Extremer Holzweg

Kürzlich ist mit leichter Verspätung ein neuer Band des Jahrbuchs „Extremismus & Demokratie“ (E&D) erschienen. Es ist seit 1989 die wohl wichtigste Plattform für die Propagierung der so genannten Extremismustheorie, dafür bürgen die sattsam bekannten Herausgeber Eckhard Jesse und Uwe Backes. Einen Eigenwert hat ohne Zweifel der breite Überblick über die aktuelle Fachliteratur. Die Lektüre kann darüber hinaus lohnen: Nicht nur, weil das Jahrbuch als Theorieteil der „angewandten“ Extremismustheorie der Jahresberichte der Verfassungsschutz-Ämter gelesen und als dessen Stichwortgeber verstanden werden kann. Sondern auch, weil sich die Epigonen der Extremismustheorie hier zunehmend mit ihren KritikerInnen auseinandersetzen (müssen).

Gefahreninsel Connewitz

Bundesweit berichten Medien über das “Gefahrengebiet” in Hamburg und die “Gefahreninseln”, die Polizeiwachen umgeben. Anlass für deren Einrichtung war eine Falschmeldung der Polizei über einen angeblichen Angriff angeblicher “Linksextremisten” auf die Davidwache. Neu ist die Besetzung des öffentlichen Raums durch die Polizei nicht, schon gar nicht in Sachsen. Nur reichte es hier vor etwas mehr als einem Jahr nicht zur öffentlichen Debatte oder kreativen Spielideen. Damals war nicht zum ersten Mal das gesamte Leipziger Stadt- zum “Gefahrengebiet” erklärt worden.

“Nix passiert” in Schneeberg?

Übergriffe von Nazis auf JournalistInnen sind kein Grund für zusätzliche Schulungen der Polizei. Das geht aus einer Anfrage der Linksfraktion im Landtag hervor. Derartige Angriffe könnten “nie ganz verhindert werden”, heißt es nun in der zynischen Auskunft des sächsischen Innenministeriums.

Dustin, der Erfinder

Karsten Dustin Hoffmann vor der Roten Flora

Nein, Karsten Dustin Hoffmann ist kein Schauspieler. Das Talent des 36-jährigen genügte zunächst nur für die Hamburger Bereitschaftspolizei. Dann wurde er Gesinnungspolizist und promovierte bei Eckhard Jesse an der TU Chemnitz, Thema: “Rote Flora”. Das ist bis heute Hoffmanns Steckenpferd. Anlässlich einer jüngst im Hamburg durch Hoffmanns ehemalige Kollegen zerschlagenen Demonstration geißelte er einmal mehr die – so auch die Überschrift seines Artikels – “Gefahr von links”. Was würde etwa passieren, fragt er, “wenn ein Gericht dem Eigentümer zu seinem Recht verhelfen” und die Rote Flora daraufhin geräumt würde? Nämlich das:

25 Jahre Mauerfall: antirassistische Perspektiven

In diesem Jahr ist der Fall der “Mauer” in Berlin 25 Jahre her. Ohne Frage wird dieses Ereignis wieder genutzt werden, um landauf und -ab das Jubiläum zu feiern und den Menschen zu erklären, wie das damals so war mit den beiden Deutschlands. Gerade in Leipzig, das sich gerne als die Speerspitze der so genannten “Friedlichen Revolution” versteht (“Heldenstadt”), wird es wieder Feierlichkeiten im Namen der Vaterländerei geben. Bereits vor fünf Jahren bildete sich aus diesem Anlass der Arbeitskreis 2009, um dem nationalistischen Einheits-Spektakel unter dem Motto “Still not lovin’ Germany” eine radikal linke Perspektive entgegen zu setzen.

NPD auf Talfahrt

Demnach fällt die Parei auf ein Langzeittief: 2004 war sie mit 9,2 Prozent in den Sächsischen Landtag eingezogen. Das gelang ihr im Jahr 2009 erneut, mit nur noch 5,6 Prozent allerdings knapp. Seitdem rangiert die NPD bei der Sonntagsfrage (“Wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre…”) beständig unter diesem Wert. Zuletzt hatte das Infratest-Institut die Partei im August vergangenen Jahres bei drei Prozent und damit schon fernab der entscheidenden Fünf-Prozent-Hürde gesehen.

Neujahrsgrüße

Regelmäßig mussten wir uns in diesem Jahr das Gejammer örtlicher Nazis anhören, nachdem sie mal wieder auf AntifaschistInnen getroffen sind. Da möchte man gar nicht weiter ins Detail gehen. Die “KameradInnen” wissen schon, warum. Doch auf eine spezielle Verlustmeldung warten wir jetzt jedoch schon eine Weile vergeblich.

Blick zurück (I)
oder “Wie ich einen Naziaufmarsch verhindere”

1. Mai 2005

Sicherlich hat es in Leipzig gerade deshalb so lange funktioniert, weil die Nazis hier, dank Christian Worch, regelmäßig (2001 bis 2007) aufschlugen und so eine langfristige Vorbereitung möglich war. Zusätzlicher Aktionsraum ergab sich daraus, dass die Polizeitaktik erst spät auf das heute übliche Raumschutzkonzept umgestellt wurde. Der größte Trumpf war freilich, dass viele AntifaschistInnen sich das dezentrale Konzept aktiv angeeignet haben und – Erfahrung ist viel wert! – wussten, wie es umzusetzen ist.

Partner: Staat

Die Amadeu-Antonio-Stiftung jubiliert schon: Dank dieses “Meilensteins” (!) der Großen Koalition “können zivilgesellschaftliche Initiativen und Staat zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zurückkehren”, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Staatstreue, die mittels Extremismusklausel erzwungen werden sollte, bietet die heutige Zivilgesellschaft künftig zum Nulltarif an.

Auflösungserklärung der AOLE

Der AOLE-Website lässt sich heute entnehmen, dass die Gruppe im Jahr 2009 gegründet wurde. Bis vor einer Weile stand dort außerdem zu lesen, dass man nicht länger habe zusehen wollen, wie die Antifa in Leipzig “vor die Hunde” gehe. Denn die werde “von antideutschen Inhalten unterwandert”.