Hausdurchsuchung: Allein, machen sie uns ein.

Foto aus der NIKA Bremen: Broschüre.

Die letzte, uns bekannte Hausdurchsuchung bei Genoss*innen in Leipzig fand am 15. Juni 2022 in Connewitz statt. In einem Text des Solidaritätsbündnis Antifa Ost (SAO) zu dieser Hausdurchsuchung heißt es:

Erfreulich an diesem düsteren Tag war, dass sich innerhalb kurzer Zeit viele Unterstützer:innen einfanden, welche die vollen 8 Stunden ausharrten, um mit Musik, Transparenten, Reden und schlicht mit ihrer Anwesenheit Kraft gespendet haben.

Die konkrete Anwesenheit von Unterstützer*innen wird folglich von Betroffenen von Hausdurchsuchungen nicht nur wahrgenommen, sondern kann auch situativ Kraft spenden. Entsprechend ist es eine wichtige und solidarische Praxis, die es fortzusetzen, zu intensivieren und perspektivisch besser zu koordinieren gilt. Uns sollte bewusst sein, dass weitere Hausdurchsuchungen folgen werden, teilweise auch parallel zueinander. Hierfür sollten und können wir uns in unseren jeweiligen Kontexten vorbereiten.

In diesem Text geht es konkret darum, was aus unserer Sicht zu tun wäre, wenn Hausdurchsuchungen stattfinden und nicht ihr oder eure konkrete Gruppe davon betroffen seid, sondern Genoss*innen aus linken Kontexten oder Menschen in eurem Stadtteil.

Vor-Absprachen in eurer Gruppe I: Wie erfahrt ihr von der Hausdurchsuchung

Sprecht euch in euren Gruppen ab, wie ihr untereinander kommuniziert, wenn ihr von Hausdurchsuchungen in der Stadt erfahrt: Etabliert Meldeketten, klingelt beieinander, ruft euch an oder vereinbart etwas, was für euch in Frage kommt. Zentral ist, dass möglichst viele von euch, möglichst frühzeitig von etwaigen Hausdurchsuchungen erfahren, um:

  • gegebenenfalls vor Ort unterstützen zu können,
  • weiteren Personen Bescheid zu geben,
  • mit den zur Verfügung stehenden und bestätigten Informationen an die Öffentlichkeit zu gehen (via Indymedia oder euren Social-Media-Kanälen).

Infos verbreiten, Spekulation vermeiden

Über den gesamten Verlauf der Hausdurchsuchung(en) gilt, möglichst breit über diese und das Verhalten der Cops auf den zur Verfügung stehenden Kanälen zu informieren und Personen zu animieren, sich solidarisch zu zeigen und vor Ort zu unterstützen. Jedoch sollte es vermieden werden, Spekulationen anzustellen, Aussagen der Behörden 1 zu 1 zu übernehmen, sowie diese und andere Gerüchte zu verbreiten. Damit ist keiner Person geholfen, weder Unterstützer*innen vor Ort, noch den Betroffenen selbst.

Vor-Absprachen in eurer Gruppe II: Organisiert notwendiges im Vorfeld

Wir können auf Hausdurchsuchungen vorbereitet sein, auch als Unterstützerinnen. Wie im Text des SAO angemerkt, waren Personen mit “Musik, Transparenten, Reden” vor Ort. Das alles lässt sich vorbereiten. Erstellt im Vorfeld eine Playlist mit passenden Songs, aber auch Stücken, die ihr gerne hören würdet, wenn ihr betroffen von Hausdurchsuchungen wärt. Solche Songs, die euch in der Situation Kraft geben würden, könnt ihr auch in euren Zusammenhängen teilen, dann wissen eure Genoss*innen, was zu spielen ist, falls ihr einmal betroffen sein solltet.

Schreibt als Einzelpersonen oder als Gruppe Redebeiträge, die sich mit Hausdurchsuchungen befassen und an die Betroffenen wenden, aber auch an die Anwohner*innen oder die anwesenden Cops. In diesen Beiträgen könnt ihr, je nach Adressatin, eure Anteilnahme und Solidarität ausdrücken, aber auch eure Wut und euren Hass. Aber sie können auch informativ an die Nachbar*innenschaft gewandt sein, um diese für das Vorgehen der Repressionsbehörden zu sensibilisieren.

Ihr könnt im Vorfeld zudem thematische Transparente anfertigen und zu Hausdurchsuchungen mitbringen. So helfen diese nicht nur den Unterstützer*innen vor Ort vor Blicken und Videoaufnahmen der Cops, sondern auch vor Fotos der Presse. Zugleich machen sie Passant*innen und andere vorbeikommende Personen darauf aufmerksam, was hier gerade passiert.

Zum notwendigem Material, was es im Vorfeld zu organisieren gilt, sodass es schnell verfügbar ist, gehört auch Technik. Mindestens eine Box, mit welcher über den Zeitraum der Hausdurchsuchung Lieder abgespielt werden können. Aber auch ein Mikro sollte anschließbar sein, um Redebeiträge verlesen zu können. Letzteres wäre aber auch mit einem Megaphone machbar. Überlegt, wo ihr so etwas herbekommen bzw. anfragen könntet und holt es euch, wenn es gebraucht wird.

Als Unterstützer*innen vor Ort Vor Ort gilt es bei einer Hausdurchsuchung auf diese aufmerksam zu machen und zu schauen, wie die Betroffenen unterstützt werden können. Ein wichtiger Punkt ist heraus zu finden, ob Anwält*innen vor Ort sind. Ist das nicht der Fall, versucht das zu organisieren.

Entsprechendes Equipment für eine solidarische Begleitung habt ihr bestenfalls. Entkoppelt davon empfiehlt es sich, mit anderen Anwesenden abzusprechen, was alle gerade bereit wären zu geben. Ist es erst einmal nur Dasein und vielleicht Transparente halten; ist es je nach Lage und Ausstattung auch der Einsatz von Musik und Reden; sind es eventuell auch abgesprochene und laute Sprechchöre.

Etwaige Sprüche für die Sprechchöre könnten im Vorfeld gesammelt und bestenfalls ausgedruckt mitgebracht werden. So muss nicht lange überlegt werden, was gerufen werden könnte, sondern es gäbe bereits Vorschläge.

Über den Tag hinweg gilt vor Ort: Keine Gespräche mit der Presse, keine Gespräche mit Cops. Vor allem letztere sind unsere Feinde! Haltet Ausschau nach auffälligen Fahrzeugen und notiert euch die Kennzeichen, notiert euch bestenfalls auch die Kennzeichen der Zivilfahrzeuge der Cops.

Fotografiert gegebenenfalls auffällige Personen im Umfeld, die möglicherweise Cops in zivil sind. Sprecht die Menschen an, bei denen ihr denkt, es könnten “Zivis” sein. Bevor ihr diese Bilder jedoch irgendwo veröffentlicht, gilt es vorher zu prüfen, ob es nicht doch solidarische Anwohner*innen oder Genoss*innen sind. Sprecht daher unbedingt mit linken Strukturen, bevor Menschen leichtfertig als “Zivis” geoutet werden. Teilt nicht einfach ungeprüft “Outings” von “Zivis”, oft genug wurden Falschmeldungen verbreitet.

Was auch wichtig ist!

Kommt zum Ort der Hausdurchsuchung, auch wenn ihr nur kurz Zeit habt. Je mehr wir sind, desto eher können wir vor Ort agieren und unsere Solidarität artikulieren, ohne uns von den Cops einschränken und einschüchtern lassen zu müssen. Zudem ist es auch gerne gesehen, wenn solidarischen Personen Getränke oder Essen vorbeigebracht wird, gerade wenn die Hausdurchsuchungen über viele Stunden dauern. Dies kann jederzeit geschehen und nimmt nicht viel Zeit in Anspruch, ist aber ein ebenso wichtiger und solidarischer Akt. Dies gilt auch für (Geld)Spenden, denn jede Durchsuchung geht mit “Beschlagnahmungen” und Zerstörungen einher. Wartet nicht bis zu nächsten Soli-Aktion. Denkt daran, wie es euch gehen würden, wenn Laptop, Handy, Router, etc. mitgenommen und Sachen in eurer Wohnung zerstört werden.

Am Ende der Hausdurchsuchung

Wenn die Soli-Aktion der Unterstützer*innen bei einer Hausdurchsuchung beendet wird, geht nicht sofort, sondern fragt, ob ihr gegebenenfalls helfen könnt, sei es beim Aufräumen oder Abtransport des genutzten Materials oder anderem.

Koordination bei parallel stattfindenden Hausdurchsuchungen

Sollte es zeitgleich mehrere Hausdurchsuchungen im Stadtteil / der Stadt geben, ist mehr Kommunikation untereinander erforderlich. Was wird wo noch gebraucht, wo stehen Menschen, wo überhaupt nicht? Gibt es überall Anwält*innen? Eine solidarische Begleitung mehrerer Hausdurchsuchungen gelingt uns mit einem höheren Grad der Organisierung, Vorbereitung auf diese Form der Repression und der Kommunikation untereinander.

Danach: Politische Antworten

Hausdurchsuchungen sind staatliche Angriffe auf Bewohner*innen des Stadtteils, linker Strukturen und Personen. Sie bedürfen einer politischen Antwort und sollten nicht einfach hingenommen werden. Eine Reaktion auf der Straße ist wünschenswert, zeigt den Betroffenen, dass sie nicht alleine sind und macht deutlich, dass wir nicht ohnmächtig den Repressionsbehörden ausgeliefert sind. Ob die Reaktion immer noch am selben Tag erfolgt oder etwas später, liegt letztendlich an uns allen.

An unserer Vorbereitung, Organisierung, Spontanität, schlicht unserer Solidarität mit den Betroffenen. Die Vielzahl an Hausdurchsuchungen der letzten Jahre in Leipzig macht jedoch deutlich, dass es sinnvoll ist, sich schon auf zukünftige vorzubereiten. Wartet nicht darauf, dass andere Menschen alles vorbereiten, organisieren und die Verantwortung übernehmen, sondern überlegt, was ihr euch wünschen würdet und zu einer politischen Antwort auf ihre Repression beitragen könnt.

United we stand. Divided we fall.


Text zugesandt von: anonym

Rechte Umtriebe in Leipzig und Umgebung: Ein Überblick im Juli 2022

Ben Heller (weinrotes Poloshirt), Leopold Böhm (schwarze Trainingsjacke) und Pascal Lohse (blaues T-Shirt) beim Naziaufmarsch am 1. Mai 2022 in Zwickau. Foto: Pixelarchiv.

Nazi-Aktivitäten gehören zum Alltag in der Region Leipzig. Davon zeugen eine Vielzahl rechter Versammlungen, Angriffe und Einschüchterungsversuche gegen von ihnen als Feinde markierte Menschen ebenso wie rechte Raumnahme in Form von Schmierereien und Stickern. Das vorliegende Dossier setzt sich zur Aufgabe, aktuelle Nazistrukturen und Personen-Umfelder im Großraum Leipzig zu thematisieren und die AkteurInnen zu benennen. Entsprechende ProtagonistInnen sind teils seit einigen Jahren in der Nazi-Szene aktiv oder kommen aus dem unmittelbaren Umfeld langjährig aktiver Nazis.

JN-Nachwuchs im Leipziger Umland

Seit Ende des Jahres 2020 macht auf Social-Media-Plattformen eine Gruppierung auf sich aufmerksam, die sich selbst großspurig als „Messestadtaktivisten“ bezeichnet. Dieser Gruppierung aus mehr oder minder aktiven Jung-Nazis kann ein loses Personenumfeld zugerechnet werden, welches neben Leipzig und dem Landkreis Leipzig hauptsächlich in Nordsachsen lokalisiert ist und durch eine Vielzahl an (Internet-)Aktivitäten auf sich aufmerksam macht. Auch im Demonstrationsgeschehen zeigen sie hin und wieder Präsenz. Die Gruppe kann de facto als regionaler Ableger der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ (JN) im Raum Leipzig verstanden werden. Als aktiver und lenkender Kader in diesem Umfeld sticht der langjährig aktive ehemalige JN-Bundesvorsitzende Paul Rzehaczek aus Eilenburg hervor, der in den vergangenen Jahren einen losen Haufen heranwachsener Jungnazis aus dem ländlichen Raum Leipzigs um sich scharte. Neben Rzehaczek tritt der Wurzener Nazi Ben Hannes Heller, wohnhaft in der Eduard-Schulze-Straße 14 in Wurzen, als treibende Kraft hinter den „Messestadtaktivisten“ in Erscheinung. Darüber hinaus können die Nazis Dominik Siegel, Benjamin Schwelnus, Nele George, Lucas Zahner und Franz Dittberner aus dem Raum Wurzen, Luisa Böttcher und Pierre Roch aus Borna sowie Stefan Eckhardt und Leopold Böhm aus Leipzig als aktiver Teil des Umfelds ausgemacht werden.

So läuft am 18. April 2022 eine sechsköpfige Gruppe aus dem Umfeld der JN-Nazis am Rande einer Versammlung der extrem rechten Gruppierung „Bewegung Leipzig“ mit. In der Gruppe werden unter anderem Benjamin Schwelnus, Lucas Zahner, Stefan Eckhardt und Leopold Böhm erkannt. Am 1. Mai 2022 besuchen einige ProtagonistInnen der genannten Gruppierung den „III. Weg“-Aufmarsch in Zwickau, darunter Ben Heller, Pierre Roch, Benjamin Schwelnus, Dominik Siegel und Lucas Zahner.

Unter der Eigenbezeichnung „Zukunft Deutschland“ firmiert seit Februar 2022 im Raum Wurzen eine vermeintlich neue Gruppe. Neben der Teilnahme und Bewerbung vorrangig Corona-leugnender Versammlungen wird zu einer Versammlung am 19. Mai 2022 auf dem Wurzener Jacobsplatz gegen den parallel stattfindenden IDAHIT*-Aktionstag in Wurzen aufgerufen. Als Anmelder tritt der Nazi und „Messestadtaktivist“ Ben Hannes Heller auf, begleitet unter anderem von Pierre Roch, Franz Dittberner und Lucas Zahner.

Pascal Lohse (blaues Basecap), Leopold Böhm (schwarze Trainingsjacke) und Dominik Siegel (rechts) auf einem Naziaufmarsch am 1. Mai 2022 in Zwickau. Foto: Recherche Nord.
Unbekannte Person, Ben Heller, Dominik Siegel, Lucas Zahner und Pierre Roch (v.l.n.r.) auf einem Naziaufmarsch am 1. Mai 2022 in Zwickau. Foto: Recherche Nord.
Pierre Roch, Dominik Siegel und der Bornaer Nazi Roland Schwarz auf einem Naziaufmarsch am 1. Mai 2022 in Zwickau. Foto: Recherche Nord.
Benjamin Schwelnus (Mitte) auf einem Naziaufmarsch am 1. Mai 2022 in Zwickau. Foto: Johannes Grunert.
Lucas Zahner, Pierre Roch und Franz Dittberner auf der Kundgebung von „Zukunft Deutschland“ am 19. Mai 2022 in Wurzen. Foto: Kili Weber.
Ben Hannes Heller auf einer Nazi-Versammlung in Naumburg (Saale) am 24. Juli 2020. Foto: Pixelarchiv.

Charakteristisch für das Umfeld der „Messestadtaktivisten“ ist, dass die JN-Gruppierung in Teilen sowohl der NPD als auch der Nazipartei „Der III. Weg“ nahesteht und es diesbezüglich auf der individuellen Ebene Unterschiede gibt. Gemein haben sie oftmals den Wohnort und den Freundeskreis – insbesondere Wurzen, Eilenburg und Borna sind hier neben Leipzig als Hotspots zu nennen. Im Vordergrund stehen gemeinsame Saufabende und die Teilnahme an Nazi-Aktivitäten. Großkotzig werden selbstgedruckte „Messestadtaktivisten“-Shirts beworben und vertrieben. Dem Zeitgeist der „dauerstudierenden, Tofu essenden und genderneutralen Subjekte“ wolle man sich nicht hingeben, betonen die selbsternannten „Messestadtaktivisten“. Sie seien Teil einer Jugend, die sich dem „pseudointellektuellen Gewäsch der Gleichheit“ entgegenstelle. Regelmäßig nehmen Personen aus dem Umfeld des Leipziger Ablegers auch an überregionalen Versammlungen der JN teil und betreiben Vernetzungsarbeit. So findet Anfang September 2021 ein „überregionaler Gemeinschaftstag“ der JN in Ostbrandenburg statt. Am 3. Oktober 2021 beteiligt sich die Gruppierung außerdem an einer Wanderung der Organisation zur Burg Gnandstein im Landkreis Leipzig. Nicht zuletzt verdeutlicht sich die Nähe zur Mutterpartei NPD. So werden immer mal wieder NPD-Stammtische im Raum Leipzig beworben. Hierbei interessant: Franz Dittberners Vater Falko Dittberner ist im Kreisverband der NPD im Landkreis Leipzig aktiv und saß zeitweise im Gemeinderat von Thallwitz.

Falko Dittberner (ganz rechts) auf einem Naziaufmarsch in Wurzen am 14. November 2010. Foto: Screenshot von der Naziwebseite “Aktionsbüro Nordsachsen”.

Ziele und Inhalte der JN-Gruppierung? Klar, das Abarbeiten an der verhassten Antifa und deren vermeitlichen Auswüchsen in der Zivilgesellschaft. So kommt es am 20. September 2021 zum Versuch einer Störaktion einer geplanten Veranstaltung eines Demokratieprojekts in Eilenburg. Eine Kleingruppe von JN-Nazis, darunter Paul Rzehaczek, Lucas Zahner und Dominik Siegel, versucht eine ohnehin schon nicht stattfindende Vortragsveranstaltung zu stören. Im Nachgang profilieren sie sich mit Fotos von sich und ihrem mitgeführten „Die spinnen die Linken“-JN-Transparent. Regelmäßig wird auch der Schulterschluss zum Leipziger „Querdenken“-Umfeld gesucht. So begleiten JN-AktivistInnen regelmäßig Versammlungen der „Bürgerbewegung Leipzig 2021“ und brüsten sich mit Gruppenfotos, so geschehen am 11. Oktober 2021 und am 25. Oktober 2021 sowie im Zuge bundesweit mobiliserter „Querdenken“-Proteste am 6. November 2021 in Leipzig. Hier wird eine 24-köpfige Personengruppe aus dem JN-Umfeld einer polizeilichen Maßnahme unterzogen und an der Versammlungsteilnahme gehindert. Die Leipziger JN-Nazis echauffieren sich im Nachhinehin auf ihren Social-Media-Kanälen darüber, dass „dutzende Systemwächter“ sie aufgrund eines Böllers einer solchen Maßnahme unterzogen hätten, und posten (wieder einmal) ein Gruppenfoto.

Im Umfeld der „Messestadtaktivisten“ bewegen sich auch Jungnazis mit zwischenzeitlich gewechselter Parteizugehörigkeit. Das in Borna-Nord lebende Pärchen Pierre Roch und Luisa Böttcher ist im Februar 2021 noch als Teil der „Jungen Nationalisten“ auf dem Dresdner Nazi-Trauermarsch zu sehen. Im Februar 2022 kommen beide dort in Begleitung des „III. Weg“-Aktivisten David Dschietzig an. Roch und Böttcher sind seit Mitte 2021 Teil des „III. Weg“ und dort offenbar Teil der „AG Jugend“ des „Stützpunktes Mittelland“. Trotzdem sind beide Teil des „Messestadtaktivisten“-Mobs am 6. November 2021. Im Jahr 2021 nimmt neben Luisa Böttcher auch ihr Bruder Dominik Böttcher am jährlichen Naziaufmarsch in Dresden teil. Dominik Böttcher war bereits 2016 an einem rassistischen Aufmarsch in Borna beteiligt und bewegt sich offensichtlich ebenfalls im Bornaer Nazi-Umfeld. Am Beispiel Rochs und Böttchers verdeutlicht sich, dass die Symphatien zur NPD oder dem „Dritten Weg“ keineswegs ein Ausschlusskriterium sind, um im losen JN-Verbund der „Messestadtaktivisten“ Teil sein zu können. So feiert Pierre Roch am 19. März 2022 in großer Nazi-Runde seinen Geburtstag in Wurzen. Das verbindende Element besagten Umfelds sind – neben der Nazi-Ideologie – also viel eher lose Freundschaften und das Wohnen in nahegelegen Orten.

David Dschietzig und Luisa Böttcher auf dem jährlichen Naziaufmarsch in Dresden am 13. Februar 2022. Foto: Recherche Nord.
Luisa Böttchers Bruder Dominik Böttcher (links im Bild) auf dem jährlichen Naziaufmarsch in Dresden am 13. Februar 2021. Foto: Pixelarchiv.

Zwischen Strukturaufbau und Reste-Rampe: „Neue Stärke Leipzig“ (NSL)

Seit 2021 sucht die – aus einer Nazigruppierung in Erfurt entstandene – Parteistruktur „Neue Stärke“ nach Aufmerksamkeit. „Neu“ ist hier eigentlich gar nichts. Viele Gesichter innerhalb der Parteistruktur sind alte Bekannte, oft aktiv gewesen in zahlreichen vorangegangenen Organisationsansätzen, jedes Mal aufs Neue an sich selbst gescheitert und nicht unumstritten in der eigenen Szene. Am 16. Februar 2022 berichtet die „Neue Stärke“, dass sich Ableger in sechs Städten im Aufbau befänden, darunter in Leipzig. Tatsächlich tritt seit Beginn des Jahres ein entsprechendes Personenumfeld mit qualitativ und quantitativ eher minder erfolgreichen Versammlungen und Aktionen in Erscheinung. Neben dem einheitlich getragenem „NSL“-Logo auf Mützen und Schlauchschals tauchen zudem erste Social-Media-Videos und Gruppenfotos auf, die gern in Vorbereitung oder im Nachgang einzelner Veranstaltungen angefertigt und geteilt werden.

Die genannte Gruppe fühlt sich noch unbeobachtet in Leipzig. Das ändert sich jetzt!

Eine führende Rolle innerhalb des Leipziger „Neue Stärke“-Ablegers nimmt der Nazi Jens Maske ein, der genau wie seine Beziehungspartnerin Sara Jessica Isabell Storch regelmäßig an Aktionen der Gruppe teilnimmt. Beide wohnen im Leipziger Stadtteil Liebertwolkwitz, Maske dort in einem Mehrparteienhaus in der Carl-Munde-Straße 2. Storch teilt sich aktuell noch eine Klingel mit ihrem Ex-Partner und Nazi Stefan Lange in der Teichmannstraße 21. Maske nahm in der jüngeren Vergangenheit regelmäßig an Versammlungen der „Neuen Stärke“ teil, darunter am 11. Dezember 2021 in Gera, am 22. Januar 2022 in Magdeburg, am 5. März 2022 in Chemnitz sowie am 26. März 2022 in Gera. Den Naziaufmarsch in Dresden am 13. Februar 2022 besuchte er ebenfalls, genau wie vereinzelt Versammlungen von „QuerdenkerInnen“, so geschehen am 19. Februar 2022 und am 2. April 2022 in Leipzig. Die seit November 2021 mit Maske liierte dreifache Mutter Sara Storch kommt aus Bremerhaven, wohnte zeitweise im Raum Sondershausen und ist mitlerweile in Leipzig wohnhaft. Genau wie Maske nimmt sie regelmäßig an Versammlungen der „NSL“ teil. Beide erwarten im September 2022 ein gemeinsames Kind.

Vorgestellt sei des Weiteren der Leipziger Nazi Daniel Schellknecht, geboren am 1987. Der Vater zweier Kinder trat unter anderem am 26. März 2022 beim versuchten Aufmarsch in Gera öffentlich in Erscheinung und gehört zum festen Kern des Leipziger „Neue Stärke“-Ablegers.

Sebastian Krause, unbekannte Person, Jens Maske, Sara Storch, Dominic Häger und Chris Reinhardt bei einer gescheiterten Aktion der „Neue Stärke Leipzig“ am 19. Februar 2022. Foto: Pixelarchiv.
Daniel Schellknecht (ganz rechts) beim gescheiterten „Neue Stärke“-Aufmarsch am 26. März 2022 in Gera. Foto: Mixi.

Ebenfalls Teil der Gruppe ist der im Jahr 2000 geborene Tom Wagner, dessen Nazi-Vater Maik Querengäßer in der „Neuen Stärke Gera“ mitwirkt. Wagner macht sich hinsichtlich seiner Aktivitäten vor allem als Selbstdarsteller bemerkbar, ist darüber hinaus aber ideologisch fest verortet.

Dem Kern der Leipziger Ortsgruppe ebenfalls zuzuordnen ist der Nazi Chris Reinhardt. Reinhardt lebt mit seiner Partnerin in der Kulkwitzer Straße 19 in Leipzig-Kleinzschocher. Er besuchte u.a. am 21. März 2022 in Begleitung von Jens Maske, Daniel Schellknecht und Tom Wagner einen Prozesstag gegen die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck in Berlin.

Das beste Beispiel dafür, dass es sich bei der „Neuen Stärke“ um eine Art Resterampe handelt, ist Michael Mayerl, welcher ab 2015 in der Partei „Die Rechte“ aktiv war und dann über eine Zwischenstation beim „III. Weg“ Anschluss beim örtlichen Ableger der „Neuen Stärke“ fand. Der bekennende Dynamo-Dresden-Fan war bei den letzten beiden Veranstaltungen der „Neue Stärke Partei“ am 26. März 2022 in Gera und am 1. Mai 2022 in Erfurt dabei und wohnt in der Jupiterstraße 35 im Leipziger Stadtteil Grünau-Nord.

Chris Reinhardt, Tom Wagner und Jens Maske bei einer gescheiterten Aktion der „Neue Stärke Leipzig“ am 19. Februar 2022. Foto: Pixelarchiv.
Michael Mayerl beim gescheiterten „Neue Stärke“-Aufmarsch am 26. März 2022 in Gera. Foto: Mixi.

Als nacheifernder Jungnazi im „Neue Stärke“-Umfeld kann Tom Stampfer aus Leipzig-Schönefeld verstanden werden, der aktuell eine Ausbildung bei der Supermarktkette Konsum absolviert und privat gern seine Zeit in einem „FitX“-Fitnesstudio verbringt. Seine ersten rechten Demo-Erfahrungen sammelte Tom Stampfer bei den montäglichen Aufmärschen der „Bürgerbewegung Leipzig 2021“. Dort konnte er z.B. im November 2021 mehrfach in Begleitung seines Schönefelder Kumpels Andreas Meissner angetroffen werden. Beide waren auch am 22. Januar 2022 neben weiteren Nazis auf einer Demonstration der „Bürgerbewegung Leipzig 2021“ zu sehen.

Den selben organisations-strategischen Weg wie Tom Stampfer schlug auch der Nazi Kevin Axt ein, der spätestens ab September 2021 zahlreiche Montagsdemonstrationen in Leipzig besuchte. Axt wohnt in der Saxoniastraße 43 in Leipzig-Althen. Er ist inzwischen ebenfalls Teil der Leipziger Ortsgruppe der „Neue Stärke Partei“. Mitlerweile konnte Kevin Axt auf mehreren rechten Aufmärschen im einheitlichen Outfit der Neuen Stärke gesichtet werden und bewegte sich dort zwischen den anderen LeipzigerInnen. An einer Versammlung der „Neue Stärke Partei“ in Erfurt am 01. Mai 2022 nehmen u.a. Jens Maske, Kevin Axt, Tom Stampfer und Tom Wagner teil.

Seit Anfang 2022 nimmt zudem der Nazi Dominic Häger aus Regis-Breitingen an Versammlungen der „Neuen Stärke Leipzig“ und anderen rechten Aufmärschen in Leipzig teil. So etwa an einem Aufzug der verschwörungsideologischen „Bewegung Leipzig“ am 20. Juni 2022, wo er Nahaufnahmen von Gegendemonstrant*innen macht.

Andreas Meissner (Mitte) und Tom Stampfer (rechts) auf einem Aufzug der extrem rechten „Bürgerbewegung Leipzig 2021“ am 22. Januar 2022. Foto: Pixelarchiv.
Der langjährig aktive Leipziger Nazi Kai Mose zusammen mit Stefan Eckhardt, Kevin Axt und Tom Stampfer am Rande eines gescheiterten Aufzugs der extrem rechten „Bürgerbewegung Leipzig 2021“ am 5. Februar 2022. Foto: Pixelarchiv.

In der Anfangszeit sehr aktiv in Erscheinung getreten und um Bewerbung der neugegründeteten „Neue Stärke Leipzig“ bemüht gewesen ist auch der Jungnazi Sebastian Krause aus Delitzsch. Am 13. Februar 2022 in Dresden trug er noch das Fronttransparent des „Neue Stärke“-Blocks, konnte aber seitdem kaum noch öffentlich bei Aktionen wahrgenommen werden. Während er weiterhin Fußballspiele des 1. FC Lokomotive Leipzig besucht, ist unklar, was zu seiner öffentlichen Inaktivität bei der NSP führte. Ein politischer Sinneswandel ist es nicht.

Viel heiße Luft: „Vereinigte Nationalisten Leipzig“ (VNL)

Im Juli des Jahres 2021 betritt eine Gruppierung namens „Vereinigten Nationalisten Leipzig“ die Bühne Leipzigs. Neben dem Anbringen extrem rechter Propaganda in Form von Stickern und Tags werden zwei Mal Banner mit rechten Botschaften aus einem leerstehenden Gebäudekomplex eines Bahnhofsgebäudes in Leipzig-Stötteritz gehangen. Stötteritz, der Leipziger Osten, aber auch Randbezirke im Leipziger Westen wie Grünau-Nord und Miltitz stellten die wesentlichen „Aktionsräume“ dieser Gruppe dar. Wobei der Begriff „Gruppe“ hier eher irreführend als zweckmäßig ist, handelt es sich vordergründig vielmehr um eine Einzelperson namens Justin Hecht, welcher sich als wesentlicher Akteur und treibende Kraft hinter den „VNL“ ausmachen lässt und Am kleinen Feld 20 in Leipzig-Miltitz wohnt. Im direkten Wohnumfeld Justin Hechts lassen sich regelmäßig extrem rechte Sticker, metergroße Hakenkreuz-Schmierereien, schwarz-weiß-rote Flaggen und „Lina Töten“-Tags ausmachen.

Justin Hecht trat das erste Mal beim jährlich stattfinden Nazi-Trauermarsch in Dresden 2021 in Erscheinung, nimmt seitdem an diversen extrem rechten Veranstaltungen in Mitteldeutschland teil und zählt sich auch selbst zur Fanszene des 1. FC Lok Leipzig. Letzteres scheint ein verbindendes Element zwischen Hecht und den anderen, überwiegend noch sehr jungen Menschen in seinem aktionistischem Umfeld zu sein. So scheinen sich auch frühere Weggefährten wie Fritz Danetzki und Pascal Lohse lieber in der Fanszene von Lok Leipzig auszutoben oder anderweitig aktiv geworden zu sein, als Hecht zu folgen. Interessant: Pascal Lohse ist der Sohn des Leipziger Nazis Alexander Lohse, Fritz Danetzki der Sohn der Leipziger Nazi-Akteurin Yvonne Danetzki.

Auch Maria Marschall, welche zunächst viel mit Justin Hecht unterwegs war, fand recht schnell den Weg zur „JN“. Rückblickend ist das anfänglich der Gruppe zugemessene Maß an zu erbringender Aufmerksamkeit nicht begründbar. Die kaum frequentierte Instagram-Seite der „VNL“ ist darüber hinaus seit März des Jahres 2022 nicht mehr auffindbar. Justin Hecht ist mittlerweile Teil des „Neue Stärke“-Umfelds und nahm am 25. April 2022 in Erfurt auch an einem „Aktionstag“ der Partei teil.

Justin Hecht (mit „US Army“-Jacke) auf dem Nazi-Trauermarsch am 13. Februar 2021 in Dresden. Foto: Pixelarchiv.
Mutmaßlich Fritz Danetzki beim versuchten Angriff auf eine*n Journalist*in in Leipzig am 21. Dezember 2020. Die Kleidung des Angreifers passt zu der von Danetzki. Foto: Bananenpresse.
Maria Marschall auf dem Naziaufmarsch am 22. Januar 2022 in Magdeburg. Foto: Recherche Nord.

Nazis aus der Deckung holen!

Trotz einer gewissen Kurzweiligkeit der genannten Nazi-Strukturen als solche verdeutlichen sie eines: Nazis in und um Leipzig sind aktiv. Die thematisierten ProtagonistInnen sind um Organisierung bestrebt, gewalttätig, und sie fühlen sich sicher. In einigen Fällen sind sie noch sehr jung, großkotzig und darauf aus, sich selbst zu beweisen. Sie sind eine Gefahr für alle, die nicht in ihr menschenfeindliches Weltbild passen. Gemeinsam gilt es kreativ zu werden und Nazis auf allen Ebenen das Leben schwer zu machen. Weiterführende Informationen und Feedback erreichen die Autor*innen des Artikels unter der E-Mail-Adresse rechte-umtriebe-leipzig-2022 [ät] riseup.net (PGP-Key).

Anmerkung: Für die genannten Personen der Extremen Rechten wird im Artikel bewusst das Binnen-I verwendet, da das binäre Geschlechterrollenbild konstitutiv für die Weltanschauung dieser Personen ist. Des Weiteren wird im Zusammenhang mit den im Artikel erwähnten Nazis bewusst auf das häufig vorangestellte “Neo” verzichtet, da ein Bruch mit alter Nazi-Ideologie im Werdegang der genannten AkteurInnen nicht zu erkennen ist, der eine solche Bezeichnung rechtfertigen würde.


Text zugesandt von: anonym

Die „288-Gang“ – Graffiti, Kampfsport und rechte Fußballszene Leipzigs

Mitglieder der Gruppen 288, SBA und AMS vor dem „Bulls‘s Eye – Irish Pub“ in Stötteritz während des Relegationsspiels vom 1. FC Lok Leipzig am 25.06.2020.

Download dieses Artikels als PDF-Datei: 288.pdf

Seit vielen Jahren kommt es im Leipziger Osten regelmäßig zu rassistischen Übergriffen und Neonazi-Sprühereien, die durch das Projekt „chronik.LE“ weitreichend erfasst und dokumentiert wurden [1]. Auch der Mitteldeutsche Rundfunk beschäftigte sich im Sommer 2020 in Form einer Reportage mit dem Thema. In dieser ging es um die Zunahme neonazistischer Graffiti im Stadtteil Stötteritz [2]. Das Boulevardblatt Tag24 wiederum, das sich in einem Artikel ebenfalls der Thematik annahm und sich dabei vor allem auf die Graffiti-Crew „288” fokussierte, vermutete hinter dem Zahlenkürzel der Gruppe rechte Szenecodes. Nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung dieses Artikels meldete sich die Sprüher-Crew in den sozialen Medien selbst zu Wort und wollte richtigstellen, dass sich die „288“ lediglich auf die Postleitzahl ihres Viertels (Liebertwolkwitz) beziehe und sie nichts mit Politik zu tun hätten.

Dass es sich bei diesem Statement nur um eine Schutzbehauptung handelt, wird im Hinblick auf die Akteure der „288“-Crew rasch deutlich. Der folgende Text möchte Einblicke in ein Milieu geben, das von Graffiti bis zur rechten Hooliganszene des 1. FC Lokomotive Leipzig reicht. Neben der „288“-Crew soll auch deren Umfeld – die Crews „SBA“ und „AMS/HÄ“ – beleuchtet werden, um die Dimension sowie die Bedeutung dieses Milieus sichtbar zu machen.

Logo der „288-Gang“

Leipzigs Nachwuchs in der rechten Mischszene

Die „288“-Crew ist eine feste Gruppe und stellt sich in den sozialen Medien gern als Gang dar. Sie ist kein Teil der klassischen, organisierten Neonazi-Szene, gehört keiner Partei- oder Kameradschaftsstruktur an, sondern ist vielmehr das, was in Leipzig als (extrem) rechte Mischszene bezeichnet werden kann. Sie bilden den Nachwuchs einer etablierten Struktur, die sich aus der Kampfsport- und Hooliganszene, sowie der Organisierten Kriminalität speist und dabei regelmäßig Überschneidungen zur Neonazi-Szene aufweist. So waren Mitglieder von „288“ bei dem versuchten, bewaffneten Angriff auf antirassistische Fans der BSG Chemie Leipzig im September 2016 in Gera beteiligt, gemeinsam mit Personen, die erst im Januar 2016 den alternativen Bezirk Leipzig-Connewitz überfielen [3].

Zudem gehörten Mitglieder der „288“-Crew dem organisierten, gewaltorientierten Mob beim „Querdenken“-Aufmarsch im November 2020 in Leipzig an [4]. Aus dem Mob kam es zu Angriffen auf JournalistInnen, GegendemonstrantInnen und die Polizei. Die „288“-Crew versucht – wie andere rechte Cliquen der Messestadt – in der „Leipziger Melange“ Fuß zu fassen. Die extrem rechte, rassistische Gesinnung, sowie Versuche diese im Alltag auf der Straße mit Gewalt durchzusetzen, schwingt dabei immer mit.

Wie vielfach im Spektrum der rechten Szene Leipzigs feststellbar, unterhält auch die „288“-Crew Kontakte in die Rocker-Szene. Die Feier ihres fünfjährigen Bestehens fand etwa in der „Angels Tabledance Bar“ in Leipzig statt, die dem Hells Angels MC zugerechnet wird. Eine Verbindung, die schon von Personen aus der „alten Struktur“ (Personen aus dem „Imperium-Fight Team“, „Scenario Lok“ etc.) gepflegt wurde, wobei diese Struktur heute inzwischen selbst tief in der Organisierten Kriminalität steckt. Mitglieder von „288“ ihrerseits fallen aktuell mit Klamotten und Symbolen auf, die ihre Nähe zum Hells Angels MC ausdrücken sollen – etwa mit „Support 81“-Merchandise.

Das „Ad Victoriam Gym“ als Anlaufstelle

Das „Ad Victoriam Gym“ (ehemals „Kampfsportschule Leipzig Ost“) ist ein in Stötteritz beheimatetes Kampfsport-Gym, welches offizieller Partner der „World Kickboxing and Karate Union“ (WKU) ist. Trainiert wird seit 2016 in einer Immobilie in der Melscher Straße, im Leipziger Stadtteil Stötteritz. Mit Dennis Washeim (Vater von Paul Washeim) und Thilo Schüle kann das „Ad Victoriam Gym” auf erfahrene Trainer zählen. Auch über ihre Website vermittelt das Gym einen professionellen und offenen Charakter. Laut eigenen Aussagen setzt sich das Klientel der Trainierenden überwiegend aus dem „Freundes- und Bekanntenkreis“ der Söhne der Trainer und somit zu weiten Teilen aus der „288“-Crew zusammen. Inzwischen fungieren einzelne „288er“ dort selbst als Trainer. Im „Ad Victoriam Gym“ wird somit Neonazis und rechtsoffenen Jugendlichen der Raum für Trainings überlassen und ihnen Gewaltkompetenz vermittelt. Aus diesem Grund wird das Gym in der Broschüre „Leipziger Zustände“ von chronik.LE unter der Rubrik „Neonazistische und rechtsoffene Gyms“ gelistet [5].

Nicht nur bei offiziellen Wettkämpfen und den Aktivitäten im eigenen Gym konnten die „288“er bisher Kampferfahrung sammeln. Am 19.02.2022 organisierte die Plattform „Frontière – Respect of the Streets” (ROTS) in Zusammenarbeit mit dem Klamottenlabel „Respect Leipzig“ (Ableger des Hamburger Labels „Respect Your District“) ein sogenanntes Streetfight-Event in Leipzig. Im Rahmen solcher Veranstaltungen werden Kämpfe ohne professionellen Kampfring, Matten oder sonstige Schutzausrüstung, auf dem blanken Fußboden ausgetragen. Derartige Kämpfe finden aufgrund der rechtlichen Lage häufig im Untergrund statt. Einige „288“er sowie Personen aus dem Umfeld der Gruppe besuchten dieses Event. Nicht förderlich für die Seriosität des „Ad Victoriam Gym“ sollte jedoch vor allem die Beteilung zweier Trainer an besagtem Streetfight-Event sein. Der baden-württembergische Boxverband beispielsweise mahnte seine Mitglieder ab und drohte mit einer Sperrung, im Falle einer Beteiligung an derartigen Kämpfen [6].

Ad Victoriam Gym in Stötteritz

Fanszene Lokomotive

Neben dem Kampfsport verdingen sich die „288er“ im Fußball. Fast alle Mitglieder der Crew finden sich dabei in der aktiven Fanszene des 1. FC Lokomotive Leipzig wieder. Sie treten im heimischen Bruno-Plache-Stadion und bei Auswärtsfahrten auf, posieren aber auch für Instagram und die rechte Hooligan-Webseite „GruppaOF“. Fast schon selbstredend liefert die Gruppe zudem Unterstützung im Bereich des Fußballgraffiti. Auffällig sind die verschiedenen Konstellationen aus LOK- und Crew-Graffiti in unmittelbarer Nähe. LOK-Sprühereien neben Bildern von „288“, Tags der Crew die später mit LOK-Bildern übermalt werden oder einfach Straßenzüge, die ausschließlich von „288“, derem Umfeld und mit LOK-Sprühereien bemalt sind. Vor allem im Leipziger Osten ist die Crew unterwegs, wie auch im Randgebiet Leipzigs (Liebertwolkwitz, Holzhausen, Baalsdorf, Kleinpösna), aus dem die Mitglieder der Crew hauptsächlich stammen.

Business-Ambitionen: die Marke „Asok Fabrics“

Mit „Asok Fabrics“ ging im Oktober 2021 eine neue Marke aus Leipzig an den Start, die sich deutlich an die Graffiti-Szene richtet. Federführend dabei sind Mitglieder von 288. Offiziell wird die Marke über die „288er“ Till Beyer und Hans Kuhle abgewickelt, die dafür in ihrem Namen eine GbR gründeten. Bisher setzt sich das KundInnenklientel und die AbonnentInnen in den sozialen Netzwerken überwiegend aus dem Umfeld von „288“ zusammen, doch scheint man mit „Asok Fabrics“ bemüht zu sein, sich einem breiten Spektrum zu öffnen. Die Designs sind schließlich unpolitisch und authentisch gehalten. Die Etablierung einer eigenen Marke kann daher durchaus als Versuch gedeutet werden, sich ein Standbein außerhalb von Kampfsport und Fußballszene aufbauen zu wollen, sowie als eine Bemühung der Imagepflege der „288“-Crew.

Asok Fabrics Logo

Die Akteure der „288“-Crew?

Colin Juhrich – Juhrich ist ein bereits seit Jahren aktiver Kampfsportler aus dem „Ad Victoriam Gym“, der bereits verschiedene Turniere und Wettkämpfe bestritt. In seiner Jugend war Juhrich bereits Teil der Fangruppe „Gauner Lok“ (der Nachuchs der extrem rechten Gruppierung „Scenario Lok“) und zählte sich zur „Fanszene Lokomotive“. 2016, bei einem Auswärtsspiel gegen den FC Schönberg, fiel Juhrich mit einem „…we love white!“-Shirt auf einem Mob-Foto der „Fanszene Lokomotive“ auf. Im selben Jahr gehörte Juhrich zu der mit Messern, Schlagstöcken und Quarzsand-Handschuhen bewaffneten Gruppierung, die versucht hatte, die antirassistischen Fans der BSG Chemie Leipzig bei ihrem Auswärtsspiel in Gera zu attackieren. Auch posierte Juhrich in der Vergangenheit mit einem „JDN CHM“-Shirt („Juden Chemie“), welches von der rechten Fanszene des 1. FC Lok produziert wurde, um die Fans der BSG Chemie Leipzig mit der antisemitischen Konnotation des Wortes „Juden“ zu beleidigen.

Paul Washeim – Auch Washeim ist ein wettkampferfahrener Akteur des „Ad Victoriam Gym“, wo er inzwischen sogar den Trainerstatus erlangt hat. Neben diversen offiziellen Wettkämpfen bestritt er auch einen Kampf beim ROTS Streetfight-Event in Leipzig. Washeim gehört ebenfalls dem Personenkreis von 288 an, der sich beim Angriffsversuch in Gera beteiligte. In den sozialen Netzwerken gibt er sich stramm rechts, folgt u.a. dem rechten Kampfsportevent „Kampf der Nibelungen“, diversen Ablegern der „Jungen Alternative“ und der rechten Marke „Label 23“. Auch findet man in seinem Profil nahezu alle Fanseiten mit Bezug zu Rot-Weiss-Erfurt, Hallescher FC und Lok Leipzig. Seine politische Gesinnung zeigt er auch im „Real Life“. 2020 musste er sich deswegen sogar vor dem Amtsgericht Leipzig verantworten. Ihm wurde das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen.

Julien Bauer – Hielt er in seinen jungen Jahren doch eher auf Dynamo Dresden, verschlug es ihn später zum 1. FC Lok. Als „Youth Generation“ wurden er und etliche weitere rechte Fans des Fußballclubs bezeichnet, als auf der rechten Hooligan-Platform „GruppaOF“ im September 2020 ein Bild veröffentlicht wurde. Dieses entstand vor der mutmaßlich von Thorsten Richter (Wurzener Neonazi-Geschäftsmann und ehemaliger Leiter der bayerischen „Blood&Honour“-Sektion) betriebenen „Bar Napoles“ in Wurzen. Bauer ist seit geraumer Zeit Mitglied der rechten Fangruppierung „Banda Resoluta“, deren Merchandise er im heimischen Stadion stolz präsentiert. Bauer war es auch, der sich am 7. November 2020 bei „Querdenken“ in Leipzig im organisierten Hooligan-Mob befand, welcher Polizei und PressevertreterInnen angegriffen hatte. Bekannt ist zudem, dass Julien Bauer ebenfalls im Bereich Graffitti für die Fanszene von Lok Leipzig aktiv ist.

Tim König – Laut der Website des „Ad Victoriam Gym“ ist auch König dort als Trainer tätig und ist neben Paul Washeim der aktivste Kampfsportler der „288“-Crew. Erst 2021 trat er bei der German Open in Simmern im Kickboxen an und bestritt einen Kampf beim ROTS Streetfight-Event in Leipzig. Auch er macht aus seiner politischen Einstellung kein Geheimnis und präsentiert sich etwa in Shirts der rechten Marke „Heimatliebend“, dessen Betreiber Marcel Bennewitz Mitglied im „Imperium Fight Team“ ist. Selbstverständlich hält auch König auf den blau-gelben Fußballclub.

Leon Rehbach – Rehbach ist neben Till Beyer einer der aktivsten Sprüher von „288“. Er malt unter dem Pseudonym „Shik“. Auch er trainiert seit vielen Jahren im „Ad Victoriam Gym“. Neben seiner Gruppenaktivitäten für „288“ ist Rehbach eng an die Fanszene des 1. FC Lokomotive angebunden. Es ist kein Geheimnis, dass er ebenfalls für einige der blau-gelben Fußballgraffiti verantwortlich ist.

Till Beyer – Beyer ist einer der beiden Teilhaber von „Asok Fabrics“ und kümmert sich u.a. um Webdesign & -entwicklung des Onlineshops. Sein Sprayer-Pseudonym ist „Kosa“ (Asok rückwärts) Damit ist Beyer neben Leon Rehbach hauptsächlich für die Bilder von „288“ zuständig. Beyer spielte in seiner Jugend Fußball bei Lok Leipzig und gehört auch heute dessen Fanszene an. Für LOK malt er natürlich Graffiti.

Hans Kuhle – Kuhle ist der zweite Teilhaber und Besitzer von „Asok Fabrics“, die unter der „Till Beyer & Hans Kuhle GbR“ firmiert. Auch Kuhle trainiert ganz in Gepflogenheit der „288“-Crew seit vielen Jahren im „Ad Victoriam Gym“.

Johann Unger – Unger ist Inhaber des Social Media-Profils „moke288“ und ist somit zuständig für das Filmen und den Schnitt der Videos von „288“ und „Asok Fabrics“. Auch er trainiert im Ad Victoriam Gym.

Weitere in Erscheinung tretende Gruppenmitglieder von „288“ sind u.a. Niklas Naumann und Danilo Heindorf. Beide sind oder waren ebenfalls im „Ad Victoriam Gym“ aktiv, finden sich etwa auf Trainingsbildern wieder und traten bei Turnieren als Begleitung der Kämpfenden auf. Auch bei anderen Zusammenkünften, Saufgelagen oder Stadion-besuchen der „288er“ sind sie regelmäßig dabei und somit fester Bestandteil der Gruppe.

Julien Bauer beim Heimspiel des 1. FC Lokomotive mit „Banda Resoluta“-Schal („Banda Boys“) und bei Querdenken am 07.11.2020 neben diversen rechten Hooligans des 1. FC Lokomotive

Freunde und Umfeld: die „AMS“-Crew

Zur näheren Einordnung der „288“-Crew muss auch ein Blick auf die befreundete Sprüher-Gruppen geworfen werden. Zu benennen ist hier die AMS-Crew (AMS als Code für „Assis mit Stil“, „Action muss sein“, „Alle mögen saufen“). Personen von „AMS“ und „288“ verbinden teils langjährige Freundschaften, zum Teil trainieren AMS-Mitglieder im „Ad Victoriam Gym“ und beteiligen sich am Geschehen der Fanszene des 1. FC Lokomotive. Nachdem der Social Media-Auftritt der AMS-Crew gelöscht wurde, trat der Zusammenhang unter dem Namen „Hood Ästhetik“ (HÄ-Crew) auf – das Kürzel AMS findet sich dort allerdings auch. Für AMS sind u.a. die Sprüher-Pseudonyme „Ria“, „Rim“, „Rios“ und „Sezu“ verantwortlich.

Joshua Giersch – Der aktuell in Connewitz wohnende Giersch sticht aus der „AMS“-Crew hervor. So trainiert er seit vielen Jahren gemeinsam mit den „288ern“ im „Ad Victoriam Gym“ und ist wie der Großteil seiner Freunde Anhänger des 1. FC Lok. Dabei beteiligt er sich auch abseits des Spieltags am Geschehen der Fan- und Hooliganszene. So wurde Giersch als Teil einer Gruppe identifiziert, die im Oktober 2020 auf der Suche nach Fans der BSG Chemie Leipzig wahllos Leute konfrontiert und mit dem Messer bedroht haben. [8] In den sozialen Medien scheint er sich besonders für rechte Ultra-Gruppierungen wie „Unbequeme Jugend Cottbus“ und „Desperados Dortmund“ zu interessieren, sowie für sämtliche Lok-, Erfurt- und Halle-Fanseiten die Facebook zu bieten hat.

Ricky Kracht – Kracht gehört ebenfalls der Fanszene des 1. FC Lok an, verbringt häufig seine Freizeit mit Mitgliedern dieser und ist eng mit den rechten Hooligans von Lok verwoben. Unter seinem Pseudonym “Ria“ malte er bereits für AMS und jetzt auch für „Hood Ästhetik“.

Gruppenbild von 288 und AMS zu Gierschs Geburtstag – 1. Reihe von links: Leon Rehbach, Joshua Giersch, Titus Gehrke, Johann Unger, 2. Reihe von links: Paul Washeim, Unbekannt, Nick Morgenstern, Tim König, Hans Kuhle, Colin Juhrich, Alexander Vetter, Niklas Naumann, Tobias Goßmann, 3. Reihe von links: Marvin Thom, Alex Diallo, Theo Scholz, Konrad Werner, Jordan Schröder, Unbekannt, Theo Nestler

Die „SBA“-Crew

Eine weitere enge Freundschaft der „288er“ besteht zur „SBA“-Crew (Sbangers, Sbathletics), ein von außen betrachtet zusammengewürfelte Haufen an Charakteren. Tatsächlich aber zeichnet sich die Gruppe, neben ihrer langjährigen Aktivität, durch eine enge Freundschaft unter den Mitgliedern aus. Ähnlich wie die „288“-Crew sammeln sich in der „SBA“-Crew Akteure aus der Neonaziszene, Kampfsportler und Anhänger des 1. FC Lokomotive Leipzig. In Erscheinung treten die Akteure der Crew unten den Pseudonymen „Pokr“, „Amor“, „Intus“, „Savy“ und „Rope“.

Sascha Linnert – Via Social Media liefert Linnert gerne Content. Neben Inhalten zu SBA (Klamotten, Graffiti) scheint es ihm wichtig zu sein zu betonen, dass er beim Rothkegel Baufachhandel arbeitet. Zusätzlich gibt sich Linnert gerne als Sportler. Regelmäßig postet er Bilder aus dem Fitnessstudio. Außerdem teilt Linnert Trainingsbilder von und mit Personen des „Imperium Fight Team“ und hat offenbar keine Berührungsängste zur rechten Hooliganszene des 1. FC Lok. Sein Interesse in den sozialen Medien wecken nicht nur die AfD oder die „Fanszene Lokomotive“, sondern auch rechte Kampfsportler und Gyms, sowie die echte Rocker-Gruppierung ehemaliger Scenario-Mitglieder „Rowdys Eastside“.

Tobias “Gossi“ Goßmann – Smart und lässig präsentiert sich auch „Gossi“ auf Social Media. Fast täglich liefert er Bilder von seinem aufgemotzten Auto mit dem Kennzeichen „L-GT 6000“ oder posiert in Klamotten von SBA – für die er unter dem Pseudonym „Pokr“ malt. Im Netz bekennt er sich zur „Querdenken“-Szene und ihm gefallen die Seiten der NPD und der AfD.

Nico Bräuer – Bräuer wirkt fast wie eine Replika von Goßmann. Seine Online-Präsenz unterscheidet sich kaum von der von Goßmann, auch hinsichtlich des Interesses gegenüber extrem rechten Inhalten.

Zu SBA gehören außerdem Tobias Goßmanns großer Bruder Felix Goßmann, sowie Stefan Winkler, Florian Hertel und Marcus Vetter, deren Social Meida Accounts ebenfalls nur so von sämtlichen rechten Fußballseiten, Kampfsport-Gyms und Neonazi-Marken strotzen.

Die „288“-Crew als Teil der „Leipziger Melange“

Die Graffiti-Crew „288“ sowie deren Umfeld ist somit alles andere als unpolitisch. Im Gegenteil, sie ist ohne Zweifel fester Bestandteil und tief verankert in der bekannten „Leipziger Melange“, der Mischszene aus rechten Ultras und Hooligans, Rockern, Neonazis und Kampfsportlern. Mit dem „Ad Victoriam Gym“ konnten sich die 288er einen Raum aneignen, ähnlich wie es die „alte Struktur“ um Benjamin Brinsa (langjährig aktiver und führender Neonazi sowie Hooligan des 1. FC Lokomotive Leipzig) und Co. mit dem „Imperium Gym“ tat. Zudem versucht die „288“-Crew mit „Asok Fabrics“ als Streetwear-Marke in der Sprüherszene Fuß zu fassen. Dass die „288er“ und deren Umfeld gezielt aus dem Leipziger Randgebiet in den Südosten nach Stötteritz vorbrachen, muss als Versuch der rechten Raumnahme gewertet werden. Die Mitglieder der erwähnten Crews sind außerdem bereits durch rechte Gewalttaten aufgefallen oder sind Teil von Zusammenhängen, die darauf abzielen. Aus diesem Grund ist eine ausführliche Betrachtung und klare Benennung dieser Akteure – wie es hier geschieht – umso wichtiger. Auch Neonazis, die sich in Sprüher-Crews organisieren, müssen klar benannt werden, selbst wenn dadurch eine Art Graffiti-Kodex gebrochen scheint.

Linkverzeichnis

[1] https://chronikle.org/ereignisse?area=stoetteritz
[2] https://www.youtube.com/watch?v=CObAVFfiizo
[3] https://www.inventati.org/leipzig/?p=4452
[4] https://www.inventati.org/leipzig/?p=4997
[5] https://chronikle.org/leipziger-zustaende/neue-broschuere-leipziger-zustaende-2021
[7] https://bnn.de/mittelbaden/ortenau/offenburg/strassenkampf-boxen-kampfsport-offenburg-strassburg-kaempfe-boxverband-droht-teilnehmern-mit-sperren
[8] https://www.chronikle.org/ereignis/%C3%BCbergriffe-hooligans-1-fc-lokomotive


Text zugesandt von: anonym

Wieder ein bundesweiter Aufmarsch von Corona-Leugner*innen in Leipzig?

Foto: twitter

Für den 6. November 2021 planen die verschwörungsideologischen und rechtsoffenen “Bewegungen” gegen die “Corona-Maßnahmen” eine Wiederholung ihres rechten Aufmarsches in Leipzig von vor einem Jahr .

Berichte vom 7. November 2020:

Für diesen Samstag haben die Behörden bereits erklärt, dass aufgrund der aktuellen Corona-Lage in Sachsen nur noch Kundgebungen mit bis zu 1000 Menschen erlaubt seien und Demonstrationen nicht stattfinden dürfen. Dies wird “Querdenker*innen” und Neonazis jedoch wahrscheinlich nicht davon abhalten, einen Aufmarsch in der Innenstadt zu veranstalten.

Begleitet von Angriffen auf Gegendemonstrant*innen und die Polizei wurde den Corona-Leugner*innen im vergangenen Jahr für einen Tag die komplette Leipziger Innenstadt überlassen. Mit einer ähnlichen Dynamik muss auch am Samstag gerechnet werden, auch wenn die Anzahl mehrerer zehntausend Corona-Leugner*innen sicherlich nicht erreicht werden wird.

Anmeldung der Rechten

  • “Bewegung Leipzig”: “Freiheit, Gleichheit, Solidarität”, 15-19 Uhr, mit 3000 Teilnehmer*innen. Geplante Route: Augustusplatz Gewandhausseite – Roßplatz – Wilhelm-Leuschner-Platz – Martin-Luther-Ring – Dittrichring – Goerdelerring – Tröndlinring – Willy-Brandt-Platz – Georgiring – Augustusplatz
  • “Bürgerbewegung Leipzig 2021”: “Tag der Freiheit! Impfpflicht nein Danke!”, 19-22 Uhr, 150- 500 Teilnehmer*innen. Geplante Route: nördlicher Richard-Wagner-Platz – Tröndlinring (Innenring) – Willy-Brandt-Platz – Goethestraße – Paulinum – Kurt-Masur-Platz – Schillerstraße – Markgrafenstraße – Burgplatz – Markgrafenstraße – Martin-Luther-Ring – Dittrichring – Goerdelerring – Richard-Wagner-Platz

Antifaschistischer Protest?

Leipzig nimmt Platz” ruft zu folgenden Punkten auf:

  • zentraler Gegenprotest ab 14:30 Uhr Augustusplatz

Demonstrationen, die zum Augustusplatz führen sollen, jeweils ab 14 Uhr:

  • Connewitz Kreuz
  • Rabet
  • Lindenauer Markt

Infopunkte soll es ab 14:30 Uhr geben:

  • Runde Ecke
  • Wilhelm-Leuschner-Platz
  • Willy-Brandt-Platz

Wie immer wird es in Leipzig einen Ermittlungsausschuss geben. Alle Informationen finden sich auf der Webseite des EA und der Roten Hilfe Leipzig.

Am Samstag findet auch eine antifaschistische Demonstration in Zwickau statt. Dafür wird es eine gemeisame Anreise aus Leipzig geben. Alle Informationen dazu finden sich bei “Rassismus Tötet!”. Auch auf eine Aktionskarte für Zwickau sei an dieser Stelle hingewiesen.


Text zugesandt von: anonym

Update: Rechte Aufmärsche am 1. Mai 2021 in Leipzig

1.Mai

NS-Partei und Schwurbler:innen

Update: Bisher gibt es Verbote für die rechten Versammlungen in Leipzig, die Neonazis wollen alle Rechtswege ausschöpfen. In der Vergangenheit bedeutete dies, dass meist erst kurz vor dem geplanten Aufmarsch durch Gerichte entschieden wurde, ob das Verbot der Stadt Leipzig bestand hat oder nicht. Auch die Veranstaltungen der Corona-Leugner:innen sind bisher untersagt, diese “prüfen” jetzt ebenfalls juristische Schritte.

Aktionskarten, vergesst in Leipzig nicht die Kameras der Polizei: https://de.indymedia.org/node/147492 direkter Link zur Karte: https://de.indymedia.org/sites/default/files/2021/04/Aktionskarte0105_Leipzig_.pdf

Der für den 1. Mai geplante Aufmarsch der NS-Partei „III. Weg“ in Zwickau wurde, wie alle anderen Versammlungen in der westsächsischen Stadt, untersagt. Die Neonazis haben daraufhin weitere Aufmärsche in anderen sächsischen Städten angemeldet, darunter eine Versammlung von 13 bis 15 Uhr auf dem Simsonplatz in Leipzig (vor dem Bundesverwaltungsgericht), die bislang nicht untersagt ist. Im Internet mobilisieren die Neonazis bereits für 12 Uhr. Die Stadt Leipzig will erst am Freitag über mögliche Verbote informieren, Klagen der Anmelder:innen sind bis Samstag möglich.

Die Corona-Leugner:innen der „Bürgerbewegung Leipzig 2021“, die sich in den vergangenen Wochen montags in der Innenstadt trafen und optisch und inhaltlich an die rassistische „Legida“ anknüpfen, planen eine Versammlung von 14 bis 18 Uhr am Völkerschlachtdenkmal.

Von 14 bis 17 Uhr ist zudem eine Fahrraddemo der rechten „Bürgerbewegung“ vom Richard-Wagner-Platz über den Innenstadtring, Johannisplatz zum Völkerschlachtdenkmal und wieder zurück angemeldet.

Linke Versammlungen am 1. Mai in Leipzig

Die Nummer des Ermittlungsausschuss Leipzig: 0341-2119313

Mit was muss gerechnet werden?

In den vergangenen Jahren sind die Aufmärsche des “III.Weg” zum 1. Mai regelmäßig eskaliert, erinnert sei an Plauen und Saalfeld. Oft gibt es Vorabtreffpunkte der Neonazis, von denen sie dann auch ohne Polizeibegleitung durch die Stadt zu ihrem eigentlichen Versammlungsort ziehen und dabei Antifaschist:innen angreifen. Nach mehreren Bränden in von Neonazis genutzten Immobilien in den vergangenen Wochen ist die Stimmung in der Neonazi-Szene derzeit aufgeheizt. In vielen Beiträgen werden antifaschistische Strukturen aus Leipzig dafür verantwortlich gemacht. Im Internet mobilisiert die Neonazi-Szene mit Bildern und Videos vor linken Projekten, auch in Leipzig. Nach über einem Jahrzehnt steht Leipzig wömöglich zum 1. Mai ein großer Neonaziaufmarsch bevor.

Für November 2020 wurde hier gewarnt:

“Die Entwicklung der ‘Querdenken’-Aufmärsche zeigt, dass Leipzig der größte rechte Aufmarsch seit LEGIDA bevorstehen könnte”, prognostizieren Antifaschist:innen aus Leipzig in einem Artikel auf indymedia. Dieser Einschätzung ist nicht abwegig. Die vergangen Monate haben ein massives Mobilisierungspotenzial unter Antisemit:innen, Verschwörungsanhänger:innen, Impfgegner:innen, Esoterik:innen, Reichsbürger:innen, Neonazis und vielen Reaktionären gezeigt. Bei “Querdenken”-Demonstrationen und ähnlichen Versammlungen waren in den vergangenen Monaten immer wieder Neonazis und vor allem auch “Kampfsportler” zu beobachten. Besonders Marko Zschörner tritt öffentlich immer wieder zu diesem Thema in Erscheinung. Für seinen Kampfsportclub, der erst im September eine weitere Niederlassung im Paunsdorf-Center eröffnete, wirbt Zschörner mit Videos von gezielten Messerangriffen auf potenzielle Gegner:innen. Er trainiert zudem den Neonazi Brian Engelmann, der für den Neonazi-Angriff von über 250 Neonazis in Leipzig Connewitz im Jahr 2016 verurteilt wurde. Die Teilnehmer:innen der “Querdenker”-Veranstaltung sind hochgradig empfänglich für diverse “Verschwörungstheorien” und glauben offenbar alles, was ihnen erzählt wird. Gewalt von radikalisierten Personen und Gruppen ist zu erwarten – nicht nur gegen Vertreter:innen staatlicher Institutionen, sondern auch gegen Menschen, die sich gegen die “Querdenker”-Veranstaltungen positionieren. Der Aufmarsch wird gerade im rechtsradikalen Milieu auf Anklang treffen, nicht nur weil es in das angebliche “rote Leipzig” geht, sondern auch weil mit Verweisen auf das Wendejahr 1989 und einer geplanten Demonstration über den Innenstadtring auch an jene Zeit erinnert wird – eine Zeit, in der mehrere Hundert Neonazis teilweise die “Montagsdemos” anführten und Jagd auf “Rote” und “Alternative” machten.

Was die mögliche Gewalt dürch Neonazis im November 2020 in Leipzig betraf, wurden alle Befürchtungen übertroffen. Ein ähnlich großes Gewaltpotenzial ist auch für Samstag zu erwarten, kommen zu den lokalen Strukturen noch die Neonazis des „III. Wegs“ aus anderen Bundesländern dazu.

Was kann ich dagegen tun?

Informiere dich und andere über die Strukturen, die nach Leipzig kommen werden und in den letzten Monaten in Erscheinung getreten sind. Finde dich mit Freund:innen zusammen und überlegt, was ihr machen möchtet. Dieser Aufmarsch wird nicht durch „Online-Aktivismus“ zu verhindern sein und auch nicht mit der Einstellung, sich an dem Tag mit Freund:innen zu treffen und „mal zu schauen, was so geht.“ Dies wird nicht reichen. Antifaschismus bleibt Handarbeit.

Informiert euch, organisiert euch und entscheidet was ihr macht. Es ist nicht hinzunehmen, dass Hunderte oder gar Tausende Neonazis, ReichsbürgerInnen und Antisemit:innen sich in Leipzig versammeln. Wenn ihr euch nicht an angemeldeten Gegenveranstaltungen beteiligen möchtet und keine Blockaden organisieren möchtet oder könnt, dann beschäftigt euch mit dem „dezentralen Konzept“. Es lebte schon immer von der Eigeninitiative, schaut nicht nur was andere eventuell machen, sondern überlegt euch eigene Aktionsformen. Fallt nicht auf Fake-News herein. Nicht auf „Rechte“ oder von „linken Accounts“. Orientiert euch an seriösen Quellen. Im besten Fall wird es wie in den vergangenen Jahren einen Informationsticker geben.

Artikel auf Indymedia: 1. Mai AUF JETZ!


Text zugesandt von: anonym

Chronik: 10 Jahre Repression in Leipzig

Foto: twitter.com/VioletWolf161

Anknüpfend an die Chronik der Repression zum §129-Verfahren in Leipzig von 2014 versucht dieser Artikel einen Überblick der letzten zehn Jahre zu geben. Die Chronik von 2014 wurde daher ergänzt. Zudem werden Artikel über Rechte in Behörden und rechte Netzwerke aufgeführt. Diese Chronik wird sicherlich nicht vollständig sein. Heute ist der 13.12.2020.

Sie würden uns gern im Knast begraben…


2020

13. Dezember 2020: Das Rechtshilfe Kollektiv Chemie gibt der LVZ auskunft

Der von der Staatsanwaltschaft an den Tag gelegte Ermittlungseifer ist uns schon damals – in den Monaten nach dem Derby – aufgefallen. Zu mehreren Heim- und Auswärtsspielen von Chemie stand die Polizei mit sogenannten Fahndungs- und Lichtbildmappen martialisch an den Einlässen und hat nach Fans gesucht, die angeblich an Straftaten beteiligt waren. Ein ganz schön großer Aufwand gegenüber Leuten, die während eines Fußballspiels ihren Schal für ein paar Minuten zu hoch gezogen haben… Ob letztlich wirklich Anklagen/Strafbefehle wegen des Vorwurfs des schweren Landfriedensbruchs entstanden sind, wissen wir nicht genau. Vermutlich nicht. (1)

13. Dezember 2020: Die Kampagne #stillnotlovingpolice geht online

Mit dieser neuen Kampagne Still not loving Police .21! wollen wir nun endlich einmal die zahlreichen aktuellen und alten Themenstränge rund um die Polizei mit besonderem Fokus auf Leipzig bündeln. Schließlich werden hier und insbesondere in Connewitz so wie fast nirgendwo sonst in der Bundesrepublik die Probleme polizeilichen Handelns offenbar. Angereichert um zahlreiche Blogeinträge, Pressemitteilungen und Videos zeigen die folgenden Seiten ganz deutlich: Zwischen dem linXXnet und der Polizei funkt es einfach – bloß eher nicht vor großer Liebe.

Viel Spaß beim Erforschen dieser prallen Kampagnenseite und gewinnbringende Erkenntnisse wünscht

8. Dezember 2020: Neonazis wegen Angriff in Connewitz vor Gericht

Fast fünf Jahre ist der Angriff auf Connewitz nun her. Noch ist nicht mal die Hälfte der Täter verurteilt, der Ablauf ist aber inzwischen klar. Für ein Geständnis und Reue gibt es eine Bewährungsstrafe. So auch diesmal. Hatten die beiden im Prozess noch geschwiegen, war bei Prozessen gegen Komplizen eine andere Strategie erfolgreicher. Die Angeklagten in diesen Prozessen merkten schnell, dass sie mit einem Geständnis und ein bisschen Reue viel weiter kamen. Und so urteilten die Richter meist ähnlich: Eine Gefängnisstrafe bis maximal ein Jahr und mehrere Monate, die aber auf Bewährung erlassen wird. Dazu überwiegend eine Geldstrafe von unter 1000 Euro. Für die meisten kommt so ein Urteil einem Freispruch gleich. (1)

4. Dezember 2020: Weiterer Prozesstag wegen Silvester am Connewitzer Kreuz

Ein Jahr ist die Silvesternacht von Connewitz her, in der ein Polizist nach einem Angriff ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Der Vorfall entfachte eine bundesweite Debatte über linken Terror. Am Amtsgericht Leipzig ging in dieser Woche der Prozess gegen einen jungen Mann wegen tätlichen Angriffs auf einen Vollstreckungsbeamten weiter. Seine Unterstützer zeigten vor dem Amtsgericht Zusammenhänge zwischen den am Einsatz der Silvesternacht beteiligten Polizisten und Neonazis auf. (1, 2, 3)

2. Dezember 2020: Mehr “rechtsextreme Verdachtsfälle” in der Polizei Sachsen als gedacht

Laut einer kleinen Anfrage von Kerstin Köditz wurden seit 2014 weitere 20 einschlägige Vorfälle bekannt, allein sechs davon im aktuellen Jahr. Insgesamt waren daran 23 Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigte beteiligt. Unterm Strich stehen damit inzwischen sogar 37 Fälle im Raum. In fast allen der 20 ,neuen‘ Fälle wurden Disziplinarverfahren eingeleitet, die überwiegend noch laufen. Es kam bislang zu drei vorläufigen Dienstenthebungen und zu vier Entlassungen bzw. Beendigungen des Arbeitsverhältnisses. Fünf Personen wurde das Führen der Dienstgeschäfte untersagt. Das gilt auch für einen Beamten des LKA, der den ,Namen einer rechtsextremistischen Person als Deckname‘ in Berlin verwendet haben soll. Hier handelt es sich offenbar um jenen SEK-Angehörigen, der sich selbst den Namen des NSU-Mörders Uwe Böhnhardt verliehen hatte. Ein weiterer SEK-Beamte ist wieder im Dienst. (1, 2)

29. November 2020: Die Polizei kesselt fast 70 Menschen

Im Nachgang der Kundgebung „Weg mit dem PKK-Verbot“ mit etwa 200 Teilnehmenden am Sonntag, 29.11.2020, kam es in der Leipziger Innenstadt zu einem offensichtlich überharten Polizeieinsatz. Als sich einzelne Teilnehmer*innen der Kundgebung in kleinen Gruppen in Bewegung setzten, um zu einer anderen Kundgebung unter dem Motto „Freiheit für Öcalan“ auf den Markt der Stadt zu gelangen, kesselte die Polizei über 70 Personen kurz vor deren Ankunft am Marktplatz ein.Die zusammengetriebenen Menschen, darunter Minderjährige und auswärtige Gäste kurdischer Organisationen, führte die Polizei anschließend einzeln aus dem Kessel. Alle Personen hatten sich anschließend Identitätsfeststellungsmaßnahmen und Durchsuchungen zu unterziehen. Einige der gekesselten Menschen mussten sich sogar teilweise entkleiden, alle wurden durch die Polizei fotografiert. Laut der Polizei seien angebliche Verstöße gegen die Corona-Schutz-Verordnung die Grundlage der Maßnahme gewesen. (1)

21. November 2020: Beim zweiten “Querdenker-Aufmarsch” in Leipzig liegt der Fokus der Repression wieder auf dem antifaschistischen Protest

Wie bereits am 7. November richtet sich der polizeiliche Fokus nur auf den antifaschistischen Gegenprotest. Im Nachgang wird erklärt, die Soko LinX ermittelt. Während Corona-Leugner*innen mehrmals die Polizei angehen konnten und nichts passierte, wurden mindestens 109 Antifaschist*innen gekesselt und ihre Personalien wurden aufgenommen. (1, 2, 3)

20. November 2020: Zwei Hausdurchsuchungen vom 10. Juni waren rechtswidrig, da kein ausreichender Anfangsverdacht vorlag

Am 10.06.2020 fanden in Leipzig-Connewitz in fünf Fällen Hausdurchsuchungen unter dem Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung gegen eine Gruppe Neonazis am Bahnhof in Wurzen statt. Nun stellte das Landgericht Leipzig am 23.10.2020 per Beschluss die Rechtswidrigkeit zweier Hausdurchsuchungen und DNA-Entnahmen fest. Die Konstruiertheit des vermeintlichen Täter*innen-Kreis wird damit noch offensichtlicher. (1)

7. November 2020: Der größte rechte Aufmarsch in Leipzig seit Jahren

Am 7. November 2020 kam es in Leipzig zur – vorhersehbaren – Eskalation einer Demonstration von Corona-Leugnerinnen in Leipzig. Eine Melange aus Verschwörungsideolog*innen, Esoteriker*innen und Neonazis übernahm die Stadt. Die Polizei lies die Neonazis gewähren und ging am Abend in Connewitz mit mehreren Wasserwerfern gegen Antifaschist*innen vor. Im Nachgang ermittelt wie immer die Soko LinX. Ermittlungen gegen Neonazis, die mit Messern versuchten Gegendemonstrant*innen anzugreifen, sind nicht bekannt. Mehrere militante Neonazis waren extra angereist. Betrachtungen linker Gruppen in Leipzig zum Tag: 1, 2, 3, Hearing #le0711

5. November 2020: Lina wird in Connewitz verhaftet

Am 05.11.2020 führte die Generalbundesanwaltschaft einen Einsatz gegen vermeintliche Antifaschist*innen in Leipzig duch. Für eine von ihnen hatte das LKA einen Haftbefehl mitgebracht, mit welchem sie eine Person in Untersuchungshaft nahmen.
Den Beschuldigten wird vorgeworfen an mehreren Angriffen auf Faschisten beteiligt gewesen zu sein, beziehungsweise selbige geplant und vorbereitet zu haben. Ergänzt wird das ganze durch den obligatorischen Vorwurf, eine kriminelle Vereinigung nach § 129 StGB gegründet zu haben, deren Ziel es sein soll “Angriffe gegen Personen der Rechten Szene durchzuführen”. (1)

3. November 2020: Hausdurchsuchung und erkennungsdienstliche Behandlung wegen offensiven Tweets

Am Dienstag, den 03.11. fanden bundesweit Hausdurchsuchungen im Rahmen des europaweiten Aktionstages zur Bekämpfung von Hasspostings statt.
Dies wurde offenbar zum Anlass genommen, die Wohnung einer Linken unter den Vorwürfen „Billigung/Belohnung von Straftaten, in Tatmehrheit mit Beleidigung“ auseinander zu nehmen.
Aufhänger war ein Tweet vom 30. Dezember 2019 im Bezug auf die Brandstiftungen an Polizeifahrzeugen kurz vor Silvester. Des weiteren wird sie beschuldigt, am 21. Februar 2020 per Tweet den sächsischen Staatsminister für Wissenschaft Sebastian Gemkow, damals OBM Kandidat und mit deutlichen Spuren in die rechte Szene, beleidigt zu haben. Als letztes störten die Behörden sich noch an einem Tweet vom 06. September 2020, in dem sie sich zu den dreitägigen Riots anlässlich der Räumung der #Luwi71 und #B34 geäußert haben soll. Etwa 8 Beamt*innen durchsuchten allesamt unter unzureichendem Corona-Schutzmaßnahmen ihre Wohnung und Keller und beschlagnahmten sämtliche speicherfähigen Medien, wie Computer, Laptops, Smartphones, USB Sticks, sowie Zettel mit handschriftlichen Notizen. Sie wurde anschließend in die Polizeiwache Dimitroffstraße mitgenommen und erkennungsdienstlich behandelt. (1)

9. Oktober 2020: Eine Spontandemonstration in Connewitz endet im Kessel

Die Liebig 34 in Berlin wurde geräumt, daher kam es in Connewitz zu einer Spontandemonstration. Die Versammlungsbehörde warf der Demonstration “Unfriedlichkeit” vor und ordnete die “Auflösung” an. Die Polizei kesselte 80 Menschen in der Meusdorfer Straße und ermittelt wegen unterschiedlichen Tatvorwürfen. (1)

3. Oktober 2020 Polizeiruf 00

Wie die Bundespolizei am Hauptbahnhof Leipzig sich nicht für Nazi-tätowierungen interessiert, ein Bericht.

Ende September 2020: Erneuter Anquatschversuch in Leipzig

Ende September kam es erneut zu einem Anquatschversuch in Leipzig. Die Person wurde unvermittelt in ihrem Rückzugsraum von zwei Mitarbeiterinnen des „Bundesministerium des Inneren, Abteilung für Terrorismusbekämpfung“ angesprochen und zu den vergangenen Hausbesetzungen in Leipzig befragt. Die beiden Mitarbeiterinnen des BMI sagten offen, dass sie die Person der „linken Szene“ zuordnen und sie deswegen ansprechen – außerdem hatten sie einige Daten wie den vollen bürgerlichen Namen, beruflichen Werdegang und Repressionshistorie über die Person parat. (1)

25. September 2020: Erneute Hausdurchsuchung in Leipzig-Connewitz

Am Freitag, den 25. September 2020 kam es im Leipziger Stadtteil Connewitz mal wieder zu einer Hausdurchsuchung durch das LKA Sachsen, Dezernat 52 (Soko LinX). Laut Durchsuchungsprotokoll stellten Ermittlungen nach den Paragraphen §§ 242, 244 StGB (Diebstahl; Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchdiebstahl) die rechtliche Grundlage für die Durchsuchung dar. Konkretere Infos wurden auch nach der Durchsuchung nicht genannt. Die auf dem Protokoll aufgeführten Paragraphen stimmen allerdings mit den Anschuldigungen überein, die gegen den Betroffenen knapp zwei Wochen zuvor bei einer Festnahme ebenfalls aufgeführt wurden. Ermittelt wird bezüglich einem Privatwohnungseinbruch bei der leipziger Burschenschaft Germania wobei der Betroffene als Tatverdächtigter geführt wird. (1)

24. September 2020: Vorladungen wegen „Hausfriedensbruch“ nach versuchter Hausbesetzung in Leipzig – Connewitz

Am Folgetag der Räumung der mehrwöchigen Besetzung „Luwi71“ im Leipziger Osten wurden 4 Personen bei dem Versuch einer Hausbesetzung in Leipzig – Connewitz verhaftet. Die am 4. September 2020 kurzzeitige Hausbesetzung von einem Eckhaus der Bornaischen Straße verbreitete sich in den Medien als die Besetzung der „B34“. Die Personen wurden im Innenhof des Hauses von der Polizei angetroffen und in Folge dessen vor Ort durchsucht, inklusive einer Personalienaufnahme. Zudem beschlagnahmten die Polizei verschiedene Gegenstände, welche sie dort vorfanden, aber niemandem konkret zuordnen konnten. Nach wenigen Stunden wurden die Angetroffenen bis auf weiteres gehen gelassen. Sie bekamen eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch und einen Platzverweis rund um das Gebäude für 24h. (1)

12. September 2020: Wegen einer linken Demo wird ein weitreichender Kontrollbereich eingerichtet

Die Polizei hat im Kontext der Demonstration „Storm the Fortress – Break all Borders!“ einen weiträumigen Kontrollbereich eingerichtet. In einem Kontrollbereich ist die Polizei ermächtigt, Personen verdachtsunabhängig zu kontrollieren. ( 1 )

Anfang September #le0309 #le0409 #le0509 Räumungen von Besetzungen und Proteste

Am 21. August wird in der Ludwigstraße 71 ein Haus besetzt, welches am 2. September geräumt wurde. Bei der Demonstration “Tag X+1” kommt es dann zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Im Rahmen der “sozialen Kampfbaustelle” in Connewitz kommt es zu einer Besetzung am 4. September und Auseinandersetzungen am Abend mit der Polizei. Die Demonstration am 5. September in Connewitz wird durch die Versammlungsbehörde aufgelöst. (1)

26. August 2020: Erneuter Anquatschversuch durch den Verfassungsschutz

Am Mittwoch den 26.08.2020 um circa 16:15 Uhr standen zwei Personen vom Verfassungsschutz vor der Wohnungstür der Betroffenen in der
Südvorstadt. Sie fragten nach einem Gespräch über das „Black Triangle“ und waren noch dreist genug, ein Gespräch zu „Polizeigewalt“ und „Repression“ anzubieten. (1)

30. Juli 2020: Hausdurchsuchung wegen Connewitzer Silvesternacht 2019/2020

Am Morgen des 30. Juli kam es erneut zu einer Hausdurchsuchung in Leipzig Connewitz. Dem Beschuldigten wird „Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ im Kontext der Connewitzer Silvesternacht 2019/2020 vorgeworfen. Die Cops nahmen ein paar Schuhe, eine Jacke sowie zwei Schals mit. (1)

23. Juni 2020: Prozess wegen Silvester in Connewitz

Kevin ist die letzte Person, die nach den Ausschreitungen am Connewitzer Kreuz noch immer in U-Haft sitzt. Ihm soll nun wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, tätlichem Angriff und Beleidigung der Prozess gemacht werden. Nach der Silvester-Nacht leitete die Leipziger Polizei viele Ermittlungsverfahren unter verschiedenen Tatvorwürfen ein. Weil ein Cop sich im Einsatz am Ohr verletzte, wurde ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen versuchten Mords eingeleitet. (1)

10. Juni 2020: Mehrere Hausdurchsuchungen in Leipzig

Es fanden zahlreiche Hausdurchsuchungen in Connewitz, weiteren Stadtteilen und in anderen Städten statt. Für Leipzig sind diese Razzien die bisher umfangreichsten Durchsuchungsmaßnahmen gegen die „linke Szene“ seit Jahrzehnten.Es kommt zur DNA-Entnahmen bei den Betroffenen, erkennungsdienstlichen Behandlung und Beschlagnahmungen, unter anderem von Autos.
Im Einsatz sind: 65 Beamte vom Staatsschutz des LKA, 5 Beamte der KriPo Leipzig sowie 107 teils schwer bewaffnete Bereitschaftspolizist*innen.
Am Abend: spontane Demonstration mit über 400 Teilnehmenden in Connewitz. (1 , 2, 3, 4)

24. Mai 2020: Ein bereits verurteilter soll als Zeuge geladen werden, bei Aussageverweigerung droht Beugehaft

Wegen einer Spontandemonstration gegen den G7 Gipfel in Elmau in 2015 wird ein Genosse, der bereits im Strafverfahren verurteilt wurde, wiederholt als Zeuge vorgeladen. Die Staatsanwaltschaft will über diesen Weg weitere Teilnehmer*innen der Demonstration ermitteln. Vor einem Jahr verweigerte der Genosse die Aussage bei der Staatsanwaltschaft und wurde mit einem Ordnungsgeld in der unverhältnismäßigen Höhe von 400,-€ sanktioniert. Nun soll er vom Ermittlungsrichter erneut als Zeuge vernommen werden. Ein Ordnungsgeld wie bei der Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft, scheidet als Möglichkeit aus. Das bedeutet: Will das Gericht den Genossen zu einer Aussage zwingen, bleibt nur die Möglichkeit der Beugehaft, die bis zu 6 Monate dauern kann. (1, 2)

10. Mai 2020: U-Haft nach Auseinandersetzung in Connewitz

In der Nacht zum 10. Mai kam es zu Auseinandersetzungen mit den Cops in Connewitz. Drei Personen wurden verhaftet, für eine Person wurde U-Haft angeordnet. (1)

2. Mai 2020: Kontrollen in Connewitz

In der Nacht zum 2. Mai wurde mehrere Personen von den Cops in der Stö Ecke Bornaische Straße kontrolliert. U.a. wurde den Personen Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz vorgeworfen. (1)

April 2020: Urteile gegen zwei Menschen wegen der Abschiebung im Juli 2019

Am 3.4.2020 wurde das Urteil gegen zwei Angeklagte gefällt, die in Folge einer gewaltsam durchgesetzten Abschiebung in der Leipziger Hildegardstraße in der Nacht vom 09. auf den 10. Juli 2019 festgenommen worden waren. (1)

21. März 2020: Anquatschversuche & Hausdurchsuchungen

In den letzten Wochen gab es in Leipzig außerdem drei Hausdurchsuchungen: Eine Durchsuchung fand am 4.3. in Plagwitz statt und bezog sich auf die Linksunten-Soli-Demo am 25.1. Gesucht wurden Schuhe und Pullover, mitgenommen wurden Schuhe.Zwei Durchsuchungen fanden am 11.3 in Connewitz statt wegen den Riots zum G20 Gipfel in Hamburg 2017. (1, 2 )

12. März 2020: Weiteres Verfahren wegen 12.12.2015

Aufruf zur solidarischen Prozessbeobachtung. (1)

11. März 2020: Hausdurchsuchung wegen G20 in Leipzig

In den frühen Morgenstunden des 11.3. fanden in Leipzig Connewitz zwei Hausdurchsuchungen statt. Der Vorwurf bezieht sich auf gemeinschaftlichen schweren Landfriedensbruch, Brandstiftung und Verstoß gegen das Waffengesetz im Kontext der Ausschreitungen im Bereich der Elbchaussee, Hamburg, während des G20 Gipfels 2017. (1)

Januar 2020: Ein neues Polizeigesetz für Sachsen

Am 01.01.2020 tritt ein neues Polizeigesetz in Sachsen in Kraft. Die wichtigsten Änderungen haben wir in diesem Flyer dargestellt. (1)

Silvester in Connewitz

Wie die Jahre davor gibt es einen massiven Polizeieinsatz am Connewitzer Kreuz. Die Polizei streift in Gruppen über den Platz und “löscht” ausgebrannte Batterien. Es kommt wie all die Jahre davor zu den gewünschten Auseinandersezungen der Polizei. Ein Bereitschaftspolizist gibt zu, dass Unbeteiligte angegangen werden. Die Polizei verbreitet offensichtliche Falschmeldungen, die aber von fast allen Medien aufgegriffen werden. Der Polizeipräsident Torsten Schultze spricht in einem Interview von “Unmenschen” und leugnenet Polizeigewalt und Falschmeldungen. Menschen werden verhaftet und in U-Haft gesteckt und schnelle Verfahren eingeleitet. Die Soko LinX ermittelt wegen “versuchten Mord” an einem Polizisten. Wegen den Falschmeldungen der Polizei werden zwei Pressesprecher in die zweite Reihe geschickt. Ein Soligruppe gründet sich.

Indymedia: 1, 2 / Kreuzer: 1, 2, 3, 4, 5, 6 / TAZ: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9


2019

9. Oktober 2019: Spontandemonstration in Gedenken an Todesopfer in Halle von der Polizei angegriffen

Am Mittwochabend, 09.10.2019, führten mehr als 80 Personen eine Spontandemonstration im Leipziger Süden durch, um an die Todesopfer Jana L. und Kevin S. zu gedenken, die bei dem antisemitisch- und antifeministisch-motivierten Terroranschlag in Halle/Saale ermordet wurden. Die Polizei unternahm keine Bemühungen einer Kontaktaufnahmen, sondern versprengte die Demonstration und setzte einige Menschen fest. In den Medien wurde von „Randale“ gesprochen. Später verschickte die Polizei Vorladungen für ED-Maßnahmen. (1, 2, 3)

14. August 2019: Hausdurchsuchung in Berlin wegen Angriff auf Polizeiposten in Leipzig

Am Mittwoch, den 14.08.19, fand in einer WG in Berlin Neukölln eine Hausdurchsuchung statt. Der Anlass ist laut Durchsuchungsbeschluss ein Angriff mit Steinen und Farbe auf die Polizeiposten in Leipzig-Connewitz am 04.05.19. (1)

11. August 2019: Gefährderansprache in Leipzig zum G7 Gipfel in Biarritz

Am Sonntag den 11.August stellte das sächsische LKA einem Leipziger Genossen einen Drohbrief in Form einer Gefährderansprache zu. (1)

9. Juli 2019: Eine Abschiebung in Leipzig eskaliert

Am Abend vom 09.07 auf den 10.07. eskalierte es im Leipziger Osten. Eine geplante Abschiebung, am frühen Abend angesetzt, traf auf eine Stadtteilvernetzung, die an diesem Abend ihrem Namen alle Ehre machte. Innerhalb weniger Stunden wuchs die Masse an Menschen, die solidarisch die Abschiebung verhindern wollten von ungefähr 30 Blockierenden auf rund 500 Abschiebegegner*innen. Es kam zu massiven Übergriffen durch die Polizei und Festnahmen. Es gründet sich ein Solidaritätskomitee um der Repression zu begegnen. (1)

3. Juli 2019: Kurdische Genossin in Leipzig vom Verfassungsschutz bedroht

Am 03. Juli 2019 verschafften sich drei Mitarbeiter des Verfassungsschutz oder Staatsschutz Zutritt zur Geflüchtetenunterkunft in Leipzig-Grünau. Sie passten dort eine kurdische Genossin ab, um sie bei einem Kaffee zur Zusammenarbeit mit ihrer Behörde zu bewegen. Der Trupp der Schlapphüte, die sich türkisch als „Amt für Inneres“ vorstellten, bestand aus zwei Männern und einer türkischen Muttersprachlerin. Sie drohten der Genossin mit einer baldigen Abschiebung wenn sie nicht kooperiere, da sie Kontakt mit der kurdischen Freiheitsbewegung habe und ihnen die türkische Akte der Genossin vorläge, wo ihr eine hohe Haftstrafe drohe. (1)

20. Juni 2019: Wieder Anquatschversuch

Die 2 Personen haben sich vom Innenministerium Sachsen vorgestellt, wobei der Mann ausschließlich geredet hat, während sich die Frau im Hintergrund hielt. Aus dem Gespräch kann geschlussfolgert werden, dass es sich um einen Werbeversuch für eine V-Person handelt. Konkret wurde nach einer freiwilligen und anonymen Teilnahme an einer Studie zur Verhinderung von Straftaten gefragt. (1)

28. Mai 2019: Zwangsvorladung der Staatsanwaltschaft

Wegen einer Spontandemonstration im Sommer 2015 stand ein Genosse vor Gericht, der an den massiven Ausschreitungen beteiligt gewesen sein soll. Er verweigerte jede Aussage und holte sich eine zweijährige Haftstrafe auf Bewährung ab. Er wird trotz Verurteilung weiter von den Ermittlungsbehörden belästigt. Am Morgen des 28.05. wurde er zu einer zwangsweisen Vorladung der Staatsanwaltschaft Leipzig genötigt. (1)

3. Mai 2019: Wagendurchsuchung auf dem Wagenplatz Focke80 in Leipzig

Am Samstag, dem 03.05.2019, fand in den frühen Morgenstunden eine Wagendurchsuchung auf dem Wagenplatz Focke 80 statt. Dies ist bereits die zweite Durchuchung innerhalb eines dreiviertel Jahres, und folgt einem ähnlichen Muster. (1)

12. Februar 2019: Aufruf zur Solidarische Prozessbegleitung

Am 18.03.2017 wurde ein antifaschistischer Genosse von Cops aufgegriffen, erkennungsdienstlich behandelt und anschließend mit einem Bußgeld von 175€ für das Mitführen eines Schlauchschals und das vermeintliche Rufen von „ACAB“ belegt. (1)


2018

10. September 2018: Verfassungsschutz versucht es wieder

Am Abend des 10. September 2018 lauerte ein Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen einem Genossen nach Feierabend am Arbeitsplatz in Leipzig auf und versuchte ihn in ein Gespräch zu verwickeln. (1)

6. September 2018: #keinpolizeigesetz Wer jetzt nicht aufpasst…

In Sachsen gründen sich mehrere Initiativen gegen das geplante Polizeigesetz. Es finden hauptsächlich Proteste in Dresden statt. (1, 2,)

5. September 2018: Prozessbericht: Schlägerei am Alfred Kunze Sportpark

Als Rote Hilfe Ortsgruppe begleiten wir regelmäßig Gerichtsverfahren politischer Natur. Kürzlich begleiteten wir ein Verfahren gegen drei Fans des Leipziger Fußballvereins BSG Chemie Leipzig, der für seine linkspolitische Fanszene bekannt ist. Am 14. November 2015 fand ein Heimspiel der BSG Chemie im Alfred Kunze Sportpark in Leipzig gegen den Chemnitzer Kleinstverein Rapid Chemnitz statt. Eigentlich kein spannender Termin, fuhr jedoch vor Spielbeginn ein Bus mit Fans von Rapid Chemnitz vor. Die aussteigenden Fans provozierten dann mit „Juden Chemie“ Rufen und dem Zeigen eines Hitlergrußes. Daraufhin sollen es sich einige mutmaßliche Chemiefans nicht nehmen lassen haben und lösten den Faschos noch vor dem Stadion eine kollektive Fahrt ins Krankenhaus. So weit, so durchsetzungsstark. (1)

8. August 2018: Ra Ra Razzia…

In Leipzig kommt es verstärkt zu Hausdurchsuchungen wegen Lappalien. Vorgeworfen werden Sachbeschädigungen, wobei der Verdacht besteht, dass die Cops nicht wegen der im Durchsuchungsbeschluss benannten Tatvowürfe durchsuchen, sondern weil sie sich weitergehende Erkenntnisse zu Strukturen erhoffen.(1, 2)

6. Mai 2018: §129 in Leipzig – Linke Politik verteidigen

Zum Verfahren nach § 129 gegen Linke in Leipzig veröffentlicht die Rote Hilfe eine Broschüre. (1)

27. April 2018: Hausdurchsuchungen in Leipzig

In den frühen Morgenstunden des 27.4. fanden in Leipzig zwei Hausdurchsuchungen statt – eine im Süden, eine in einem Hausprojekt im Westen. Die Beschlüsse richteten sich gegen zwei Einzelpersonen, von denen eine in dem Hausprojekt wohnt. Der Vorwurf bezieht sich auf gemeinschädliche Sachbeschädigung. (1)

25. April 2018: Die Polizei verhaftet Jugendliche in Connewitz und misshandelt sie im Polizeiposten

Ende April werden vier Jugendliche in Connewitz von der Polizei verhaftet, die nach Darstellung der Polizei angeblich Graffiti mit politischen Parolen gesprüht haben sollen. Schon bei der Festnahme geht die Polizei mit Pfefferspray gegen die Jugendlichen vor. Vor der Fahrt in den Polizeiposten in der Wiedebachpassage werden sie unter Bedrohungen und Beleidigungen in Bauch, Rippen und auf den Kopf geschlagen. Einem Gefesselten wird sein Tascheninhalt – Geldscheine und ein Feuerzeug – unter dem Ruf „FRISS! FRISS! FRISS!“ in den Mund gestopft. Im Polizeiposten muss einer der Betroffenen gefesselt auf dem Boden vor einem leeren Stuhl knien. Aus dieser Stellung wurde er im Genick gepackt und hochgezogen. Auf Beschwerden, Einsprüche und Fragen nach Dienstnummern haben die Polizeibeamten mit weiteren Gewaltandrohungen und Beleidigungen reagiert.Nach einer Identitätsfeststellung ohne Benachrichtigung der Eltern und den geschilderten Misshandlungen konnten die Jugendlichen nach zwei Stunden Ingewahrsamnahme die Wache wieder verlassen. Mittlerweile werden vom Dezernat 5 (Staatsschutz) an diverse, vermeintlich graffitigeschädigte Hauseigentümer*innen Aufrufe für Sachbeschädigungs-Anzeigen verschickt. Diese enthalten die Klarnamen der betroffenen Jugendlichen und beschuldigen sie damit ohne jegliche Beweise als “Täter*innen” aller bemalten Hauswände in Connewitz. Die vier betroffenen Jugendlichen werden damit wahllos für alle möglichen Graffitis im Stadtteil verantwortlich gemacht. Alle Verfahren gegen die Polizei werden eingestellt. (1)

24. April 2018: War der Leipziger Polizeipräsident im Conne Island?

Die Rote Hilfe positioniert sich zum Treffen des Conne Island mit Bernd Merbitz. (1)

21. März 2018: Debattenbeitrag der Roten Hilfe

Es gibt eine öffentliche Diskussion über das verbreiten von unverpixelten Fotos und Videos auf Demonstrationen. (1)

8. März 2018: Als der Überwachungsstaat seine Kameras abschaltete

Ein Prozessbericht zu einem weiteren Verfahren wegen dem 12.12.2015 in Leipzig. (1)

25. Januar 2018: Bußgeldverfahren wegen antifaschistischer Gegenaktionen am 18.3.2017

Am 18. März 2017 fanden in Leipzig verschiedene Gegenaktionen gegen einen Naziaufmarsch der Partei „Die Rechte“ statt. Etliche Personen wurden an diesem Tage unter fadenscheinigen Vorwänden in Gewahrsam genommen und Ermittlungsverfahren eingeleitet, welche jedoch vor kurzem reihenweise eingestellt wurden. Seitdem werden Anhörungsbögen vom Ordnungsamt der Stadt Leipzig an die Betroffenen verschickt. (1)


2017

15. Dezember 2017: Wie die Staatsschutzabteilung arbeitet – Verurteilung wegen 11.01.2016 und Frauenkampftag 2016

In diesem Verfahren konnte wesentliches über die Arbeit des Staatsschutzes in Leipzig erfahren werden, es lohnt sich diesen Bericht zu lesen. Schließlich wurde der Genosse zusammengefasst zu 7 Monaten Freiheitsstrafe auf 2 Jahre Bewährung verurteilt, hinzu kommen 50 Sozialstunden. Die Strafe teilt sich in eine versuchte gefährliche Körperverletzung am 11.01.2016, die mit 6 Monaten bedacht wurde und eine einfache Körperverletzung am 12.03.2016, die mit 3 Monaten bedacht wurde. (1)

8. Dezember 2017: Antifaschist wegen 12.12.2015 angeklagt

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm einen Landfriedensbruch vor, also eine Gewalttätigkeit aus einer gemeinsam agierenden Menschenmenge heraus. (1)

22. November 2017: Der Einsatz von zivilen Tatbeobachter*innen bei linken Protesten

Bei den Anti-Legida-Protesten wurden zivile Tatbeobachterinnen eingesetzt, welche Gegendemonstrantinnen beobachtet haben. Die selben zivilen Tatbeobachterinnen waren sowohl bei mindestens vier anderen Gegendemonstrationen eingesetzt als auch bei den Protesten am 12.12.2015 in Leipzig. Dabei gelang es den verdeckt eingesetzten Cops, sich in der Menge der Aktivistinnen unerkannt zu bewegen, Gespräche zwischen diesen mitzuhören und sogar aktiv Kontakt zu solchen herzustellen, sowie das Begehen vermeintlicher Straftaten, wie z.B. Steinwürfe aus nächster Nähe, mitzuverfolgen. Auch hängten sie sich an Aktivist*innen ran, welche sich vom eigentlichen Schauplatz des Geschehens wegbewegten, um beispielsweise ihre Kleidung zu wechseln. (1)

21. November 2017: Neue Verfahren nach §129 werden bekannt

Seit 2015 laufen und liefen fünf §129 Verfahren, davon sind drei Verfahren aktuell nicht eingestellt. (1)

14. August 2017: „Kennen Sie diesen Hammer?“

Vor dem Landgericht Leipzig findet das Berufungsverfahren gegen einen Linken statt, der bei der Spontandemonstration am 5. Juni 2015 in Leipzig festgenommen wurde. (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7,)

26. Juli 2017: Kurze Fahnen auf Versammlungen zulässiges Demonstrations- und Koordinierungsmittel

Am 26. Juli 2017 fand am Amtsgericht Dresden eine Verhandlung gegen einen Leipziger Genossen, vertreten durch seine Anwältin, statt. Der Genosse wurde nach knapp einer Stunde Verhandlung mangels vollständiger Erfüllung des Tatbestandes freigesprochen.Der Vorwurf des Staatsanwalts Riedemann lautete auf Verstoß gegen das Sächsische Versammlungsgesetz, durch das Mitführen von Waffen oder sonstigen Gegenständen bei öffentlichen Versammlungen oder Aufzügen, die ihrer Art nach geeignet und bestimmt sind, Personen zu verletzen oder Sachen zu beschädigen.Konkret wurden bei dem Genossen auf dem Weg zu einer Gegenveranstaltung zum Tag der deutschen Einheit am 03.10.2016 in Dresden bei einer „gefahrenabwehrrechtlichen“ Beschlagnahmung zwei kurze Fahnen mit pinken Stoffen und Aktionskarten gefunden. (1)

3. Juli 2017: Infos zu den verschärften Widerstandsparagraphen

Folgend auf den Bundestagsbeschluss vom 27.04.2017, wo neben anderen Gesetzesverschärfungen auch die Erweiterung der Sanktionierungsmöglichkeiten von Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte, §§113ff. StGB, beschlossen wurde, traten die Änderungen am Dienstag, den 30.05.2017 in Kraft. (1)

18. März 2017: Repressionen in Verbindung mit dem Demogeschehen

Ermittlungsausschuss: Uns wurde von polizeilichen Kontrollen wegen angeblicher „Gefahrengebiete“ berichtet, Hubschrauber der Cops kreisten wohl mehrfach im Tiefflug über Projekte und es soll offene und verdeckte Obeservationen durch Cops und ihre zivilgetarnten Kolleg*innen gegeben haben. Auffällig war auch, dass die Cops vor allem gegen Jugendliche vorgegangen sind und diese durch Gewahrsamnahmen, Kontaktsperren, ed-Behandlungen und Ungewissheit über den Entlassungszeitpunkt offenbar einschüchtern und von weiteren Aktionen abschrecken wollen. Auch die Art und Weise des Vorgehens soll brachialer und unverhältnismäßiger als sonst gewesen sein (ed-Behandlung beim Tatvorwurf Plakatieren u.ä.). (1)


2016

18. November 2016: Die Polizei Leipzig verliert zwei Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht Leipzig hat in zwei rechtskräftigen Urteilen entschieden, dass die Polizei nicht grundlos Demonstrationen filmen und auch nicht die Kamera auf die Demoteilnehmerinnen richten dürfen, selbst wenn die Kamera nicht aufzeichnet. Hintergrund waren zwei Demonstrationen 2011 und 2012, auf denen es jeweils keinerlei Straftaten gab, vor denen aber ein Beweissicherungsfahrzeug der Polizei mit Kamera herfuhr. Das Gericht entschied, dass sich Demoteilnehmerinnen von auf sie gerichteten Kameras einschüchtern lassen und dann vielleicht ihr Versammlungsgrundrecht nicht mehr ausüben könnten. (1)

16. November 2016: Leipziger § 129-Verfahren gescheitert

Knapp drei Jahre lang ließen die auf Staatsschutzfälle spezialisierte Staatsanwaltschaft Dresden und zuletzt die übergeordnete sächsische Generalstaatsanwaltschaft gegen ein Phantom ermitteln: Bis zu 14 Beschuldigte sollen sich zu einer namenlosen “kriminellen Vereinigung” zusammengeschlossen haben, um “überwiegend in Leipzig gefährliche Körperverletzungen, Sachbeschädigungen und Brandstiftungen zum Nachteil von Personen” zu begehen, “die von dieser Gruppierung als rechts eingestuft werden.” Die Ermittlungsergebnisse stützen diese Behauptungen nicht. Denn unverhofft wurden in den vergangenen Tagen mehrere Personen über die Einstellung gegen sie gerichteter Ermittlungen informiert – und dass sie überhaupt Beschuldigte waren. Eine Anklage wird in dem Verfahren, dessen Existenz zeitweise geheimgehalten wurde, nicht erhoben. (1)

10. November 2016: Immer wieder Hausdurchsuchungen

Der Ermittlungsausschuss informiert über weitere Hausdurchsuchungen in Leipzig. (1)

Oktober 2016: Das Verfahren nach § 129 gegen Linke in Leipzig wurde ausgeweitet

Ermittlungen gegen zwölf Beschuldigte, die einer „linksextremistischen Gruppierung“ angehören und sich zu einer „kriminellen Vereinigung“ (§129 Strafgesetzbuch) zusammengeschlossen haben sollen, wurde auf vierzehn Personen ausgeweitet. (1)

14. Oktober 2016: Blockupy 2013 – Schadensersatz für Polizeikessel

Nach drei Jahren gibt es wieder die Möglichkeit die Polizei wegen einem Kessel in Frankfurt am Main auf Schadersatz zu verklagen. Jedoch wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden, dass die Klage zur Verfassungsbeschwerde nicht angenommen wird. (1, 2 )

29. September 2016: Fast alle Verfahren vom 15.01.2015 wurden eingestellt

Noch nie wurden so viele Gegenstände bei einem Kessel beschlagnahmt wie im Januar 2015 in Leipzig nach einer Spontandemonstration, dennoch mussten 196 Verfahren eingestellt werden. (1)

31. August 2016: Hausdurchsuchung in Leipzig

Im Zusammenhang mit den antifaschistischen Protesten gegen den Neonazi-Aufmarsch am 12. Dezember 2015 kommt es zu einer Hausdurchsuchung. (1)

23. Mai 2016: Verdachtsunabhängige Kontrollen

Der Ermittlungsausschuss klärt über eine polizeiliche Praxis in Leipzig auf, gerade mit Bezug zu den vielen rechten Versammlungen in der Stadt. (1)

2. Mai 2016: Die Polizei kesselt wieder Antifaschist*innen in Leipzig

Eine spontane Gegendemo auf dem Innenstadtring gegen einen Legida-Aufmarsch wir gekesselt. Obwohl der Legida-Aufmarsch an dieser vorbei geführt wird, werden alle Antifaschist*innen gekesselt und stundenlange Maßnahme zur Identitätsfeststellung unterzogen. Es wird die Kampagne „wir hätten uns dazu gesetzt“ begründet. (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9)

29. Januar 2016: Every fuck*ng monday – 1 Jahr Bilanz Legida

Nach einem Jahr Legida ist festzuhalten, dass die Cops stringent allen Naziaufmärschen den Weg freiräumen, egal mit welchen Mitteln oder mit welchem Gewaltpotential. Dieser Umgang unterscheidet sich dadurch wesentlich von der Handhabe mit den Aufmärschen um den Hamburger Nazi Christian Worch in den Jahren ab 1998. V.a. im ersten Halbjahr 2015 traten die Cops bei den Anti-Legida-Protesten brutal auf. Im Laufe des letzten Jahres kesselten sie immer öfter Antifaschist*innen ein und setzten regelmäßig (spätestens seit März 2015) zwischen 5 und 10% zivile Cops ein. (1)


2015

18. November 2015: Nach Protesten gegen eine AfD-Kundgebung werden Bußgeldbescheide verschickt.

Auf einer AfD-Kundgebung vor dem Bundesverwaltungsgericht forderte die Parteichefin Frauke Petry eine Diskussion über die nationale Identität. Mehrere hundert Menschen demonstrieren gegen die AfD. Die Polizei bedrängte einige Antifaschist*innen und kesselt diese und nimmt die Personalien auf. Später werden Bußgeldbescheide verschickt. (1, 2)

13. November 2015: Wie eine Leipziger Polizeieinheit linke Chemie-Fans terrorisiert

In einem Vice-Artikel wird über die Repression gegen linke Fußballfans berichtet: Faustschläge, Schlagstockeinsatz und Pfefferspray-Nebel—laut Fanberichten ging eine vermummte Einheit der Polizei nach dem Spiel der BSG Chemie Leipzig beim Heidenauer SV am Sonntagnachmittag brutal gegen die Chemie-Fans vor. Das „Rechtshilfekollektiv Chemie Leipzig e.V.” berichtet dabei von massiver und ungerechtfertigter Polizeigewalt gegen die Fans des Vereins. Es ist nicht das erste Mal, dass beide Seiten aneinander geraten. (1)

13. November 2015: Mehrere rechte Angriffe werden dokumentiert

In einem Beitrag wird auf mehrere rechte Angriffe im Zeitraum von August bis November aufmerksam gemacht. Zwei Monate später kommt es zum Neonazi-Angriff in Leipzig-Connewitz. (1)

9. November 2015: Die Polizei verletzt den „Falschen“

Marius Schmidt wird auf einer Gegendemonstration zu Legida von Polizisten verletzt und ist anschließend eine Woche arbeitsunfähig. Der 20-Jährige erstattet Anzeige, seine Familie verfasst einen Brief an den Polizeipräsident. (1, 2)

24. Oktober 2015: Repression nach erfolgreichen antifaschistischen Protesten

Ein rechter Aufmarsch in Markkleeberg wird von Antifaschistinnen begleitet. Im Anschluss kesselt die Polizei Antifaschist*innen ein. Es folgte eine stundenlange Maßnahme zur Identitätsfeststellung aller Versammlungsteilnehmer*innen und der Vorwurf Straftaten verübt zu haben. (1, 2, 3)

Oktober 2015: Ermittlungsausschuss informiert über Ermittlungen nach Demonstrationen

Nach vielen Demos dieses Jahr zeichnen sich bei uns folgende Erkenntnisse ab: Die Cops beschlagnahmen oft Smartphones von vermeintlich verdächtigen Versammlungsteilnehmer*innen, um diese als Beweismittel zu verwenden. Ob dabei nun der Tatvorwurf des Landfriedensbruchs oder nur Verstoß gegen das Versammlungsgesetz bemüht wird, spielt keine Rolle. (1)

September 2015: SEK-Beamte aus Leipzig liefern sich eine Schlägerei in einem Bordell in Hamburg

Acht Polizisten des Spezialeinsatzkommandos (SEK) Sachsen waren zu einem Erfahrungsaustausch mit Hamburger Kollegen des mobilen Einsatzkommandos (MEK) in die Hansestadt gekommen. Laut „Bild“-Zeitung gibt es „Zahlungsstreitigkeiten“in einem Bordell – worum genau, ist unklar. Zwei Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes seien daraufhin angerückt und hätten sich mit zwei Polizisten geprügelt. Angeblich soll dabei auch ein Baseballschläger zum Einsatz gekommen sein. Klar ist: Die Besatzung von drei Streifenwagen der nahe gelegenen Davidwache eilt kurze Zeit später zu Hilfe. Ein Polizeieinsatz für die Polizei. Der Chef des SEK ist der heutige Polizeipräsident von Sachsen, Horst Kretzschmar. (1, 2 )

Juli 2015: Der Verfassungsschutz versucht Menschen anzuwerben

Am Mittwoch, den 08.07.2015 kam es in Leipzig gleich zu mindestens zwei Anquatschversuchen durch das Landesamt für Verfassungsschutz. Die Verfassungsschützerinnen sprachen ihre Zielpersonen im Team oder auch allein direkt auf der Straße am Wohnort bzw. an der Arbeitsstelle an und wiesen sich als Mitarbeiterinnen des sächsischen Verfassungsschutzes aus. (1)

Juli 2015: Es wird von einer weiteren Hausdurchsuchung in Leipzig berichtet

Der Ermittlungsausschuss berichtet von einer weiteren Hausdurchsuchungim Juni, sie soll im Zusammenhang mit Gegenaktivtäten zu einem Neonaziaufmarsch in Döbeln gestanden haben. (1)

30. Juni 2015: Auswertung der Repression im Zusammenhang mit Legida

Ermittlungsausschuss Leipzig und Rote Hilfe Leipzig haben sich mit der Repression im Zusammenhang mit den Demonstrationen von Legida auseinandergesetzt. (1)

9. Juni 2015: Hausdurchsuchung in Leipzig

Nach einer Spontandemonstration am 5. Juni in Leipzig kommt es am 9. Juni zu einer Hausdurchsuchung. (1)

15. Januar 2015: Nach einer Spontandemonstration in Leipzig gibt es einen Kessel

Nach einer antirassistischen Demonstration mit mehreren hundert Menschen werden fast 200 Personen gekesselt. Es werden 187 Gegenstände beschlagnahmt, darunter 150 Telefone, Fotoapparate und Laptops. (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9,)


2014

Oktober 2014: Ermittlungen gegen „kriminelle Vereinigung“ halten an

Aus einer Landtagsanfrage ergibt sich Näheres zum Tatvorwurf im Leipziger §129-Verfahren: Die Staatsanwaltschaft Dresden wirft den Beschuldigten vor, „überwiegend in Leipzig gefährliche Körperverletzungen, Sachbeschädigungen und Brandstiftungen zum Nachteil von Personen begangen zu haben, die von dieser Gruppierung als rechts eingestuft werden.“ (1)

Juni 2014: Ermittlungen gegen „kriminelle Vereinigung“

Wie sich herausstellt, laufen in Leipzig Ermittlungen gegen zwölf Beschuldigte, die einer „linksextremistischen Gruppierung“ angehören und sich zu einer „kriminellen Vereinigung“ (§129 Strafgesetzbuch) zusammengeschlossen haben sollen. Nähere Hintergründe sind noch nicht bekannt. (1)

Juni 2014: Der Ermittlungsausschuss berichtet von Übergriffen durch die Polizei

In den letzten Wochen gab es wieder einige Übergriffe durch die Cops; zum Teil mussten sich die Betroffenen in ärztliche Behandlung begeben, andere wurden im Rahmen nicht nachvollziehbarer „verdachtsunabhängiger“ Kontrollen schikaniert. (1)

Mai 2014: Zweite Kameraüberwachung aufgeflogen

Erneut wird eine versteckte Videoanlage gefunden. Standort ist diesmal ein leerstehendes Haus im Stadtteil Plagwitz. Angeschlossen sind zwei Kameras, die in verschiedenen Blickwinkeln auf einen Straßenzug weisen. Durch Aufkleber „Polizei Sachsen“ ist die Urheberschaft schnell klar, nach Medienangaben war eine verdeckte Observation der Polizeidirektion Leipzig im Gange. Unklar bleibt bis auf Weiteres, ob ein Zusammenhang mit der kurz zuvor in Connewitz gefundenen Kamera besteht und in einem politischen Verfahren ermittelt wird. Dementiert hat es niemand. (1, 2)

5. Mai 2014: „Verfassungsschutz“ bezichtigt Antifa-Gruppe

Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen veröffentlicht seinen Jahresbericht für 2013. Im Fokus stehen „autonome“ Vereinigungen, als Paradebeispiel wird die „Antifaschistische Offensive Leipzig“ (AOLE) angeführt. Mehr noch: Das LfV bringt die AOLE – ganz ohne Belege – in Verbindung mit „Ausschreitungen“ Anfang März 2013, „bei denen Linksextremisten Fahrzeuge anzündeten und Sachbeschädigungen an Gebäuden begingen.“ Anlass war offenbar eine zuvor verbotene Demonstration (siehe unten). Bei der einzigen bekannten Quelle, die mit der Behauptung des Geheimdienstes korrespondiert, handelt es sich übrigens um einen damaligen Bericht der „Leipziger Internet-Zeitung“.

Mai 2014: Antifaschist*innen in Plauen gekesselt

Nach einer Blockade eines Neonaziaufmarsches wurden knapp 400 Antifaschistinnen zum Teil fünf Stunden in einem Kessel festgehalten und einzeln einer ausführlichen Identitätsfeststellung unterzogen. Die Polizei rechtfertigt die Maßnahmen mit Falschbehauptungen. (1, 2)

März 2014: Erste Kameraüberwachung aufgeflogen

In einem leerstehenden Wohnhaus in der Simildenstraße (Leipzig-Connewitz) wird eine aufwändige Kameraanlage entdeckt, von deren Position aus eine gegenüberliegende Häuserzeile samt Eingangstüren, Gehwege und die Straße im Blick waren. Die Polizei dementiert zunächst, dann gibt die Staatsanwaltschaft Dresden zu, die Einrichtung der „konspirativen Wohnung“ und den Betrieb der Kamera beauftragt zu haben. Die soll, als sie entdeckt wurde, angeblich noch nicht eingeschaltet gewesen sein. Unklar bleibt, worum es bei den zugehörigen Ermittlungen geht; es handelt sich um ein so genanntes „gesperrtes Verfahren“, das weiter verdeckt geführt werden soll. Aus dem sächsischen Justizministerium wird bekannt, dass im Stadtgebiet zwei weitere verdeckte Videoanlagen installiert sind, eine davon mobil. (1, 2, 3, 4, 5)

März 2014: Kameraüberwachung im öffentlichen Raum

Eine Begehung zeigt, dass mehrere augenscheinlich privat installierte Überwachungskameras im Stadtteil Connewitz tatsächlich auf öffentlichen Raum gerichtet sind. Zeitweise aufgezeichnet wurden offenbar die Einmündung zur Stockartstraße, die Kreuzung Biedermann-/Hammerstraße sowie der Spielplatz im Herderpark. (1)

Februar und März 2014: „Verfassungsschutz“ meldet sich

Mehrere Personen bekommen unerwartet Post vom Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen. Die Behörde informiert darin über Telefonüberwachungen (so genannte G-10-Maßnahmen) gegen verschiedene Personen und Projekte in den Jahren 1996 bis Anfang der 2000er. Betroffen waren unter anderem das Conne Island, der Buchladen El Libro, das damalige Bündnis gegen Rechts (BgR) und die Rote Antifaschistische Aktion Leipzig (RAAL). Den Betroffenen hielt das LfV ohne jeden Beweis vor, „Straftaten gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung zu begehen“. Unklar ist bislang, warum die Information so spät erfolgt, vom Gesetz her hätten die Briefe unmittelbar nach Ende der Überwachung abgeschickt werden müssen. Das Conne Island kündigt eine Klage an und verlangt Akteneinsicht. (1, 2, 3, 4)

6. Februar 2014: Eigener Polizeiposten für Connewitz

In den Räumen des bisherigen Bürgeramtes in Leipzig-Connewitz wird überraschend ein Polizeiposten eröffnet. Die neue Blaulichtfiliale wird begründet mit vorangegangenen „Anschlägen“, in deren Folge das Bürgeramt vorübergehend geschlossen wurde, und überhaupt sei die „öffentliche Sicherheit und Ordnung im Stadtteil“ zunehmend beeinträchtigt. Am Wochenende nach der Eröffnung des Postens zitiert die BILD-Zeitung Polizeiinformationen, wonach es umgehend zu zehn Angriffen auf den Posten gekommen sei und mit einem „Anschlag“ gerechnet werde. Das sächsische Innenministerium gibt später zu: Es gab bisher keinen „Angriff“ auf den Posten. Die Kosten für seinen laufenden Betrieb sponsert die Stadt Leipzig. (1, 2)

3. Februar 2014: Feuerlöscher-Angriff auf Antirassist*innen

Am Rande einer rassistischen Kundgebung im Stadtteil Schönefeld geht die Polizei rabiat gegen Protestierende vor. Eingesetzt wird neben Pfefferspray eine unkonventionelle Waffe: Ein Spezialfeuerlöscher, gefüllt mit einer zur ausschließlich Brandbekämpfung zugelassenen Chemikalie. Die Polizei verbreitete zunächst, es sei lediglich Wasser versprüht worden – eine Lüge, wie sich später herausstellt. In der Folge wird der Leiter der Bereitschaftspolizei ausgetauscht.(1) Konkrete Folgen für die Polizisten gibt es nicht, sie können angeblich nicht ermittelt werden.

Januar 2014: Einrichtung von „Kontrollbereichen“

Offenbar nach dem Vorbild Hamburg werden im Leipziger Süden an bestimmten Orten „Kontrollbereiche“ eingerichtet, in denen Personen anlasslos kontrolliert und zum Teil durchsucht werden. (1)


2013

Silvester 2013: Alles wie immer

Der Ermittlungsausschuss berichtet: „Wie vielleicht einige von Euch schon mitbekommen haben, kam es auch dieses Jahr am 31.12.2013 am Connewitzer Kreuz zu mehreren Ingewahrsamnahmen. Zudem wurden mehrere Personen durch Cops, zum Teil schwer verletzt.“ (1)

Oktober 2013: Revierleiter nennt Fußballfans „kriminelle Vereinigung“

Bei der Nachbesprechung zu einem Fußballspiel behauptet der Grimmaer Revierleiter Frank Gurke, eine Fangruppe der BSG Chemie Leipzig verhalte sich „wie eine kriminelle Vereinigung“. Die Bemerkung passte zu früheren Gerüchten, dass gegen Chemie-Fans tatsächlich nach §129 StGB ermittelt wird. Allerdings waren Gurkes Angaben nur ein Bluff, wie eine Landtagsanfrage kurze Zeit später ergab. Auch sonst hielt es der Polizist nicht so streng mit der Wahrheit: Falsch war auch seine Behauptung, die BSG Chemie betreibe in Leipzig-Connewitz einen gemeinsame Geschäftsstelle mit dem Verein Roter Stern Leipzig (RSL). Gurke wollte durch solche Hinweise das gewalttätige Durchgreifen seiner Beamten am Rande von Fußballspiels rechtfertigen, bei denen er – und nur er – „Linksautonome“ am Werke sah. (1, 2)

5. Juni 2013: Eine Spontandemonstration gegen Repression wird gekesselt

Knapp 20 der 70 Menschen einer friedlichen Spontandemonstration gegen Repression, werden gekesselt. (1, 2)

Juni 2013: Es kommt wieder zu einem großen Kessel in Frankfurt

Die Großdemo am 1.6.2013 wurde in der Nähe des Willy-Brandt-Platzes von der Polizei gestoppt und ca. 1000 Menschen für den Rest des Tages eingekesselt. (1)

Mai 2013: Peilsender gefunden

Zufällig wird bei einer Werkstattdurchsicht unter einem Auto ein professioneller Peilsender gefunden. Im Vorfeld war im Stadtteil Connewitz eine Observation aufgefallen, zudem wurden Polizeibeamte beim Inspizieren von Klingelschildern beobachtet. Wenige Tage nach dem Peilsenderfund wird berichtet, dass in Stuttgart ein baugleiches Exemplar aufgetaucht ist. (1)

2. März 2013: Weitere Demonstration verboten

Die Stadt verbietet eine für diesen Tag geplante Demonstration in der Innenstadt mit einer Allgemeinverfügung. Grund: Man habe keinen Kontakt mit den Veranstalter_innen herstellen können. In Aufrufen wurde zuvor für mehr Freiräume und zur Solidarität mit sozialen Kämpfen in Griechenland geworben. Um das zu unterbinden und das Verbot „umzusetzen“, patrouilliert ein Großaufgebot der Polizei durch den Leipziger Süden.

21. Februar 2013: Polizei will durchgreifen

Ein internes Strategiepapier der Polizei beschreibt die künftige „Gangart“ im „Problemstadtteil“ Connewitz. Unter anderem soll ein „Quartiersmanagement“ eingerichtet werden. Außerdem will die Polizei durchgreifen durch „Herausholen der Straftäter aus der Anonymität“ und verstärkte „Präsenz (uniformiert und zivil)“. Verwiesen wird auf „gute Erfahrungen beim Einsatz von Videotechnik“. Für das „Quartiersmanagement“ werden dann tatsächlich Gelder des Förderprogramms „Weltoffenes Sachsen“ locker gemacht – allerdings floppt das Projekt noch in der Planungsphase. (1)

2013: Auf „Komplexkontrollen“ folgen Streifen und Zivis

Nach dem vorläufigen Abflauen der „Komplexkontrollen“ (siehe unten) ändert die Polizei ihre Taktik und macht Connewitz anlasslos zu einem der am stärksten bestreiften Orte im Land. Mal sausen Streifenfahrzeuge im Minutentakt auf und ab, mal übernehmen Zivilfahrzeuge diese Aufgabe. Parallel werden zivile Fußstreifen eingesetzt. Gelegentlich werden Passant_innen durchsucht. Dies fällt besonders an Tagen auf, an denen die Polizei mit linken Aktionen zu rechnen scheint, und erstreckt sich über das gesamte Jahr. Eine vergleichbare Polizeidichte über einen längeren Zeitraum hat es zuletzt im April und Mai 2011 und damit offenbar im Zusammenhang mit einer Hausdurchsuchung (siehe unten) gegeben.


2012

7. Mai 2012: Aufruf zur Denunziation

CDU-Stadtrat Karsten Albrecht widmet sich in einem offiziös aussehenden Schreiben an Anwohner_innen der Connewitzer Auerbachstraße und fordert sie auf, „Erfahrungsberichte […] mit der links alternativen Szene“ zu fertigen und sie ihm zur Weiterleitung an die Polizei zu überlassen. (1)

26. April 2012: Erneute Hausdurchsuchung

In Leipzig durchsuchen Beamte des LKA Sachsen die Wohnung eines Antifaschisten. Die Maßnahme steht im Zusammenhang mit einem in Dresden geführten Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. (1)

2012: Inflation der „Komplexkontrollen“

Im Jahresverlauf führt die Polizei im Stadtgebiet zehn Mal tageweise so genannte „Komplexkontrollen“ durch. Im Vorjahr gab es nur vier solcher Aktionen. Zur Begründung wurde auf „Drogenkriminalität“ verwiesen. Tatsächlich war der Stadtteil Connewitz regelmäßiger Schauplatz dieser Kontrollen. Mitunter mussten sich etliche Personen vor einem örtlichen Supermarkt, der freilich keine illegalisierten Rauschmittel im Sortiment hat, in die Schuhe gucken lassen. In Medien wird derweil der Vorwurf erhoben, der damalige Polizeichef Horst Wawrzynski betreibe die peniblen Kontrollen zur Eigenwerbung. Er wollte Oberbürgermeister werden. (1)

20. April 2012: Blockadeversuch einer Veranstaltung im Neonazi-Zentrum endet im Kessel

Eine antifaschistische Aktion gegen die Veranstaltung zum „Hitler-Geburtstag“ endet für einige Antifaschist*innen im Kessel und beschert anderen „Zeugenvorladungen“. (1, 2)

31. März 2012: Kessel in Frankfurt bei M31

Betroffen waren auch einige Menschen aus Leipzig. Es wurde geklagt und für einige gab es „Entschädigungen“. (1)

25. März 2012: Antifaschist*innen sollen wegen angeblicher Vermummung Bußgelder bezahlen.

In Delitzsch kommt es zu massiven Angriffen durch Neonazis, daher findet am 25. März eine antifaschistische Demonstration statt. Der Ermittlungsausschuss informiert, dass „Bußgeldbescheide“ verschickt wurden. (1)

Januar 2012: Mit Tränengas ins neue Jahr

In der Neujahrsnacht geht die Polizei im Leipziger Süden mit Gewalt gegen mehrere Ansammlungen von Personen vor. Unter anderem werden in der Wolfgang-Heinze-Straße Tränengas-Kartuschen verschossen. Den reizenden Dämpfen sind etliche Unbeteiligte und Anwohner_innen ausgesetzt. Voraus gingen zwei Spontandemonstrationen, sie verliefen indes friedlich. (1)


2011

24. November 2011: „AG Stadtteilentwicklung Connewitz“

Der Kriminalpräventive Rat beschließt, die Arbeit ihrer „AG Stadtteilentwicklung Connewitz“ – vertreten sind etwa Polizei und Immobilienbesitzer – wiederaufzunehmen. Ziel ist die „Analyse der Ursachen zunehmender Gewaltbereitschaft“ sowie die „Entwicklung geeigneter Lösungsansätze“. Dabei wird, wie das Ergebnis im Februar 2013 zeigt (siehe oben), vor allem an die Polizei gedacht. Auch an die Einrichtung eines „Quartiersmanagements“ wird gedacht. Als das scheitert, löst sich die AG Anfang 2014 sang- und klanglos wieder auf. (1)

7. Oktober 2011: Neonazis im Reservistenverband

Neue E-Mails aus dem Innenleben der NPD zeigen: Beim Reservistenverband können NPD-Funktionäre ungestört mit Bundeswehrwaffen hantieren. (1)

24. September 2011: Strafbefehle wegen angeblicher Vermummung

Mehr als 2000 Menschen protestieren gegen das Nazizentrum in Leipzig-Lindenau. Kurz vor dem Ende der großen Antifa-Demonstration setzt die Polizei wahllos Teilnehmer_innen fest. Kurze Zeit später werden Strafbefehle zugestellt, unter anderem wegen angeblicher „Vermummung“. (1)

20. August 2011: Proteste gegen Nazis verboten

Die Stadt Leipzig verbietet eine für diesen Tag am Völkerschlachtdenkmal geplante Nazikundgebung. Eine linke Gegendemonstration wird wieder abgesagt, da die Stadt Auflagen diktierte, die einen Protest in Sicht- und Hörweite unmöglich machen würden. Und damit nicht genug: Die Stadt verbietet schließlich sämtliche Versammlungen an diesem Tag. (1, 2)

8. Juli 2011: Peilsender aufgeflogen

Hacker knacken einen Server von Zoll und Bundespolizei. Darauf abgelegt: So genannte Geo-Tracking-Daten, die offenbar von Peilsender herrühren, die an Autos angebracht waren. Die Daten zeigen, dass zumindest ein Pkw im Leipziger Süden „verwanzt“ war. (1)

12. April 2011: Hausdurchsuchung

Mit martialischer Ausstattung und in Begleitung von Pressefotografen stürmt und durchsucht die Polizei – parallel zu weiteren Objekten in Sachsen und Brandenburg – eine Wohngemeinschaft in Leipzig. Hintergrund ist ein in Dresden geführten Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Ein Vorwurf, der ein Jahr darauf zu einer erneuten Durchsuchung in Leipzig führt (siehe oben). In Leipzig demonstrieren 600 Menschen gegen die Hausdurchsuchung (1, 2, 3)

24. Februar 2011: Schlagstöcke gegen Anti-Nazi-Demonstration

In der Leipziger Innenstadt stoppt die Polizei eine Demonstration gegen das Nazizentrum in Lindenau. Dabei gehen Beamte mit Schlagstöcken vor und treffen damit auch eine bereits am Boden liegende Person. Berichte dazu dementierte die Polizei zunächst. Als Beweisfotos auftauchten, sprach sie von „Notwehr“. Als diese Darstellung in der Presse infrage gestellt wurde, ruderte die Polizei nochmals zurück und gab an, vom „Vorfall“ nichts Näheres zu wissen. (1)

19. Februar 2011 (Abend) in Dresden

Erstürmung des „Haus der Begegnung“, Festnahme und erkennungsdienstliche Behandlung (ED: Abfotographieren und Abnahme von Fingerabdrücken für polizeiliche Datenbanken) von 17 angetroffenen Personen, Beschlagnahme von 10 Laptops, 14 Handys und sämtlicher festinstallierter Technik.

19. Februar 2011: Das „Handygate“ von Dresden

Funkzellenabfrage durch die Soko 19/2 der Polizeidirektion Dresden an 14 verschiedenen Orten in der Dresdner Südvorstadt für bestimmte Zeitfenster (insgesamt ca. 9 Stunden) im Verfahren wegen besonders schweren Falls des Landfriedensbruchs (125a).
Mit Beschluss vom Amtsgericht Dresden vom 23. Februar 2011
Umfang: 138.630 Verkehrsdaten von 65.645 Anschlüssen, von 460 Telefonnummern die Bestandsdaten abgefragt. Video: „Sachsen dreht frei“ Ein Verantwortlicher ist auch Klaus Fleischmann, er wird 2020 vom Innenminister Rolland Wöller beauftragt das „Fahrradgate” in der Polizeidirektion Leipzig zu „untersuchen“. (1, 2,)


2010

Jahreswechsel 2010/2011: Gedenken an Kamal K.

Die LVZ tönt: „Chaoten halten sich zurück“ und lässt unerwähnt, dass es eine spontane Demonstration mit 300 Menschen in Gedenken an Kamal K. gegeben hat. (1, 2)

29. November 2010: Schneeballschlacht in Connewitz, die Polizei hat „schlimmeres verhindert“

Die Polizei rückt erstmals mit Hunden gegen die Schneeballschlacht am Connewitzer Kreuz an. ( 1)

24. Oktober 2010: Kamal K. wird in Leipzig von zwei Neonazis ermordet

Einer der beiden Neonazis ist der Sohn eines Leipziger Polizisten, dies wird für ihn in den Ermittlungen positive Folgen haben.

16. Oktober 2010: Neonazis wollen in Leipzig demonstrieren

500-600 Neonazis kamen nach Leipzig. Interessant ist die Auswertung des antifaschistischen Bündnis „roter Oktober“, es macht eine geplante Eskalation der Polizei öffentlich:„Hinsichtlich des Polizeieinsatzes wollen wir hier lediglich einen, dafür aber bemerkenswerten Vorfall dokumentieren, der den Versuch einer Polizeiprovokation gegen Antifaschist_innen betrifft. Offenbar war die Polizei unzufrieden damit, dass es am 16.10. keine „Ausschreitungen“ und damit keinen Grund zum Eingreifen gab. Folglich sollte eine Gewaltsituation geschaffen werden, um darauf gewaltsam reagieren zu können.“ Zudem wird erstmals eine Drohne eingesetzt. (1, 2)

25. Juni 2010: NPD-Veranstaltungen mit Hindernissen

Erneut finden Veranstaltungen in der Odermannstraße statt, eine Information für Anwohner*innen durch die Stadt und Polizei bleibt aus, obwohl es aus dem Objekt immer wieder zu Bedrohungen und Angriffen durch Neonazis kommt. (1)

19. Februar 2010: Verfahren gegen Critical Mass in Leipzig wird eingestellt

Bei dem Verfahren vor dem Amtsgericht Leipzig wird deutlich, dass Beweismittel der Polizei verschwunden sind, letztendlich platzt daher auch das Verfahren. (1)

24. Januar 2010: Antifaschist*innen stören in Leipzig ein Treffen von Neonazis für deren Aufmarsch in Dresden

Zum Ende der Demonstration setzt die Polizei gegen die Antifaschistinnen noch Pfefferspray ein. (1)

19. Januar 2010: Durchsuchung in Dresden

Die Polizei durchsucht Büroräume in Dresden sowie Berlin und beschlagnahmt Mobilisierungsmaterial des Bündnisses “Dresden Nazifrei” unter dem Vorwurf des Aufrufs zu Straftaten. Das Material rief zur Blockade des Naziaufmarsches auf. Das Verfahren nach § 129 gegen Antifaschist*innen in Sachsen beginnt im Jahr 2010. (1) In Leipzig protestieren spontan 170 Menschen gegen die Kriminalisierung. (2)


2009

Zum Jahreswechsel 2009/2010 ließen es Leipziger Neonazis in Großzschocher ordentlich Knallen.

Während Neonazis zu Silvester randalieren, stehen in Connewitz Hundertschaften der Polizei, Wasserwerfer und Räumpanzer. Ein paar Tage später kommt es zu einigen Schneeballschlachten am Connewitzer Kreuz. Die LVZ titelt: „Silvesterrandale mit Verspätung“. (1, 2, 3) Dezember 2009: Antirepressionsdemo in Leipzig
500 Menschen demonstrieren gegen das repressive Vorgehen staatlicher Institutionen im Leipziger Süden (301209.blogsport.de)

24. Oktober 2009: Neonazis greifen in Brandis Fans und Spieler des Roten Stern Leipzig an

Sogar die Polizei ist von dem geplanten Angriff in Brandis informiert, in der Region wissen alle Bescheid, verhindert wird der Angriff jedoch nicht, die Menschen müssen sich selber vor den Neonazis schützen. (1)


Text zugesandt von: anonym

Wegen technischer Probleme ist die Chronik nicht vollständig, sie wird in den nächsten Tagen ergänzt

Leipzig „Querdenken 711“ – bewaffnete Angriffe durch bekannte Neonazi-Kampfsportler und Trainer

Martin Krause (links) und Marko Zschörner (rechts) als Teil des organisierten Neonazi-Mobs in Leipzig (Bildquelle: Pixelarchiv)

Am 7. November 2020 griffen in Leipzig im Rahmen des rechten „Querdenken“-Aufmarsches bekannte Kampfsportler Journalist_innen und Gegendemonstrant_innen an, teilweise bewaffnet. An einem dieser Übergriffe beteiligte sich auch der Leipziger Kampfsportler und Krav Maga-Trainer Marko Zschörner („Bushido Free Fight Team“), sowie sein Schüler Martin Krause. Zschörner soll dabei einen messerartigen Gegenstand mit sich geführt haben.

Aus Augenzeugenberichten der Gewaltexzesse vom vergangenen Samstag (7. November 2020) in Leipzig wird klar: der rechte Mob, der dort Journalist_innen, Gegendemonstrant_innen und die Polizei angegriffen hatte, muss sich im Vorfeld organisiert haben. Die Übergriffe waren dabei, laut unzähligen Twitter-Meldungen, schon am Vormittag absehbar. Denn die bis zu 500 organisierten Neonazis und rechten Hooligans bauten seit ihrer Ankunft am Augustusplatz, dem Kundgebungsort von „Querdenken“, eine Drohkulisse auf, mit der die Presse und Beobachter_innen des Szenarios eingeschüchtert werden sollten.

Drohkulisse wurde schon Stunden vor dem Aufmarsch-Versuch aufgebaut

Schwarz gekleidet und durchweg vermummt, sammelte sich der rechte Mob am Augustusplatz, Zugang Goethestrasse, als geschlossene Gruppe, bis dann gegen 15:30 Uhr eine vermeintliche Auflösung der Kundgebung durch die Polizei begann. Was dann folgte war, dass dieser bedrohlich wirkende Mob in Richtung des Hauptbahnhofs versuchte zu gelangen. Dabei wurde die eingesetzte Polizei massiv mit Pyrotechnik und Flaschen attackiert. Bis in die Abendstunden zog der organisierte Mob durch die Straßen rund um die Wintergartenstraße und den Hauptbahnhof. Etliche Gegendemonstrant_innen, Journalist_innen und Einsatzkräfte wurden verletzt. Erst nach 20 Uhr wurde die Polizei der Situation habhaft.

Diese dargelegten Ereignisse sind das, was in vielen Medienbeiträgen aktuell für Furore sorgt. Dabei wird kaum erwähnt, dass größere Neonazi-Gruppen schon vor dem Aufmarsch-Versuch am Nachmittag an zahlreichen Stellen rund um die „Querdenken“-Kundgebung die Auseinandersetzung mit Demonstrant_innen antifaschistischer Bündnisse suchte. Vor allem in den Seitenstraßen um die überfüllte Einkaufstraße Grimmaische Straße kam es zu zahlreichen Übergriffen, wie auch um die Moritzbastei – dort, wo sich unweit am Roßplatz antifaschistische Demonstrant_innen versammelt hatten.

Marko Zschörner (1) und Martin Krause (2) treten den Rückzug an, nachdem sie Gegendemonstrant_innen an der Moritzbastei angegriffen hatten (Bildquelle: LVZ-Liveticker vom 7.11.2020)

Tatsächlich berichtete die Leipziger Lokalzeitung LVZ in ihrem Info-Ticker ganztägig über die Geschehnisse und veröffentlichte gegen 14 Uhr einen Fotosatz samt Video von einem dieser gewalttätigen Auseinandersetzungen an der Moritzbastei. Die Bilder zeigen bis zu zehn vermummte Neonazis, wie sie an einer Straßenecke am Kurt-Masur-Platz die Konfrontation suchen und finden. In dem Video hört man zudem eine Person mehrmals warnend sagen: „der hat ‘nen Messer“.

Mitglieder des „Bushido Free Fight Team“ als bewaffnete Angreifer

Wie Recherchen ergaben handelt es sich bei den angreifenden Neonazis an der Moritzbastei um bekannte Kampfsportler und Hooligans aus Leipzig. Bei einem – der an dem Tag nur maskiert herum lief, jedoch durch sein Basecap wiedererkennbar ist – handelt es sich um Martin Krause.
Mit rund 100 weiteren Neonazis hatte er sich am Vormittag auf einem Parkplatz an der Alten Messe gesammelt, um dann als geschlossene Gruppe in Richtung Zentrum zu fahren. In der Gruppe befanden sich diverse Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet. Krause selbst war offenbar in einer Kleingruppe mit Yves Rahmel aus Chemnitz organisiert. Rahmel ist bekannt durch seine Aktivitäten im Handel mit RechtsRock-Produktionen über das Label „PC Records“ und wird der Nachfolgestruktur von „Blood & Honour“ in Deutschland zugerechnet.

Martin Krause (1) und Yves Rahmel (2) auf dem Weg zum Augustusplatz am Morgen des 7. November 2020 (Bildquelle: Pixelarchiv)

Martin Krause bestritt etliche Kämpfe auf kommerziellen, rechts-dominierten Fightnights, wie der „Ostdeutschland kämpft“-Gala im Februar 2018. Seinen Kämpfernamen „The Bouncer“ bekam er durch seine Tätigkeit als Türsteher bei der rechten Sicherheitsfirma „Black Rainbow Security“ aus Leipzig. Eindrücklich beschrieb das Antifaschistische Infoblatt 2018 u.a. die Verbindungen der sächsischen Neonaziszene mit der Sicherheitsbranche und geht dabei auch auf Krauses Aktivitäten ein.

Links: Martin Krause (1.v.l.) und andere Anhänger der „HooNaRa-Eastside“ auf dem „HoGeSa“-Aufmarsch im Oktober 2014 in Köln (Bildquelle: Pixelarchiv) ; Rechts: Martin Krause auf einer Weihnachtsfeier der „Black Rainbow“-Security in Leipzig, bekleidet mit einem „HooNaRa-Eastside“-T-Shirt

Krause stammt ursprünglich aus dem Raum Zwickau und war dort an die Kameradschaft „Glauchauer Jungs“ angebunden. Gleichzeitig fing er in frühen Jahren an, Kampfsport zu trainieren und nahm für seinen damaligen Verein „Boxclub Chemnitz 94 e.V.“ auch an Meisterschaften im Kickboxen teil. „Schlagen ist mein Vorteil“, sagte er Mitte der 2000er Jahre in einem Interview dem Sender „Sachsen Fernsehen“ im Rahmen seiner Vorbereitung auf die „9. Saxony Open“.

Im Verein erlernte er letztendlich die Grundlagen für seine Karriere als „Gewalttäter rechts“. Denn in Chemnitz schloss er sich der berüchtigten, extrem rechten Hooligan-Gruppierung „HooNaRa“ („Hooligans Nazis Rassisten“) an. Mit diesem Zusammenhang nahm er etwa an dem gewaltsamen Aufmarsch von HoGeSa („Hooligans gegen Salafisten“) 2014 in Köln teil. Im Januar 2016 war Krause zudem einer von rund 220 Neonazis und Hooligans, die im Nachgang der schweren Angriffe auf Häuser und Geschäfte im alternativen Stadtteil Leipzig-Connewitz von der Polizei festgesetzt wurden. Im März 2019 war Krause Teilnehmer der Beerdigung des Chemnitzer Neonazis und Gründers der „HooNaRa“, Thomas Haller.
In Leipzig gehört Krause mittlerweile seit Jahren zum festen Kern des „Bushido Free Fight Team“ und bestritt für das Gym diverse Kämpfe.

Links: Marko Zschörner, in der selben Weste bekleidet wie am 7. November 2020 in Leipzig; Mitte: das „Bushido Free Fight Team“, vlnr.: Martin Krause, Marko Zschörner und Brian Engelmann; Rechts: Martin Krause auf der Beerdigung von Thomas Haller im März 2019 in Chemnitz (Bildquelle: Flickr, Tim Mönch)

Marko Zschörner, Headcoach des „Bushido Free Fight Teams“, war am 7. November 2020 in Leipzig ebenfalls Teil des gewalttätigen Mobs. Nicht nur am Augustplatz selbst hatte er sich unter die vermummten Neonazis gemischt (siehe Titelbild), sondern war Teil der beschriebenen Neonazi-Gruppe, die an der Moritzbastei antifaschistische Demonstrant_innen angegriffen hatten.

Ihm dürfte auch der mehrfach warnende Ruf „der hat ‘nen Messer“ gegolten haben. Denn wie man in einem Video zu dem Angriff erkennt, hielt Zschörner einen Gegenstand in seiner rechten Hand. Anwesende Journalist_innen berichteten uns auf Nachfrage, dass es sich dabei um eine Art Messer mit länglichen Griff gehandelt habe. Diese Waffe soll er gezogen haben, nach dem es zu einer körperlichen Auseinandersetzung mit den anwesenden Demonstrant_innen gekommen war.

„If you can‘t be safe, be deadly“ – übersetzt „Bist du nicht sicher, sei tödlich“ – kommentierte er eines von vielen Bildern auf seinem Social-Media Profil. Auf den Bildern präsentiert er offenbar seine Sammlung von Einhandmesser, darunter auch eins, welches einen länglichen Griff besitzt und an einem Autoschlüssel als Anhänger angebracht ist.

Linkes und rechtes Bild: eine bisher unbekannte Person, die offenbar ebenfalls eine Waffe benutzte; Mitte: Marko Zschörner mit einem messerartigen Gegenstand in seiner rechten Hand (Bildquelle: Screenshot eines Videos, LVZ-Ticker vom 7.11.2020; Pixelarchiv)

Auch eine andere, bisher unbekannte Person führte während des Angriffs an der Moritzbastei einen metallischen Gegenstand als Waffe bei sich, wie man in dem Video erkennt.

Der ehemalige MMA-Kämpfer und BJJ-Europameister Marko Zschörner unterrichtet selbst u.a. die Selbstverteidigungsform Krav Maga. Zudem gibt er unter dem Namen „Blade Bastards Leipzig“ Seminare, in denen er den Umgang mit Messern lehrt. Auf einem dafür erstellten Social Media-Account namens „Virtus Semper Paratus“ schrieb er wenige Tage nach dem „Querdenken“-Aufmarsch in Leipzig: „Geh nie UNTERMESSERT aus dem Haus“, dazu ein Zwinker-Smiley.

Offenbar führt Marko Zschörner ständig diverse Messer mit sich, wie er in einem Beitrag vom 12. November 2020 auf einem seiner Social Media-Accounts Preis gibt (Bildquelle: Screenshot Instagram)

Schon seit Jahren klären Antifaschist_innen über das „Bushido Free Fight Team“ und deren einschlägig rechtes Klientel auf. Denn auch eine weitere Person, die im Januar 2016 an den Angriffen in Connewitz beteiligt war, gehört zum Stamm des Gyms: Brian Engelmann.

Dass Zschörner Messer als Waffe einsetzt spricht Bände, war er 2008 doch selbst Opfer eines Messerangriffs. Marko „The Bulldog“ Zschörner war damals in die brutalen Auseinandersetzungen im sogenannten „Diskokrieg“ in Leipzig involviert und gehörte einer Allianz rechter Sicherheitsunternehmen an, die ihre Vormachtstellung an den Türen im Zentrum der Stadt durchzusetzen versuchten.

9. Mai 2020: „Corona-Meditation“ am Leipziger Augustusplatz. Initiiert hatte das Treffen Marko Zschörner (Bildquelle: Pixelarchiv)

Dass er an der rechten Kundgebung von „Querdenken“ teilnahm, war absehbar. Schon im Mai diesen Jahres initiierte er ein öffentliches Meditations-Treffen auf dem Augustusplatz. Dieses richtete sich gegen die Maßnahmen im Zuge der Infektionsschutz-Bestimmungen. Bekleidet war er dabei in einem T-Shirt verschwörungstheoretischer Impfgegner.

Organisierte Angriffe durch Protagonisten der extrem rechten Kampfsportzene

Politik und Behörden müssen die gewalttätigen Netzwerke endlich beim Namen nennen und einordnen. Denn nicht nur Kampfsportler und Hooligans aus dem „Bushido“-Gym waren Teil des organisierten Mobs, sondern auch Personen aus dem „Imperium Fight Team“ aus Leipzig, darunter Benjamin Brinsa und Fabian Nebe. Auch aus anderen Städten waren Gewalt-und Kampfsporterfahrene Neonazis nach Leipzig gereist: u.a. Dennis Dollberg, Christian Steiner und Henrik Ostendorf aus Bremen, Tim Kühn und weitere Neonazis um das rechte Kampfsport-Event „Tiwaz“ aus Chemnitz, Personen vom rechten „Fightclub 062“ aus Sachsen-Anhalt, Angehörige der Gruppe „Knockout51“ aus Eisenach und diverse Neonazis und Hooligans aus Dresden, Halle, Zwickau, Rostock und Niedersachsen. Ganz zu Schweigen von den offensichtlichen, extrem rechten Strukturen um die „Jungen Nationalen“, NPD und „Der Dritte Weg“.

Exemplarisch dargestellt: Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet waren Teil des organisierten Mobs. Links: Benjamin Brinsa und Fabian Nebe (Bildquelle: Flickr, Marco Kemp); Mitte: Henrik Ostendorf vom Team des „Kampf der Nibelungen“ (Bildquelle: Flickr, Pixelroulette); Rechts: Steffen Bösener, Kämpfer auf dem rechten „Tiwaz“-Turnier 2018 und 2019 (Bildquelle: Pixelarchiv)

Wieder einmal war Sachsen der Schauplatz für die bundesweit vernetzte Struktur. Etliche Parallelen zu den Mobilisierungen im Spätsommer 2018 in Chemnitz, aber auch jüngst zum Aufmarsch von „Querdenken“ im Sommer 2020 in Berlin drängen sich dabei auf. Bei beiden Aufmärschen kam es zu Gewaltausbrüchen und bedrohlichen Szenarien.


Text zugesandt von: Recherche LE

Auch veröffentlicht bei “Runter von der Matte”


Kommentar der Kampagne “Runter von der Matte“:

Dass sich Hooligans, Neonazis und andere Menschenfeinde seit Jahren für den sogenannten „Tag X“, bzw. für Straßenkämpfe wie am Wochenende in Leipzig vorbereiten, ist unlängst bekannt. Ihre Fähigkeiten erlangen sie auch in Kampfsport-Gyms. Auch das ist bekannt. Eine neue Dimension dürfte dabei sein, dass sich sowohl Krav Maga-Trainer wie Zschörner, als auch sein Schüler Martin Krause gemeinsam in solchen Auseinandersetzungen wieder finden.

Es zeigt einmal mehr, klar und deutlich, dass die extreme Rechte Kampfsport für organisierte gewalttätige Übergriffe missbraucht und dabei auch vor dem Gebrauch von Waffen nicht zurück schreckt.

Wir als Kampagne fordern deshalb erneut, dass sich Krav Maga,- Kickbox-und BJJ-Verbände von Zschörners „Bushido“-Gym distanzieren und ihn von Veranstaltungen ausschließen. Wir fordern, dass ihm Lizenzen entzogen werden, er als Trainer in seinem Gym nicht mehr aktiv sein kann und von Seminaren ausgeschlossen wird. Nur so ließe sich vielleicht eindämmen, was viel zu lange schon geduldet und gefördert wurde.

Sonderseite zum “Querdenken” – Aufmarsch am 7. November in Leipzig

Hier kommt ihr auf die Sonderseite, schaut regelmäßig darauf:

Gegen den “Querdenken”-Aufmarsch

Die wichtigsten Informationen:

Für den 7. November mobilisiert die verschwörungsideologische und rechtsoffene “Bewegung Leipzig / Querdenken 341” bundesweit für eine Veranstaltung “Die zweite friedliche (R)Evolution – Geschichte gemeinsam wiederholen” nach Leipzig. Ab 13 Uhr soll es auf dem Augustusplatz längere Redebeiträge geben. Im Anschluss ist eine Demonstration mit Kerzen auf dem Innenstadtring geplant. “Querdenken” hat noch weitere Orte am Samstag angezeigt:

  • Kurt-Masur-Platz (vor der Moritzbastei)
  • Bundesverwaltungsgericht / Simsonplatz
  • Bayerische Bahnhof
  • Thomaskirchhof

Bereits am Freitag, den 6. November, will die verschwörungsideologische Initiative “Köln ist aktiv” eine Demo auf dem Markt von 19:30 – 23 Uhr veranstalten.

Der geplante Fahrradkorso wurde angeblich abgesagt, es wird jetzt zum Autokorso mobilisert. Es ist jedoch gut möglich, dass Karsten Wolf dennoch mit seinem Lastenrad unterwegs ist, also achtet darauf. (Geplant für die Fahrradtour war folgende Route: Lindenauer Markt über die Zschochersche Straße, Industriestraße, Könneritzstrasse, Scheußiger Weg, Karl-Liebknecht-Straße, Roßplatz, Georgiring, Eisenbahnstraße, Hermann-Liebmannstraße, Wurzener Straße und die Dresdner Straße zum Augustplatz führen.)

Autokorso ab 10 Uhr bei der Straße des 18. Oktober an der alten Messe geplant.

Ebenfalls am 7. November will Michael Stürzenberger von 12 – 19 Uhr eine Kundgebung auf dem Markt gegen den Islam abhalten.

Bodo Schiffmann, der “Erfinder der Freidenker-Bommel” plant bereits mit seinem Tourbus ab 6. November in Leipzig zu sein und Veranstaltungen zu machen und ruft dazu auf auch länger zu bleiben.

Antifaschistischer Protest?

Leipzig nimmt Platz” mobilisiert zu einer Gegendemo ab 13 Uhr auf dem Augustusplatz.

Prisma Leipzig: Treffpunkt: 13:00 – Wilhelm-Leuschner-Platz (Innenstadtseite)

Weitere Anlaufpunkte werden ergänzt.

Weitere Artikel auf Indymedia:

Spreadshirt: Antisemitische T-Shirts, Neonazi in der IT

Wegen antisemitischer T-Shirt-Motive steht das Leipziger Unternehmen sprd.net derzeit in der Kritik. Dessen Plattform “Spreadshirt” ermöglicht es Menschen, einen eigenen Shop zu eröffnen und Kleidungsmotive hochzuladen. Um den Druck – etwa auf T-Shirts oder Mützen – und den Versand kümmert sich Spreadshirt.

Twitter-User machten publik, dass zahlreiche antisemitische Motive verfügbar waren, die erst nach expliziten Hinweisen entfernt wurden. Darunter waren Aufdrucke mit Bezug auf die Corona-Krise, etwa ein gelber Davidstern mit der Inschrift “nicht geimpft” – ein mehr als geschmackloser Versuch von Impfgegnern, die eingebildete Verschwörung gegen sie mit dem Holocaust zu vergleichen. Aber auch Sprüche wie “Jude in meinem Aschenbecher” waren bei Spreadshirt zu finden.

Nachdem Spreadshirt darauf aufmerksam gemacht wurde, sperrte die Firma offenbar jeweils nur das Produkt, nicht den Händler. Auch nach ähnlichen Motiven wurde anscheinend nicht gesucht. In einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung, die das Motiv mit dem gelben Davidstern verharmlosend als “impfkritisch” anteasert, erklärt eine Sprecherin von Spreadshirt: “Wir prüfen alle Designs mit unterschiedlichen Filtern, technischen und menschlichen”, wobei hochgeladene Motive “zunächst nur automatisiert gefiltert” werden. In uneindeutigen Fällen entscheide das “Content Review Council”. Angesichts der Aussage, dass dieser firmeneigene Ethikrat derzeit über Motive der antisemitischen “QAnon”-Verschwörungsideologie abstimmen muss, sind die “Community-Richtlinien” von Spreadshirt offenbar lückenhaft.

Hinter den Kulissen hat die Firma ein weiteres Problem. Bei Spreadshirt arbeitet nach eigenen Angaben der Leipziger Neonazi Jerome Döring seit 2017 als Softwareentwickler. Jerome Döring und seine Ehefrau Moriia Döring sind in der deutschen und internationalen Neonazi-Szene vernetzt.

Jerome Döring besuchte etwa das Neonazi-Festival “Rock gegen Überfremdung 2” am 15. Juli 2017 in Themar (Thüringen) und die Neonazi-Veranstaltung “Jugend im Sturm” am 7. Juli 2018. Ein Foto zeigt ihn im Gespräch mit Olena Semenyaka und dem Neonazi-Musiker und verurteilten Mörder Hendrik Möbus. Olena Semenyaka ist Kontaktperson für Auslandsangelegenheiten des Regiment Asow, einer bewaffneten Miliz aus Neonazis, die im Ukraine-Konflikt kämpft. Das Logo der Miliz erinnert an das Abzeichen der SS.

Olena Semenyaka, Hendrik Möbius und Jerome Döring bei der Naziveranstaltung “Jugend im Sturm” der Neonazi-Partei “Der III. Weg” am 7. Juli 2018 in Kirchheim (Thüringen). Foto: Pixelarchiv

Semenyaka ist gern gesehener Gast bei sächsischen Neonazis, wo sie mehrfach in Begleitung von Moriia Döring war. Wie Semenyaka stammt auch Moriia Döring, die vor ihrer Hochzeit Moriia Savina hieß, aus der Ukraine. Als Semenyaka am 12. Mai 2018 beim “Europakongress” der NPD-Jugendorganisation “JN” in Riesa als Rednerin auftrat, waren auch Jerome und Moriia Döring unter den Teilnehmern. Sie trafen dort zusammen mit Nils Budig ein, dem Inhaber des neonazistischen Musiklabels “Wewelsburg Records”. Diese Verbindung in die Rechtsrock-Szene passt ins Bild, ist Jerome Döring doch auch mit der Leipziger Neonazi-Band “Thematik 25” befreundet.

Jerome Döring, Moriia Döring und Nils Budig beim “Europakongress” der “Jungen Nationalisten” am 12. Mai 2018 in Riesa (Sachsen). Foto: Recherche Nord

Zuletzt nahmen Jerome und Moriia Döring am 8. Februar 2020 am die Wehrmacht verherrlichenden “Ausbruch-Marsch” in Budapest teil.

Ob der studierte Informatiker Jerome Döring bei Spreadshirt Zugriff auf Kundendaten hat, wissen wir nicht. Mit seinen Kenntnissen im Bereich des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz könnte er hingegen durchaus mitverantwortlich sein für den automatischen Filter, der immer wieder antisemitische Motive durchlässt.


Text zugesandt von: anonym

Die falsche Rationalität

"Bewegung Leipzig" auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz. Foto: Photopool LE

Seit dem 25. April 2020 finden auch in Leipzig mehrmals wöchentlich verschwörungsideologische Kundgebungen statt, unter anderem auf dem Augustusplatz, dem Wilhelm-Leuschner-Platz und an der Nikolaikirche. Im Folgenden werden wir die Inhalte und Hintergründe der “Bewegung Leipzig” (vormals “Nicht ohne uns”) und ihres Umfelds ausgehend von einem Film nachzeichnen, den die Leipziger Firma “NuoViso” am 6. Mai veröffentlichte. Das 40-minütige Video mit dem Titel “GG – Demokratie – Freiheit – nicht ohne uns!” ist das Schlimmste, was wir seit langer Zeit gesehen haben.

Die “Corona-Debatte” genannten Versammlungen der “Bewegung Leipzig” haben den Charakter eines offenen Mikrofons. Dennoch sind es meist die selben Menschen, die dort reden und Applaus erhalten. Anlass der Kundgebungen ist die gegenwärtige Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Eine klare inhaltliche Linie ist nicht erkenbar. Oft widersprechen Redebeiträge einander.

Tatsächlich gibt es nicht einmal konkrete Forderungen oder Ziele, lediglich vereinzelte Rücktrittsforderungen an die Bundesregierung. Mobilisiert wird meist nur mit Datums- und Ortsangabe. Aus verschwörungsideologischer Perspektive ist das konsequent. Statt Inhalten, an denen man die “Bewegung” messen könnte, gibt sie vor, nur Fragen zu stellen.

Beliebte Denkfehler

Verschwörungsideologie formt ein geschlossenes, gar rationales und gegen Kritik immunisiertes Weltbild, das für jeden Wiederspruch eine Erklärung konstruiert und oft auf der Ideologie des Antisemitismus fußt. Diskussionen sind häufig zwecklos, die Auseinandersetzung mit ihren Behauptungen ist dennoch wichtig.

Meinungsfreiheit

Ein bewährtes Argument der VerschwörungsideologInnen ist die angebliche Abschaffung der Meinungsfreiheit. Das betont auch die Moderatorin des Films, Julia Szarvasy: “Uns wird die freie Meinungsäußerung geraubt und das Versammlungsrecht.” (17:25)

Der Arzt Bodo Schiffmann wähnt sich gar die DDR, die er verharmlost, weil ein Video von YouTube verschwunden ist: “Ein Skandal! […] Dieses Video wurde gelöscht, und das hat mich auch runtergezogen, das hat mir starke Angst gemacht, ich habe dann auch geglaubt ich werde verhaftet, Staatssicherheit kommt oder so.” (28:00)

Nein, Bodo. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ist ein Abwehrrecht gegen den Staat. Es bedeutet nicht, dass YouTube deine Meinung breittreten muss. Und es hat Schranken, etwa dort, wo die Rechte anderer Menschen verletzt werden oder Volksverhetzung betrieben wird.

Demokratie

Verschwörungsideologische Akteure propagieren oft ein autoritäres Staatsverständnis. Der Verschwörungsideologe Ken Jebsen etwa fordert: “Politiker müssen mich fragen, was sie für mich bestimmt haben”. (24:05) An den Staat richtet er ein pubertäres “Fuck you” (25:30), nachdem er kurz zuvor gefordert hatte, der “politischen Pubertät” zu entwachsen.

Auch beim Thema Demokratie wirkt die eigene Ideologie schon. “Wir sind in der Mehrheit”, behauptet Jebsen, “wir sind 83 Mio Bürger, und wenn die alle auf die Straße gehen, dann haben wir noch ein paar Polizisten und ein paar Politiker, und was werden die Polizisten dann tun? Sie werden sich uns anschließen. Warum? Weil wir die Bürger sind!” (24:17) Was Ken Jebsen und seine bewaffneten AnhängerInnen mit den Politikern vorhaben, verrät er nicht. Unklar bleibt auch, welche Staatsform er anstrebt. Wäre es eine neue Demokratie – gewiss müsste auch sie sich mit Jebsens Fans herumplagen.

Antisemitismus

Wen Jebsens Neunundneunzig-Prozent-Vision an den Nationalsozialismus erinnert, der liegt nicht falsch. Mit einem vermeintlich guten Zweck lässt Mord sich leichter rechtfertigen. Die Nationalsozialisten begründeten den Holocaust mit der Befreiung von einer “jüdischen Weltverschwörung”, dem “Weltfinanzjudentum”. Heute arbeiten Antisemiten oft mit Umschreibungen: “Neue Weltordnung”, Freimaurer, Illuminaten, die Rothschilds. Ken Jebsen macht sich diese Mühe nicht immer – er leugnete den Holocaust und hetzte mehrfach gegen den jüdischen Staat Israel.

Wissenschaft

Von all den Hobbymedizinern und Hobbyjuristen sind echte Ärzte, die ihre Verschwörungsideologie teilen, natürlich gern gesehen. Einer von ihnen, Dr. Bodo Schiffmann, erzählt im Film:

“Wissenschaft sind drei Sachen: These, Antithese und Synthese. Es gibt nie nur eine Meinung. Wenn Sie nur eine Meinung gezeigt bekommen, dann gucken Sie, wo die zweite ist, das ist die Antithese, und dann bilden Sie sich selbst daraus eine Synthese.” (38:00)

Das kann man tun, Wissenschaft ist das aber nicht. Wer wissenschaftlich arbeitet, versucht die eigenen Annahmen zu widerlegen. Bodo Schiffmann hingegen lässt offenbar jede Behauptung, die er aufschnappt, in seine eigene Meinung einfließen.

Cui bono?

Nicht alle AntisemitInnen und VerschwörungsideologInnen arbeiten ehrenamtlich. Werfen wir ihre Lieblingsfrage “cui bono” doch einmal zurück und schauen wir, wer mit organisierter Ideologie sein Geld verdient.

Weite Teile des Films sind aus einem Interview mit dem hauptberuflichen Verschwörungsideologen Ken Jebsen recycelt, das “NuoViso” bereits eine Woche zuvor veröffentlicht hatte. Wie gewohnt versucht Jebsen, seine inhaltlichen Widersprüche durch eine hohes Sprechtempo zu kaschieren. Mehrfach vergleicht Jebsen die Corona-Beschränkungen mit der DDR (“Das hat es nicht einmal in der DDR gegeben”, 10:20) und dem Nationalsozialismus: “Da wird ab 5:45 zurückgeschossen, jetzt wird zurückgeimpft.”

Auch die Leipziger Firma “NuoViso” lebt davon, dass Menschen ihre Bücher und Videos kaufen, Werbeeinnahmen generieren oder Abonnements abschließen. Meist geht es darin um Esoterik, Außerirdische oder angebliche Verschwörungen. Im Jahr 2014 filmten und vermarkteten sie die “Mahnwachen für den Frieden”, von denen schließlich das rassistische “Legida”-Bündnis übrig blieb. Der NuoViso-Mitarbeiter Hagen Grell produziert rassistische und antisemitische Videos. Nähere Hintergründe können in einem Artikel aus dem Jahr 2016 nachgelesen werden.

Auch der vom russischen Staat gegründete, aber nur im Ausland verbreitete Fernsehsender “Russia Today” (RT) und dessen Ablegers “RT Deutsch” verbreiten verschwörungsideologische Inhalte zum Coronavirus. “Russia Today”, die Nachrichtenagentur “Ruptly” und der Radiosender “Sputnik” gehören zum russischen Staat und werden von ihm finanziert. Sie werden als Teil einer Desinformations- und Destabilisierungskampagne gegen liberale Demokratien gesehen.

Die Zerstörung der Sprache

Sprache erleichtert es den Menschen, ihre Wahrnehmungen zu beschreiben, die Realität zu erfassen und logisch zu denken. Sprache beeinflusst das Denken und das Bewusstsein. Begriffe erlauben es uns, unsere Gefühle zu benennen. Wenn wir für etwas Bestehendes einen Begriff haben, fällt es uns leichter, darauf basierend neue Dinge zu beschreiben. Ein gemeinsames Begriffssystem ist Voraussetzung für ein zivilisiertes Zusammenleben.

Jebsen, “NuoViso” und ihre Verbündeten sind angetreten, die gesprochene und gedachte Sprache zu vernebeln und zu zerstören, Begriffe wahlweise umzudefinieren oder zu entwerten, bis ihre AnhängerInnen die Widersprüche in ihren Aussagen und im eigenen Denken nicht mehr erkennen. Die “Lingua Tertii Imperii” könnte ihr Vorbild sein.

So äußert Ken Jebsen im “NuoViso”-Film: “Das Dilemma ist, dass wir uns in Wortklaubereien verstricken. ‘Ist der rechts, links, liberal, was versteht der unter Freiheit, was versteht der unter libertär, jeder versteht etwas anderes drunter.'” (28:50) Das macht es Jebsen leichter, beispielsweise “Freiheit” zu fordern, wenn es um Schutzmasken oder Impfungen geht (36:40), und gleichzeitig mit einem Stakkato über “tausende von Zuckertote, Rauchen ist legal, Alcopops, der Straßenverkehr bringt uns um” den Gesundheitsaspekt ins Felde zu führen (22:05).

Jebsen propagiert eine Denkweise, in der Inhalte egal sind und nur die Form zählt. Das Schlimme am Nationalsozialismus war in seiner Wahrnehmung offenbar, dass Menschen Befehle ausgeführt haben: “Ihr haltet euch an die Befehle, aber auch die Leute, die damals für Adolf Hitler gearbeitet haben, haben sich an die Befehle gehalten […] und die, die die Gaskammern gebaut haben, alles Befehle.” (17:55) Kein Wort von Antisemitismus, dem Holocaust oder dem Zweiten Weltkrieg.

Dieser Strategie entsprechend ist auch nicht alles falsch, was Leute wie Jebsen sagen – wie etwa der Hinweis, dass auch Hitler demokratisch gewählt wurde (8:10). Daraus in der heutigen Zeit ein “Recht auf Widerstand” abzuleiten (8:05), vermag aber nur, wer in einem verschwörungsideologischen Weltbild gefangen ist. Nur auf den ersten Blick paradox wirken auch die im Film gezeigten ImpfgegnerInnen, die den feministischen Slogan “my body, my choice” verwenden. Oder Jebsen, wenn er sagt: “Wer Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu bekommen, wird am Ende beides verlieren” (9:55) oder behauptet, eine offene Gesellschaft anzustreben (29:20). In den Mündern von VerschwörungsideologInnen wird selbst die Wahrheit zur Lüge.

Die Trittbrettfahrer und das Timing

Die durch Umdeutung von Begriffen und Slogans praktizierte Trittbrettfahrerei ist nicht zwangsläufig ein Ausdruck von Verwirrtheit, sondern auch ein bewusster Versuch, neue Zielgruppen zu erschließen und gleichzeitig an Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Denn VerschwörungsideologInnen schüren nicht nur unbegründete Ängste. Kapitalismus und Korruption sind reale Probleme. In der Corona-Krise geltende Einschränkungen und Überwachungsbefugnisse dürfen nicht zur Normalität werden. Wer sich ernsthaft dafür einsetzen möchte, kann sich beispielsweise dem antifaschistischen Bündnis “Leipzig nimmt Platz” zuwenden, anstatt einer Verschwörungsideologie auf den Leim zu gehen.

Wie schamlos Jebsen, “NuoViso” und Gleichgesinnte in linken Gewässern fischen, zeigt auch der Aufbau des Films. Zwischen verschwörungsideologische Inhalte werden immer wieder Filmaufnahmen einer linken Demonstration am 1. Mai 2020 in Leipzig geschnitten. Zwischen Impfgegnern und Reichsbürgern erscheinen Redebeiträge von linken AntikapitalistInnen, FlüchtlingshelferInnen und dem feministischen Streikbündnis.

Gleichzeitig sorgt die Themensetzung und das Timing der verschwörungsideologischen TrittbrettfahrerInnen dafür, dass sie keine Konkurrenz bekommen. Hätten sie beispielsweise Anfang 2019 an den Protesten gegen das sächsische Polizeigesetz teilgenommen, wären sie entweder gar nicht aufgefallen oder des Platzes verwiesen worden. Dementsprechend wittert auch Jebsen im Film: “Jetzt ist die Stunde der Bewegung.” (10:00)

Die Trittbrettfahrer der Trittbrettfahrer

Vom verschwörungsideologischen Protest versucht in Leipzig auch die rechts-korrupte Klientelpartei AfD zu profitieren. So rief der AfD-Stadtrat Marius Beyer für den 4. und 11. Mai zu einem “Engelsdorfer Spaziergang” auf – mit einem Flyer in originärer AfD-Optik, aber natürlich betont “parteiunabhängig”.

Auch die antisemitische und verschwörungsideologische Kleinstpartei “Deutsche Mitte” mischt in Leipzig mit. Ihr Funktionär Axel Kohfeldt gehört zu den OrganisatorInnen der “Bewegung Leipzig” und tritt dort auch regelmäßig als Redner auf.

Axel Kohfeldt. Foto: Photopool LE

Gescheiterte Funktionäre von AfD, Republikanern und rechten “Bürgerinitiativen” firmieren unterdessen als “Landesverband Sachsen” der kruden Corona-Protestpartei “Widerstand 2020”. Sie möchten das “sächsische Königshaus” reaktivieren und die Arbeitslosen-, Renten- und gesetzliche Krankenversicherung abschaffen. Der Informationsdienst zur AfD in Sachsen berichtete ausführlich.

Verschwörungsideologie hat viele Gesichter

Ein paar besonders sendungsbewusste stellen wir abschließend vor.

Angelika Eysermans und Karsten Wolf

Die Klavierlehrerin Angelika Eysermans und der Kerzenhersteller Karsten Wolf haben den Leipziger Ableger von “Nicht ohne uns” gegründert, der mittlerweile als “Bewegung Leipzig” firmiert. Am 7. Mai 2020 veröffentlichte die Leipziger Volkszeitung ein Interview mit Eysermans und Wolf, begleitet von Faktenchecks und verborgen hinter einer Bezahlschranke.

Eysermans fühlt sich darin berufen, “die noch Schlafenden zu wecken”, um nicht in einer “Hygiene-Diktatur” zu landen. Unmittelbar danach gibt sie sich als Impfgegnerin zu erkennen, die eine “allgemeine Impfpflicht für alle” befürchtet. In HPV-Impfungen, wie sie die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung in Indien verschenkte, sei “Unfruchtbarkeits-Chemie” enthalten. Eysermanns glaubt auch zu wissen, dass “RNA und die DNA eines Menschen durch das Impfen verändert werden” können.

Angelika Eysermanns und Karsten Wolf verwenden die selben Taktiken wie zahlreiche andere Verschwörungsideologen: Sie geben vor, nur “Fragen” zu stellen. Sie berufen sich auf ihr eigenes “Gefühl” und Vorstellungsvermögen (“Ich kann mir vorstellen, …”). Sie stellen unbegründete Hypothesen auf (“Es könnte ja durchaus sein, dass…”). Sie bekräftigen, “inzwischen sehr viel zur Corona-Thematik gelesen” zu haben (Wolf) und Informationen, die ihnen “keine ARD und kein ZDF” erzähle, “im Netz [zu] finden” (Eysermans).

Wenige Zeilen später beruft sich Wolf dann doch wieder auf seriöse Medien, denen er vorwirft, nicht in die Zukuft sehen zu können: “Aber einer dieser Fakten-Checker hatte ja auch Anfang März gesagt, es sei eine Legende, dass die Bundesregierung den Lockdown plane und man solle sich an seriöse Quellen halten. Eine Woche später hatten wir den Lockdown.”

Unfreiwillig komisch wird Eysermans, wenn sie beklagt: “Die Zahlen des Robert-Koch-Instituts werden ja täglich geändert.” Bei Karsten Wolf bleibt einem das Lachen allerdings im Halse stecken: “Niemand sonst tut etwas, alle hören sich immer nur diese dummen Zahlen an. Ich dachte: So ist eine totalitäre Diktatur. Wir durften nicht mehr reden, wir müssen uns voreinander verstecken und sozial isolieren.” Hannah Arendt würde sich im Grab umdrehen.

Am Ende geht es noch weiter abwärts. Karsten Wolf möchte “tatsächlich gern mal differenziert über George Soros und Bill Gates reden”, bekommt aber nur antisemitische Vorurteile heraus: “Wir kritisieren die Leute ja nicht, weil sie Juden sind.” Und weiter: “Ich bin wirklich nicht antisemitisch, ich möchte aber mal untersucht haben, wo das ganze Geld herkommt und wo es hingeht.” Dass Bill Gates nicht jüdisch ist und sein Geld mit einer Firma namens Microsoft verdient hat, ist dem Antisemiten egal, solange er ihn für seine Hetze gebrauchen kann.

LVZ-Interview mit Angelika Eysermans und Karsten Wolf (Screenshot)

Ralf Ludwig und “Widerstand 2020”

Der Leipziger Rechtsanwalt Ralf Ludwig, Mitgründer der Partei “Widerstand 2020”, hält die Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie für übertrieben. Sein Komplize Bodo Schiffmann findet das neuartige Coronavirus “nicht so schlimm”. Dennoch will Ludwig den Notstand ausrufen, den Bundestag auflösen und durch ein ebenso großes “Notstandsparlament” ersetzen. In der LVZ beteuert Ralf Ludwig, er sei “kein Verschwörungstheoretiker, der die Regierung für korrupt hält”. In einem Beitrag auf der Parteiwebseite bezeichnet er die Abgeordneten des Bundestags dann allerdings als diejenigen, “die uns den Brand erst zugeführt haben”.

So widersprüchlich diese Aussagen, so schwammig die Inhalte. Alle sind willkommen, ein Parteiprogramm existiert nicht. “Wenn bei uns sogenannte Impfgegner oder Verschwörungstheoretiker mitmachen, dann ist das ja nicht per se schlecht”, sagt Ludwig im LVZ-Interview. “Es geht doch erstmal darum, miteinander zu reden.” Leider dauert es meist länger, Lügen zu widerlegen als sie zu verbreiten, weshalb derartige Mitmach-Konzepte für Wutbürger meist nach hinten losgehen.

Uwe Kadzimirsz

Der Physiotherapeut Uwe Kadzimirsz (“Kasi”) ist Stammredner auf Leipziger Corona-Kundgebungen. Im Film vertritt er die Ansichten eines “Reichsbürgers”: Es gebe keine Verfassung (5:40) und man solle sich fragen: “Warum kann sich diese sogenannte Regierung über uns stellen?” (38:40) Dafür erhält der Mann Applaus. In seiner Freizeit verkauft Uwe Kadzimirsz Gold, beim Autofahren dreht er Videos. Gegen Viren empfiehlt er Chlor.

Verschwörungsideologe Uwe Kadzimirsz beim Autofahren (Screenshot)

Der Typ mit dem Schild

Der Typ mit dem Schild ist davon überzeugt, dass jemand uns die Grundrechte wegnehmen will und einen “horizontalen Bevölkerungsaustausch” plant. Dazu vergleicht er die vom neuartigen Coronavirus hervorgerufene Lungenkrankheit Covid-19 mit dem Reichstagsbrand. Ob er einen “Staatsstreich!” fordert oder befürchtet, geht aus seinem Schild nicht hervor.

GegendemonstrantInnen, die von ihrer Meinungs- und Versammlungsfreiheit Gebrauch machen, bezeichnet er gern als Faschisten, weil sie seiner Meinung nach die Meinungsfreiheit nicht verteidigten. Gegen die neue Straßenverkehrsordnung ist er auch.

Typ mit Schild. Foto: Photopool LE

Text zugesandt von: anonym