Vor einigen Wochen erkannte NO LEGIDA an der Spitze des rassistischen Aufzugs einen altbekannten Neonazi: Reinhard Allan Rade, geboren 1964 in Innsbruck, internationaler Waffenhändler, ehemaliger “Republikaner”-Funktionär, Immobilienbesitzer, Bauunternehmer und Wehrsportgruppen-Veteran – und offenbar gut bekannt mit der “Legida”-Führungsriege. Ein Video zeigt ihn am 14. September ab Minute 21:20 zusammen mit “Legida”-Chef Markus Johnke und Schatzmeister Arndt Hohnstädter in einer lebhaften Diskussion mit Polizeibeamten, kurz bevor Teilnehmer des blockierten Aufmarschs Flaschen und Feuerwerkskörper warfen.
Die Wege von Rade und dem als Rechtsanwalt tätigen Hohnstädter kreuzen sich womöglich schon länger. Ende Januar 2015 verkündete Hohnstädters damalige Kanzlei “Braeske, Hohnstädter, Thomas, Otto”, den Namen des “Legida”-Kaders von nun an aus dem Namen zu streichen. Von einem Rauswurf wollte man nicht reden, und tatsächlich scheinen die Anwälte ihrem Kollegen genug Zeit zum Umzug gegeben zu haben. Auch die Beteuerung, man werde “allen Menschen, gleich welchen Geschlechts, politischer Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft und sexueller Orientierung […] als Fachanwälte […] zur Verfügung” stehen, wirkt etwas befremdlich, wenn man weiß, dass die politische Einstellung zahlreicher Mandanten der Kanzlei sehr weit rechts liegt.
Im Sommer 2015 eröffnete Hohnstädter schließlich seine eigene Kanzlei. In der Stephanstraße 8 teilt er sich dazu eine Klingel – und mutmaßlich ein Büro – mit Christian Tauer und dessen Firma “Phillys Interior Design”. Tauer ist Mitgesellschafter der “Cat & Dog Service GmbH & Co. KG”, welche das “Café Waldi” im Peterssteinweg betreibt. Darüber hinaus war Tauer von Januar 2013 bis Mai 2014 Co-Geschäftsführer der “Cafe Waldi”-Gesellschafterfirma “Cat & Dog Gastro GmbH”. Die Inneneinrichtungsfirma “Phillys Interior Design” gründete er im April 2014 zusammen mit seiner Geschäftspartnerin Louise Baronesse von Düsterlohe.
Christian Tauer ist auch mit der Rechtsanwältin Ines Große, die im selben Haus eine Kanzlei betreibt, bekannt. BILD Leipzig berichtete Anfang 2014 über eine Obdachlose, der Tauer eine den Vorgaben des Jobcenters entsprechende Wohnung beschafft hatte. Als Anwältin der Frau fungierte Ines Große. Hier schließt sich der Kreis, denn Ines Große ist die Partnerin von Reinhard Rade.
Zwischen den Schlagzeilen, die Reinhard Rade zur Wendezeit machte, und seinem Auftauchen bei “Legida” war der 51-Jährige hauptsächlich unternehmerisch tätig. Im Jahr 2003 hatte er beteuert, “längst nicht mehr politisch aktiv” zu sein. Mindestens einen Kontakt in die ostdeutsche Naziszene hat Rade jedoch all die Jahre gepflegt: Mit dem hartgesottenen Neonazi, verurteilten Volksverhetzer und ehemaligen “Republikaner”-Weggefährten Adrian Preißinger teilt Rade sich seit Jahren eine Wohnung in der Virchowstraße 27. Dort sitzen die Firmen “Architrav Projektentwicklungsgesellschaft mbH”, “Condor Projektentwicklung GmbH” und “THG, Technische Handelsgesellschaft mbH”, in die Rade involviert ist.
Preißinger betreibt unter der Adresse seinen Versandhandel “Der Schelm”, der – vorgeblich als “wissenschaftliche Quellentexte” – hauptsächlich Nachdrucke antisemitischer Hetzschriften anbietet – und die neonazistische “Gefangenenhilfe” unterstützt. Im Jahr 2014 saß “Der Schelm” zwischenzeitlich im NPD-Objekt Odermannstraße 8. Zusammen mit dem Gröditzer NPD-Funktionär Matthias Beier betreibt Preißinger darüber hinaus das ähnlich ausgerichtete “Antiquariat Volksschriften” alias “Libergraphix”.
Im August 2015 rief Adrian Preißinger zu Spenden für den zeitweilig inhaftierten Leipziger NPD-Vorsitzenden und Hooligan Enrico Böhm auf. Geld für den “Rechtskampf” solle man auf Preißingers Konto bei der Sparkasse Kulmbach-Kronach überweisen. Warum Böhm, der der Hooligangruppe “Blue Caps LE” vorstand und regelmäßig an den “Legida”-Aufmärschen teilnimmt, und Preißinger einander seit Jahren kennen, weiß ein GAMMA-Beitrag aus dem Jahr 2011.
Hinter den Kulissen wächst das Netz unterdessen weiter. Am 1. Oktober standen der Legida-Profiteur Thomas Persdorf und sein Geschäftspartner Benjamin Brinsa wegen Insolvenzverschleppung vor Gericht. Die Verteidiger der beiden Neonazis waren Arndt Hohnstädter und Ines Große.
Lesenswerte Artikel zu Reinhard Rade
- NSU – Masche im globalen Geflecht alter und neuer Nazis, Neues Deutschland, 18.2.2013
- Rechte Glücksritter in Ostdeutschland, Antifaschistisches Infoblatt, 17.06.2003
- Ans Messer geliefert, Der Spiegel, 26.2.1990
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