“Imperium Fighting Championship”: Rechte Kampfsportveranstaltung im Leipziger Süden

Ausschnitt des Veranstaltungsplakats der "Imperium Fighting Championship V"

Am 27. August 2016 möchte das von Neonazis und rechten Hooligans durchsetzte “Imperium Fight Team” sein fünftes Kampfsportturnier in Leipzig ausrichten. Nach Eventpalast und Haus Auensee soll die Veranstaltung nun im Kohlrabizirkus Leipzig stattfinden. Das Gebäude unter der Adresse An den Tierkliniken 42 liegt neben der Südvorstadt, unweit vom alternativen Stadtteil Connewitz.

Wer steht dahinter?

Hinter der “Imperium Fighting Championship” (“Imperium FC”) stehen die Neonazis Benjamin Brinsa (Spitzname: “The Hooligan”) und Christopher Henze. Brinsa trainiert das gleichnamige Team, zu Henze führt die E-Mail-Adresse auf der Veranstaltungswebseite. Brinsa und Henze hatten bereits die im sächsischen Verfassungsschutzbericht erwähnten “Sachsen kämpft”-Events in Schildau organisiert.

Als offizielle Veranstalterin tritt die in Bulgarien registrierte, im April 2016 gegründete “Panorama Event GmbH” auf, deren alleiniger Gesellschafter Mario Hoffie ist. Der Mittfünfziger Hoffie ist selbstständiger Inkassounternehmer und “Problemlöser”, Sponsor der beiden letzten “Imperium”-Kampfsportevents und, obgleich mit Brinsa und Henze befreundet, angesichts seiner Verwicklung in über dreißig weitere Unternehmen offenbar eher Strohmann als tatsächlicher Veranstalter.

Eigentümer des Kohlrabizirkus ist seit fünf Jahren der Mainzer Immobilienunternehmer Wolfram Richter mit seiner WR Zweite Real Estate GmbH. Um die Vermietung an Veranstalter kümmert sich der örtliche “Funkhausshop”. In der ehemaligen Markthalle findet auch die jährliche “Tattoo Expo Leipzig” statt, die stets auch rechtes Publikum anzieht, sowie Flohmärkte, auf denen im großen Stil und ganz unverhohlen mit NS-Devotionalien gehandelt wird. Mit kampfsportgeeigneter Bestuhlung fasst der Kohlrabizirkus 1900 Personen.

Wer tritt an?

Für das “Imperium Fight Team” sollen Timo Feucht, Marcus Kottke, Marcel Bennewitz, Christian Lo Re und Mitveranstalter Christopher Henze auf die Matte steigen. Weitere Teilnehmer treten für die Vereine “La Onda Magdeburg” und “La Familia Halle” an, bei denen Brinsa einst trainierte, sowie für “Planet Eater Balingen”, dessen Betreiber Peter Sobotta mit Benjamin Brinsa seit Jahren befreundet ist.

Das Team “Battleholics Gera” schickt den Nazischläger Max Schlegel in den Ring. Den Leipziger Kampfsportclub KSK09 soll Konrad Dyrschka vertreten, der bereits an drei vergangenen “Imperium”-Turnieren teilnahm.

Rechte Hooligans

Am 11. Januar 2016 hatten, parallel zum rassistischen “Legida”-Aufmarsch, rund 250 Neonazis und rechte Hooligans den alternativen Stadtteil Connewitz angegriffen. Mit Fäusten, Steinen, Pyrotechnik, Messern und Äxten beschädigten sie zahlreiche Ladengeschäfte und verletzten drei Passanten. Zu den Angreifern gehörten zahlreiche Fans rivalisierender Fußballvereine, geeint vom Hass auf Linke, Antifaschisten und alternative Lebensweisen. Auch die “Imperium”-Teammitglieder Timo Feucht, Christopher Henze und Marcus Kottke wurden unter den Angreifern gesehen. Augenzeugen, die anonym bleiben wollen, beobachteten kurz darauf Benjamin Brinsa, wie er durch Connewitz fuhr und versprengte Kameraden einsammeln wollte.

Der Angriff auf Connewitz war der Höhepunkt einer ganzen Reihe rechter Straftaten. Am 17. Dezember 2015 wurden zwei, am 28. Dezember in einer koordinierten Aktion weitere dreizehn “links” aussehende Fahrzeuge in den Stadtteilen Connewitz, Plagwitz und Lindenau angezündet. Da alle in Brand gesteckten Fahrzeuge Wohnmobile und Kleinbusse waren, ist es nur dem Zufall zu verdanken, dass es keine Toten gab. In einem Fall nutzten die Täter einen silbernen Opel Corsa als Fluchtfahrzeug – das gleiche Modell fuhr einst einer der Schumer-Zwillinge, die nicht nur Neonazis, sondern auch langjährige Freunde von Benjamin Brinsa, Christopher Henze und Marcus Kottke sind.

Silvester 2015 tauchten an mehreren Stellen in Connewitz und der Südvorstadt Schmierereien auf: “Legida vs. Antifa. 100 gegen 100. Wann? Wo?” Auf die erhoffte Konfrontation mussten die Nazis bei ihrem Überfall auf Connewitz allerdings verzichten – die meisten landeten im Polizeikessel. Einen Tag zuvor, am Morgen des 10. Januar 2016, fiel das von Nazis der linken Szene zugeordnete “8 Weapons Gym” einer Brandstiftung zum Opfer. Zufall oder nicht: Das Gym befand sich im Kohlrabizirkus.

Wurzeln im gewaltaffinen Fußballmilieu

Nach Polizeiangaben waren an dem Angriff auf Connewitz 41 Personen aus dem Lok-Leipzig-Fanumfeld beteiligt, real sicher einige mehr. Viele davon dürften dem Umfeld der “Fanszene Lok Leipzig” zuzuordnen sein. Diese ist nicht etwa eine pluralistische Fangemeinde oder ein offizieller Fanclub, sondern ein seit 2010 bestehender Zusammenschluss der Fangruppen “Leipziger Jungs”, “Blue Caps” und “Scenario Lok”. Die beiden letztgenannten wurden vom sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz als “rechtsextrem” klassifiziert. “Scenario Lok” hat sich angeblich 2014 aufgelöst – mutmaßlich um einem Verbot zu entgehen –, die “Blue Caps” bereits 2011. Mitglieder von “Scenario Lok” waren u.a. Benjamin Brinsa und Christopher Henze sowie die bereits erwähnten Zwillinge Andreas und Dittmar Schumer. Kopf der “Blue Caps” war der langjährige NPD-Funktionär Enrico Böhm. Um die gemeinsame “Fanszene” tummelt sich ein Spektrum von unpolitischen und rechtsoffenen Fußballfans bis hin zu Neonazis.

"Fanszene Lok Leipzig" am 11. Januar 2016 bei Twitter, wenige Stunden vor dem Naziangriff in Connewitz
“Fanszene Lok Leipzig” am 11. Januar 2016 bei Twitter, wenige Stunden vor dem Naziangriff in Connewitz

Wenige Stunden bevor der Nazi-Mob in Connewitz wütete, drohte die “Fanszene Lok Leipzig” per Twitter einem Gegner des zeitgleich stattfindenden rassistischen Legida-Aufmarschs, ihn vor seiner Haustür abzufangen. Auch mit Brandanschlägen hat das Netzwerk nachweislich Erfahrung: Die Neonazis Thomas Kuhbach und Ivo Robert Mäuslein, beides langjährige Freunde und Weggefährten von Brinsa und Henze, versuchten am 20. April 2008 zusammen mit Enrico Wobst und dem NPD-Kommunalwahlkandidaten Kai Mose, das in einem Wohnhaus befindliche Vereinslokal “Fischladen” des Sportvereins Roten Stern Leipzig in Brand zu setzen. Kuhbach und Mäuslein waren auch am Nightliner-Angriff am 1. Mai 2008 beteiligt, zusammen mit mehreren “Blue Caps”-Mitgliedern.

Der “Fischladen” in der Wolfgang-Heinze-Straße liegt genau dort, wo der Nazimob am 11. Januar 2016 wütete. Wenige Tage später wurde Thomas Kuhbach dabei gesehen, wie er – möglicherweise auf der Suche nach neuen Angriffszielen – ein linkes Projekt im Leipziger Westen beschattete.

Gemeinsames Abendessen am 9. Oktober 2015, dem Vorabend der "Imperium Fighting Championship 3": Benjamin Brinsa, Tom Reiche, Marcel Bennewitz, unbekannt, Erik Walter, Christopher Henze, Marcus Kottke, Konrad Dyrschka, Timo Feucht, Thomas Kuhbach, Mario Hoffie. Foto: privat.
Gemeinsames Abendessen am 9. Oktober 2015, dem Vorabend der “Imperium Fighting Championship 3”: Benjamin Brinsa, Tom Reiche, Marcel Bennewitz, unbekannt, Erik Walter, Christopher Henze, Marcus Kottke, Konrad Dyrschka, Timo Feucht, Thomas Kuhbach, Mario Hoffie. Foto: privat.

Leugner und Lügner

Wenn der eigene Ruf und damit das Geschäft in Gefahr sind, greifen Brinsa und Henze oft zu unberechtigten Abmahnungen. So ließ Christopher Henze der “Leipziger Internetzeitung” im Herbst 2015 per einstweiliger Verfügung die Behauptung untersagen, er sei Mitglied der rechtsextremen Ultragruppe “Scenario Lok” gewesen. Das geht aus Gerichtsunterlagen hervor, die die “Imperium Fighting Championship” im Internet veröffentlichte. Zeitgenössische Artikel über “Scenario Lok” sprechen jedoch eine andere Sprache, dort wird Henze gar als Gründungsmitglied bezeichnet, ebenso wie Brinsa und die Schumer-Zwillinge.

Ebenso unglaubwürdig sind neuerliche Beteuerungen, das von Neonazis durchsetzte “Imperium Fight Team” und die gleichnamige Veranstaltung hätten nichts miteinander zu tun. Neben der Namensgleichheit und großen personellen Schnittmengen fällt auch die zeitliche Kontinuität zwischen der am 1. Juni 2014 begonnenen “Imperium”-Veranstaltungsreihe und den “Sachsen kämpft”-Turnieren 2012 und 2013 ins Auge. Diese wurden von Benjamin Brinsa und Christopher Henze organisiert und in den Berichten des sächsischen Landesamts für Verfassungsschutz erwähnt. Demzufolge war das Publikum “vorrangig” bzw. “nahezu in Gänze” der rechten Szene zuzuordnen.

Auch bei eigenen Veröffentlichungen legen die “Imperium”-Nazis nicht viel Wert auf die Wahrheit. Im März 2015 tauchte in sozialen Netzwerken ein gefälschtes Fahndungsplakat auf, das einen Journalisten der “Leipziger Internetzeitung” mit Namen und Foto als gesuchten Sexualstraftäter diffamierte. Brinsa war zunächst im Juli 2015 wegen übler Nachrede verurteilt worden, da er den Beitrag über seine Facebook-Seite verbreitet hatte. Später zeigte sich, dass Benjamin Brinsa das gefälschte Fahndungsplakat nicht nur geteilt, sondern selbst erstellt hatte. Im Rahmen der Ermittlungen durchsuchte die Polizei seine Wohnung und konnte Brinsas Handy mit der PIN “1488” entsperren – einem bei Neonazis beliebten Zahlencode, zusammengesetzt aus den “Fourteen Words” und den Anfangsbuchstaben von “Heil Hitler”.

Schon im Jahr 2012 hatte Benjamin Brinsa den selben Journalisten für kritische Veröffentlichungen verantwortlich gemacht. Im Dezember 2013 behauptete Brinsa sogar, dieser stehe auf einer Terrorwarnliste des FBI. Um dieselbe Zeit wurde der Journalist auf offener Straße zusammengeschlagen. Zwei Jahre später sollte sich das anscheinend wiederholen: Aus Brinsas im Sommer 2015 beschlagnahmtem Handy geht hervor, dass Brinsa mit seinem Geschäftspartner, dem Rechtsrockproduzenten Thomas Persdorf, und weiteren Neonazis erörterte, wie man an die Adresse des Journalisten gelangen könne. An dem Chat war auch Paul Rzehaczek beteiligt, der Vorsitzende der sächsischen NPD-Jugendorganisation “Junge Nationaldemokraten”.

Einschlägige Sponsoren

Die Liste der Sponsoren der “Imperium Fighting Championships” wird von Mal zu Mal länger. Hochkarätige Unternehmen sind kaum darunter, die meisten Förderer kennt man persönlich. Etwa die Sicherheitsfirma Pro GSL GmbH, deren Gesellschafter und ehemaliger Geschäftsführer Tobias Brendel beim Angriff auf Connewitz mit von der Partie war. Im April 2015 tauchte Brendel zusammen mit Nazi-Hooligans wie Kevin Dehn und Riccardo Sturm am Rande des Legida-Aufmarschs auf. Brendels Geschäftspartner, der gegenwärtige Pro-GSL-Geschäftsführer Oliver Riedel, wurde 2015 als “Sicherheitschef” der rassistischen “Legida”-Aufmärsche bekannt. Riedel trainiert beim KSK09, der mit Konrad Dyrschka einen Teilnehmer der “Imperium Fighting Championship 5” stellt. Die Pro GSL GmbH sponsort auch den KSK09.

Brendel und Riedel waren kürzlich Thema im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Ein Zeuge sagte dort aus, einer der beiden Männer habe einen Schlüssel zum Büro von Ralf Marschner gehabt. Weil der Zeuge Marschners Computer, auf dem später die Erkennungsmelodie des NSU gefunden wurde, in seinem Besitz hatte, habe Oliver Riedel ihn damals bedroht.

Die Pro GSL GmbH saß bis November 2014 in der Großen Fleischergasse 4. Dort befindet sich mit der “Metropolis Table Dance Lounge” ein weiterer “Imperium”-Sponsor. Diese Adresse, an der außerdem die “Haifischbar”, eine “Tattoo Lounge”, in die auch Tobias Brendel verwickelt ist, eine “Beauty Lounge” und die “Quadriga Gaststätten GmbH” sitzen, war in den vergangenen Jahren während der montäglichen Legida-Aufmärsche mehrfach Sammelpunkt gewalttätiger rechter Hooligans. Die Große Fleischergasse und der Legida-Auftaktort Richard-Wagner-Platz liegen nur wenige Meter entfernt. Zu einer solchen Hooligangruppe gehörte Augenzeugen zufolge am 6. Juni 2016 auch der “Imperium”-Sportler Timo Feucht.

Gruppe um Tobias Brendel (3.v.l.), Kevin Dehn (4.v.l.) und Riccardo Sturm (Mitte) im Umfeld des Legida-Aufmarschs am 20. April 2015. Foto: docu.media.
Gruppe um Tobias Brendel (3.v.l.), Kevin Dehn (4.v.l.) und Riccardo Sturm (Mitte) im Umfeld des Legida-Aufmarschs am 20. April 2015. Foto: docu.media.

Die Große Fleischergasse 4 wurde während der rassistischen Legida-Aufmärsche mehrfach von “Hells Angels” beschützt. Der Leipziger Ableger des Motorradclubs machten vor Kurzem Schlagzeilen, als Mitglieder am 25. Juni 2016 in der Eisenbahnstraße auf verfeindete “United Tribuns” schossen und eine Person töteten. Bei vergangenen “Imperium”-Kampfsportveranstaltungen waren Anhänger der “Hells Angels” gern gesehene Gäste. Der Kreis zwischen Legida, rechten Hooligans und Sympathisanten des Motorradclubs schließt sich, wenn man beispielsweise zwei Legida-Aufmärsche im September 2015 betrachtet. Am 14. September 2015 hatten sich rund 150 Neonazis, Hooligans und Legida-Anhänger vor einer Tabledance-Bar in der Dessauer Straße getroffen, unweit des damaligen Hells-Angels-Clubhauses, um von dort zum Legida-Startpunkt zu ziehen. Zwei Wochen später bedrohten Anhänger des Motorradclubs eine Kundgebung gegen Legida.

Ein weiterer Sponsor der “Imperium Fighting Championship V” ist die Securityfirma “Löwen Sicherheit”, die auch für die Erstliga-Fußballmannschaft RB Leipzig tätig ist. Das Unternehmen wird von der Stadt Leipzig protegiert, so sind die “Löwen” Mitglied des Vereins “Leipzig 2015 e.V.”, der vergangenes Jahr das 1000-jährige Stadtjubiläum ausrichtete. Daneben bewacht die Firma diverse Flüchtlingsunterkünfte. Inhaber Jörg Mokry ist der Bruder des Bereitschaftspolizisten Ralf Mokry und in Bezug auf Nazis manchmal etwas unaufmerksam.

Weitere Sponsoren sind u.a. das Videoportal fight24.tv, der “FKK Saunaclub Leipzig” und die Werbefirma Flyerkomet. Einzelne Unterstützer sind mittlerweile wieder von der Veranstaltungswebseite verschwunden, darunter “Higgen’s Boxclub” aus Berlin, dessen Co-Betreiber Hendrik Gabel ein rassistischer Reichsbürger und gut mit Mario Hoffie befreundet ist. Andere als Sponsoren angeführte Unternehmen, etwa die Holsten-Brauerei, finden sich nur auf dem Veranstaltungsplakat und nicht online. Dass mehrere Firmen und Läden aus dem Raum Wurzen, die zum Firmengeflecht um den Rechtsrock-Produzenten Thomas Persdorf gehören, nun erstmals nicht als Sponsoren und Vorverkaufsstellen auftreten, sieht mehr nach einer Verschleierungstaktik als nach einer Distanzierung aus.


Gegen die “Imperium Fighting Championship V” hat sich eine Kampagne formiert: Rechte Netzwerke zerschlagen!

Weitere Lesetipps zu dem erwähnten Firmengeflecht, Benjamin Brinsas Vergangenheit und Nazis im örtlichen Kampfsport:


Text zugesandt von: anonym