitzen seitdem in Untersuchungshaft:

  • Andreas Hafemann (56), wohnhaft in Augsburg-Bergheim, „Präsident“.
  • Markus Wilms (39), wohnhaft in Borna-Gnandorf, „Vizepräsident“ und „Sicherheitsverantwortlicher“.
  • Olaf Ogorek (47), wohnhaft in Bochum-Günnigfeld, „Presseverantwortlicher“.
  • Denise Vanessa Grüneberg (22), wohnhaft in Borna.

Mindestens vier der Durchsuchungen fanden in Sachsen statt: Neben Wilms, der in Frohburg aufgegriffen wurde, und seiner Freundin Grüneberg traf es einen Gesinnungsgenossen im Raum Chemnitz. Zudem führte die Polizei noch am gleichen Nachmittag im südlichen Zipfel Bornas einen Nachbar von Wilms ab, den 35-jährigen Marco Krüger. Gegen ihn lag zunächst kein Haftbefehl vor, er soll aber ebenfalls der OSS angehören. Im Internet finden sich Fotos, die Krüger mit „Support 81“-Shirt zeigen.

„Sprengmittel für etwaige terroristische Anschläge“ besorgt

Die Exekutivmaßnahmen sind Folge eines Ermittlungsverfahrens der Bundesanwaltschaft. Es geht um nicht weniger als die Gründung und die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, womöglich auch um einen geplanten Sprengstoffanschlag. Insgesamt neun Beschuldigte sind deshalb im Visier des ermittlungsführenden Bundeskriminalamtes. Ebenso viele Personen sollen vor etwa einem halben Jahr die OSS im sächsischen Frohburg gegründet und in der Zwischenzeit weitere Gleichgesinnte rekrutiert haben. Behörden gehen davon aus, dass die Organisation „innerhalb Deutschlands in kleineren Gruppierungen Anschläge auf namhafte Salafisten, Moscheen und Asylbewerberunterkünfte“ geplant hatte. Die vier Festgenommenen sollen erstkürzlich „Sprengmittel für etwaige terroristische Anschläge“ besorgt haben, vermutlich Schwarzpulver.

Die Ergebnisse der Durchsuchungen könnten den Verdacht stützen. Gefunden worden sei unter anderem bei Wilms Pyrotechnik mit „erheblicher Sprengkraft“, berichten verschiedene Medien übereinstimmend. Nach Angaben des Mitteldeutschen Rundfunks seien darunter „fertige Sprengsätze“ gewesen, aufgefunden in Borna. Dort habe sich die Gruppe gestern erneut treffen wollen, in „schwarzer, neutraler Kleidung“, und wäre dann womöglich zu „ersten Gewaltaktionen“ bereit gewesen. Ob bereits konkrete Anschlagspläne bestanden, ist derzeit offen. Der Leipziger Volkszeitung zufolge sollen sich die Planungen gegen eine Unterkunft für Asylsuchende im Bereich Borna gerichtet haben. Mindestens vier verschiedene Einrichtungen kämen hier infrage.

„Im Mittelpunkt der Kampf um die Straße“

Die Gruppe fiel bislang vor allem auf Facebook auf, Mitte September vergangenen Jahres war die Seite eingerichtet worden. Bis zu ihrer Löschung, kurz nach Abschluss der Durchsuchungen, hatte sie 3.011 „Likes“ bekommen, verbreitete bis dahin vor allem rassistisches Material und teils skurrile, teils beängstigende Eigenwerbung. In verschiedensten Logovarianten finden sich Schlagringe, blutverschmierte Beile und Patronen, überschrieben mit Parolen wie „Eine Kugel reicht nicht“. Die Motive waren wild zusammengeklaubt. Das letzte Profilfoto der OSS war, Zufall oder nicht, die Abwandlung eines Kampagnenmotivs der„Jungen Nationaldemokraten“, also des NPD-Nachwuchses.

In einer ebenso langen wie fehlerhaften Selbstbeschreibung heißt es, die OSS sei eine „Verbindung gleichgesinnter Menschen die, die Werte Respekt, Loyalität, Ehre, Bruderschaft und Toleranz nicht nur als Floskel sehen, sondern diese Tugenden leben.“ Den „Entscheidungen der Führungsebene“ – gemeint ist das Altherrenduo Hafemann und Wilms – sei „unverzüglich Folge zu leisten“ sei. Ihr Ansinnen beschrieb die Gruppe so: „Zurück zu den Wurzeln , zu unseren alten Traditionen. In einer Zeit in der es unzählige Kameradschaften gab ohne Konkurrenz, ohne Kriege, ohne Revierkämpfe. Im Mittelpunkt stand der Kampf um die Straße“. An anderer Stelle war die Rede von einem „modernen Nationalismus“ und dem Widerstandskampf gegen die „Systemknechtschaft“. In Zukunft, so eine weitere Ankündigung, plane man „konstenintensivere Aktionen für unser Vaterland“. Womöglich war das einer der Sätze, die Behörden alarmierte.

Hauptsächlich in Sachsen aktiv

Die OSS soll seit August 2014 aufgebaut worden sein. Ein erstes öffentliches Stelldichein gab die Gruppe beim Aufmarsch der „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) am 26. Oktober in Köln. Im Monat darauf folgte ein formelles Gründungstreffen im sächsischen Frohburg, dann ein Gruppentreffen mit mindestens einem Dutzend Beteiligten in Borna. Vorerst letztes Lebenszeichen war die Beteiligung an einem „Die Rechte“-Aufmarsch am 28. März in Dortmund. Aber auch zur Teilnahme an den extrem rechten „Legida“-Märschen war zwischenzetlich aufgerufen worden.

Bornaer OSS-Mitglieder (v.l.) Marco Krüger, Denise Vanessa Grüneberg, Markus Wilms, hier bei einem Gruppentreffen in Borna.

Offenbar lag der Schwerpunkt der Gruppenaktivitäten tatsächlich in Sachsen. Das legen nicht nur die mindestens vier Durchsuchungen und zwei Verhaftungen im Freistaat nahe. Die Polizei klingelte darüber hinaus bei Marcel Lewerenz (27), genannt Matze, im vorpommerschen Wilhelmsburg. Bis vor kurzem hatte er noch im sächsischen Meerane gelebt. Weitere OSS-Sympathisanten stammen aus Sachsen, darunter der Chemnitzer Martin „Zimmi“ Zimmermann, der Wurzner Christian Wolff sowie Jan Jeff Fitzek (alias „Jeff Specht“), der seit einer Weile in Leipzig wohnt. Kurz nach den Durchsuchungen entfernte der 27-Jährige Fitzek eine OSS-Grafik aus seinem Facebook-Profil. Er war immer wieder an NPD-Veranstaltungen beteiligt und ist nicht der einzige Neonazis im OSS-Umfeld mit klaren Bezügen zu der extrem rechten Partei:

  • Anführer Hafemann war bei der Augsburger NPD,
  • seine rechte Hand Wilms für die Dürener NPD und
  • Gefolgsmann Lewerenz für den Zwickauer NPD-Kreisverband um Patrick Gentsch aktiv.

Die Protagonisten teilen noch mehr Gemeinsamkeiten, waren in der Vergangenheit in verschiedenen Kameradschaftsgruppierungen engagiert – Wilms beispielsweise in der berüchtigten, 2012 verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“. In Sachsen verdingte er sich als Sicherheitskraft. Fotos zeigen ihn sowie seinen Nachbarn und OSS-Anhänger Krüger in T-Shirts der Leipziger Security-Firma „Black Rainbow“. Sie hat sich bereits von der Gruppierung distanziert und spricht von nicht näher genannten Subunternehmern, die verantwortlich seien. Womöglich liegt die Verantwortung noch auf einer anderen Seite: Beschäftigte im Sicherheitsgewerbe werden im Freistaat durch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen überprüft. Seit 2007 filzte es mehr als 11.000 Personen, Dutzenden wurde infolge die Zulassung für das Bewachungsgewerbe versagt. Doch unter anderem bei Wilms griff die Regelung offensichtlich nicht.

Eskalierte „Gewaltfantasien“?

Damit beginnen die Unklarheiten in der Erfolgsgeschichte, als die Behörden das Ausheben der OSS-Gruppe hinstellen. Bereits im August vergangenen Jahres und damit noch in der Gründungsphase wollen Verfassungsschutzämter – vermutlich zuerst das LfV Nordrhein-Westfalen – auf die OSS aufmerksam geworden sein und sie fortan beobachtet haben. Dazu gehörte das Belauschen der gruppeninternen Kommunikation, wobei eine rasche Radikalisierung festgestellt worden sei. Im Hinblick darauf begründete der Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, den schließlich erfolgten Zugriff: „Wir hatten wegen ihrer Gewaltfantasien Sorge, dass sie völlig durchdrehen.“

Für die Strafverfolgung sind die Geheimdienste überhaupt nicht zuständig. Die Durchsuchungsbeschlüsse und Haftbefehle kamen, soweit bisher bekannt, auch ganz regulär zustande, gut vorbereitet und ohne Annahme von Gefahr in Verzug. Ganz ohne nachrichtendienstliche Mittel war beispielsweise nachvollziehbar, wie OSS-„Präsident“ Hafemann sich um eine Waffenbesitzkarte bemühte. Womöglich erfolgreich, denn spätere Fotos zeigen ihn mit Munition und Schusswaffen, darunter augenscheinlich ein Sturmgewehr. Falls es sich um scharfe Waffen handeln sollte, hat man sie bisher nicht gefunden.

Die zwei Gesichter der OSS

Eine Einschätzung der OSS fällt bislang schwer. Ein Publikative-Beitrag sät zunächst nicht von der Hand zu weisende Zweifel, ob die OSS zu den Taten, die sie geplant haben soll, überhaupt imstande wäre. Bei VICE erklärte man die Beschuldigten bereits zur „dümmsten Terrorgruppe Deutschlands“. Dass eine terroristische Gruppe auf Facebook grüßen lässt, dort gar Fotos ihrer Mitglieder eingestellt werden, darf in der Tat als ungewöhnlich gelten. Doch vorschnelle Schlüsse sind unangebracht. Womöglich fehlende Klandestinität ist nicht mit fehlender Entschlossenheit zu verwechseln, denn unvorsichtig kann auch sein, wer sich seiner Sache sehr sicher ist.

Vielleicht hatte die OSS nicht umsonst zwei Gesichter: Das eine war ein skurriles Facebook-Profil mit rüden Beiträgen und üblen Parolen einiger alter Leute im Skinhead-Chic, die sich mit derben Bildchen selbst glorifizieren, vielleicht andere aufputschen wollten. Die OSS zeichnete vorderhand eine Karikatur ihrer selbst. Sie kann der tatsächlichen Wahrnehmung der Urheber entsprochen haben. Sie könnte aber ebenso sehr gezielt erweckt worden sein. Denn die andere Seite, die viel wichtiger ist, war dadurch von außen kaum mehr zu erahnen. Die Macher, vor allem „Präsident“ Hafermann und „Vizepräsident“ Wilms, sind nicht nur Facebook-Existenzen, wie ihre politischen Biografien zeigen. Sie und andere Beteiligten verfügen über langjährige Kader-Erfahrungen und vermochten es insbesondere, Jüngere um sich zu scharen. Weite Entfernungen hielten von Treffen nicht ab und auch nicht vom Aufbau einer gemeinsamen Infrastruktur. Interessierte konnten sich an ein Kontakttelefon der OSS wenden. Die Gruppe hielt auch ein Postfach vor, gelegen im bayrischen Plattling, Landkreis Deggendorf.

Offenbar länger anhaltende Beobachtung

Sollte sich der Verdacht gegen die OSS erhärten, wäre sie die erste rechtsterroristische Gruppierung in Deutschland seit der Selbstenttarnung des NSU. Jedenfalls nach Wissen und Einschätzung der Sicherheitsbehörden und damit zweier insbesondere unter „Verfassungsschützern“ variabler Größen. Noch vor gerade einmal sechs Wochen hatte die Bundesregierung auf eine Parlamentsanfrage der Linksfraktion hin mitgeteilt, alle neuerlichen Ermittlungsverfahren hätten den Verdacht auf bestehende rechtsterroristische Strukturen „bislang nicht bestätigt“.

Falls die Aussage zutrifft, wären entscheidende Hinweise auf die OSS, was möglichen Anschlagspläne angeht, erst in allerjüngster Zeit erlangt worden. Ob das stimmt, muss offen bleiben. Dass die Beobachtung der Gruppe durch Behörden des Verfassungsschutz-Verbundes da bereits seit mehr als einem halben Jahr angehalten hatte, legt einen schon länger bestehenden Verdacht nahe. Offen bleibt, ob etwa die vorgeworfene Beschaffung von Sprengmitteln gar abgewartet wurde. Die Bundesanwaltschaft teilte bisher nicht mit, wann das Ermittlungsverfahren nach § 129a des Strafgesetzbuches überhaupt eingeleitet worden war.

„Wenn der erste Sprengsatz hoch geht…“

Besonders verwunderlich ist das Gebaren des sächsischen LfV. Im seinem jüngst vorgelegten Bericht für das Jahr 2014 fehlen Hinweise auf die in Sachsen gegründete OSS völlig. Der Begriff „Rechtsterrorismus“ taucht, wie schon im Vorjahr, lediglich im Glossar auf. Eine neuerliche Landtagsanfrage hinsichtlich zur Beteiligung sächsischer Neonazis an HoGeSa-Aufmärschen war dürr ausgefallen, von „Personen der Fußballszene“ war da schlicht die Rede. Dabei war die OSS an dem „Krawallmarsch“ in Köln beteiligt, wie dutzende Fotos belegen, die von Gruppenmitgliedern vor Ort gefertigt und bei Facebook hochgeladen worden waren. Sogar eine „Presseabteilung der OSS“, vermutlich Ogorek, meldete sich zu Wort: „Wenn der erste Sprengsatz hoch geht, sei es in der Schule oder in der Einkaufsmeile, werdet ihr nach uns schreien! Um Hilfe winseln… Deutsches Volk erwache.“

Das LfV Sachsen kann bestimmt allerhand Gründe anführen, über so etwas nicht zu sprechen. Sensibel ist das Thema jedoch aus einem selbst verschuldeten Grund. Denn jahrelang hatte das Amt wörtlich verbreitet, dass Rechtsterrorismus in Deutschland nicht existiere und damit eine falsche Gewissheit geschaffen. Zumal dem sächsischen Geheimdienst währenddessen bekannt war, dass die drei Bombenbauer Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe in Chemnitz untergetaucht waren und sich auf die Suche nach Schusswaffen begeben hatten. Solche Umstände und die Mitverantwortung gerade des LfV beschäftigen bereits den zweiten Untersuchungsausschuss im Sächsischen Landtag zum „Nationalsozialistischen Untergrund“, der vor anderthalb Wochen eingesetzt wurde. Das Gremium trägt den Titel „Neonazistische Terrornetzwerke in Sachsen“. Der Plural war eine vorausschauende Wahl.

Langjährige Bezüge nach Borna waren bekannt

So ergeben sich auch im Fall der OSS einige Fragen. Etwa, warum „Vizepräsident“ Wilms so lange unbehelligt blieb, und das ausgerechnet als früherer Aktivist der „Kameradschaft Aachener Land“. Die Bezüge der Gruppe in die Region sind nämlich gut dokumentiert: So war es hier Ende 2008 zu einem bundesweiten Kadertreffen der „Freien Kräfte“ gekommen. Ort der geheimen Sitzung war das Anwesen des damals wiederum in Borna ansässigen geschichtsrevisionistischen Vereins „Gedächtnisstätte“. Das Gelände war Teil der regulären Infrastruktur der Neonaziszene. Deren Wortführer – inklusive KAL-Kadern – vereinbarten bei ihrem exklusiven Meeting in Borna eine für die weitere Entwicklung der extremen Rechten folgenreiche Zusammenarbeit mit der NPD.

Zu dieser Zeit war Wilms nicht nur selbst bei der KAL aktiv. Er erschien etwa kurz darauf zu einem „Jahrestreffen“ der Kameradschaft nahe Erkelenz, wo die Bornaer Beschlüsse ausführlich ausgewertet und deutlich begrüßt wurden – schließlich kandidierte Wilms 2009 selbst für die Dürener NPD. Sondern darüber hinaus zählte das BKA ihn, der sich auch im KAL-eigenen „Ordnerdienst“ betätigte, zum gefestigten Kern der Gruppe. Dieser harte Kern fand sodann intensive Beachtung, und zwar auch damals schon bis hinauf zum Generalbundesanwalt. Grund waren zwei andere KAL-Kameraden, Falko Wolf und Daniel Thönnessen. Sie präparierten Pyrotechnik mit Glasscherben und nahmen mehrere solcher Splitterbomben am 1. Mai 2010 mit auf eine Busfahrt nach Berlin. Die Polizei fand die explosiven Vorrichtungen bei einer Vorkontrolle des Busses. Was immer die OSS plante, es war nicht neu, sondern hatte womöglich ein solches Vorbild.

Hatte die OSS eine Vorgängergruppe?

Offenbar noch im gleichen Jahr zog Wilms ans andere Ende der Republik, zunächst nach Frohburg im Landkreis Leipzig. Schon viel eher war ein anderes einschlägiges KAL-Mitglied in die Region gekommen: Daniel Kappe. Er war im Oktober 2010 an der Tötung des 19-jährigen Kamal Kilade vor dem Leipziger Hauptbahnhof beteiligt. Und auch Wilms hielt nicht die Füße still, sondern knüpfte Kontakte zu einer Handvoll Bornaer Neonazis, die er als seine “Familie” bezeichnet und mit denen er u.a. mit Schlagringen posiert, und schloss sich einer kurzlebigen Neonazigruppe namens „Kameradschaft und Loyalität“ an, kurz: K.u.L (mehr dazu in GAMMA-Ausgabe 189).

Markus Wilms, Matthias Wendt, Roy Ehrhardt, Denis Taube, Marco Maar, Manuel Rübestahl

Jene Gruppe, angeführt von Torsten Schütz aus Rötha, machte am 20. November 2010 durch einen Neonaziaufmarsch auf sich aufmerksam, natürlich in Borna. Unter dem Motto „Mit Fackeln gegen Kinderschänder“ sollten 1.500 Menschen angelockt werden. Antifas zählten 70, die Polizei 120 Teilnehmende. Auffälliger als der Misserfolg war der damals schon ausgeprägte Hang zur Selbstdarstellung. Die K.u.L. druckte sich T-Shirts mit gekreuzten Hämmern im Zahnrad, ganz ähnlich dem klandestinen Hammerskin-Netzwerk, dem sie nicht angehörte. Und auf einer Website der Gruppe mit dem verheißungsvollen Titel „KUL1488“ prangten als Logo zwei rauchende Pistolen. Auch die K.u.L. war nicht an einem Ort entstanden, sondern bestand aus Mitgliedern aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Um die Außendarstellung soll sich damals bereits Wilms gekümmert haben. Inwieweit seine durchaus als „oldschoolig“ geltende K.u.L.-Truppe als Vorgänger der OSS gelten kann, wird sich noch zeigen. Im sächsischen Verfassungsschutzbericht werden sich dafür keine Anhaltspunkte finden. Die K.u.L. kam dort ebenfalls nie vor.


Text zugesandt von: anonym. Mit Material von Ingo Weidler.