Am Abend des 21. Dezember 2019 fand laut Lokalpresse in Machern, Ortsteil Gerichshain (Landkreis Leipzig) eine “Familienfeier” statt, in dessen Verlauf ein 20-Jähriger und ein 39-Jähriger ums Leben kamen.
Schon am nächsten Tag wurde bekannt, dass es sich bei dem jüngeren der beiden um den Fußballspieler Pascale Gaedke (20) handelt, einen ehemaligen Torwart des 1. FC Lokomotive Leipzig, der zuletzt beim SV Liebertwolkwitz spielte. Nicht erwähnt wurde, dass der 39-Jährige Tote, Stefan “Aui” Auerbach aus Brandis, der organisierten Neonazi-Szene angehörte und dass das Gelände, auf dem die Feier stattfand, in Verbindung mit der rechten Hooliganszene steht.
Unter diesen Umständen ist es notwendig, die Geschehnisse in Gerichshain näher zu beleuchten und die vermeintliche “Familienfeier” als das zu bezeichnen, was sie offenbar war: eine Zusammenkunft der extrem rechten Szene.
So verkündete das europaweit agierende Neonazi-Musiklabel “PC Records” am Tag nach den tödlichen Ereignissen: “Am 22.12.2019 trat unser Freund und Kamerad Aui durch einen tragischen Unfall mit nur 39 Jahren aus dem Leben (…) Deine Familie & Kameraden trauern um Dich! (…) Stefan Auerbach!!HIER!! Auch im Laden können ab sofort Spenden abgegeben werden. Diese gehen direkt an die Familie!” Mit “Laden” ist das Ladengeschäft von “PC Records” im Chemnitzer Fritz-Heckert-Gebiet gemeint. Hinter dem Label steckt der umtriebige, dem verbotenen “Blood & Honour”-Netzwerk angehörende Neonazi Yves Rahmel.
Eine weitere, im selben Stil verfasste Trauerbekundung ruft zu Spenden zur finanziellen Unterstützung der Hinterbliebenen auf. Das dort angegebene PayPal-Konto führt zu Mette Michalak. Sie ist die Lebensgefährtin von Volker Herbst, der der Kameradschaft “Bootboys Riesa” angehört und in der Riesaer Rechtsrock-Band “Selbststeller” das Schlagzeug spielt. Bezüge zur Neonazi-Musikszene finden sich auch mehrfach bei Stefan Auerbach. So zeigte er sich u.a. in Merchandise-Artikeln der Neonazi-Bands “Abtrimo” und “Die Lunikoff Verschwörung”.
Auch die von Rechtspopulisten und Neonazis gebildete Gewerkschaft “Zentrum Automobil”, die in Auerbach einen “Mitstreiter” verlor, kondolierte. Gesicht der Gewerkschaft ist Oliver Hilburger, der als Mitglied der Neonazi-Band “Noie Werte” ebenfalls kräftig im Rechtsrock-Milieu mitmischte. Für “Zentrum Automobil” saß Auerbach im Betriebsrat des Leipziger BMW-Werks.
Pascale Gaedke und Stefan Auerbach starben in den Morgenstunden des 22. Dezember 2019 in einem Swimmingpool, in dem laut Presseberichten gefrorenes Kohlenstoffdioxid in Form von “Trockeneis” zum Einsatz kam. Das Gas führt bei zu hoher Konzentration zu Atembeschwerden und Bewusstlosigkeit.
“Im Rahmen einer Feierlichkeit auf einem Privatgrundstück nutzten mehrere Personen einen dort befindlichen Swimmingpool. Dabei sind zwei Personen (m 20, m 39) verstorben”, so die Staatsanwaltschaft Leipzig einen Tag nach dem Vorfall. Bilder des Tatorts zeigen hingegen das Firmengelände des Bauunternehmens Schmölling in der Leipziger Straße 2, 04827 Gerichshain.
Auf dem Gelände befindet sich allerdings auch ein Privatgrundstück. Dort ist u.a. der 1978 geborene Neonazi Eric Schmölling gemeldet, der ebenfalls als Straßen- und Tiefbauer tätig ist. Der kandidierte im Jahr 2009 nicht nur für die NPD zur örtlichen Stadtratswahl, sondern war auch unter den rund 50 Neonazi-Hooligans, die am 24. Oktober 2009 Spieler und Fans des Roten Stern Leipzig im Nachbarort Brandis überfielen. Eric Schmölling ist auch der Neonazi-Kameradschaft “Terrorcrew Muldental” zuzuordnen. Bereits im Jahr 1994 soll er an einem Neonazi-Überfall beteiligt gewesen sein.
In einem Videobeitrag zu dem tödlichen Unfall ist zudem ein auf dem Grundstück parkendes Auto zu sehen, dessen Nummernschild den neonazistischen Code “1488” beinhaltet. Dies bekräftigt die Annahme, dass an der Feier noch weitere Neonazis teilnahmen.
Mit dieser Veröffentlichung möchten wir einmal mehr auf die Verstrickungen des Fußball-Regionalligisten 1. FC Lokomotive Leipzig mit der organisierten Neonazi-Szene hinweisen und Medienberichten widersprechen, die von einer “normalen Feierlichkeit” sprechen. Auch wenn die Feier tödliche Folgen hatte und die Presse dementsprechend sensibel berichtet, muss eine Einordnung stattfinden. Schließlich geht es in dem Zusammenhang um Aktivitäten der extremen Rechten und ihnen zur Verfügung stehende Immobilien.
Zudem kursieren weitere Spendenaufrufe für Stefan Auerbach, in denen keine Rede von einem “Kameraden” ist, sondern der Leser_innenschaft nur mitgeteilt wird, dass ein Familienvater tragisch ums Leben kam. Ein solcher Spendenaufruf kursiert etwa im Fanumfeld der SG Dynamo Dresden. Diesen Irreführungen möchten wir mit dieser Veröffentlichung entgegnen.
Ergänzung am 7. Januar 2020: Auerbach wohnte in Brandis und saß für “Zentrum Automobil” im Betriebsrat des Leipziger BMW-Werks.
Text zugesandt von: anonym