Gefahreninsel Connewitz

Im Windschatten der Hamburger Verhältnisse finden aktuell verstärkte Polizeikontrollen im Leipziger Stadtteil Connewitz statt. Kehren die berüchtigten "Komplexkontrollen" zurück?

Bundesweit berichten Medien über das “Gefahrengebiet” in Hamburg und die “Gefahreninseln”, die Polizeiwachen umgeben. Anlass für deren Einrichtung war eine Falschmeldung der Polizei über einen angeblichen Angriff angeblicher “Linksextremisten” auf die Davidwache. Neu ist die Besetzung des öffentlichen Raums durch die Polizei nicht, schon gar nicht in Sachsen. Nur reichte es hier vor etwas mehr als einem Jahr nicht zur öffentlichen Debatte oder kreativen Spielideen. Damals war nicht zum ersten Mal das gesamte Leipziger Stadt- zum “Gefahrengebiet” erklärt worden.

Im Monatstakt hatte die Polizei so genannte “Komplexkontrollen” durchgeführt. Vorwand war die angeblich gestiegene Zahl von Raubstraftaten und Drogendelikten. Und so musste sich, wer Pech hatte und zur falschen Zeit am falschen Ort war, das heißt völlig anlasslos von der Bereitschaftspolizei belästigen lassen. Dazu gehörte mitunter der Blick in die Schuhe – ein Geheimversteck für Raubgut und Joints. Der Polizei gelang es so, durch Feststellung von Kontrolldelikten die eigene Statistik aufzubessern und hauptsächlich Bagatellfälle aus dem Bereich der Ordnungswidrigkeiten aufzuschreiben.

Vorwand und Kalkül

Das war, wie jetzt in Hamburg, nicht ohne Kalkül. Hier war es der damalige Polizeipräsident Horst Wawrzynski, dem neben dem CDU-Parteibuch noch das richtige Law-and-Order-Image fehlte, um den Sprung ins Rathaus zu schaffen. Als Oberbürgermeister blieb er Leipzig dann doch erspart. So, wie jetzt in Hamburg die Kontrollgebiete schrumpfen, wurde nachher auch das Leipziger “Gefahrengebiet” immer kleiner und die Komplexkontrollen wurden eingestellt.

Die massive Bestreifung insbesondere des Leipziger Südens ist aber geblieben und aktuell nochmals verstärkt worden. Auch wenn es die objektiven Zahlen nicht hergeben, wird der Stadtteil Connewitz seit je zum “Kriminalitätsschwerpunkt” hochgeschrieben und mit Dauerüberwachung bedacht. Sie hat ihre Konjunkturen, und so steigt die Polizeipräsenz insbesondere dann, wenn mit Solidaritätsaktionen oder, mehr jahreszeitabhängig, mit Schneeball- oder Wasserschlacht gerechnet wird.

Solidarität ist gefragt

In den vergangenen Tagen und Nächten finden in Connewitz vermehrt Personenkontrollen durch Polizisten statt, immer öfter aus Zivilfahrzeugen heraus. Die meisten Meilen sammelt ein dunkelgrüner Mercedes Vito mit dem amtlichen Kennzeichen MTL-GV 29. Die Scheiben sind getönt, innen warten Beamte in Uniform auf “Verdächtige” – also FahrradfahrerInnen und FußgängerInnen. Hiesigen VerkehrsteilnehmerInnen sei daher geraten, sich nicht dumm anmachen zu lassen. Wer belästigt wird, sollte sich beim Ermittlungsausschuss melden. Und wer Derartiges beobachtet, sollte die Betroffenen unterstützen, für Öffentlichkeit sorgen und den Einsatz nach Möglichkeit dokumentieren.

Im vergangenen Jahr führte das solidarische Verhalten zu defensiven Reaktionen der Polizei. In einem Fall sah sich ein Jungpolizist verleitet, angesichts kritischer Blicke auf seine schikanöse Kontrolltätigkeit die Hand zur Knarre wandern zu lassen. Daher ist es wichtig, Menschen nicht alleine mit solchen Beamten zu lassen. Einige ihrer Fahrzeuge sind hier aufgelistet.


Text eingesandt von: anonym