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Vorsicht: (geistige)Brandstifter!

Der Rassistischen Mobilisierung entgegentreten!

Den antifaschistischen Widerstand organisieren!

Seit Ende 2015 wird die Region Südniedersachsen von einer Reihe rassistischer Kundgebungen heimgesucht. All sonntäglich kamen zunächst Rassisten, Rechtspopulisten, Neonazis, Hooligans und Rocker in Kleinstädten und ländlichen Ortschaften zusammen, um gegen Geflüchtete zu hetzen. Die PEGIDA-Mischung schwappte im Winter 2015 vom westlichen Thüringen in die Region um Göttingen. Ihre anfängliche Camouflage aus den Beteuerungen „Freundeskreis“, „besorgte BürgerInnen“ oder „das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ legte die in dieser Zusammensetzung und Dynamik neuartige Allianz bald ab. Die TeilnehmerInnenzahl stagnierte schnell bei 60 bis 100 Personen. Diese hielten mit hohem Aufwand die immer selben Kundgebungen in Northeim, Lindau, Duderstadt und Heiligenstadt am Laufen. Immer offener traten die üblichen bekannten Neonazis aus der Region in den Vordergrund, immer fanatischer steigerte sich die rassistische Hetze. Den offenen Drohungen und Aufrufen zur Gewalt folgten rechte Angriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten, vermeintliche politische GegnerInnen und offen faschistische Propaganda-Aktionen. Heute können wir davon ausgehen, dass es sich hier um eine koordinierte Aktion verschiedener rechter Akteuere handelt. Ihr Ziel ist es das Auftreten von Neonazis in der Region zu normalisieren, sich selber als handlungsmächtige Kraft zu erleben und eine Situation herbeizuführen, die zum offenen Konflikt im Umfeld von Geflüchteten-Unterkünften und mit den verhassten politischen GegnerInnen führt.

Nach über 8 Wochen „Kundgebungsmarathon“ ist bei den rechten SonntagsaktivistenInnen offensichtlich ein wenig die Luft raus. Einige der exponierteren Hetzer haben empfindlicheKonsequenzen zu spühren bekommen und zogen sich danach vorerst aus der ersten Reihe zurück. Für das weitere Jahr 2016 haben die Neonazis monatliche Aufmärsche in der Region, sowie andauernde dezentrale rassistische Aktionen angekündigt.

In der politischen Einordnung der Freundeskreis-Aktivitäten, wie auch bei der Entwicklung einer antifaschistischen Praxis gegen diese neue rechte Dynamik, bestehen vielfach Unsicherheiten und daraus resultierende Zurückhaltung. Mit unserer Publikation bemühen wir uns darum, einen Überblick und eine Bewertung vorzunehmen. Zu einigen der Hauptakteure stellen wir zusammenfassende Hintergrundberichte dar.

Die Phänomene, die sich bereits seit August und verschärft seit Dezember 2015 auftun, sind für die antifaschistische Bewegung in Göttingen und Südniedersachsen nicht wirklich neu. Neonazis können sich im ländlichen und kleinstädtischen Umland schon seit langer Zeit relativ bequem bewegen, lokale Verwaltungen, die Polizei und der Niedersächsische Verfassungsschutz halten ihnen dabei vielfach den Rücken frei. Sicher ist, dass die Rassisten-Rechtspopulisten-Neonazi-Hooligan-Rocker-Koalition zum Angriff übergehen will. Sowohl in ihren Zielen gegen Geflüchtete und deren UnterstützerInnen, aber auch räumlich gegen das als „rote Hochburg“ verhasste Göttingen. Wie weit sie dabei kommen werden, hängt auch von den Antworten ab, die die antifaschistische und antirassistische Bewegung in den kommenden Monaten geben wird. 

Neu sind die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, in denen sich die radikale Linke bewegt: Eine vorübergehende große Bewegungsfreiheit für Geflüchtete, die gesellschaftliche Polarisierung zwischen einem humanistischen Bürgertum und einem hasserfüllten, rassistischen und national-chauvinistischen Block. Im Nachbarland Frankreich erleben wir einen entgrenzten Rechtsruck bis hin zum dauerhaften Ausnahmezustand. Eine Standard-Prozedur, innerhalb derer sich viele linke AktivistInnen in den letzten Jahren eingerichtet hatten, macht heute kaum Sinn. Es liegt an uns allen eine neue gemeinsame interventionistische Praxis zu entwickeln. Diese hebt bereits in Ansätzen herkömmliche Grenzen auf: Zwischen Geflüchteten und ihren UnterstützerInnen. Zwischen den Teilbereichsbewegungen Antifa, Antira und Feminismus, zwischen AktivistInnen-Generationen, aber zukünftig notwendiger Weise auch zwischen Großstadt und ländlichem Raum. Konkret muss es uns darum gehen, den tausendfachen Einsatz für Geflüchtete und eine gerechte Welt gesellschaftlich als politische Kraft sichtbar zu machen. Konkret muss es aber auch darum gehen, den antifaschistischen Selbstschutz vor Angriffen durch Rassisten und Neonazis zu organisieren.

Antifaschistische Linke International A.L.I. im Februar 2016


DIe Broschüre "Vorsicht: (geistige) Brandstifter" liegt an vielen Orten kostenlos aus. Das Heft bekommt ihr unter anderem bei "links unten" im Roten Buchladen, Nikolaikirchhof 7 in Göttingen.

 

 

 

 


Inhaltsverzeichnis:

Duderstadt
Kampagne "EinProzent"
Zur Person: Jan Philipp Jaenecke
Zur Person: Lars Steinke
Zur Person: Jens Wilke
Zur Person: Dominique Rothensee
Northeim / Lindau
Zur Person: Gianlica Bruno
Zur Person: Pascal Zintarra
Heiligenstadt
Zur Person: Matthias Fiedler
Zur Person: Rene Schneemann
Adelebsen
Grauzone: Rechtsoffene Rockerszene
Rechtspopulismus: Alternative für Deutschland KV Göttingen
Chronik Südniedersachsen


Duderstadt: Der „Freundeskreis  Thüringen/Niedersachsen“

Anfang Oktober 2015 schloss sich unter dem Label „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ eine zum Großteil aus Duderstadt und dem angrenzenden thüringischen Eichsfeld stammende Gruppe zusammen. Viele daran Beteiligte waren zuvor nicht politisch aktiv und speisten sich aus der AfD und ihrem Umfeld, sowie gewaltaffinen Fußballfans, dem Kraftsport und der Bodybuilder-Szene. Einzelnen UnterstützerInnen des Freundeskreises können Kontakte in die Nazi-Szene und Teilnahme an Neonaziaktionen nachgewiesen werden. Der „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ ist somit ein neuer Zusammenschluss rechter Akteure in Südniedersachsen und dem Eichsfeld, samt deren familiären und sozialen Umfeldern. Mehr als die Hälfte der regelmäßigen TeilnehmerInnen kommen aus Duderstadt und Göttingen bzw. haben dort ihren Arbeits- oder Lebensschwerpunkt.  

Die ersten politischen Aktionen des Freundeskreises waren der Besuch verschiedener rechter Aufmärsche, wie etwa am 12.10.2015 PEGIDA in Dresden oder am 19.10. und 28.10.2015 die Demonstrationen der AfD-Thüringen in Erfurt und Magdeburg. Bei diesen Besuchen wurden sowohl weitere UnterstützerInnen, als auch gemeinsame Erfahrungen gesammelt. Darauf folgten Beteiligungen an den von der NPD-Eichsfeld organisierten Kundgebungen in Heiligenstadt.  

Ab dem 29.11.2015 mobilisiert der Freundeskreis unter dem Motto „Freiheitlicher Bürgertreff - Ein Licht für die Freiheit unserer Kinder“ zu einer eigenen, regelmäßigen Kundgebung am Kriegsdenkmal am Obertor in Duderstadt. Als Anmelder und Versammlungsleiter gewannen sie die beiden Burschenschafter und Mitglieder der „Jungen Alternative“ Lars Steinke und Jan Philipp Jaenecke aus Göttingen. An der ersten Kundgebung beteiligten sich etwa 60 Menschen, überwiegend aus dem Landkreis Göttingen und dem Eichsfeld. Ab diesem Zeitpunkt fanden jeden Sonntag Kundgebungen mit einer TeilnehmerInnenzahl von 60 bis 90 Menschen statt. Ab dem 27.12.2015 sagte die NPD ihre in Heiligenstadt und Leinefelde stattfindenden Kundgebungen zugunsten der Kundgebung in Duderstadt ab. Dadurch konnte der bisherige Höchststand von bis zu 120 TeilnehmerInnen erzielt werden. Nach der Wiederaufnahme der Kundgebungen in Heiligenstadt pendelte sich die TeilnehmerInnenzahl wieder auf einen Durchschnitt von um die 80 ein. Dabei stieg die Zahl der klassischen Neonazis kontinuierlich.   

Als Redner auf den Kundgebungen traten bis zum 27.12.2015 drei Personen in Erscheinung. Als Hauptredner und Sprecher des Freundeskreises trat der selbstständige Versicherungsmakler Jens Wilke aus Friedland auf. In seinen Reden warb er auch für die Kampagne „EinProzent“ und wetterte vor allem gegen die Berichterstattung in öffentlichen Medien. Weitere Themen waren seine Abneigung gegen die politische Linke, sowie eine verkürzte Kapitalismuskritik.
Ein zweiter Redner des Freundeskreises war der Kraftsportler Dominique Rothensee aus Duderstad. Inhaltliche Aussagen sucht man in seinen Reden fast vergeblich. Insgesamt hielt er drei fast identische Reden, in denen er den Zusammenhalt und die Wehrbereitschaft des Veranstaltungsschutzes betonte. Außerdem lud er zu zwei bis drei Mal in der Woche stattfindenden gemeinsamen Kampfsporttrainings für UnterstützerInnen des Freundeskreises ein. Dominique Rothensee organisierte zusammen mit einer Gruppe Hooligans, Kampfsportlern und einigen „Aktivbürgern“ die Abschirmung der Kundgebung, sowie der Anreise der TeilnehmerInnen.  
Als dritter Redner trat mehrfach Lars Steinke aus Göttingen auf. Inhaltlich sind seine Redebeiträge die am stärksten politisch-ideologisch und offen völkisch-nationalistisch aufgeladenen. In einem Redebeitrag beklagte er vermeintlich unbegründet in die rechte Ecke gestellt und so zum Ziel von autonomen AntifaschistInnen gemacht zu werden. In einer weiteren Rede bedauerte er: „seit 70 Jahren haben wir das Problem, das wir nicht mehr Stolz sein dürfen“. Nach anhaltenden Angriffen gegen seine Person und anhaltender öffentlicher Kritik ist ein teilweiser Rückzug Steinkes zu beobachten. Dafür nimmt Jaenecke inzwischen eine größere Rolle ein und stellt die entscheidende Konstante zwischen den verschiedenen Kundgebungen des Freundeskreises dar. Seit Mitte Januar 2016 ist Jaenecke alleiniger Anmelder der Kundgebung in Duderstadt, sowie in Lindau. In Duderstadt tritt er auch als Redner auf.

Von Anfang an beteiligten sich an den Kundgebungen in Duderstadt Neonazis. Seit dem 20.12.2015 ist eine immer stärkere Beteiligung, sowie eine Einbindung neonazistischer AkteureInnen in die Aktionen des Freundeskreises festzustellen. Ausganspunkt war die Teilnahme von etwa 20 Mitgliedern des „Freundeskreises“ an der NPD-Kundgebung am 13.12.2015 in Heiligenstadt. Zuvor hatte der Freundeskreis die Kundgebung in Heiligenstadt auch offiziell als gemeinsamen „Mahnwachen-Marathon“ beworben.  

Zu den sich früh beteiligenden Neonazis aus dem Umfeld der „Kameradschaft Northeim“ gehört Fabian Schwedhelm. Schwedhelm ist Eigentümer des ehemaligen „Café Landei“, in dem seit 2014 mehrere Treffen der regionalen Neonaziszene stattfanden. Er pflegt auf den Kundgebungen engen Kontakt zu den Organisatoren des Freundeskreises. Als er auch in offensichtlicher Nazi-Szenekleidung nicht auf Ablehnung stieß und er sich Probleme im OrganisatorInnenkreis bewegen konnte, kamen zunehmend mehr Neonazis zu den Kundgebungen. Im Rückblick auf mehrere Wochen mit über 20 durchgeführte Kundgebungen des „Freundeskreises“ ist zu beobachten, dass sich unterdessen das who-is-who der südniedersächsischen Neonaziszene beteiligt. Vom ehemaligen Vorsitzenden der NPD-Göttingen Marco Bormann, über den Beisitzer im Bundesvorstand der Kleinstpartei „Die Rechte“ Mario Messerschmidt, bis hin zu bekannten Mitgliedern der „Kameradschaft Northeim“ und der „AG-Rhumetal“. Mit der zunehmenden Teilnahme von Neonazis ist auch das Gewaltpotenzial der Kundgebungen gestiegen. So wurden am 03.01.2016 bei zwei Teilnehmern Reizgas und ein Teleskopschlagstock gefunden. Es gab mehrere Versuche, vermeintliche AntifaschistInnen rund um die verschiedenen Kundgebungen anzugreifen. Diese mündeten einmal in Duderstadt und mehrmals in Heiligenstadt in körperlichen Attacken. Auch zu rassistischen und neonazistischen Graffitis, dem Aufhängen von Transparenten mit Naziparolen, sowie zu einem Angriff auf das Büro der Grünen in Northeim am 30.12.2015 lassen sich Zusammenhänge erkennen.
Die neurechte Kampagne „EinProzent“ bezeichnete die Duderstädter Kundgebung als „erste unterstützte Aktion in Westdeutschland“ und berichtete mehrfach in ihrem fast wöchentlich erscheinenden Newsletter. Auf der Kundgebung wurden regelmäßig Flyer der Kampagne verteilt. In Redebeiträgen verwies Jens Wilke auf die Kampagne und berichtete von ihren Aktionen. Wilke verknüpft die Werbung für „EinProzent“ mit der Bewerbung einer Demonstration am 12.03.2016 in Berlin. So kündete er unter anderem eine Million TeilnehmerInnen an. In Wirklichkeit entwickelt sich die vom „Pro-Deutschland“-Bundesvorstand Enrico Stubbe organisierte Demonstration zu einem Desaster und wird vorrausichtlich nicht über hundert TeilnehmerInnen auf die Straße bringen.

Alter Wein aus neuen Schlauchen  Inhaltliche Positionen des Freundeskreis und seinen Rednern


Der Freundeskreis, seine Sprecher auf den Kundgebungen in Duderstadt, Northeim und Lindau, sowie die Redebeiträge der NPD-Funktionäre in Heiligenstadt orientieren sich an Themen und Inhalten der Neuen Rechten und der verschwörungstheoretischen Querfront-Bewegung. Dabei wird oft versucht die tatsächliche Absicht zu verschleiern oder nur selektiv anzusprechen, sodass an gesellschaftliche Diskurse angedockt werden kann, an der klassische Ablehnungshaltung zu scheitern.


Moderner Rassismus:
Ein Schwerpunkt der Äußerungen des Freundeskreises, in der Regel vorgetragen durch ihren Sprecher Jens Wilke oder Lars Steinke, widmet sich der Hetze gegen Geflüchtete und dem Schüren irrationaler Ängste vor MuslimInnen. Nicht selten handelt es sich dabei um gezieltes Streuen von Fehlinformationen und bundesweit kursierende Falschmeldungen. Dabei wird oft auf offen rassistische Äußerungen verzichtet und auf eine modernisierte Form, den sogenannten „Ethnopluralismus“, zurückgegriffen. Dabei wird das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen als Ursache von globalen Konflikten gesehen. So wird unterstellt, dass es keine Konflikte mehr gäbe, wenn Kulturen nur getrennt voneinander existierten.

Querfront und verkürzter Antikapitalismus:
Als Gegenpol und Feindbild dient eine imaginierte „linke Hegemonie“ aus politischen Parteien, der Presse und linken AktivistInnen. Gleichzeitig werden klassisch linke und antiimperialistische Themen, wie Frieden und Antimilitarismus für sich beansprucht. Außenpolitisch wird sich ein geostrategisches Bündnis mit Russland gewünscht. Folgerichtig werden oft auch die öffentlichen Darstellungen der russischen Regierung übernommen, wobei an die reaktionären und christlich-konservativen Werte der russischen Mehrheitsgesellschaft angeknüpft werden kann. Im gleichen Zuge wird versucht sich als gesellschaftskritisch und antikapitalistisch zu inszenieren. Dabei ist in den Äußerungen des Freundeskreises und seinen UnterstützerInnen allerdings kein fester roter Faden zu finden. Die Bandbreite reicht von klar wirtschaftsliberalen bis zu scheinbar antikapitalistischen Positionen. Dabei tauchen oft Argumentationsmuster der verkürzten Kapitalismuskritik auf, über die sekundär antisemitische Positionen reproduziert werden. Eine Kritik von Produktions- und Besitzverhältnissen findet nicht statt.

Geschichtsrevisionismus:
Auch im Bereich des Geschichtsrevisionismus ist der Freundeskreis aktiv. Besonders markant sind dabei Äußerungen von Lars Steinke. So stört er sich in Redebeiträgen auf den Kundgebungen in Duderstadt daran, dass man nach dem Ende des deutschen Faschismus nicht mehr stolz auf Deutschland und seine Geschichte sein dürfe.  
In weiteren Äußerungen thematisiert er eine angeblich noch immer existierende Unterdrückung durch den Versailler Vertrag. Jens Wilke geht sogar noch weiter und spricht von einem seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs „besetzten Land“. Bei diesen geschichtsrevisionistischen Äußerungen wird nicht die klassische Leugnung der faschistischen Verbrechen betrieben, sondern versucht diese zu relativieren, zu historisieren und zu banalisieren. Dabei werden Kontinuitäten missachtet und es wird propagiert, man habe mit der moralischen Last des deutschen Faschismus nichts mehr zu tun. Geäußerte Distanzierungen, die es nur selten gibt, sind dabei rein strategischer Natur. Bei einzelnen Mitgliedern des Freundeskreises finden sich auch Sympathien für AntisemitInnen und HolocaustleugnerInnen wie etwa Ursula Haverbeck.


Die Kampagne „EinProzent“

Die Kampagne „EinProzent“ wurde von bekannten Köpfen der „Neuen Rechten“ ins Leben gerufen. Die Architekten des Projektes sind Jürgen Elsässer und Götz Kubitschek. Kubitschek ist der Gründer des neurechten „Institut für Staatspolitik“. Elsässer bewegte sich seit seiner Zeit in der K-Gruppe Kommunistischer Bund stetig nach rechts. Nach einem Intermezzo als Vordenker der sogenannten „Antideutschen“, ist er mittlerweile der Chefredakteur des rechten Querfront-Magazins „Compact“. Auf der „Freiheitskonferenz“ des Magazins wurde „EinProzent“ am 24.10.2015 in Berlin vorgestellt.  
Im Impressum tritt der rechte „Antaios Verlag“ auf. Dieser ist auf Kubitscheks Rittergut Schnellroda in Sachsen-Anhalt ansässig.
Die Kampagne orientiert sich an der neo-faschistischen „Identitären Bewegung“ und versucht dem Erfolgskonzept aus Frankreich, das bisher in Deutschland nur wenig Resonanz hervorrief, ein neues Gesicht zu geben.  
„EinProzent“ ist ein Versuch der intellektuellen Rechten aus der Schule des „Instituts für Staatspolitik“ eine interventionsfähige und massentaugliche Organisation zu gründen. Jürgen Elsässer zieht den Vergleich: „Was Greenpeace für Ökologen ist, ist „EinProzent“ für Patrioten“. In einem Interview in der Compact-Sonderausgabe unter dem Titel „Asyl. Das Chaos.“ vom 07.01.2015 beschreiben Kubitschek und Elsässer die Kampagne als eine Querfront-Aktion für Enttäuschte von links und rechts. Wenn es um politische Überschneidungen mit anderen Bewegungen geht, finden sich jedoch nur eindeutig rechte Akteure und Aktionen. Somit dient die Kampagne nicht als Querfront zwischen links und rechts, sondern als Querfront zwischen verschiedenen rechten Strömungen, von rechtskonservativ bis klar faschistisch.
Schwerpunkt der Kampagne ist derzeit die Unterstützung von Demonstrationen oder „Bürgerinitiativen“ und die Vernetzung von verschiedenen OrganisatorInnen. Exemplarisch unterstütze sie etwa eine Aktion unter dem Motto „Lebende Grenze“, bei der bis zu 1.000 Menschen aus Deutschland, Österreich und Slowenien in Spielfeld (Österreich) eine symbolische Menschenkette gegen Flüchtende an der Österreichisch-Slowenischen Grenze durchführten. Die Aktion wurde maßgeblich von der „Identitären Bewegung“ initiiert und avancierte für diese und „EinProzent“ zum Aushängeschild. In der Compact-Nummer vom Januar 2016 berichtete Martin Sellner („Identitäre Bewegung Österreich“) in der ersten Person über die Aktion in Spielfeld, erklärt Strategie und Werdegang und zeichnet eine Blaupause für die Mobilisierung. Ziel ist es möglichst viele Menschen zu niedrigschwelligen Aktionen zu mobilisieren und diese dann in Aktionen des zivilen Ungehorsams zu radikalisieren.  
„EinProzent“ soll wie eine Unterstützungs- und Solidaritätsorganisation aufgestellt sein und wirbt auf ihrer Internetseite um Spenden und Mitglieder. Nach eigenen Angaben fanden sich in den ersten drei Wochen mehrere tausend zahlende  
Mitglieder. Ein Hinweis darauf, dass die Kampagne über ein hohes Budget verfügt, ist eine Spende über 10.000 Euro als Schadensersatz für die BesitzerInnen von etwa 80 zerstörten Autos. Diese waren während der rechten Demonstration in Spielfeld von AntifaschistInnen demoliert worden. Neben einem eigenen Film- und Videoteam, sowie einer interaktiven Karte mit unterstützten Kampagnen, will die Kampagne auch ein Rechercheteam bilden. Beworben wird dieses mit den Worten „…Wer betreibt die Abschaffung Deutschlands…“ oder „Wer macht sich über unsere Sorgen lustig?“. So sollen mit einem monatlichen Budget von 1.500 Euro Aktivitäten und Personen des politischen Gegners recherchiert, dokumentiert und gegebenenfalls veröffentlicht werden.
Ende Januar 2016 reichte der Staatsrechtler Prof. Karl Albrecht Schachtschneider eine von „EinProzent“ beworbene und unterstützte Verfassungsbeschwerde ein, in der unter anderem die Entlassung der Bundeskanzlerin und die Schließung der Deutschen Außengrenzen gefordert wird. Ob die Klage tatsächlich zugelassen wird und Aussicht auf Erfolg hat, bleibt offen.


Zur Person: Jan Philipp Jaenecke

Der 27-Jährige Jan Philipp Jaenecke ist Burschenschafter und BWL-Student an der Georg-August Universität in Göttingen.
Er war bis Ende 2015 Mitglied der „Landsmannschaft Verdensia“ und trat auf Platz 5 der Wahlliste der „JA-HSG Göttingen“ an.  

Während des Wintersemesters 2014/2015 bedrohte Jaenecke mehrfach Mitglieder des Fachschaftsrats Sozialwissenschaften (FSR-Sowi). Er verschaffte sich unter Vortäuschung falscher Tatsachen Zutritt zu den Räumlichkeiten des Fachschaftsrats, bedrängte Mitglieder des FSR und fotografierte sie mit seinem Handy. Dabei gab er verwirrte, aber eindeutig rechte, Äußerungen von sich wie „linkes Pack“ oder „Gender-Wahnsinn“. Im selben Zuge äußerte er Sympathien für neonazistische Trauermärsche zur Bombardierung deutscher Städte durch die Alliierten im Zweiten Weltkrieg.  

Am 14.06.2015 schubste Jaenecke den Sprecher der linken Wohnrauminitiative vom Fahrrad, nachdem dieser das Haus der Verdensia mit seinem Handy fotografiert hatte. Dabei erlitt der Angegriffene eine schwere Knieverletzung. Seit der daraus resultierenden Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit und Angriffen autonomer AntifaschistInnen auf das Haus der Verdensia, wohnte Jaenecke zeitweise im Haus der Burschenschaft Hannovera. Er ist dort immer noch aktiv.
Jaenecke ist von Anfang an zweiter Versammlungsleiter der Kundgebung in Duderstadt. Im Gegensatz zu Steinke ist er kontinuierlicher Teilnehmer an den Kundgebungen in Duderstadt, Northeim und Lindau. Auch wenn er in der Öffentlichkeit wenig wahrzunehmen ist, pflegt er enge Kontakte zu den Mitgliedern des „Freundeskreises“ und scheut sich nicht vor Kontakten in die neonazistische Szene. Seit Mitte Jannuar 2016 ist Jaenecke alleiniger Anmelder der Kundgebungen in Duderstadt und Lindau. Wenig später begann er auch als Redner auf den Kundgebungen aufzutreten.


Zur Person: Lars Steinke

Lars Steinke ist Burschenschafter der Burschenschaft Hannovera und studiert Politikwissenschaften an der Georg-August Universität in Göttingen. Steinke ist als Autor der rechten Jugendzeitung „Blaue Narzisse“ aktiv und war 2013 Gründungsmitglied des Kreisverbandes der AfD-Göttingen.
Im Juni 2013 wurde Lars Steinke zusammen mit dem Jung-Neonazi Lennard Rudolph in den Vorstand des neu gegründeten Kreisverbandes gewählt. Nachdem Lennard Rudolph wegen eines Fotos, das ihn mit Hitlergruß zeigt, in die Öffentlichkeit geriet, wurden schnell die rechten Tendenzen des Nachwuchspolitikers Steinke bekannt. Daraufhin legte dieser am 26.08.2013 sein Amt aus „persönlichen Gründen“ nieder. Im Gegensatz zu Rudolph, der später aus der Partei ausgeschlossen wurde, hielt Steinke weiter Kontakt zum Kreisverband.  
Im November 2014 initiierte Lars Steinke die Gründung der „Jungen Alternativen Hochschulgruppe Göttingen“ (JA HSG Göttingen) und ließ sich von den lediglich fünf weiteren Mitgliedern zum Vorstand wählen.
Der Versuch sich bei den Studierendenwahlen an der Universität als neue rechte Kraft zu etablieren, scheiterte kläglich. Die Gruppe konnte keinen einzigen Platz im Studierenden-Parlament gewinnen.  
Im Juni 2015 kündigte die „JA-HSG“ eine Veranstaltung an der Universität an, bei der der Vorsitzende der „AfD-Niedersachsen“ Paul-Armin Hampel und Lars Steinke als Referenten auftreten sollten. Die Veranstaltung scheiterte am Protest von AntifaschistInnen und vertraglichen Unstimmigkeiten zwischen der Uni-Leitung und der „JA-HSG“.  
Neben seinen lokalen Aktivitäten in Göttingen ist Steinke auch im Vorstand der „Jungen Alternative Niedersachsen“ aktiv und beteiligte sich an der Gründung des Bezirksverbandes Braunschweig-Göttingen, dessen Vorsitzender er wiederum ist. Steinke trat mehrfach als Referent auf AfD-nahen Veranstaltungen auf. Unter anderem trat er als Referent bei der „XI. Bielefelder Ideenwerkstadt“ (07.-08.11.2015) unter dem Titel „Politischer Pluralismus in Deutschland – Anspruch und Wirklichkeit“ in der rechtslastigen Burschenschaft Normannia – Nibelungen zu Bielefeld auf.  
Steinke mischt auch als Delegierter des niedersächsischen Landesverbandes auf Ebene des Bundesvorstandes mit. Am 22.05.2015 machte ein ehemaliges Mitglied der JA intern öffentlich, dass Lars Steinke an einer Rufmordkampagne gegen den ehemaligen Bundesvorstand Marvin B. beteiligt war. Innerhalb dieser Rufmordkampagne wurde ein Screenshot gefälscht, der B. mit klar erkenntlicher NPD-Symbolik zeigt. Damit sollte suggeriert werden B. sei Mitglied der NPD gewesen.  


Zur Person: Jens Wilke

Jens Wilke ist ein Versicherungsmakler aus Reckershausen, einem Ortsteil von Friedland. Unter seinem Namen, sowie dem seiner Frau Franka Wilke, (die auch aktiver Teil des „Freundeskreises“ ist), finden sich diverse Firmen und Dienstleistungen, die auf ein organisiertes Schneeballsystem oder ähnlich dubiose Geschäfte hinweisen. Jens Wilke tritt als Sprecher des „Freundeskreises“ auf und nahm an Kundgebungen in Duderstadt, Northeim, Lindau und Heiligenstadt teil. Meistens hielt er dabei Redebeiträge im Namen des „Freundeskreises“. Die in seinen Reden besetzten Themen weisen darauf hin, dass er für einen Großteil der Äußerungen auf dem Facebook-Auftritt des Freundeskreises verantwortlich ist. Wilke wies mehrfach darauf hin, dass es von ihm keine Distanzierung von Neonazis oder der NPD geben wird. Er trat bis zu seinem Engagement für den „Freundeskreis“ noch nicht offen für rechte Organisationen auf, beteiligte sich aber 2015 mehrfach an Demonstrationen der AfD in Erfurt. Zudem besuchte er eine Demonstration des PEGIDA Ablegers in Köln am 09.01.2016, wo es zu gewaltsamen Ausschreitungen zwischen Neonazis, Hooligans und der Polizei kam.


Zur Person: Dominique Rothensee

Dominique Rothensee ist ein aktiver Neo-Nazi aus Duderstadt und ist im „Freundeskreis“ für die Organisierung des dienstes, sowie für die koordinierte Anreise verantwortlich. Mehrfach trat er auch als Redner auf und bewarb dort Selbstschutzkonzepte und gemeinsames Kampfsporttraining für Freundeskreismitglieder.  
Das erste Mal tauchte Dominique Rothensee auf einer Liste von Kunden der neonazistischen Kleidermarke „Thor Steinar“ auf. Er nahm am 15.10. 2015 an einem Aufmarsch zum Gedenken an Rudolph Hess von der Faschistischen Partei der dritte Weg in Wunsidel teil.  Seit einiger Zeit ist er Model des rechten Versandes „Der Versand“ des Göttinger Neonazis Timo Schubert aus Bovenden. Rothensee bewegt sich im Umfeld von Kraftsportlern und Bodybuildern aus Göttingen und ist allem Anschein nach in die Anabolikaszene involviert. Er pflegt Kontakte zur Rockerszene wie z.B. der „Wahren Werte Bruderschaft“ aus NRW und dem Umfeld der „Hells Angels Göttingen“. Außerdem stellt er die Schnittstelle für die Teilnahme von mehreren Hooligans aus Duderstadt und Arnstadt dar, die regelmäßig an Kundgebungen des Freundeskreises in Duderstadt teilnehmen.  


Northeim und Lindau: Die „Aktion Grablicht -  Ein Licht für Deutschland“

Im November 2015 wurde über eine Homepage und eine Facebook-Gruppe zu einer bundesweiten Aktion mit dem Titel „Aktion Grablicht“ mobilisiert, bei der zunächst ein Tee- oder Grablicht am eigenen Küchenfenster und später gemeinsam vor den jeweiligen lokalen Rathäusern aufgestellt werden sollte. Die Aktion fand überregionale Resonanz, schwerpunktmäßig aber in Nordthüringen und Niedersachsen. Als Verantwortlicher der bundesweiten Aktionsseite tritt Jens Gerlach aus Herzberg am Harz auf. Gerlach wurde früher schon mit rechten Aktivitäten in Verbindung gebracht. Mit der Aktion werden Forderungen wie „Volksbegehren zur Einwanderung“ und „Rücktritt von Angela Merkel“ verknüpft.

In Northeim wurden, nach der Fensteraktion am 01.11.2015, ab dem 08.11.2015 Grablichter vor dem Rathaus abgestellt. Initiiert wurde das lokale Treffen von Neonazis  aus Northeim. Sie mobilisierten öffentlich über die Facebook-Gruppe „Northeim wehrt sich - Ein Licht für Northeim“. Insgesamt fand die Aktion vier Mal hintereinander, jeweils an einem Sonntag (bis auf Samstag 21.11., Vorverlegung wegen Totensonntag) statt. Zuletzt am 29.11.2015. An den Aktionen beteiligten sich zwischen 5 und 12 Personen, die sich aus bekannten Neonazis und ihrem sozialen und familiären Umfeld zusammensetzten.  

Wenig später am 10.01.2016 melden Neonazis der „AG-Rhumetal“ eine Kundgebung unter dem Titel „Ein Licht für Deutschland!“ an. An dieser beteiligten sich ca. 35 Neonazis aus Northeim, Katlenburg, Heiligenstadt und dem Landkreis Göttingen. Als Anmelder und Redner trat Gianluca Bruno aus Katlenburg-Lindau auf.  

Als treten Maurice Brosenne aus Einbeck und Janeck Brandt aus Northeim auf. Unterstützt werden die jungen Organisatoren von langjährig aktiven Neonazis der NPD-Göttingen, u.a. Martin Ahlborn aus Delihausen. Die Kundgebung in Northeim steht in direktem Zusammenhang mit einer vom Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen angekündigten Kundgebung am 23.01.2016 vor der zukünftigen Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Max-Planck Institut in Katlenburg-Lindau. Ab dem 10.01. soll Northeim als regelmäßiger Termin in der Reihe von Freundeskreis-Kundgebungen (Lindau, Duderstadt und Heiligenstadt) stattfinden.


Heiligenstadt:  NPD -Mobilisierung im Thüringer-Eichsfeld

In Heiligenstadt ist die Beteiligung an der „Aktion Grablicht“ und später „Ein Licht für Deutschland“ eine Fortsetzung verschiedener rechter Agitationsversuche. Im August versuchte die NPD-Eichsfeld eine Elterninitiative zu unterwandern, um den Protest der Eltern gegen die schon seit Jahren drohende und jetzt in der Asyldebatte wahr gemachte Schließung einer Förderschule in Heiligenstadt für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Trauriges Ergebnis war eine offene Beteiligung der NPD-Eichsfeld an einer Demonstration der Elterninitiative am 19.08.2015.
Anschließend versuchte die NPD-Eichsfeld am 19.09.2015 mit zwei Kundgebungen in Heiligenstadt die Stimmung gegen Flüchtlinge weiter zuzuspitzen. Nachdem die erste Kundgebung auf den Liethen beendet wurde und sich die ersten TeilnehmerInnen auf den Weg zur zweiten Kundgebung begaben, kam es zu Angriffen auf eine Gruppe AntifaschistInnen, die versuchten die Kundgebung zu stören. Trotzdem gelang es zwei weiteren Gruppen von AntifaschistInnen den Zugang zum zweiten Kundgebungsplatz zu blockieren und somit eine Kundgebung direkt vor der Flüchtlingsunterkunft zu verhindern. Als Redner war auch der russlanddeutsche Querfrontler und Verschwörungstheoretiker Victor Seibel aus Kassel angekündigt. Statt Seibel redeten vor Ort Thorsten Heise, Mathias Fiedler und Monika Hirkow (alle NPD). Zwar beteiligten sich über hundert Neonazis an der Kundgebung, jedoch konnte kaum jemand über das klassische NPD-Klientel hinaus mobilisiert werden.    

Ab dem 01.11.2015 mobilisierte die NPD-Eichsfeld auch unter dem Motto der „Aktion Grablicht“. In erster Linie rief der NPD-Unterstützer Rene Schneemann über die Facebook-Gruppe „Diskussionsplattform Eichsfeld“ zu einer kleineren, unangemeldeten Kundgebung vor dem Rathaus in Heiligenstadt auf. Nachdem die Stadt dieses Verbot und auch die „Aktion Grablicht“ der NPD untersagte ihren Titel zu verwenden, fand die Aktion an wechselnden Orten in Heiligenstadt unter dem Titel „Ein Licht für Deutschland“ statt. Nachdem die Aktion zuerst als Mahnwache angelegt war, folgte später ein offenes „Bürgermikrophon“, das ausschließlich von NPD-Rednern wie Matthias Fiedler und Thorsten Heise wahrgenommen wurde. 


Zur Person: Gianluca Bruno

Am 20.12.2015, der letzten Kundgebung im Jahr 2015 in Heiligenstadt, schlossen sich die Kundgebungsorganisatoren der Kundgebung des Freundeskreises Thüringen/Niedersachsen in Duderstadt an. Ab dem 10.01.2016 finden auch 2016 wieder regelmäßig jeden Sonntag Kundgebungen in Heiligenstadt statt.

Gianluca Bruno kommt aus Katlenburg und beteiligte sich mehrfach zusammen mit Aktivisten der NPD und der Kameradschaft Northeim an diversen Aufmärschen, u.a. am „PEGIDA“ Ableger „KAGIDA“ am 22.12.2014 in Kassel, dem „Eichsfeldtag“ der NPD in Leinefelde am 13.06.2015, sowie zusammen mit der Kameradschaft Northeim am 01.05.2015 am NPD-Aufmarsch in Erfurt oder am 22.01.2016 an einem Aufmarsch der Partei „Die Rechte“ in Dortmund. Bruno gehört zur Northeimer Neonazigruppe „AG-Rhumetal“ aus dem Umfeld der „Kameradschaft Northeim“. Privat tritt er als Amateur-Rapper zusammen mit weiteren bekannten Neonazis aus Northeim in Youtube-Videos auf. Zusammen geben sie sich das Label „Village Recordz“ (VR). Seit dem 10.01.2016 tritt er als Anmelder und Redner bei den Kundgebungen „Ein Licht für Deutschland“ in Northeim auf.


Zur Person: Pascal Zintarra

Pascal Zintarra ist am 28.05.1994 in Göttingen geboren. Schon 2008 leitete die Staatsanwaltschaft Göttingen ein Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz ein, stellte dieses aber aufgrund seines jugendlichen Alters wieder ein. Am 06.08.2011 beteiligte er sich am Naziaufmarsch in Bad Nenndorf und lief als Letzter in der Reihe hinter dem Transparent der „Kameradschaft Northeim“. Wenige Tage später am 17.08.2011 wurde er am Rande einer antifaschistischen Demonstration in der Kasseler Innenstadt zusammen mit einer Gruppe Neonazis von der Polizei eingekesselt. In den Wochen danach folgten Verfahren wegen dem Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz und Körperverletzung. In den folgenden Jahren war Zintarra stets hinter dem Transparent der „Kameradschaft Northeim“ zu sehen und beteiligte sich am Wahlkampf der NPD-Göttingen zu den niedersächsischen Landtagswahlen im Januar 2013. Im selben Jahr fiel Zintarra vor allem durch einen Übergriff am 08.06.2013 in Northeim auf. Bei diesem beschimpfte er eine ihm unbekannte Person erst mit den Worten „Scheiß Ausländer“ und griff diese danach an. Außerdem war er an mehreren unerwünschten Besuchen in der Göttinger „Sonder-Bar“ in der Kurzen Straße beteiligt. Dort skandierte er etwa am 19.07.2013 zusammen mit Martin Meier aus Sivershausen die Parole „In Auschwitz ist noch ein Plätzchen frei“. Im Jahr 2015 beteiligte sich Pascal Zintarra an überregionalen Naziaufmärschen, wie dem Aufmarsch der NPD am 01.05.2015 in Erfurt. Hauptsächlich unterstützte er aber Aktionen der NPD-Eichsfeld, wie den „Eichsfeldtag“ in Leinefelde am 13.06.2015 oder eine Kundgebung gegen ein Asylbewerberheim in Heiligenstadt am 19.09.2015. Am 10.01.2016 trat Zintarra als zweiter Anmelder neben Gianluca Bruno bei der Kundgebung in Northeim auf. Aufgrund seiner diversen Straftaten wurde er als Versammlungsleiter abgelehnt.  


Zur Person: Matthias Fiedler

Der 1987 geborene Matthias Fiedler ist gelernter Elektromeister und wohnt in Heiligenstadt. Er ist Vorsitzender der NPD-Eichsfeld und Mitglied des Stadtrates in Heiligenstadt. Er übernimmt unter Führung von Thorsten Heise die Anleitung der Reisegruppe der „Kameradschaft Northeim“ und ist stets hinter dem dazugehörigen Transparent zu sehen.  
Fiedler trat mehrfach als Redner für die NPD auf, wie z.B. bei „Rock für Deutschland“ in Gera am 05.07.2014 oder auf der NPD-Kundgebung am 19.09.2015 in Heiligenstadt. Fiedler tritt auch als Verantwortlicher im Sinne des Presserechts (V.i.s.d.p.) von rassistischen Flyern („Asylflut stoppen“) im Style der NPD-Eichsfeld auf, die rund um den August 2015 in Friedland verteilt wurden.



Adelebsen: Aggressive Stimmung gegen Geflüchtete und Neonazistischer Tarnverein

Anfang 2014 wird der Göttinger Neonazi Mario Messerschmidt aus der JVA-Rosdorf entlassen und zieht zu seiner Mutter nach Adelebsen. Messerschmidt, der während seiner Haft in die Partei „Die Rechte“ eintrat, ließ sich im Juli 2014 in den Bundesvorstand der Partei wählen. Wenig später kündigte er einen Neonazi Aufmarsch im nahe Adelebsen gelegenen Güntersen an. Der Aufmarsch sollte als sogenannter „Trauermarsch“ im Gedenken an den SA-Schläger Horst Wessel stattfinden und vom Ortseingang Güntersen (aus Richtung Imbsen) etwa 500 Meter die Hauptstraße zum Kriegsdenkmal auf dem örtlichen Friedhof enden. Das Gasthaus „Lindhorst“ war in den Monaten zuvor wegen Treffen der Göttinger „Hells Angels“ in die Öffentlichkeit geraten.

Am 28.02.2015 beteiligten sich ca. 1.500 Menschen an einem antifaschistischen Straßenfest auf der geplanten Aufmarschroute der Neonazis. Weder in Güntersen, noch in Adelebsen konnten an diesem Tag Neonazis aktiv werden. Lediglich die beiden Neonazis Lena Gerke und Pascal Zintarra beteiligten sich an einem Aufmarsch der Partei „Die Rechte“ in Hildesheim.
Flüchtlingsunterkunft
Ende August wird ein Bereich der Alber-Schweitzer-Schule in Adelebsen spontan als Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Friedland für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt.  
Schon am 28.08.2015, der Nacht des Erstbezuges, kommt es zu einem ersten Zwischenfall an der Unterkunft. Gegen 00.30 und 3.30 Uhr näherte sich mehrfach eine Kolonne aus drei Fahrzeugen, hielt vor dem Haus, beleidigte einen Helfer, der sie ansprach und entfernten sich dann wieder. Im Wegfahren skandierten sie die Nazi-Parolen „Heil Hitler“ und „Sieg Heil“. Nach Angaben der Polizei waren zwei 20-Jährige und ein 23-Jähriger Adelebser in Begleitung eines 30-Jährigen Dransfelders beteiligt. In den Nächten darauf hielten sich mehrfach Neonazis in ihren Autos im Umfeld der Unterkunft auf.  

Am 03.09.2015 fand, in der an die Albert-Schweitzer-Schule angrenzenden Sporthalle, eine Bürgerversammlung zur neuen Nutzung des Schulgebäudes statt. An der Veranstaltung mit über 200 BesucherInnen nahmen auch das ehemalige AfD-Mitglied Jörg Schoppe (zuvor Mitglied der islamfeindliche Partei „Die Freiheit“), sowie Marcel und Dennis Jäger teil.

Am 10.09.2015 attackierte Dennis Jäger einen aus dem Irak stammenden Menschen, nachdem diesem vor dem Haus der Jägers eine Bierflasche auf der Straße kaputt gegangen war.  

Tarnverein „Unser Flecken e.V.“

Im November 2015 verteilte Mario Messerschmidt in Güntersen Einladungen zur Gründung einer Bürgerinitiative und eines eingetragenen Vereins. Nach Bekanntwerden dieser Pläne stellte sich heraus, dass die für die Gründung reservierte Gaststätte nichts über den Charakter der Veranstaltung wusste, woraufhin sie die Reservierung sofort stornierte. In einer späteren Einladung mobilisierte Messerschmidt erst zu einem Schleusungspunkt, von dort aus wurden die BesucherInnen des Treffens zur Wohnung seiner Mutter weitergeleitet. Dort fand ein Treffen von ca. 15 Personen unter dem Schutz der Kameradschaft Northeim statt. An dem Treffen nahmen Mitglieder der NPD-Göttingen und Eichsfeld, sowie bekannte Neonazi Kader aus dem Dreiländereck teil. Unter ihnen Marco Borrmann, Rene Schneemann und Christian Asche. Ebenfalls anwesend war der Adelebser Dennis Jäger.


Zur Person: Rene Schneemann

Rene Schneemann ist umgeschulter Maschinenführer aus Heiligenstadt. Er ist schon seit vielen Jahren im Umfeld der „Kameradschaft Northeim“ aktiv und beteiligt sich regelmäßig an Naziaufmärschen und dem NPD-Wahlkampf im Eichsfeld. Schneemann ist nach eigenen Aussagen kein NPD-Mitglied und meldete für den „Freien Widerstand Heiligenstadt“ eine Kundgebungen zur Bewerbung des Naziaufmarsches in Bad Nenndorf, sowie am 30.05.2014 einen Infostand zum überregionalen Naziaufmarsch „Tag der Deutschen Zukunft“ in Heiligenstadt an. Er ist regelmäßiger Teilnehmer bei diversen Aufmärschen hinter dem Transparent der „Kameradschaft Northeim“ und tritt auch als in Erscheinung. Schneemann beteiligte sich am Gründungstreffen des NPD-Tarnvereins „Unser Flecken e.V.“ in Adelebsen am 15.12.2015.



Grauzone: Rechtsoffene Rockerszene

An den Kundgebungen des „Freundeskreises Thüringen/Niedersachsen“ beteiligen sich regelmäßig Einzelpersonen aus dem Unterstützer-Umfeld der Hells Angels. Neonazis tragen Kleidungsstücke mit „Support 81“-Aufdrucken, in einem Beitrag vom 24.1.2016 auf der Freundeskreis-Facebook-Seite wurde gar offen mit den Rocker- und Hooligan-Kontakten gedroht. Diesen sei „jedes Mittel recht“, zukünftig würde der Schutz der Veranstaltungen selber in die Hand genommen. Die offenen Gewaltdrohungen endeten mit „Jagd nichts was ihr nicht töten könnt“. Bemerkenswerter Weise wussten nur zwei Tage zuvor weder die Polizei noch der Niedersächsische Verfassungsschutz in ihrer Antwort auf eine mündliche Landtagsanfrage der Grünen von diesen Verbindungen zu berichten. Auch die Polizeieinsätze im Umfeld der Kundgebungen des „Freundeskreises“ in Duderstadt scheinen allein das Ziel zu haben, kritische Zwischenrufe oder Störungen zu unterbinden und antifaschistische BeobachterInnen auf Distanz zu halten.  

Diese Gemengelage ist für Göttingen und die Region Südniedersachsen nicht neu. Bereits seit Mai 2008 ist die antifaschistische Bewegung mit einer Schnittmenge von offenen Neonazis und Geschäftemachern der Hells Angels konfrontiert. Im Zentrum dieser Entwicklungen stand für viele Jahre Antonino Muce aus Adelebsen, Anfang der 1990er Jahre bekannt geworden als Schläger aus dem Umfeld der FAP von Neonazikader Thorsten Heise.  
Muce eröffnete in Göttingen-Weende die Tabledance-Bar „Moonlight“. Der Neonazi Mario Messerschmidt unternahm im Juli und August 2008 mehrere Versuche im „Moonlight“ Rechtsrockkonzerte zu veranstalten. Diese Vorhaben scheiterten an antifaschistischer Recherche- und Öffentlichkeitsarbeit. Zum großen Knall kam am es am 30.11.2008: Im Streit über die konzeptionelle Ausrichtung des Etablissements schoss Messerschmidt mit einer Pumpgun auf seinen alten Freund Muce, wurde aber anschließend, ebenso wie weitere Neonazis aus dem Umfeld der „Kameradschaft Northeim“ von dem Wing Tzun-Ausbilder Muce aus seiner Bar geprügelt. Bei anschließenden Hausdurchsuchungen im Dezember 2008 und Januar 2009 stellte die Polizei große Mengen Schusswaffen sicher. Die Waffenfunde dokumentierten das Ausmaß der Bewaffnung der regionalen Neonaziszene und unterstrichen die Verbindungen von Neonaziszene und Hells Angels. Die antifaschistischen Mobilisierungen gegen die geplanten Rechtsrockkonzerte und letztendlich das Geballer der Waffenbrüder untereinander, ließen das „Moonlight“ scheitern. Muce unternahm in den folgenden Jahren weitere Versuche einen Veranstaltungsort in Göttingen zu betreiben, beide scheiterten jedoch ebenfalls: So im März 2011 mit dem „Pleasure“ in der Keplerstraße und im Januar 2012 mit einem Hells Angels Clubheim im Industriegebiet in Göttingen-Grone. Im selben Zeitraum gründete sich offiziell das „Hells Angels MC Chapter Göttingen“. Ein Jahr später konnte Muce mit etwa 15 weiteren Rockern in Adelebsen einen Boxclub eröffnen. An einer Einweihungsfeier nahmen 200 bundesweit geladene Gäste teil. Während Antonino Muce in seinem langjährigen Wohnort Adelebsen zu diesem Zeitpunkt seine Anstrengungen belohnt sah, krachte es in Göttingen erneut. Gegen die Teilnahme der bekannten Neonazis Marcus Gieseler, Sascha Berlin und Bianca Redeker an der Eröffnungsfeier des Tattooladens „Jenny B“ in der Roten Straße, gingen am 19.01.2013 autonome Antifas vor. Unter den Gästen sollen sich auch Mitglieder der Hells Angels und der Red Devils befunden haben. Ladenbetreiberin Jennifer Franke bedauerte den Vorfall und erklärte sie habe mit Neonazis nichts zu tun. Die Drei aus Northeim seien ihr nicht bekannt gewesen. Danach konnte das Geschäft weitergehen.
Antonino Muce hingegen überspannte in Adelebsen den Bogen. Nach bundesweiten Hells Angels-Treffen im „Landgasthof Lindhorst“ in Güntersen, Rocker-Drohungen gegen LokalpolitikerInnen und BürgerInnen und der Ankündigung seines alten Kameraden Messerschmidt auch noch einen Neonaziaufmarsch in Güntersen durchführen zu wollen, verbot das niedersächsische Innenministerium am 24.10.2014 den „Hells Angels MC Chapter Göttingen“ nach dem Vereinsgesetz. Antonino hatte zuvor gemeinsam mit seinem Bruder Agosthino Muce ein ehemaliges Club-Mitglied mit dem Tode bedroht und erpresst. Nach Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen und einer mehrwöchigen Untersuchungshaft wurden die Muces schließlich im Oktober 2015 vom Amtsgericht Kassel wegen räuberischer Erpressung und Diebstahl zu Bewährungsstrafen verurteilt. Muce scheint danach zunächst raus aus dem Geschäft zu sein. Ein Teil seiner ehemaligen Höllenengel professionalisiert und etabliert sich seither im Bereich Gebäudemanagement, Security-Gewerbe und Drogenhandel.

Ein anderer Teil des Hells Angels Umfelds hat sich verstärkt der offenen Neonaziszene zugewandt. Hier brüsten sich die vermeintlichen „81-Supporter“ mit ihren guten Kontakten ins Rocker-Milieu, wohl auch, um den antifaschistischen Widerstand zu beeindrucken. Der Männlichkeitskult, der Hang zu Waffen und Gewalt und die gemeinsamen Werte wie „Kameradschaft und Treue“ bilden eine Schnittmenge der Spektren. Mit diesen Werten scheint es allerdings nicht weit her zu sein: In einem provokant-bedrohlichen Brief aus der JVA-Rosdorf vom 25.3.2011 verriet Messerschmidt den Anmelder der Hells Angels Göttingen-Internetseite Henner Honig aus Moringen. Dieser habe im Zusammenhang mit einem verhinderten Rechtsrockkonzert am 11.7.2008 mehrere PKW am Jugendzentrum Innenstadt (JuZI) beschädigt. Tatsächlich dürfte es Messerschmidt um blanke Eifersucht gegangen sein. Honig heiratete Messerschmidts Ex-Freundin Alena Hartmann. Aus diesen Ehestreitigkeiten hielt sich die Antifa wohlweislich raus, sie offenbaren aber, wie es um die beschworene „Kameradschaft und Treue“ innerhalb dieser Szene tatsächlich bestellt ist.


Rechtspopulismus: Alternative für Deutschland - Kreisverband Göttingen/Osterode

Der Kreisverband Göttingen/Osterode wurde am 07.06.2013 auf Initiative von Tino Vogel aus Staufenberg gegründet. Als erster Vorsitzender wurde Matthias Hans gewählt. Als stellvertretende Vorsitzende der rechte Burschenschafter Lars Steinke, der als Neonazi bekannte Lennard Rudolph, die ehemalige Grünen-Politikerin Sabine Sangmeister-Vollmann und Politikneuling Tino Vogel. Durch das Bekanntwerden der Zusammensetzung, geriet der neu gegründete Verband schnell öffentlich in die Kritik. Nicht im Vorstand vertreten, aber von Anfang an mit an der Gründung beteiligt, war das ehemalige Mitglied der islamfeindlichen Partei „Die Freiheit“ Jörg Schoppe aus Adelebsen.  

Ab dem 09.08.2013 versuchte der KV Göttingen-Osterode einen Wahlkampf anlässlich der Bundestagswahlen im Landkreis Göttingen zu organisieren. Geplant war ein Stammtisch im Gasthaus „Zur Linde“ in Geismar, am darauf folgenden Tag ein Infostand in der Innenstadt. Der Stammtisch wurde jedoch aufgrund angekündigter Proteste vom Gastwirt abgesagt. Der Wahlkampfstand am 10.8.2013 ging im Tumult der Gegenproteste unter. Am 31.08.2013 scheiterte ein weiterer Versuch einen geordneten Wahlkampf durchzuführen, als ein befreundeter Kreisverband aus Köln zur Unterstützung anrückte. Nachdem AntifaschistInnen den Infostand massiv störten, zogen die Wahlkämpfer vorzeitig ab. Nachdem auch fast alle vom Kreisverband aufgehängten Plakate und auch die vom Bundesverband gebuchten Großplakate aus der Öffentlichkeit entfernt wurden, kündigten die Wahlkämpfer an zu erwägen „den Wahlkampf hier einzustellen“. Daraufhin konzentrierte sich der fortan marginale Wahlkampf nur noch auf den Landkreis Göttingen.  

Bei der öffentlichen Auseinandersetzung, um die rechten Tendenzen der AfD-Göttingen, ging es vor allem um ein von AntifaschistInnen veröffentlichtes Foto, das den Jung-Neonazi Lennard Rudolph mit einem Hitlergruß zeigte. Weiter wurde bekannt, dass Rudolph im September 2012 mehrfach ein Mitglied der Anti-Atom-Mahnwache bedrohte und beleidigte. Monatelang zeigte sich die AfD-Göttingen als nicht willens und nicht fähig die Umtriebe des Jugendlichen aufzuklären. Sie erhoben Vorwürfe von angeblichen Fälschungen und erfanden wilde Geschichten über angebliche Drohungen gegen Kinder und Familien der Vorstandsmitglieder. Als Höhepunkt erfand Rudolph einen fiktiven Brandanschlag auf das Wohnhaus seiner Familie. Im Nachhinein bestätigten sich Berichte, dass es sich bei Rudolph um einen notorischen bis krankhaften Lügner und Betrüger handelt. Neben seinen privaten Betrügereien veruntreute er in seiner Funktion als Kassenwart des Kreisverbands etwa 6.000 Euro und verursachte so einen fast vernichtenden Schaden für den Kreisverband.  
Aufgrund des Verlustes der öffentlichen Glaubwürdigkeit, sowie internen und persönlichen Streitereien trat fast der gesamte Vorstand des Kreisverbands nach und nach zurück. Als neuer vorübergehender Vorsitzender fungierte Tino Vogel.

Im Jahr 2014 existierte der Kreisverband nur noch marginal. Als neuer Vorsitzender wird der im Mai 2013 eingetretene ehem. FDP-Ratsherr, Dr. Norbert Ulrich gewählt. Nach der Abwahl von Bernd Lucke tritt Ullrich aus und gründet im Januar 2016 den Göttinger Kreisverband der Lucke Partei „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“ („ALFA“). Für ihn übernimmt Jens Kaup aus Hann. Münden den Vorsitz. Zudem treten der Göttinger Rechtsanwalt Steffen König und der Versicherungskaufmann Siegfried Steinwachs für den Kreisverband auf.

Im Mai 2015 begann der Kreisverband Göttingen-Osterode zusammen mit dem Kreisverband Northeim unter dem Motto „Südniedersachsenforum“ eine Veranstaltungsreihe mit mehr oder weniger prominenten AfD-PolitikerInnen. Die erste Veranstaltung sollte am 12.05.2015 unter dem Motto „Inklusion: eingelöstes Menschenrecht oder Irrweg der Bildungspolitik“ mit dem Erziehungswissenschaftler Dr. Heiner Willenberg im Göttinger Hotel „Freizeit In“ stattfinden.  
Sie wurde aber nach öffentlicher Kritik abgesagt. Die zweite Veranstaltung fand dann am 22.05.2015 im Northeimer Bürgersaal statt. Unter dem Titel „Der Gender-Plan - Revolution durchs Klassenzimmer - Den Wahnsinn stoppen!“ referierten der Landesvorsitzende der AfD-Niedersachsen Paul Armin Hampel und der Vorsitzende der JA-Niedersachsen Sören Hauptstein vor etwa 40 AfD-AnhängerInnen aus Göttingen, Northeim und Goslar. Weitere Veranstaltungen folgten mit bekannten VertreterInnen des rechten Flügels der AfD wie z.B. Frauke Petry vor ihrem Antritt als Parteivorsitzende (24.05.2015), Jörn Kruse (03.06.2015), Alexander Gauland (20.06.2015), Dr. Hugh Bronsen (26.06.2015) und Beatrix von Storch (04.09.2015). Die Organisation der Veranstaltungen und deren Bewerbung wurden vor allem durch die AfD-Northeim getragen. Die Veranstaltungen besuchte ein in der Regel gleichbleibendes Publikum von 25 - 40 Personen. Ein Großteil der Besucher war über 35 Jahre alt und männlich. An der Veranstaltung am 22.05.2015 in Northeim nahmen die beiden Neonazis aus dem Umfeld der „Kameradschaft Northeim“ Fabian Zufall und Roland Rusteberg teil.


Chronik Mitte 2015 - Anfang 2016

Auszug aus einer Chronik zu  
rechten Aktivitäten in Südniedersachsen.


29.06.2015, Göttingen

Ein 18-Jähriger Göttinger wird bei einer Auseinandersetzung mit zwei aus dem Landkreis Northeim stammenden Männern verletzt. Es sollen zuvor fremdenfeindliche Parolen gerufen worden sein.

11.07.2015, Göttingen
Aus einer mehrköpfigen Gruppe heraus greift der Northeimer Neonazi Roland Rusteberg gegen 3 Uhr nachts ein nach Hause gehendes Paar an, weil sie „links“ aussehen. Ein Mann erleidet durch einen Schlag gegen das Ohr ein Knalltrauma.

08/2015, Friedland
In Friedland werden rassistische Flyer mit dem Motto „Vom Heimkehrerlager zum Asylantenheim - Eine deutsche Tragödie“ in Briefkästen geworfen. Verantwortlicher im Sinne des Presserechts ist Matthias Fiedler, der im Eichsfeld für die NPD im Stadtrat sitzt.

16.08.2015, Heiligenstadt

Die NPD-Eichsfeld organisiert eine Kundgebung gegen die Schließung der Förderschule Heiligenstadt. Es nehmen nur sechs Neonazis teil. Darunter Pascal Zintarra.

19.08.2015, Heiligenstadt

80 Menschen protestieren gegen die Schließung der Förderschule Heiligenstadt, in der vorübergehend Flüchtlinge untergebracht werden sollen. NPD-Mitglieder wie René Schneemann nehmen an der Bürgerdemo teil.

19.08.2015, Osterode
Gegen die geplante Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Osterode geht die Facebook-Seite „Nein zum Heim in Osterode“ online.

22./23.08.2015, Witzenhausen
Bei einem Ortsfest kommt es zu zwei rassistischen Übergriffen. Unabhängig voneinander werden Flüchtlinge und ihr Betreuer, sowie eine Einzelperson von Neonazis aus Hann. Münden und Großalmerode angegriffen.

27.08.2015, Heiligenstadt
Die Neonazis Matthias Fiedler und Thorsten Heise versuchen an einer Bürgerinformationsveranstaltung zur Lage der Flüchtlinge in Heiligenstadt teilzunehmen. Nachdem ihnen der Einlass von AntifaschistInnen verwehrt wurde, hielten sie eine 2-Mann Kundgebung vor dem Veranstaltungsort ab.

29.08.2015, Adelebsen
Noch während der Einrichtung einer Unterkunft für Flüchtlinge werden in der Nacht aus einem VW-Golf Naziparolen gerufen. Beteiligt sind zwei 20-Jährige und ein 23-Jähriger aus Adelebsen, sowie ein 30-Jähriger aus Dransfeld.

30.08.2015, Adelebsen
Der PKW von Kevin Bischoff aus Adelebsen fährt nachts mehrfach an der Flüchtlingsunterkunft vorbei. Kevin Bischoff gehört zu einem Freundeskreis rund um die Brüder Dennis und Marcel Jäger, sowie Jugendlichen aus dem Umfeld der „Kammeradschaft Northeim“ und der „AG-Rhumetal“  

02.09.2015, Friedland

Im Lager Friedland tauchen Bilder mit beleidigenden Mohammed-Karikaturen auf.

04.09.2015, Northeim

Die AfD-Northeim hält eine Veranstaltung im Bürgersaal des St. Blasien-Klosters ab. Die stellv. Bundesvorsitzende Beatrix von Storch referierte vor 40-50 Gästen über „Euro, Familie und Zuwanderung“. 50 Menschen halten eine Gegenkundgebung ab.

03.09.2015, Adelebsen
An einer Bürgerversammlung nimmt auch der Rechtspopulist Jörg Schoppe (ehemals „Die Freiheit“ und AfD) teil. Anwesend sind auch die Brüder Dennis und Marcel Jäger.

12.09.2015, Friedland
Der rechte „Arminius Bund“ will vor dem Lager Friedland eine Kundgebung „zur Unterstützung der ethnischen Deutschen in der Ost-Ukraine“ abhalten. Das Bündnis gegen Rechts mobilisierte 150 Menschen zu einer Gegenkundgebung vor dem Lager. Der Vorsitzende des Bundes, Johann Thießen, bekam einen Platzverweis.

19.09.2015, Heiligenstadt
Die NPD-Eichsfeld will zwei Kundgebungen gegen Flüchtlinge abhalten. Angekündigt ist u.a. der russlanddeutsche KAGIDA-Aktivist Victor Seibel aus Kassel. Teilnehmer sind u.a. Martin Ahlborn (Delliehausen bei Uslar, NPD-Göttingen) und Fabian Schwedhelm (Nesselröden bei Duderstadt, „Kammeradschaft Northeim“). AntifaschistInnen gelang es die zweite Kundgebung vor dem Flüchtlingswohnheim zu blockieren. Etwa 10 Neonazis greifen AntifaschistInnen an. Am Bahnhof werden im Anschluss antisemitische und rassistische Parolen geschmiert.

24.09.2015, Adelebsen
Die beiden Neonazis Mario Messerschmidt und Kristina Sibbersen besuchen die Ratssitzung des Fleckens Adelebsen. Messerschmidt versucht sich in der Bürgerfragestunde zu Wort zu melden, um gegen die Unterbringung von Flüchtlingen zu hetzen. Seine drogenkranke Freundin Sibbersen versucht Flugblätter zu verteilen, die vor Gesundheitsgefahren bei Kontakt mit Flüchtlingen warnen.

28.09.2015, Friedland
Die „Bürgerinitiative Asylstop Friedland“ verbreitet ihre Gründung via Facebook. Sie wirbt offen mit dem NPD-Motiv „Asylflut Stoppen“.

03.10.2015, Bischhagen
In der Nacht vom 02. auf den 03.10 wird eine leerstehende Flüchtlingsunterkunft niedergebrannt. Bürgermeister und Feuerwehr gehen von einem Brandanschlag aus.  

06.10.2015, Friedland
Eine 8-köpfige Gruppe rechter Jugendlicher/junger Neonazis, sowie ein einzelner Neonazi nahmen an einer vom Bürgermeister initiierten Bürgerversammlung zum Thema Flüchtlinge teil.  

09.10.2015, Northeim
Der AFD-Kreisverband Northeim führt eine Veranstaltung mit dem neofaschistischen Theologen und Hassprediger Prof. Dr. Heinz Kuhlman zum Thema „Islam“ durch.

01.11.2015, Northeim
Seit Oktober wird über eine Homepage und dazugehörige Facebook-Seite eine bundesweite „Aktion Grablicht“ beworben. Aus Protest gegen die Asylpolitik sollen Tee- oder Grablichter am 01.11. in die Fenster gestellt werden. In Northeim und in der Region Göttingen nahmen mehrere Menschen an der Aktion teil. Als Verantwortlicher der bundesweiten Aktionsseite tritt Jens Gerlach aus Herzberg am Harz auf.

01.11.2015, Heiligenstadt
Im Rahmen der Aktion „Ein Licht für Deutschland“ versammeln sich Neonazis vor dem Rathaus zu einer unangemeldeten Kundgebung. Die Aktion ist ähnlich der „Aktion Grablicht“ und hat einen identischen Foderungskatalog.

08.11.2015, Northeim

Die Seite der „Aktion Grablicht“ mobilisiert dazu die Fensteraktion noch einmal zu wiederholen oder die Aktion an öffentlichen Plätzen, wie Rathäusern oder Kirchen, durchzuführen. Eine Gruppe Northeimer Neonazis folgt dem Aufruf und trifft sich mehrere Sonntage mit Grablichtern vor dem Rathaus. An der Northeimer Aktion nehmen zwischen 8 und 15 Neonazis teil.

08.11.2015, Heiligenstadt
Erneut treffen sich ca. 40 Neonazis, um im Rahmen der Aktion „Ein Licht für Deutschland“ eine unangemeldete Kundgebung durchzuführen. Trotz der Ansage des Ordnungsamts bei erneuter unangemeldeter Versammlung diese zu unterbinden, können sie ungestört die Kundgebung durchführen.  

15.11.2015, Northeim
Mehrere Neonazis treffen sich vor dem Rathaus, um erneut an der „Aktion Grablicht“ teilzunehmen.

15.11.2015, Heiligenstadt

Erneut treffen sich dutzende Neonazis für die Aktion „Licht für Deutschland“. Nach der Kundgebung kommt es zu mehreren Übergriffen auf AntifaschistInnen, eine Gruppe Jugendlicher wird mit Pfefferspray attackiert.

21.11.2015, Northeim
Mehrere Neonazis treffen sich vor dem Rathaus, um erneut an der „Aktion Grablicht“ teilzunehmen. Da Sonntag der 22.11. Totensonntag war, verlegen sie das Treffen auf den Samstag vor.

22.11.2015, Heiligenstadt
Erneut treffen sich dutzende Neonazis für die Aktion „Licht für Deutschland“.

27.11.2015, Adelebsen
Flugblätter einer sogenannten Bürgerinitiative „Unser Flecken e.V.“ werden verteilt. In dem Flyer wird für den 15.12 zur Gründung der Bürgerinitiative aufgerufen und eine „nationale Stimme“ im Parlament gefordert. Unterzeichnet sind die Flugblätter von dem Neonazi Mario Messerschmidt.

29.11.2015, Duderstadt
Der „Freundeskreis Thüringen/Niedersachen“ organisiert das erste Mal die regelmäßig stattfindende Kundgebung „Freiheitlicher Bürgertreff - Ein Licht für die Freiheit unserer Kinder“. Anmelder und Versammlungleiter sind die beiden rechten Burschenschafter und „Junge Alternative“-Aktivisten Lars Steinke und Jan Philipp Jaenecke. Die Veranstaltung hat ca. 60 TeilnehmerInnen.

29.11.2015, Northeim

Mehrere Neonazis treffen sich vor dem Rathaus, um erneut an der „Aktion Grablicht“ teilzunehmen. Dieses ist vorläufig das letzte derartige Treffen in Northeim.  

29.11.2015, Heilligenstadt
Zum 5. Mal treffen sich dutzende Neonazis für die Aktion „Licht für Deutschland“. Nach der Kundgebung kommt es zu Jagdszenen als eine 20-köpfige Gruppe Neonazis eine einzelne jugendliche Person mit Holzlatten und Quartzsandhandschuhen angreift. Auf der Wache äußert die Polizei gegenüber der angegriffenen Person, dass es kein Wunder sei, dass sie bei „diesem Erscheinungsbild“ zum Opfer geworden ist.  

06.12.2015, Duderstadt
2. Kundgebung des „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ mit ca. 70 TeilnehmerInnen

06.12.2015, Heiligenstadt

Erneut treffen sich zum 6. Mal dutzende Neonazis in der Innenstadt für die Aktion „Licht für Deutschland“.  

13.12.2015, Duderstadt
3. Kundgebung des „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ mit ca.80 TeilnehmerInnen

13.12.2015, Heiligenstadt
Zum 7. Mal treffen sich dutzende Neonazis in der Innenstadt für die Aktion „Licht für Deutschland“.  

15.12.2015, Adelebsen
Das Treffen von Mario Messerschmidts Bürgerinitiative „Unser Flecken e.V.“ findet aufgrund antifaschistischer Intervention nicht wie geplant in einem Restaurant, sondern bei Messerschmidt zu Hause statt. Etwa 15 Neonazis nahmen an dem Gründungstreffen teil. Unter ihnen waren Marco Borrmann (ehemaliger Vorsitzender der NPD-Göttingen), Christian Ashe („Kammeradschaft Northeim“), René Schneemann (Organisator der wöchentlichen NPD-Kundgebung in Heiligenstadt), Marc-Philipp Schunke (verurteilt wegen versuchtem Totschlag), Harald Rodiger („Kammeradschaft Northeim“) und Dennis Jäger.

20.12.2015, Duderstadt
4. „Kundgebung des Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ mit ca. 80 TeilnehmerInnen

20.12.2015, Heiligenstadt
Zum 8. Mal treffen sich dutzende Neonazis für die Aktion „Licht für Deutschland“. Die Kundgebung wurde extra vorverlegt, damit die Neonazis zusätzlich den Termin in Duderstadt wahrnehmen können. In der folgenden Woche wird via Internet verbreitet, dass die Aktionen in Heiligenstadt beendet werden. Gleichzeitig wird zur Teilnahme an den Aktionen in Duderstadt aufgerufen.  

27.12.20015, Duderstadt
5. Kundgebung des „Freundeskreis Niedersachsen/Thüringen“. Da die NPD ihre in Heiligenstadt und Leinefelde stattfindenen Kundgebungen der „Aktion Grablicht“ zugunsten der Kundgebung in Duderstadt absagte , konnte eine TeilnehmerInnenzahl von ca. 120 Personen erreicht werden.

Um den 01.01.2016, Rosdorf

Neonazis sprühen Parolen wie „NS-Zone“, „Stop Asyl“ und „NS!“ auf beide Wände der Autobahnüberführung der A7(800m hinter dem Klostergut Mariannengarten)

Um den 02.01.2016, Rosdorf
Am Autobahndreieck Drammetal (Fahrtrichtung Kassel) und über die A38 Richtung Göttingen werden Transparente mit „Refugees not welcome“ über die Autobahn gehängt.

06./07.01.2016, Duderstadt
Nachts wird ein Fachwerkhaus in der Westeröder Straße, in das Flüchtlinge einziehen sollen, von Neonazis mit einem ca.80 cm großen Hakenkreuz und SS-Runen besprüht.

08.01.2016, Northeim
Der AfD-Kreisverband Northeim führt einen Neujahrsempfang mit Armin Paul Hampel (AfD-Landesvorsitzender) und Sören Hauptstein (Vorsitzender „Junge Alternative“-Niedersachsen) im Bürgersaal am Münster durch.

09.01.2016, Köln
Ca. 10 Neonazis des „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ nehmen an einem „PEGIDA“-Aufmarsch teil. Dort herrscht aggressive Stimmung, es werden Reichskriegsfahnen mitgeführt, des Öfteren wird der Hitlergruß gezeigt. Als Polizei und Journalisten mehrfach mit Feuerwerkskörpern und Flaschen angegriffen werden, stoppt die Polizei den Aufmarsch und löst die Versammlung auf.

10.01.2016, Hann. Münden
Über der A7 werden zwei Transparente mit „Multikulti ist Volkstod“ und „Googelt den Kalergieplan“ aufgehangen.

Bottom Line