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"Kleine Reiseführerin durch den Geschlechterdschungel!"

Unsere Broschüre "Kleine Reiseführerin durch den Geschlechterdschungel" ist pünktlich zum 8. März 2007 als überarbeitete Neuauflage erschienen.

Zum 08. März 2005 - dem Internationalen Frauenkampftag - haben wir, die Antifaschistische Linke International A.L.I., eine Aktionswoche organisiert, um Sexismus und Patriarchat in der Gesellschaft zu thematisieren.
Neben anderen Aktionen erstellten wir die erste Version der Broschüre und führten ein Agit-Prop-Stück in der Göttinger FußgängerInnenzone auf. Auf Grund der überwältigenden Nachfrage nach der Broschüre entschlossen wir uns, sie zu überarbeiten und für den 08. März 2007 in einer neuen Version zu drucken. Die einzelnen Artikel haben wir erneut diskutiert und einen zusätzlichen zu der Verknüpfung von Patriarchat und Rassismus mit rein genommen. Auf den letzten vier Seiten der Broschüre könnt Ihr Fotos von dem damaligen Agit-Prop-Theaterstück sehen. Hierin wurden sowohl die gesellschaftlichen Auswirkungen von Sexismus, wie auch Konstruktionen von Geschlecht aufgezeigt.

Agit_Prop_2005Die Broschüre umfasst jetzt 28 Seiten und ist bei uns gegen Versandkosten zu bestellen. Bestellungen per Mail bitte an ali [at] inventati.org Bestellungen per Post an: A.L.I. | c/o Buchladen | Nikolaikirchhof 7 | 37073 Göttingen. Leute, die in Göttingen vorbeikommen, können sich die Broschüre auch links unten im Roten Buchladen abholen.

Außerdem gab es Aufkleber "Sexismus stoppen". Diese sind erfreulicher Weise zu Hauf verklebt aber dadurch leider bereits vergriffen.

Unten findet ihr unsere Einleitung, sowie den neuen Artikel "Von rassistischem Seximus und sexistischem Rassimus...".

Hier könnt Ihr Euch die erste Version der Broschüre "Kleine Reiseführerin durch den Geschlechterdschungel", sowie Bilder vom Agit-Prop-Theaterstück vom 8. März 2005 ansehen.

 


Große Frau, kleiner MannWarum Männer nicht einparken und Frauen nicht zuhören können...

Eigentlich wussten wir das ja schon immer: "Männer bzw. Frauen sind einfach so." Und jetzt gibt es dafür eine ganz einfache Erklärung: Weil die einen Jahrtausende lang gejagt und die anderen Jahrtausende lang gekocht haben, haben die jetzt eben ganz andere Gehirne. Dass die Erklärung ungefähr so schlüssig ist wie Abhandlungen über Ufos in Nevada, interessiert die Bestsellerlisten nicht. Uns aber!
Gewalt und Unterdrückung gegen Frauen und alle, die nicht in das normale Bild von "Mann und Frau" passen, sind weltweit an der Tagesordnung. Soweit so schlecht, und eigentlich ein Allgemeinplatz. Allerdings scheint ein Großteil der Menschen hier in der BRD zu glauben, das
wäre ein Problem der "arabischen Welt" oder "irgendwo in Afrika". Und da, wo sich Unterdrückung und Gewalt auch hier nicht ignorieren lassen, sind entweder die Täter "krank" oder das Ganze wird verharmlosend "geschlechtsspezifisches Verhalten" genannt - und da kommen wieder die Gehirne ins Spiel... Aber zurück zum Anfang: Kennt ihr jemanden, der nicht,
zumindest insgeheim, irgendwo Probleme mit diesem ganzen "seinen Mann stehen" oder "einfach Frau sein" hat? Wie erklärt ihr euch das? Hat da vielleicht doch eine gejagt, oder einer gekocht? Und wie ist das mit Leuten, die gar keine Lust haben zu sein was sie sollen, seit die erste Frage ihres Lebens war "ist es ein Junge oder ein Mädchen?" Was soll "Frau" oder "Mann" eigentlich heißen?
Sind wir eigentlich nie zufrieden? Nein, sind wir nicht! Zwar steht fest, dass die Kämpfe der letzten Jahrhunderte eine Menge erreicht haben und heute vieles machbar ist, was vor ein paar Jahrzehnten noch nicht einmal denkbar war. Aber dennoch ist es für uns nicht der Weisheit letzter Schluss, das Frauen jetzt auch zur Bundeswehr dürfen und einige sogar nach Herzenslust andere Frauen oder Männer unterdrücken dürfen. Mit einem einfachen Rollentausch ist es nicht getan und eine gleichmäßige Verteilung der Gewalt beendet nicht die Gewalt. Auch deswegen meinen wir, das sexualisierte Unterdrückung und Gewalt niemals getrennt von anderen Sauereien, wie z.B. Rassismus oder Kapitalismus betrachtet werden können. Denn gerade die Mischung macht`s! Bei manchem, was heute so zu Geschlechtern und Sexualität vom Stapel gelassen wird, liegt der Teufel nämlich im Detail: Sei es einerseits das Gerede von den grundsätzlich sexistischen
Muslimen, sei es andererseits die Vorstellung vieler Menschen, dass die Frau "natürlich" im Zweifelsfall das Haus hütet...
Aber dazu später mehr, nur soviel: Wir wollen die Befreiung aller Menschen, egal wer, egal wo!
Wahrscheinlich klingt das alles jetzt ein wenig abenteuerlich und seltsam. Das Schöne ist, es wird noch viel wilder. Wir möchten euch in dieser wundervollen Broschüre zum internationalen Frauenkampftag, dem 8. März, Theorien und Ansätze vorstellen, die nicht in der Bravo stehen und die wirklich Sinn machen. Weil sie nämlich nicht das Produkt von JägerInnen und SammlerInnen sind, sondern, ganz praktisch, von Menschen entwickelt wurden, die Probleme
lösen und den ganzen Mist bekämpfen wollen, statt alles was ist, immer gleich zu Naturgesetzen zu machen. Wer Geschlechter sagt, meint immer auch sich selbst. Auch dazu haben wir uns Gedanken gemacht und auch das haben wir hier aufgeschrieben, damit nicht jedeR das Rad von neuem erfinden muss.

In diesem Sinne:
Gemeinsam kämpfen Gegen Patriarchat,
Rassismus und Kapitalismus!
Freiheit braucht Bewegung!


Von rassistischem Sexismus und sexistischem Rassismus...

Die Norm des Menschen in der heutigen Gesellschaft ist weiß, heterosexuell und männlich. Um diese Norm gruppieren sich alle anderen sexuellen Zuschreibungen - und zwar definiert als Abweichung von dieser Norm. So existieren Konstruktionen und Diskurse über "den schwarzen Mann" der als "wild und triebhaft" dargestellt wird, während der "arabische Mann" als "unzivilisiert und patriarchal" gilt. Auf weiblicher Seite werden die "unterdrückte und rückständige Orientalin", die "ultrafeminine, kindlich-passive Asiatin", sowie die "weiße, reine, ideal-weibliche Frau" konstruiert. Antisemitische Ressentiments finden sich bei Konstruktionen wie der "jüdischen, gierigen und mannhaften Frau" oder dem "jüdischen, impotenten, weibischen Mann." Diese sexistischen Fantasien vom "Anderen" beziehen auch immer eine von der Zivilisation /dem "weißen Mann" abweichende Sexualität mit ein. Diese werden als andersartig typisiert und enthalten zugleich rassistische Implikationen.
All diesen - rassistischen und antisemitisch unterfütterten- sexuellen Typisierungen ist zudem gemeinsam, dass sie auf kulturellen Hierarchiekonzepten beruhen, die auf evolutionistischen Konstruktionen und Bewertungskategorien fußen: An der Spitze dieser Wertungen steht die so genannte "Zivilisation", welche sich in ihrer Selbstdefinition vor ständigen Bedrohungen durch Rückschritt und Barbarei zu Wehr setzen muss. Sie wird charakterisiert durch den weißen Mann, er bildet die Norm und ist die quasi "personalisierte Zivilisation.". Er gilt als rational, während Frauen und nicht-weiße Menschen als "naturhaft" dargestellt werden. In dieser Logik bedürfen alle Menschen, die unterhalb des weißen Mannes stehen, der Eroberung und Kontrolle durch ihn. Solche Vorstellungen stammen direkt aus den Ideologien der Kolonialzeit und sind in den kulturellen Konstruktionen der "Anderen" bis heute wirkungsmächtig. Bereits in der Kolonialzeit wurde versucht die Andersartigkeit von Schwarzen und Frauen "wissenschaftlich" zu beweisen und sie anhand des evolutionistischen Gesellschaftsbildes in mehr und weniger Entwickelte zu sortieren. Als Folge dieser Selektion wurden entsprechende Wertigkeiten der ethnischen Gruppen anhand der
Einordnung in die Schemata "höher und minderwertig" abgeleitet.
Das Ziel einer solchen "Verwissenschaftlichung" war und ist die positive Definition und Legitimation gesellschaftlicher Macht- und Ausbeutungsverhältnisse. Historisch war es die wissenschaftliche Begründung beispielsweise für die Sklaverei und die Unterwerfung des afrikanischen Kontinents. In einer moderneren Form argumentiert dieser Rassismus nicht mehr von der Unterund Überlegenheit angeblicher "Rassen" (übrigens auch eine Erfindung des Kolonialzeitalters), sondern mit der Unterschiedlichkeit oder Gegensätzlichkeit der Kulturen. Der multikulturalistische Diskurs geht diesbezüglich z.B. von einer natürlichen "Differenz der Kulturen" aus. Das dahinter stehende Weltbild schließt auch Sexualitätsbilder mit ein. Spätestens, wenn vom "gewalttätigen Araber, der eine unzivilisierte Patriarchalität ausstrahlt" oder von der "sexuell unterdrückten Türkin" die Rede ist, greift auch hier neben der kulturalistischen Abgrenzung der
Unterdrückungsmechanismus sexueller Wertigkeit. Eine Ideologie der Multikulturalität, die Kultur als natürlich-differenzialistisch begreift fördert überdies die entpolitisierte Wahrnehmung von Konflikten in den Gesellschaften, wobei für die Befürworter die rassistischen Bedingungen zur
Trennung in "eigene" und "fremde" Kultur natürlich gar nicht erst zur Diskussion stehen.
So werden soziale Konflikte in kulturelle umgedeutet. Gesellschaftliche Widersprüche sind somit kein Terrain sozialer Kämpfe mehr, sondern Ausdruck vermeintlicher "kultureller Eigenheiten". Sozialen Kämpfen werden damit die Legitimitätsgrundlagen abgesprochen und Widerstand auf kulturelle Besonderheiten und Abweichungen reduziert und naturalisiert. So ausgemachte soziale, kulturelle und sexuelle Differenzen fungieren dabei je nach zugewiesener Wertigkeit als gesellschaftliche Platzanweiser: So müssen AsylbewerberInnen mit Warengutscheinen einkaufen gehen und werden damit spätestens (sofern sie nicht schon zuvor aufgrund ihres "abweichenden" Äußeren eingeordnet werden können) an der Kasse öffentlich und sozial stigmatisiert. Herrschaft benötigt unterscheidbare Gruppen, die nach dem Prinzip Norm und Abweichung zu trennen sind. In den aktuellen Diskursen betrifft dies gegenwärtig vor allem einen antiislamischen Sexismus und Rassismus (Islamphobie). "Arabisch" aussehende Menschen müssen beispielsweise mit besonders strikten Kontrollen an Flughäfen rechnen, Frauen, die ein Kopftuch tragen werden schnell als Unterdrückte angesehen. Zusammenfassend lässt sich also feststellen: Rassismus und Sexismus treten in der bürgerlichen Gesellschaft häufig zusammen und miteinander verschränkt auf. Im Gegensatz zu dem Rassismus und Sexismus der Kolonialzeit gibt es in der modernen bürgerlichen Gesellschaft Transformationen das Zusammenspiel hat sich verändert, die Verknüpfungen sind anders gelagert. Der koloniale Rassismus sezierte den Menschen sehr bewusst in Hinsicht auf die Existenz unterschiedlicher "Rassen." Heute funktioniert das Ganze eher unterschwellig: Der rassistische Diskurs geht nicht mehr nur in der Konstruktion der Gegensätzlichkeit von schwarz und weiß auf, sondern produziert eine Vielzahl sexuell-ethnisierender (z.B. genetische, phänotypische
oder kulturelle) Zuschreibungen, die in komplexen Wechselverhältnissen zueinander stehen und in ihrer gegenseitigen Verschränktheit wirken. Rassistische Stereotype sind dadurch fast zwangsläufig sexualisiert und sexuelle Stigmata oftmals rassistisch aufgeladen.

Bottom Line