Mit einer Öffentlichkeitsfahndung sucht die Leipziger Polizei seit heute Nachmittag die Identität eines Teilnehmers des Legida-Aufmarschs am 21. Januar 2015. An dem rechten Aufmarsch hatten sich damals 4800 Personen beteiligt. Obwohl 4000 Polizisten im Einsatz waren, konnte der Gesuchte nach der Tat entkommen.
Ihm wird vorgeworfen, aus einer Gruppe heraus auf einen 21-jährigen Journalisten zugerannt zu sein und den Flüchtenden in die Beine getreten haben. Hierbei verletzte sich der Journalist, an seiner Ausrüstung entstand ein Schaden in Höhe von 750 Euro. Der Angriff wurde auf Video festgehalten, die vielfache Gewalt gegen Pressevertreter an jenem Tag machte Schlagzeilen – weniger wegen der inzwischen hinlänglich bekannten Gewaltbereitschaft des bei LEGIDA auftretenden Klientels als vielmehr wegen der Untätigkeit der am Rande eingesetzten PolizeibeamtInnen. Diese beobachteten in Seelenruhe das Geschehen, ein Eingreifen hielten sie nicht für nötig.
Der Gesuchte, der auf den Fahnungsfotos eine Bauchtasche und eine Mütze der Nazimarke “Thor Steinar”, trägt, heißt Ricco Wolf. Der 30-Jährige wuchs in Eilenburg auf und lebt seit mehreren Jahren in Leipzig. Dem Vernehmen nach verfügt er über Hafterfahrung und zettelt gelegentlich Kneipenschlägereien an. Ricco Wolf gehörte zur rechten Hooligangruppierung “Des Fussballs Metastasen” und wurde im September 2011 im antifaschistischen Newsflyer Gamma mit Name und Foto genannt. Damals hatten Anhänger des mittlerweile insolventen Fußballvereins “SG Leipzig Leutzsch” Naziparolen skandiert und Hitlergrüße gezeigt.
Auch in den 15 Monaten zwischen der Tat und der Öffentlichkeitsfahndung hatte die Polizei die Gelegenheit, den Gesuchten zu identifizieren. Ricco Wolf nahm mehrfach an weiteren Legida-Aufmärschen teil. Aufmerksame Journalisten machten dabei sogar Polizisten auf den tatverdächtigen Versammlungsteilnehmer, von dem bereits zwei Tage nach dem Vorfall Fotos im Internet kursierten, aufmersam – vergebens, die Beamten interessierte das nicht.
Dieser geballten Inkompetenz der Exekutive ist es geschuldet, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als über ein Jahr nach dem Vorfall die Öffentlichkeit um Hilfe zu bitten. Dabei hätte der Gesuchte aufgrund seiner Vorgeschichte eigentlich seit Jahren bekannt sein sollen – wenn nicht der Kriminalpolizei Leipzig, dann zumindest dem “Operativen Abwehrzentrum”, dem Staatsschutz oder dem Landesamt für Verfassungsschutz. Dass ihre Prioritäten woanders liegen, haben Leipziger und sächsische Polizisten schon oft genug unter Beweis gestellt.
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