In Dresden haben Nazis ihre für heute geplante Kundgebung kurzfristig abgesagt. Erstmals seit vielen Jahren wird es damit am 13. Februar voraussichtlich keine Naziveranstaltung in der Landeshauptstadt geben.
Ursprünglich sollte die „Trauerkundgebung“ anlässlich des Jahrestages der Bombardierung der Stadt um 18 Uhr vor der Frauenkirche stattfinden. Der gewünschte Standort wurde angesichts zahlreicher Gegenanmeldungen und der „Bannmeile“ des sächsischen Versammlungsgesetzes nicht genehmigt. Noch gestern Nachmittag hatte das traditionell versammlungsfreundliche Oberverwaltungsgericht Bautzen den Nazis die Möglichkeit eingeräumt, ihre Kundgebung einige Stunden vorzuverlegen und im Gegenzug in der Altstadt stehen zu dürfen. Der Vorschlag wurde nicht angenommen.
Um die 350 Nazis bei Vorabend-„Gedenkmarsch“
Stattdessen trafen sich gestern gegen 18 Uhr auf dem Dresdner Theaterplatz nach Polizeiangaben zwischen 350 und 500 Nazis, sie selbst sprechen von „mehr als 500 Teilnehmern“. Sie entzündeten Fackeln und marschierten durch die Altstadt, inklusive einer Kundgebung am „Trümmerfrau“-Denkmal vor dem Rathaus. Nach fast vier Stunden endete der Aufmarsch am Wiener Platz vor dem Hauptbahnhof mit der Vorführung eines geschichtsrevisionistischen Propagandafilms und dem Absingen der ersten Strophe des Deutschlandliedes („Deutschland, Deutschland, über alles“).
Zeitgleich waren zwar Gegendemonstrant_innen in deutlicher Überzahl aktiv, „Dresden Nazifrei“ geht von 1000 aus. Die Polizei räumte aber mehrere Blockaden unter Gewalteinsatz, griff einen Lautsprecherwagen an und bahnte so den Nazis, die nur durch lockeres Spalier begleitet wurden, den Weg durch Dresden. Die Anmeldung für den Marsch, eigentlich vorgesehen für lediglich 50 Personen, war kurzfristig beim Dresdner Ordnungsamt eingegangen, die Stadtverwaltung hielt die geplante Route geheim.
Von den Nazis ist nur noch ein Zwanzigstel übrig
Angesichts des unverhofften Erfolgs haben die Nazis ihre Vorabend-Aktion zur Ersatzveranstaltung aufgeblasen und feiern sie nun als „ehrenhaftes Totengedenken“, mit dem man „zum Ursprung unseres Gedenkens“ zurückgekehrt sei. Das Ausweichen auf den Vortag begründeten die Organisatoren um den Nazi Maik Müller indes mit der Sorge um die „Unversehrtheit unserer Teilnehmer“ – und der sicheren Blockade der ursprünglich für heute 18 Uhr am Dresdner Hauptbahnhof geplanten Kundgebung.
Tatsächlich waren am Mittwoch noch weniger Nazis unterwegs als im vergangenen Jahr, das bisher als Tiefpunkt der extrem rechten Mobilisierung galt: Der gestrige Ersatz-„Trauermarsch“ wurde zwar nicht verhindert, seine Größe ist mit lediglich 350 Personen aber auf nicht viel mehr als ein Zwanzigstel der Größe jener Aufmärsche zusammengeschrumpft, die infolge des 13. Februar 2005 sowie des 14. Februar 2009 den Mythos vom „größten Naziaufmarsch Europas“ nährten.
Weitere Naziaktionen nicht ausgeschlossen
Gestern Nacht haben sich an der Frauenkirche außerdem etwa 15 Salonfaschisten und „Identitäre“ um Felix Menzel getroffen, um dort eine eigene Gedenkveranstaltung zu inszenieren. Für heute Nachmittag rufen Nazis dazu auf, zivilgesellschaftliche Proteste zu infiltrieren. Vermutlich handelt es sich um eine eher verzweifelt wirkende Finte, ersonnen in offenkundiger Absicht, Anti-Nazi-Aktionen zu spalten und gegeneinander aufzubringen.
Bereits in Kürze werden mehrere tausend Teilnehmer_innen beim „Mahngang Täterspuren“ erwartet, der gegen 18 Uhr enden soll – dann und dort, wo die Nazikundgebung beginnen sollte. Über aktuelle Entwicklungen und mögliche Ansammlungen von Nazis wird aktuell berichtet.
Eine neue Nazianmeldung liegt für heute Abend 20 Uhr vor, allerdings in Berlin. Dort will sich die Splitterpartei „Die Rechte“ vor dem Brandenburger Tor treffen. Ferner ist davon auszugehen, dass die Nazis noch einige Tage ihre „Aktionswoche“ zum 13. Februar in verschiedenen Orten fortsetzen werden, die Begleitaktionen fielen aber bisher ausgesprochen niedrigschwellig aus. Am Sonnabend soll schließlich ein Aufmarsch im tschechischen Karlovy Vary stattfinden, bei dem mit der Anreise etlicher deutscher Nazis gerechnet wird.
Sachsens Nationalsozialdemokraten
Die mit Abstand dümmste „Protest“-Aktion anlässlich des 13. Februar leistet sich derweil die sächsische SPD. Deren Landes- und Fraktionsvorsitzender Martin Dulig verbreitete gestern auf „Twitter“ ein Plakatmotiv mit der Aufschrift „Heimat schützen! Miteinander gegen Nazis“. Das Plakat zeigt neben Dulig die Fraktionskollegin und Jesse-Schülerin Hanka Kliese sowie Henning Homann.
Warum ein Aufruf zu „Heimatschutz“ problematisch ist, sollte zumindest Homann wissen, der sich als „Rechtsextremismusexperte“ seiner Partei bezeichnet und stellvertretendes Mitglied im NSU-Ausschuss des Sächsischen Landtages ist.
- Siehe auch: Berichte bei addn.me hier und hier
- Fotos in diesem Beitrag: woschod.de / SPD
Text zugesandt von: anonym.