“[Der] Gebäudekomplex Dresdener Strasse 40 in Wurzen hat für eine halbe Million den Besitzer gewechselt. Das Grundstück beinhaltet Spielothek, Pension, Konzerthalle, Bar und Diskothek, ca. 16.000 Quadratmeter Freifläche und riesige Lagerhallen. Käufer sind Benjamin Brinsa (Stadtratskandidat Neues Forum Wurzen), Michael Beresan, Aws Sitto, Thorsten Richter.” – so zitierte die taz im August 2019 eine anonyme Nachricht. Während die Zeitung den Kauf nicht eindeutig belegen konnte, sprachen doch alle Indizien dafür. Und nicht wenige LeserInnen fragten sich, wer die neuen Eigentümer eigentlich sind.
Benjamin Brinsa (geboren am 15.8.1989) ist als Neonazi, Hooligan und Kampfsporttrainer bekannt – und wurde im Mai 2019 tatsächlich über die Liste des rechtspopulistischen “Neuen Forums” in den Wurzner Stadtrat gewählt. Brinsa hat gute Kontakte zu den “Hells Angels”, die weltweit durch organisierte Kriminalität auffallen. Mehrfach gab Benjamin Brinsa an, arbeitslos zu sein bzw. Arbeitslosengeld II zu beziehen. Dennoch prahlt er mit Reisen und teuren Autos – und posiert mit kleinen und großen Schusswaffen.
Thorsten Manfred Richter (geboren am 14.1.1977 als Thorsten Krzemin) war einst Leiter der bayrischen “Blood&Honour”-Sektion und bis 2013 Geschäftsführer des Neonazi-Versandhandels “Front Records”. Ihm gehören weitere Häuser in Wurzen, darunter die Dresdener Straße 33 und 39 sowie die Kantstraße 7 und 28. Richter wird nachgesagt, Geld mit organisierter Kriminalität zu verdienen, etwa mit dem Handel illegalisierter Drogen. Denkbar wäre, dass hier Neonazi-Geschäfte mit Drogengeld aufgebaut wurden – oder umgekehrt. Die mutmaßlich von Thorsten Richter betriebene “Bar Napoles” in der Jacobsgasse 18, 04808 Wurzen ist offenbar nach dem Anwesen des Drogenhändlers und Terroristen Pablo Escobar benannt.
Michael Beresan (geboren am 3.3.1993) ist Mitgründer und Gesellschafter der “Willsons KG”. Die Firma betreibt das Barbecue-Restaurant “Willsons” in der Bornaischen Straße 1a, 04277 Leipzig – direkt am Connewitzer Kreuz, mitten im linksalternativ geprägten Stadtteil Connewitz. Ebenso wie den Mitgesellschaftern Jonathan A. und Niclas P. gehört ihm ein Fünftel des im April 2018 gegründeten Unternehmens. Geschäftsführer Willy R. betreibt zudem einen Spätshop im Leipziger Zentrum-West. Im “Willsons” wurde mehrfach auch Thorsten Richter gesehen.
Aws Sitto (geboren am 13.5.1991) betreibt ein Gewerbe als Spielautomatenaufsteller und ist dem Umfeld der “White Lions” zuzuordnen. Diese “Streetgang” wollte im Frühjahr 2019 eine Shisha-Bar in Leipzig-Connewitz eröffnen. Ein Angriff mit Teerfarbe verzögerte dies. Ein Bekennerschreiben behauptet, dass die Gruppierung ihr Geld “hauptsächlich mit organisierter Kriminalität” verdiene, insbesondere “mit der Versklavung von Frauen* durch Zuhälterei und die Unterhaltung von Bordellen”.
Wie die taz weiter schreibt, will Benjamin Brinsa in der Dresdener Straße 40 möglicherweise ein Fitness- oder Kampfsportstudio eröffnen. Gleichzeitig formieren sich in Wurzen junge, gewaltbereite Neonazis, etwa in der “808 Crew”. Sie verüben rassistische Gewalt und verbreiten Propaganda, ihre Taten werden nicht oder nur schleppend aufgeklärt. Passend dazu trat im “Eventwerk Wurzen” (vormals “Puls”), das sich in dem erworbenen Gebäudekomplex befindet, im August 2019 die neonazistische Möchtegern-Hooligan-Band “Kategorie C” auf. Das Geburtstagskind Benjamin Brinsa machte dabei eine Ansage auf der Bühne.
Für ein Milieu aus Kriminellen und Neonazis, das sich über Geld und Macht definiert, sind Leipzig und Wurzen anscheinend gute Rückzugsräume.
Weitere Lesetipps über Neonazis und ihre Geschäfte in Wurzen und Leipzig, über Benjamin Brinsa, Thorsten Richter und Kampfsport:
- Die rechten Schläger von Mallorca und ihre Netzwerke (Juni 2019)
- Endstation Mallorca: Leipziger Neonazis nach Angriff verhaftet (Juni 2019)
- Wurzen: Altbekannte Nazis und neue Verstrickungen (September 2017)
- Messer, Schlagstock, Sturmhaube: Gewalttätige Lok-Leipzig-Hooligans auf Tour (November 2016)
- “Imperium Fighting Championship”: Rechte Kampfsportveranstaltung im Leipziger Süden (August 2016)
- Das Imperium kehrt zurück (Oktober 2015)
- Geschäftstüchtige Nazis und ihre Freunde im Muldental und in Leipzig (März 2015)
- Das “Front Records”-Imperium in Sachsen – Bestandsaufnahme eines Neonazi-Netzwerks (Juli 2012)
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