Unser Hund bellt da, wo wir wollen!
Festival und antifaschistische Stadtrallye
+++ Irie Révoltés rockten am 29.5.2010 das JT +++ Stadtrallye mit Aktionsstationen +++ Kampagne gegen rechte Zeitschrift „Zuerst!“ gestartet +++
Am 28. und 29.5.2010 wurde beim Antifa-/Fire&Flames-Festival im Jungen Theater gefeiert. Highlight des nunmehr fünften Festivals dieser Art in Göttingen war der Auftritt von Irie Révoltés (Hip-Hop/Reggae/Ska aus Heidelberg) am Samstag Abend. Zuvor spielten From the Depths (from melodic to crust, USA) und Two Strikes (Skapunk aus Göttingen). Opció k-95 mussten ihren Auftritt leider kurzfristig absagen. Sympathiesieger des Freitags waren sicher Feine Sahne Fischfilet (Skapunk aus Rostock). Vor dem Hauptact des ersten Festival-Tages Los Fastidios (Streetpunk aus Italien) spielten Class War Kids (Melodic Politpunk, Canada) und Estrepito Banditos (Skapunk aus Hannover).
Unsere Mobilisierungsseite zum Festival und zur antifaschistischen Stadtrallye findet ihr hier.
Weitere Bilder vom Festival findet ihr hier.
Über 100 Menschen beteiligten sich bereits am Samstag Nachmittag an einer antifaschistischen Stadtrallye. Unter dem Motto „Unser Hund bellt da, wo wir wollen!“ wurden vor der Ausländerbehörde des Kreishauses, der DHL-Filiale in der Hauptpost, der Konditorei Cron und Lanz sowie dem Pressehandel Tonollo kurze Kundgebungen abgehalten. Thematisiert wurden während dieser Kundgebungen die Verstrickungen der Institutionen oder Unternehmen in rassistische Abschiebepolitik, Logostikdienstleitungen für den Krieg in Afghanistan oder sozial-chauvinistische Hetze gegen Obdachlose. Dem Pressehaus Tonollo warf eine Sprecherin der A.L.I. vor, seit Dezember 2009 die neue rechte Zeitschrift „Zuerst! Deutsches Nachrichtenmagazin“ zu vertreiben. Chefredakteur von „Zuerst!“ ist der ehemalige „Welt“ und „Junge Freiheit“-Autor Günther Deschner. Ständiger Kolumnist ist der Republikaner und ehemalige „Nation & Europa“-Mitherausgeber Harald Neubauer. In dem Magazin werden fremdenfeindliche und geschichtsrevisionistische Positionen verbreitet. „Zuerst! Deutsches Nachrichtenmagazin“ gilt als Nachfolgeprojekt der neofaschistischen Zeitschrift „Nation & Europa“. „Solcherlei Positionen sind nicht einfach eine Meinung, sondern Ausdruck einer verbrecherischen Ideologie“, so die Antifasprecherin. „Die heutige Kundgebung vor Tonollo war daher auch der Auftakt einer antifaschistischen Kampagne, die das Ziel hat, die Zeitschrift 'Zuerst! Deutsches Nachrichtenmagazin' aus den Sortimenten der Kioske zu drängen“. Mehr dazu könnt ihr hier nachlesen.
Das Motto der Stadtrallye „Unser Hund bellt da, wo wir wollen!“ bezieht sich auf den Einsatz eines wundersamen Polizei-Spürhundes, der im Januar 2010 eine Geruchsfährte vom Kreishaus bis vor die Tür eines bekannten linken Wohnprojektes in der Roten Straße verfolgt und dort gebellt haben soll. Dem Hundeeinsatz folgten Hausdurchsuchungen und Strafverfahren wegen eines angeblichen Brandanschlages in einer Teeküche des Verwaltungsgebäudes. Abschiebegegner_innen hätten mit einer „unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (USBV)“ Feuer gelegt, so der neue Göttinger Polizeichef und ehemalige Verfassungsschutz-Vize-Chef Kruse. Für diese durchschaubaren Konstruktionen wurden allerdings bisher keine Beweise vorgelegt. Mehr dazu findet ihr hier. Auch ein seit Monaten erwartetes Gutachten des Landeskriminalamtes (LKA) Niedersachsen folgt lediglich den Behauptungen des Göttinger Geheimdienst-Polizei-Chefs. Die mysteriöse USBV oder gar den Spurenträger, der dem Mantrailing-Dog vorgehalten wurde, konnten der Öffentlichkeit bisher nicht präsentiert werden. Auffällig nur, dass der LKA-Bericht zeitlich passend zur Veröffentlichung des neuen Verfassungsschutzbericht Niedersachsen im April 2010 fertig gestellt wurde... (Mehr dazu findet ihr beim linken Internetstadtmagazin www.goest.de) Diese offen politische Vorgehensweise nahm auch die antifaschistische Stadtrallye ins Visier. In einem Quiz, das an einer der Rallye-Stationen abgehalten wurde, konnten die Teilnehmer_innen beispielsweise erraten:
„Frage 4: Unter welchem Namen ging eine illegale Aktion des Niedersächsischen Verfassungsschutz (VS) in die Geschichte ein? a) Celler Loch b) Hamburger Kessel c) Spudok-Skandal“ Richtig war das Celler Loch: „Am 25.7.1978 fingierten Agenten des Niedersächsischen Verfassungsschutzes unter dem Namen „Aktion Feuerzauber“ einen Sprengstoffanschlag auf die Außenmauer der JVA-Celle. Damit sollte eine Befreiungsaktion für Sigurd Debus aus der RAF vorgetäuscht und so V-Leute in die bewaffnet kämpfende Gruppe eingeschleust werden. 1986 wurde die Geheimdienstaktion aufgedeckt.“
An anderen Treffpunkten der Stadtrallye konnten Stencils angefertigt und erprobt werden...
... und zahlreiche schwarze und rote Luftballon-Hunde wurden von den Aktivist_innen durch die Stadt geführt.
Absurde Züge trug der Polizeieinsatz anlässlich der antifaschistischen Stadtrallye. Scheinbar um auf „alle Gefahrenlagen“ vorbereitet zu sein, wurde erneut ein Großaufgebot der Polizei nach Göttingen verlegt. Der mobile Charakter der Stadtrallye überforderte sodann aber manchen Polzeibeamten aus Hannover, dem mit Stadtplänen in den Händen die Fragezeichen im Gesicht standen. Ihren Frust über die unübersichtliche Lage und den unkonfrontativen Verlauf des Nachmittags verliehen die Staatsdiener auf der ihnen ganz eigenen Art und Weise Ausdruck: Jugendliche wurden für illegales Rauchen oder für „bei rot(!) über die Ampel gehen“ mit 5 Euro Ordnungsgeldern belegt. Den Vogel schoss jedoch eine Beamtin im Kampfanzug am Rande der Kundgebung vor der Ausländerbehörde im Kreishaus ab. Sie fühlte sich offenbar von einem Luftballon-Hund eines 2-jährigen Kindes bedroht und zerstörte des Spielzeug. „Nach unseren Erkenntnissen wurde keine Festnahme vorgenommen und auch kein Strafverfahren eingeleitet“, kommentierte die A.L.I.-Sprecherin das peinliche Polizeiverhalten kopfschüttelnd.
Hier gibt es weitere Fotos vom Festival:
Weitere Informationen dazu findet ihr in unserer Presseinformation vom 29. Mai 2010.
Presseinformation vom 29. Mai 2010
Antifaschistische Stadtrallye In Göttingen: „Unser Hund bellt da, wo wir wollen!“
Überforderter Polizeieinsatz auch gegen 2-jähriges Kind
Über 100 Menschen haben heute an einer antifaschistischen Stadt-Rallye durch die Göttinger Innenstadt teilgenommen. Die Aktion fand im Zusammenhang mit dem 5. Fire&Flames / Antifa-Festival am Freitag- und Samstag Abend im Jungen Theater statt.
Während vier kurzer Kundgebungen vor der Ausländerbehörde des Landkreises, der DHL-Filiale in der Hauptpost, dem Kaffee Cron&Lanz und des pressehauses Tonollo wurden kurze Redebeiträge gehalten. Thematisiert wurden darin die Verstrickungen der Institutionen oder Unternehmen in rassistische Abschiebepolitik, Logostikdienstleitungen für den Krieg in Afghanistan oder sozial-chauvinistische Hetze gegen Obdachlose.
Dem Pressehaus Tonollo warf eine Sprecherin der A.L.I. vor, seit Dezember 2009 die neue rechte Zeitschrift „Zuerst! Deutsches Nachrichtenmagazin“ zu vertreiben. Chefredakteur von „Zuerst!“ ist der ehemalige „Welt“ und „Junge Freiheit“-Autor Günther Deschner. Ständiger Kolumnist ist der Republikaner und ehemalige „Nation & Europa“-Mitherausgeber Harald Neubauer. In dem Magazin werden fremdenfeindliche und geschichtsrevisionistische Positionen verbreitet. „Zuerst! Deutsches Nachrichtenmagazin“ gilt als Nachfolgeprojekt der neofaschistischen Zeitschrift „Nation & Europa“. „Solcherlei Positionen sind nicht einfach eine Meinung, sondern Ausdruck einer verbrecherischen Ideologie“, so die Antifasprecherin. „Die heutige Kundgebung vor Tonollo war daher auch der Auftakt einer antifaschistischen Kampagne, die das Ziel hat, die Zeitschrift „Zuerst! Deutsches Nachrichtenmagazin“ aus den Sortimenten der Kioske zu drängen“.
Die antifaschistische Stadtrallye war die erste in dieser Art in Göttingen und stand, unter Bezug auf die Hausdurchsuchungen in der Roten Straße im Januar 2010 die durch eine angebliche Geruchsspur gerechtfertigt wurden, unter dem Motto „Unser Hund bellt da, wo wir wollen!“. Die Polizei, die mit z.T. ortsfremden und überforderten Kräften in der Stadt präsent war, sorgte für Ärger. In der gesamten Innenstadt hatten sich Polizeieinheiten breit gemacht. Spitzel in zivil waren an allen größeren Plätzen präsent. Anstatt sich zurückzuhalten, sprach die Polizei Ordnungsgelder gegen Jugendliche aus, die angeblich geraucht hätten oder bei rot über die Ampel gegangen seien.
Der Gipfel der Maßlosigkeiten ereignete sich während der Kundgebung am Haus des Landkreises. Hier zerstörte eine Polizeibeamtin in Kampfuniform den Luftballon-Hund eines 2-jährigen Kindes. Die Beamtin fühlte sich durch die Aufschrift des Ballons von dem Kind beleidigt. „Nach unseren Erkenntnissen wurde keine Festnahme vorgenommen und auch kein Strafverfahren eingeleitet“, kommentierte die A.L.I.-Sprecherin kopfschüttelnd. „Dieses vollkommen überzogene Vorgehen zeigt, welches Bild ihrer eigenen Rolle und alltäglichen Berufspraxis in den Köpfen der Beamtinnen und Beamten vorherrscht“.
Bezugnehmend auf die von rechts-konservativen Politikern inszenierte „Extremismus“-Kampagne in den Medien und die Innenministerkonferenz vor einigen Tagen erklärte die Sprecherin weiter: „Während die Innenminister auf ihrer Konferenz das Versammlungsrecht abschaffen und mit gefälschten Statistiken über angeblich verletzte Polizeibeamte den Repressionsapparat weiter ausbauen, zeigen wir, dass wir uns den öffentlichen Raum nicht nehmen lassen! Bewegungsfreiheit muss erkämpft werden“.