“TTA macht Hausbesuch im Antifa-Wohnprojekt in Leipzig-Connewitz” heißt ein halbstündiges Video, das im Dezember 2016 auf YouTube veröffentlicht wurde. Darin lassen sich zwei Männer mit Dreadlocks vom Berliner Neonazi und Reichsideologen Dennis Ingo Schulz und einem nicht erkennbaren Kameramann interviewen – angeblich auf dem Dachboden einer “Antifa-Zentrale” im Leipziger Stadtteil Connewitz.
“Wir sitzen hier mit zwei Linksradikalen bzw. zwei ehemaligen Linksradikalen”, beginnt der Kameramann, dies sei “ein fatales Signal an sämtliche Linke in Deutschland, die wahrscheinlich abkotzen werden”. Dem “Abkotzen” nahe ist währenddessen auch Dennis Ingo Schulz, der zu dem Zeitpunkt eigenen Angaben zufolge “schon fünf oder sechs Bier intus” hat. In der nächsten halben Stunde geht es ums Kiffen, Waffen und Hitler. Stolz präsentieren die beiden Interviewten ihre Waffensammlung – Streitaxt, Morgenstern, Pfeil und Bogen – “zur Selbstverteidigung gegen das widerliche Zeckenpack”.
Tatsächlich wurde das Video weder in Leipzig-Connewitz noch in irgendeinem “Antifa-Wohnprojekt” gedreht. Die beiden Interviewten sind auch nicht kürzlich “ausgestiegen”. Links im Bild sitzt Daniel Zwartek aus der nordsächsischen Stadt Oschatz, rechts Holger Kühn aus dem benachbarten Dahlen. Zwartek ist seit vielen Jahren als Neonazi bekannt. Holger Kühn ist der gegenwärtige Pächter des nahe gelegenen Naturbads Luppa.
Daniel Zwartek wurde tatsächlich in der linksalternativen Szene sozialisiert, fiel aber schon immer durch seine Nähe zu seltsamen Verschwörungstheorien auf. Wegen des Verkaufs von Marihuana wurde er einst zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Aus der Haft kehrte er als ordinärer Neonazi zurück. Das war spätestens im Jahr 2008, seitdem nimmt er an Aufmärschen und NPD-Veranstaltungen teil und ist Anhänger wirrer Verschwörungstheorien. Und obwohl das Interview, in dem er einen “Ansgar-Aryan”-Pullover trägt, nicht in Connewitz aufgezeichnet wurde, war Daniel Zwartek im vergangenen Jahr dort: am 11. Januar 2016 gehörte er zum 250-köpfigen Nazi-Mob, der den Stadtteil überfiel, zahlreiche Geschäfte beschädigte und mehrere Personen verletzte. Dabei war auch sein jüngerer Bruder Andre Zwartek, der früher ebenfalls der linksalternativen Szene angehörte.
Ein Teil von Zwarteks altem Freundeskreis vollzog sehr schnell einen ähnlichen Weg, darunter neben Holger Kühn auch Markus Molowitz und Robert Gaulke geb. Sickert. Molowitz wohnt in Oschatz und dealt mit Marihuana. Robert Sickert ist 2012 mit seiner späteren Frau Claudia Gaulke nach Erfurt gezogen und hat bei der Hochzeit ihren Nachnamen angenommen. Er besucht regelmäßig Naziaufmärsche und Nazikonzerte.
Neonazis mit Dreadlocks sind nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Die religiöse und spirituelle Konnotation der Frisur stößt in rechten Kreisen durchaus auf Gegenliebe. Einen aussagekräftigen Einblick in die Gedankenwelt der nordsächsischen Dreadlock-Nazis bietet ein Dialog im oben erwähnten Interview ab Minute 18:45:
Holger Kühn: “Adolf Hitler war ein Vegetarier. Das kann kein schlechter Mensch gewesen sein.”
Daniel Zwartek: “Adolf Hitler ist der wiedergeborene Jesus. Unser Messias ist Adolf Hitler!”
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