Am Donnerstag und Freitag, dem 7. und 8. Dezember 2017, treffen sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière und die Innenminister der sechzehn Bundesländer in der Kongresshalle am Zoo in Leipzig. Aus diesem Anlass ruft das Bündnis “Kampf der inneren Sicherheit!” zu einer Demonstration am Donnerstag, dem 7. Dezember, auf. Beginn ist 17 Uhr am Leipziger Hauptbahnhof.
Das Aktionsnetzwerk “Leipzig nimmt Platz” hat zudem unter dem Motto “Wir sind grundsätzlich unverdächtig!” zwei Kundgebungen angemeldet, ebenfalls am Donnerstag ab 17 Uhr:
- Pfaffendorfer Straße Ecke Parthenstraße
- Pfaffendorfer Straße Ecke Ernst-Pinkert-Straße
Dass Leipzig der richtige Ort für das Treffen der Innenminister ist, soll folgende unvollständige Liste an Repressionsmaßnahmen verdeutlichen, die ein völlig anderes Bild der angeblichen liberalen und auf bürgerliche Freiheiten setzenden Stadt malt:
- Am 10. April 1996 startet in Leipzig ein Pilotprojekt zur polizeilichen Videoüberwachung öffentlicher Straßen und Plätze. Es werden die ersten derartigen Kameras in der Bundesrepublik sein.
- Während des Wahlkampfs um den Posten des Oberbürgermeisters werden in den Jahren 2012 und 2013 zahlreiche sogenannte “Komplexkontrollen” durchgeführt, abgesegnet vom Polizeipräsidenten und Landespolizeipräsidenten (beide CDU).
- Im Februar 2014 richten die Stadt Leipzig und die Polizei einen Polizeiposten in der Wiedebach-Passage ein – ohne jegliche Funktion, als politisches Symbol gegen Connewitz.
- Immer wieder fällt die Leipziger Polizei mit politischen Kampagnen gegen linke Strukturen auf. Dabei werden regelmäßig Falschaussagen verbreitet, etwa zur Rechtfertigung eines illegalen polizeilichen Angriffs mit gesundheitsgefährdenden Chemikalien auf Demonstrierende, zur willkürlichen Bezichtigung von Fußballfans als vermeintliche “kriminelle Vereinigung”, durch tendenziöse und falsche Bewertungen eines sexuellen Übergriffs in Connewitz oder oder durch das Herbeireden von “Polizeirassismus”, womit man nicht das oft zu beobachtende eigene rassistische Gebaren meint.
- Nach einer spontanen Demonstration im Januar 2015 werden Menschen in der Leipziger Braustraße eingekesselt und dabei 150 Telefone beschlagnahmt.
- Bei Protesten gegen einen Neonaziaufmarsch am 12. Dezember 2015 werden 78 Patronen abgelaufenes CS-Gas eingesetzt. Wie viele es insgesamt waren, ist nicht bekannt. Zum Vergleich: In Hamburg wurde bisher bekannt, dass zum G20-Gipfel im Juli 2017 in 67 Fällen der Beschuss mit der Mehrzweckpistole “MZP 1” erfolgte, die auch CS-Gas verschießen kann.
- Wegen eines Texts auf linksunten.indymedia.org wird für Silvester 2015 ein Versammlungsverbot in Connewitz erlassen.
- In den vergangen Jahren wurden in Leipzig mindestens fünf Verfahren nach § 129 gegen linke Strukturen eröffnet.
- Am vergangenen Wochenende blockierte die Bereitschaftspolizei die Eingänge mehrerer Wohnhäuser, um eine Party zu verhindern.
- Heute kündigt die Leipziger Polizei an, in Leipziger Straßenbahnen zukünftig “Komplexkontrollen” durchzuführen.
- Auf dem Gelände der Bereitschaftspolizei in Leipzig entsteht zur Zeit ein Abhörzentrum der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und Thüringen.
- Eine ältere Chronik zu Repression in Leipzig findet sich auf inventati.org/leipzig.
Das Treffen
Einige Tagesordnungspunkte der Innenministerkonferenz in Leipzig wurden bereits veröffentlicht. So möchte der sächsische Innenminister Markus Ulbig nach Syrien und Libyen abschieben dürfen und endlich stärker gegen Fußballfans vorgehen. Außerdem soll über den G20-Gipfel in Hamburg gesprochen werden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière wünscht sich, Hersteller digitaler Geräte zum Einbau von Hintertüren verpflichten zu können, um Wohnungen und Autos leichter überwachen zu können.
Bei der letzten Innenministerkonferenz im Juni 2017 in Dresden standen u.a. folgende Punkte auf der Tagesordnung:
- TOP 6: Reform der Dublin-III-Verordnung
- TOP 9: Schaffung landesrechtlicher Voraussetzung für die Schleierfahndung in allen Ländern
- TOP 14: Verbot der politischen Betätigung von Ausländern nach § 47 Aufenthaltsgesetz
- TOP 15: Rückführung nach Afghanistan
- TOP 27: DNA-Phänotypisierung
In Leipzig macht Polizeipräsident Bernd Merbitz seit Wochen Stimmung gegen linke Strukturen, mit einem entsprechenden Polizeiaufgebot bei den Demonstrationen am Donnerstag muss gerechnet werden. Währenddessen geht der Repressionsausbau in der Stadt weiter. So werden in Leipzig Polizist_innen im Rahmen eines Pilotprojektes mit “Bodycams” ausgestattet. Auf Bundesebene wurde dies bereits im März 2017 flächendeckend erlaubt. Weiterhin hat sich die Leipziger Polizei mit Software zur Prognose von Straftaten ausgestattet.
Wie haben andere Städte auf die Innenministerkonferenz reagiert?
Text zugesandt von: anonym